Franziskus zwingt den römischen Priesterkollegien die Konzelebration auf


Anfang eines "Arbeitspapiers" der Kleruskongregation, mit dem an römischen Kollegien und Seminarien die Konzelebration aller durchgesetzt werden soll.
Anfang eines "Arbeitspapiers" der Kleruskongregation, mit dem an römischen Kollegien und Seminarien die Konzelebration aller durchgesetzt werden soll.

Von Rober­to de Mattei*

Anzei­ge

Im Vati­kan geht fol­gen­des Gerücht um: Einem Mit­ar­bei­ter, der ihn frag­te, ob es wahr sei, daß es eine Kom­mis­si­on zur „Neu­in­ter­pre­ta­ti­on“ von Hum­a­nae vitae gibt, habe Papst Fran­zis­kus geantwortet:

„Kei­ne Kom­mis­si­on, son­dern eine Arbeitsgruppe.“

Dabei han­delt es sich nicht nur um sprach­li­che Kunst­grif­fe zur Ver­schleie­rung der Wahr­heit, son­dern um Wort­spie­le, die ver­deut­li­chen, wie sehr der Kult der Wider­sprüch­lich­keit das Wesens­merk­mal die­ses Pon­ti­fi­kats ist. Msgr. Gil­fre­do Maren­go, der Koor­di­na­tor der „Arbeits­grup­pe“, faßt die­se Phi­lo­so­phie tref­fend zusam­men, wenn er sagt, daß man das „pole­mi­sche Spiel, Pil­le ja – Pil­le nein, so wie heu­te Kom­mu­ni­on für Geschie­de­ne ja – Kom­mu­ni­on für Geschie­de­ne nein“ mei­den sol­le (Vati­can Insi­der, 23. März 2017).

Die­se Prä­mis­se ist not­wen­dig, um auf ein neu­es ver­trau­li­ches Doku­ment hin­zu­wei­sen, das eben­falls das Ergeb­nis einer „Arbeits­grup­pe“ ist. Es han­delt sich um das „working paper“ der Kle­rus­kon­gre­ga­ti­on „Über die Kon­ze­le­bra­ti­on an den Prie­ster­kol­le­gi­en von Rom“ (Sul­la con­ce­le­bra­zio­ne nei col­le­gi sacer­do­ta­li di Roma), das ver­trau­lich in den römi­schen Kol­le­gi­en und Semi­na­ri­en in Umlauf ist. Aus dem Papier geht in aller Klar­heit her­vor, daß Papst Fran­zis­kus, wenn schon nicht de jure so de fac­to, in den römi­schen Kol­le­gi­en und Semi­na­ri­en die eucha­ri­sti­sche Kon­ze­le­bra­ti­on auf­zwin­gen will, denn dar­in heißt es:

„Die gemein­schaft­li­che Zele­bra­ti­on hat der indi­vi­du­el­len immer vor­ge­zo­gen zu werden.“

Das Motiv für die­se Ent­schei­dung geht aus dem Doku­ment her­vor. Rom ist nicht nur der Sitz der Cathe­dra Petri und das Herz der Chri­sten­heit, son­dern auch der Ort, an dem Prie­ster und Semi­na­ri­sten aus aller Welt zusam­men­strö­men, um jene Ver­eh­rung für den Glau­ben, die Riten und die Tra­di­ti­on der Kir­che zu gewin­nen, die man frü­her ein­mal den „römi­schen Geist“ nann­te. Der Auf­ent­halt in Rom, der dabei half, die Lie­be zur Tra­di­ti­on der Kir­che zu ent­wickeln, bie­tet heu­te die Gele­gen­heit zu rei­ner dok­tri­nel­len und lit­ur­gi­schen „Umer­zie­hung“. Das Leben in den römi­schen Kol­le­gi­en, heißt es im „working paper“, bie­te die Gele­gen­heit, „um zugleich eine inten­si­ve Zeit der per­ma­nen­ten, inte­gra­len For­mung zu erleben“.

