Gaubenskongregation: Wird Kardinal Müller von Kardinal O’Malley oder Victor Manuel „Tucho“ Fernandez abgelöst?


Seltenes Bild: Papst Franziskus und Glaubenspräfekt Kardinal Gerhard Müller. Zwischen beiden herrscht keine traute Zweisamkeit. Durch wiederholt vorgebrachte Forderungen nach einer Entlassung von Kardinal Müller wird das Verhältnis zusätzlich belastet.
Seltenes Bild: Papst Franziskus und Glaubenspräfekt Kardinal Gerhard Müller. Zwischen beiden herrscht keine traute Zweisamkeit. Durch wiederholt vorgebrachte Forderungen nach einer Entlassung von Kardinal Müller wird das Verhältnis zusätzlich belastet.

(Rom) Ersetzt Papst Fran­zis­kus Kar­di­nal Ger­hard Mül­ler an der Spit­ze der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on durch Kar­di­nal Sean O’Malley? In unre­gel­mä­ßi­gen Abstän­den wer­den ent­spre­chen­de Gerüch­te gestreut. Die jüng­sten kom­men aus Argentinien.

Kardinal O'Malley
Kar­di­nal O’Malley
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Ent­spre­chen­de Gerüch­te sind Aus­druck von exter­nen Ein­mi­schungs­ver­su­chen, aber auch von pro­gres­si­ver Unduld­sam­keit. Eini­ge Kir­chen­krei­se wür­den die 1542 errich­te­te Kon­gre­ga­ti­on für die Glau­bens­leh­re gleich ganz abschaf­fen. Den seit Juni 2012 amtie­ren­den Glau­bens­prä­fek­ten, Ger­hard Kar­di­nal Mül­ler emp­fin­den sie dem­entspre­chend als „Lei­den“. Gegen den Kar­di­nal spricht für man­che allein die Tat­sa­che, daß er von Papst Bene­dikt XVI. ernannt wur­de. Es ist ein offe­nes Geheim­nis, daß es zwi­schen dem Kir­chen­ver­ständ­nis von Papst Fran­zis­kus und jenem des Kar­di­nal­prä­fek­ten eini­ge Unter­schie­de gibt.

So wer­den von der­sel­ben Sei­te auch Mel­dun­gen über eine bevor­ste­hen­de Abbe­ru­fung von Kar­di­nal Mül­ler gestreut. Es ist dabei nicht leicht abzu­schät­zen, ob es sich um blo­ßes Wunsch­den­ken han­delt, um inter­ne „Emp­feh­lung“ an Papst Fran­zis­kus oder exter­ne Inter­fe­ren­zen, oder ob die Gerüch­te Sub­stanz haben. Der Grund dafür hängt mit der Tat­sa­che zusam­men, daß das Anlie­gen auch von Krei­sen vor­ge­bracht wird, mit denen sich Papst Fran­zis­kus umgibt.

Tat­sa­che ist, daß Papst Fran­zis­kus zwei For­men des Umgangs mit insti­tu­tio­nel­len Mit­ar­bei­tern prak­ti­ziert, die nicht sein Wohl­wol­len genie­ßen. Kon­kret sind damit füh­ren­de Kuri­en­ver­tre­ter gemeint, die sich nicht auf sei­ner „Wel­len­län­ge“ befin­den oder es gewagt haben, Beden­ken gegen Regie­rungs­maß­nah­men zu äußern: er ersetzt sie durch ihm erge­be­ne­re Kir­chen­ver­tre­ter oder beläßt sie im Amt, iso­liert und mar­gi­na­li­siert sie aber. Letz­te­res trifft auf Kar­di­nal Mül­ler zu.

Kardinal O’Malley als künftiger Glaubenspräfekt?

Der jüng­ste Vor­stoß stammt von der argen­ti­ni­schen Tages­zei­tung Clarà­n. In der gest­ri­gen Sonn­tags­aus­ga­be ver­öf­fent­lich­te der Rom-Kor­re­spon­dent Julio Alga­ña­raz einen ganz­sei­ti­gen Artikel

„Der Papst geht mit sei­ner Erneue­rung vor­wärts und ersetzt den Wäch­ter der Orthodoxie“.

