„Wenn er Papst geblieben wäre, hätte er nicht mehr lange gelebt.“
Focus Magazin, Nr. 26, 24. Juni 2017, Kurienerzbischof Georg Gänswein über Benedikt XVI., der nach achtjährigem Pontifikat „zutiefst erschöpft“ gewesen sei. Seit dem Amtsverzicht sind vier Jahre und vier Monate vergangen.
Bild: Focus (Screenshot)
Dann wäre Benedikt XVI. wenigstens im Bett des Papstes gestorben, so wie es sich gehört.
Diese Aussage ist recht mehrdeutig wie ich meine und noch dazu an so einem bedeutsamen Datum.
Es mag hart klingen, aber bisher sind doch auch die Päpste gestorben, weil sie alt, krank oder erschöpft waren. Und was ist mit den Menschen, die im Alltag stehen und viel Verantwortung tragen, denen alles abverlangt wird und die doch deshalb auch vielfach unter großer Erschöpfung leiden? Wäre Papst Benedikt nicht mehr in der Lage gewesen, sein Amt geistig auszuüben (übergroße Vergesslichkeit oder gar Demenz), sähe die Sache anders aus. Aber ich weiß nicht – darf Erschöpfung ein ausreichendes Motiv für einen Rücktritt sein?
Wenn Benedikt gewusst hätte, was folgt, hätte er diesen Schritt auch getan?
Wie herzlos.
Ich glaube auch dass er das gesundheitlich nicht mehr aushalten konnte. Und da ich ihn liebe, akzeptiere ich das, obwohl die Kirche eigentlich nicht ohne ihn kann, und ich auch nicht!
Richtig muss es heißen: „Wenn er auf dem Stuhl Petri geblieben wäre, hätte er nicht mehr lange gelebt.“ Er ist ja immer noch Papst, wenn auch nur emeritierter Papst! Bergoglio wäre so oder so Papst geworden, selbst dann, wenn Benedikt XVI im aktiven Papstamt verstorben wäre. Dann hätte Franziskus aber leichteres Spiel als jetzt mit einem lebenden Benedikt! Vielleicht hält er sich bei den Reformen noch etwas zurück, weil Benedikt noch lebt. Wer weiß wie die Kirche ohne einen lebenden Benedikt XVI jetzt aussehen würde?
Benedikt ist nicht mehr Papst, das hat Kardinal Brandmüller auch ausdrücklich klargestellt.
Diese Omnipräsenz des Papstes ist ein Fluch. Dass es einen Menschen auslaugt, wenn er ständig verfügbar sein soll, ist doch ganz klar. Ich hätte nichts dagegen, wenn ein erschöpfter Heiliger Vater sich zeitweilig zurückzöge und auch öffentliche Auftritte delegieren würde. Muss er denn, wie bei den „Stars und Sternchen“ sattsam bekannt, täglich in irgendwelche Kameras grinsen? Vielleicht täte es dem Papstamt sogar gut, wenn die Inhaber sich dem Bedürfnis nach „Promis gucken“ nicht so ausliefern würden. Aber wahrscheinlich geht das heute nicht mehr. Was die Masse nicht begaffen und betatschen kann, das existiert praktisch nicht mehr. Fürchterliche Mentalität.
Vielleicht mehr Ferien, zum Beispiel in Castel Gandolfo?
Rückzug aus den Medien ginge sehr wohl, wenn der Wille dazu da wäre. Aber das Papsttum ist zum Akteur und Werkzeug internationaler Politik geworden und seiner selbst – im Sinne seiner wahren Aufgabe – nicht mehr mächtig.