Das Doku­ment beruft sich aus­drück­lich auf eine jüng­ste Rede an die in Rom stu­die­ren­den Prie­ster, in der Papst Fran­zis­kus an die kirch­li­che Wich­tig­keit der Kon­ze­le­bra­ti­on im Zusam­men­hang mit den Gemein­schaf­ten der Prie­ster-Stu­den­ten erinnerte:

„Es han­delt sich um eine stän­di­ge Her­aus­for­de­rung, um den Indi­vi­dua­lis­mus zu über­win­den und die Viel­falt als Geschenk zu leben auf der Suche nach dem Pres­by­ter­i­at, das Zei­chen der Gegen­wart Got­tes im Leben der Gemein­schaft ist. Der Prie­ster, der nicht die Ein­heit wahrt, ver­jagt fak­tisch Gott aus sei­nem Zeug­nis. Er bezeugt die Gegen­wart Got­tes nicht. Er schickt ihn weg. Auf die­se Wei­se – ver­sam­melt im Namen des Herrn, beson­ders wenn Ihr die Eucha­ri­stie zele­briert – bringt auch sakra­men­tal zum Aus­druck, daß Er die Lie­be Eures Her­zens ist“ (Anspra­che an die Gemein­schaft des Päpst­li­chen Spa­ni­schen Kol­legs in Rom, 1. April 2017).

Im Sin­ne die­ser Leh­re stellt das „working paper“ der Kle­rus­kon­gre­ga­ti­on fest, daß „die kon­ze­le­brier­te Mes­se gegen­über der indi­vi­du­el­len Mes­se vor­zu­zie­hen ist“ (Her­vor­he­bung im Original).

„Die Obe­ren sind daher nach­drück­lich ein­ge­la­den, in den gro­ßen Prie­ster­ge­mein­schaf­ten die Kon­ze­le­bra­ti­on zu ermu­ti­gen, auch mehr­mals am Tag. Folg­lich kön­nen in den Kol­le­gi­en ver­schie­de­ne Kon­ze­le­bra­tio­nen vor­ge­se­hen wer­den, sodaß die dort woh­nen­den Prie­ster nach den eige­nen Bedürf­nis­sen dar­an teil­neh­men kön­nen, wes­halb für zwei oder drei über den Tag ver­teil­te Momen­te gesorgt wer­den soll.“

„Effek­tiv sind die täg­li­chen Bezie­hun­gen, die jeden Tag und für Jah­re im sel­ben Römi­schen Kol­leg geteilt wer­den, eine wich­ti­ge Erfah­rung auf dem Beru­fungs­weg eines jeden Prie­sters. Durch die­se Ver­mitt­lung wer­den brü­der­li­che Bin­dun­gen und ein Band der Gemein­schaft zwi­schen Prie­stern ver­schie­de­ner Diö­ze­sen und Natio­nen geschaf­fen, die einen sakra­men­ta­len Aus­druck in der eucha­ri­sti­schen Kon­ze­le­bra­ti­on finden.“

„Natür­lich garan­tiert das Sich-Ent­fer­nen für eine ver­hält­nis­mä­ßig lan­ge Zeit aus der eige­nen Diö­ze­se, in der man inkar­di­niert ist, und von der pasto­ra­len Auf­ga­be nicht nur eine intel­lek­tu­el­le Vor­be­rei­tung, son­dern bie­tet vor allem die Gele­gen­heit, zugleich eine inten­si­ve Zeit der per­ma­nen­ten, inte­gra­len For­mung zu erle­ben. Unter die­sem Blick­win­kel bie­tet das gemein­sa­me Leben in den Prie­ster­kol­le­gi­en die­se gegen­über der Ver­gan­gen­heit wahr­schein­lich neue Form der prie­ster­li­chen Brü­der­lich­keit. Die Kol­leg-Erfah­rung stellt eine Gele­gen­heit für eine frucht­ba­re Zele­bra­ti­on der Eucha­ri­stie durch die Prie­ster dar. Daher kann die Pra­xis der täg­li­chen eucha­ri­sti­schen Kon­ze­le­bra­ti­on in den Kol­le­gi­en eine Gele­gen­heit der Ver­tie­fung des geist­li­chen Lebens der Prie­ster wer­den mit wich­ti­gen Früch­ten wie: der Aus­druck der Gemein­schaft zwi­schen den Prie­stern der ver­schie­de­nen Orts­kir­chen, die beson­ders dann zum Aus­druck kommt, wenn die Bischö­fe der ver­schie­de­nen Diö­ze­sen anläß­lich ihrer Rom-Besu­che den Kon­ze­le­bra­tio­nen vor­ste­hen; die Gele­gen­heit, die von einem ande­ren Mit­bru­der gehal­te­ne Pre­digt anzu­hö­ren; die sorg­sa­me und auch fei­er­li­che Zele­bra­ti­on der täg­li­chen Eucha­ri­stie, die Ver­tie­fung der eucha­ri­sti­schen Fröm­mig­keit, die jeder Prie­ster auch außer­halb der eigent­li­chen Zele­bra­ti­on pfle­gen soll.“