Die Tages­zei­tung wei­ter: „In den näch­sten Wochen könn­te es Ankün­di­gun­gen geben.“ Und:

„Es geht um Kar­di­nal Ger­hard Mül­ler, mit dem er sich hart gekreuzt hat. Er wird einen Bischof ernen­nen, der der Öff­nung nähersteht.“

Als Haupt­grund für die angeb­lich bevor­ste­hen­de Ablö­se des Kar­di­nals nennt die Tages­zei­tung sei­nen Wider­stand gegen die „Öff­nun­gen“ des Pap­stes gegen­über den wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen. Auch der Papst kön­ne die Leh­re Jesu Chri­sti nicht ändern, läßt Mül­ler seit über einem Jahr wis­sen, und Leh­re und Pra­xis müß­ten über­ein­stim­men. Direk­te Kri­tik am Kir­chen­ober­haupt übt der Kar­di­nal nicht. Der Wink ist jedoch eindeutig.

Als poten­ti­el­len Nach­fol­ger nennt Clarà­n den Erz­bi­schof von Bos­ton, Kar­di­nal Sean O’Malley. Der Kapu­zi­ner gehört bereits dem Kar­di­nals­stand an und ver­tritt – vom Papst ernannt – seit April 2013 Nord­ame­ri­ka im C9-Kar­di­nals­rat. Zudem ist er Vor­sit­zen­der der Päpst­li­chen Kin­der­schutz­kom­mis­si­on. Er ist über­zeug­ter Lebens­schüt­zer und gilt als kon­ser­va­tiv, aber „fle­xi­bler“ als Müller.

O’Malley hat­te sich einen Namen gemacht, als er 2003 von Papst Johan­nes Paul II. als Nach­fol­ger von Kar­di­nal Fran­cis Law zum Erz­bi­schof von Bos­ton ernannt wur­de. Kar­di­nal Law muß­te zurück­tre­ten, als ihm vor­ge­wor­fen wur­de, gegen Päd­era­sten unter sei­nen Prie­stern nicht aus­rei­chend vor­ge­gan­gen zu sein. Um die Scha­dens­er­satz­for­de­run­gen von Miß­brauchs­op­fern zah­len zu kön­nen, ver­kauf­te der Kapu­zi­ner O’Malley auch die erz­bi­schöf­li­che Residenz.

2006 erhob ihn Papst Bene­dikt XVI. in den Kar­di­nals­rang, aber erst am ver­gan­ge­nen 14. Janu­ar ernann­te ihn Papst Fran­zis­kus zum Mit­glied der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on.

Clarà­n schrieb gestern:

„Favo­rit für die Ernen­nung ist der Erz­bi­schof von Bos­ton, Kar­di­nal Sean O’Malley, 73 Jah­re, den Berg­o­glio nicht zufäl­lig vor kur­zem zum Mit­glied der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on ernannte.“

Auch im Kampf gegen den sexu­el­len Kin­des­miß­brauch waren der Papst und der Glau­bens­prä­fekt übri­gens anein­an­der­ge­ra­ten, weil Kar­di­nal Mül­ler die noch von Bene­dikt XVI. aus­ge­ge­be­ne Paro­le von der „Null­to­le­ranz“ sehr ernstnimmt.

Oder Victor Manuel „Tucho“ Fernández?

Gegen Ende des Arti­kels nennt der Clarà­n-Kor­re­spon­dent einen wei­te­ren Kan­di­da­ten, wenn ihm Julio Alga­ña­raz auch gerin­ge­re Chan­cen zuschreibt:

„Es gibt noch ande­re Kan­di­da­ten für die Erset­zung von Kar­di­nal Mül­ler, wenn der Papst so ent­schei­det. Einer von ihnen ist der argen­ti­ni­sche Erz­bi­schof Vic­tor Manu­el ‚Tucho‘ Fernán­dez, ein von Berg­o­glio sehr gefrag­ter Theo­lo­ge, Rek­tor der Katho­li­schen Uni­ver­si­tät von Argen­ti­ni­en. Vie­le den­ken jedoch, daß Fran­zis­kus kei­nen Lands­mann ernen­nen wird wegen der Reak­tio­nen, die das von Sei­ten der Ultra­kon­ser­va­ti­ven ver­ur­sa­chen könn­te, die den Papst des patrio­ti­schen Nepo­tis­mus bezichtigen.“

Kardinal Bergoglio mit Victor Manuel Fernandez (Buenos Aires, 2011)
Kar­di­nal Berg­o­glio mit Vic­tor Manu­el Fer­nan­dez (Bue­nos Aires, 2011)

Poten­ti­el­le Papst­kri­ti­ker denun­ziert Clarà­n als „Ultra­kon­ser­va­ti­ve“ und hebt die Fra­ge auf die „patrio­ti­sche“ Ebe­ne. Kri­ti­kern geht es nicht aber nicht um die Her­kunft, son­dern um die Posi­tio­nen von Vic­tor Manu­el Fernán­dez. Als Berg­o­glio noch Erz­bi­schof von Bue­nos Aires war, setz­te er Fernán­dez gegen star­ke Wider­stän­de der römi­schen Bil­dungs­kon­gre­ga­ti­on als Rek­tor der Katho­li­schen Uni­ver­si­tät durch. Gleich nach sei­ner Wahl zum Papst erhob er ihn zum Titu­lar­erz­bi­schof. Bereits in Bue­nos Aires galt „Tucho“ als Ghost­wri­ter des Pap­stes. Als sol­cher pen­det Fernán­dez seit dem jüng­sten Kon­kla­ve zwi­schen der argen­ti­ni­schen Haupt­stadt und dem Vati­kan hin und her.

Glau­bens­treu­en Kir­chen­ver­tre­tern gilt er als „schlech­ter Rat­ge­ber“ (Mes­sa in Lati­no). Er gehör­te dem Redak­ti­ons­team für das umstrit­te­nen, nach­syn­oda­le Schrei­ben Amo­ris lae­ti­tia an. Eini­ge Pas­sa­gen sind wört­lich aus frü­he­ren Publi­ka­tio­nen von Fernán­dez über­nom­men wor­den. Kar­di­nal Mül­ler bezeich­ne­te ihn. ohne ihn nament­lich zu nen­nen, im Zusam­men­hang mit dem Kon­flikt um Amo­ris lae­ti­tia als „häre­tisch“. Es wäre daher eine Art Trep­pen­witz der Geschich­te, soll­te aus­ge­rech­net Fernán­dez zum Nach­fol­ger sei­nes Kri­ti­kers Kar­di­nal Mül­ler ernannt werden.

Einst­wei­len sind die von Clarà­n Genann­ten, Kar­di­nal O’Malley und Erz­bi­schof Fernán­dez, in die Liste bereits frü­her vor­ge­brach­ter Kan­di­da­ten für die Mül­ler-Nach­fol­ge ein­zu­rei­hen, dar­un­ter Kar­di­nal Schön­born (Erz­bi­schof von Wien) und Erz­bi­schof Bru­no For­te von Chieti-Vasto.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Wikicommons/​Clarà­n (Screen­shots)

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5 Kommentare

  1. „Patrio­ti­scher Nepo­tis­mus“ – kein guter Katho­lik wird dem Papst das vor­wer­fen, denn es trä­fe dann ja auch Bene­dikt XVI. und den der­zei­ti­gen Prä­fekt der Glaubenskongregation.

    • wobei Mül­ler und Tucho-Kiss­me-Fer­nan­dez schon unter­schied­li­che theo­lo­gi­sche Kali­ber sind…

      • Kar­di­nal Mül­ler ist weit­hin über­schätzt als Theo­lo­ge (ich fin­de das, was er schreibt, ziem­lich ver­schwur­belt), außer­dem ist er ein Tod­feind der Pius­bru­der­schaft (er bremst die Eini­gung, nicht Papst Fran­zis­kus) und ein Freund der Befreiungstheologie.

  2. Don Nico­la Bux sagt es, dass wir dem Papst kei­nen Gehor­sam schul­dig sind, wenn er von der Leh­re abweicht. Papst Bene­dikt, der letz­te Papst der wah­ren Leh­re Chri­sti, führt die Leh­re wei­ter, indem er Card. Sarah, in der Lit­ur­gie bestärkt, indem er Prof. Georg May in der Beur­tei­lung der ungläu­bi­gen katho­li­schen und pro­te­stan­ti­schen Theo­lo­gie zustimmt. Und wenn nun Card. Mül­ler ent­las­sen wird, dann ist der Weg frei für eine unab­hän­gi­ge Kom­mis­si­on, die den Papst und die Gläu­bi­gen im Glau­ben unter­weist, im Wohl­wol­len von Papst Benedikt.

    • Es ist mir jetzt neu, dass ein Theo­lo­ge sich ein Urteil dar­über anma­ßen darf, ob ein Papst von der Leh­re abweicht oder nicht. In allen wesent­li­che Glau­bens­aus­sa­gen ist der Papst ja ohne­hin vor Irr­tü­mern gefeit. Das ist zumin­dest Leh­re der Kirche.

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