Unter den prak­ti­schen Nor­men, die genannt wer­den, heißt es:

„Es ist emp­feh­lens­wert, daß die Prie­ster gene­rell an der eucha­ri­sti­schen Kon­ze­le­bra­ti­on an den im Kol­leg vor­ge­se­he­nen Zei­ten teil­neh­men kön­nen, indem die gemein­schaft­li­che Zele­bra­ti­on immer der indi­vi­du­el­len vor­ge­zo­gen wird. In die­sem Sinn könn­ten die Kol­le­gi­en mit einer ansehn­li­chen Zahl dort unter­ge­brach­ter Prie­ster die Eucha­ri­sti­sche Zele­bra­ti­on zu 2 oder 3 unter­schied­li­chen Zei­ten am Tag fest­le­gen, damit es jedem nach sei­nen per­sön­li­chen, aka­de­mi­schen oder pasto­ra­len Bedürf­nis­sen ermög­licht wird, dar­an teilzunehmen.“

„Wenn die im Kol­leg woh­nen­den Prie­ster wegen beson­de­rer Umstän­de nicht zu den vor­ge­se­he­nen Zei­ten an der Kon­ze­le­bra­ti­on teil­neh­men kön­nen, haben sie immer zu einer ande­ren, geeig­ne­te­ren Zeit die gemein­sa­me Zele­bra­ti­on vor­zu­zie­hen.“

Die Ver­let­zung des Canon 902 des Codex Iuris Cano­ni­ci ist offen­sicht­lich, denn dort heißt es:

„Prie­ster kön­nen die Eucha­ri­stie in Kon­ze­le­bra­ti­on fei­ern; den ein­zel­nen aber bleibt die Frei­heit unbe­nom­men, die Eucha­ri­stie ein­zeln zu fei­ern“ (Her­vor­he­bung durch den Autor).

Der Ver­stoß wird gleich zwei­mal wie­der­holt, was bedeu­tet, daß die Kol­le­gi­en, die das „working paper“ buch­sta­ben­ge­treu umset­zen, auf­ge­for­dert wer­den, das gel­ten­de, uni­ver­sa­le Gesetz der Kir­che zu ver­let­zen. Neben den recht­li­chen Aspek­ten gibt es aber auch theo­lo­gi­sche und geistliche.

Am 5. März 2012, anläß­lich der Vor­stel­lung des Buches von Msgr. Guil­laume Der­ville „Die eucha­ri­sti­sche Kon­ze­le­bra­ti­on. Vom Sym­bol zur Wahr­heit“ (La con­ce­le­bra­zio­ne euca­ri­sti­ca. Dal sim­bo­lo alla veritá, Wil­son & Laf­leur, Mont­re­al 2012), beton­te Kar­di­nal Anto­nio Cañi­zares, damals Prä­fekt der Kon­gre­ga­ti­on für den Got­tes­dienst und die Sakra­men­ten­ord­nung, die Not­wen­dig­keit, die Kon­ze­le­bra­ti­on „ein­zu­schrän­ken“, indem er sich die Wor­te von Bene­dikt XVI. zu eigen machte:

„Gemein­sam mit den Syn­oden­vä­tern emp­feh­le ich den Prie­stern des­halb ‚die täg­li­che Fei­er der hei­li­gen Mes­se, auch wenn kei­ne Gläu­bi­gen teil­neh­men‘. Die­se Emp­feh­lung steht zunächst in Ein­klang mit dem objek­tiv unend­li­chen Wert jeder Eucha­ri­stie­fei­er und hat über­dies sei­nen Beweg­grund in ihrer ein­zig­ar­ti­gen geist­li­chen Wirk­kraft, denn wenn die hei­li­ge Mes­se mit Auf­merk­sam­keit und Glau­ben erlebt wird, ist sie for­mend im tief­sten Sinn des Wor­tes, da sie die Gleich­ge­stal­tung mit Chri­stus för­dert und den Prie­ster in sei­ner Beru­fung stärkt“ (Sacra­men­tum cari­ta­tis, 80).

Die katho­li­sche Leh­re sieht in der Hei­li­gen Mes­se die unblu­ti­ge Ver­ge­gen­wär­ti­gung des Kreu­zes­op­fers. Durch das Mul­ti­pli­zie­ren der Mes­sen wird Gott grö­ße­re Ehre erwie­sen und es stellt ein immenses Gut für die See­len dar.

Der Kar­me­lit Pater Joseph de Saint Marie schrieb dazu:

„Wenn auch jede Mes­se in sich einen unend­li­chen Wert hat, ist die Dis­po­si­ti­on der Men­schen, die Früch­te zu emp­fan­gen, immer unvoll­kom­men und in die­sem Sinn begrenzt. Daher rührt die Bedeu­tung der Anzahl der Meß­ze­le­bra­tio­nen, um die Früch­te des Heils zu ver­meh­ren. Die heils­wirk­sa­me Frucht­bar­keit der Mul­ti­pli­ka­ti­on der Mes­sen, die von die­ser ele­men­ta­ren, aber aus­rei­chen­den theo­lo­gi­schen Über­le­gung gestützt wird, wird auch von der lit­ur­gi­schen Pra­xis der Kir­che und der Hal­tung des Lehr­am­tes bewie­sen. Von die­ser Frucht­bar­keit hat die Kir­che – die Geschich­te lehrt es – schritt­wei­se im Lau­fe der Jahr­hun­der­te Bewußt­sein erlangt, hat die­se Pra­xis geför­dert und offi­zi­ell die Ver­meh­rung der Mes­sen immer mehr ermu­tigt“ (L’Eucharistie, salut du mon­de, Domi­ni­que Mar­tin Mor­in, Paris 1982, S. 457f).

Für die Neo­mo­der­ni­sten redu­ziert sich die hei­li­ge Mes­se auf eine Ver­samm­lung, die um so bedeu­ten­de­rer wird, je grö­ßer die Zahl der dar­an teil­neh­men­den Prie­ster und Gläu­bi­gen ist. Die Kon­ze­le­bra­ti­on wird als Instru­ment gese­hen, um den Prie­ster lang­sam das Bewußt­sein sei­nes Seins und sei­ner Auf­ga­be ver­lie­ren zu las­sen, die allein in der Zele­bra­ti­on des eucha­ri­sti­schen Opfers und in der Ret­tung der See­len besteht. Die Redu­zie­rung der Mes­sen und der Ver­lust des rich­ti­gen Ver­ständ­nis­ses von der Mes­se ist ein Haupt­grund für die reli­giö­se Kri­se unse­rer Zeit. Nun lei­stet auch die Kle­rus­kon­gre­ga­ti­on, gemäß dem Wil­len von Papst Berg­o­glio, ihren Bei­trag zu die­sem Abbau des katho­li­schen Glaubens.

*Rober­to de Mat­tei, Histo­ri­ker, Vater von fünf Kin­dern, Pro­fes­sor für Neue­re Geschich­te und Geschich­te des Chri­sten­tums an der Euro­päi­schen Uni­ver­si­tät Rom, Vor­sit­zen­der der Stif­tung Lepan­to, Autor zahl­rei­cher Bücher, zuletzt in deut­scher Über­set­zung: Ver­tei­di­gung der Tra­di­ti­on: Die unüber­wind­ba­re Wahr­heit Chri­sti, mit einem Vor­wort von Mar­tin Mose­bach, Alt­öt­ting 2017.

Bild: Cor­ri­spon­den­za Romana

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