Trappistenabtei Mariawald – Warum stört der alte Ritus die „bunte“ Kirche so?


Herrscht wirklich Winter im Trappistenkloster Mariawald? Warum stört der überlieferte Ritus so sehr?
Herrscht wirklich Winter im Trappistenkloster Mariawald? Warum stört der überlieferte Ritus so sehr?

Wird vom Vati­kan die Auf­he­bung der alt­ri­tu­el­len Trap­pi­sten­ab­tei Maria­wald in der Eifel betrie­ben? Als Grund wird die zu gerin­ge Zahl an Mön­chen genannt. Es scheint aber vor allem die über­lie­fer­te Form des Römi­schen Ritus zu stö­ren, wie er auch bei den Fran­zis­ka­nern der Imma­ku­la­ta stör­te. Maria­wald ist neben Stift Engels­zell in Ober­öster­reich das ein­zi­ge Trap­pi­sten­klo­ster im deut­schen Sprachraum.

Anzei­ge

Trap­pi­sten sind Zister­zi­en­ser der stren­gen Obser­vanz. Der Orden ent­stand im 17. Jahr­hun­dert als Reform­be­we­gung zur Erneue­rung des Zister­zi­en­ser­or­dens. Die Trap­pi­sten zeich­nen sich durch stren­ge monasti­sche Aske­se, Beto­nung der kör­per­li­chen Arbeit und Schwei­gen aus. Aus die­sem Grund über­nimmt der Orden in der Regel kei­ne aus­wär­ti­gen Auf­ga­ben in der Seelsorge.

Klosterkirche Mariawald
Klo­ster­kir­che Mariawald

1480 kamen die ersten Zister­zi­en­ser nach Maria­wald und errich­te­ten dort ein Klo­ster. Trotz gro­ßer Pro­ble­me durch Luthers „Refor­ma­ti­on“ und den dar­auf fol­gen­den Reli­gi­ons­krie­gen über­dau­er­te das Klo­ster die­ser schwie­ri­ge Zeit. Mit dem Ein­marsch der kir­chen­feind­li­chen, fran­zö­si­schen Revo­lu­ti­ons­trup­pen folg­te 1794 aller­dings das Aus. „Doch die fran­zö­si­sche Revo­lu­ti­on brach aus, und die wel­schen Hor­den, denen nichts hei­lig war, besetz­ten auch unse­re Gegend. Das Klo­ster­gut wur­de mit Beschlag belegt und die Mön­che muß­ten Maria­wald ver­las­sen“, heißt es in der Klosterchronik. 

1860 kauf­ten elsäs­si­sche Trap­pi­sten aus Oelen­berg das ehe­ma­li­ge Zister­zi­en­ser­klo­ster zurück. Kurz dar­auf kamen die ersten Brü­der dort­hin. Der Auf­bau gestal­te­te sich schwie­rig. Im anti­ka­tho­li­schen Kul­tur­kampf Bis­marcks muß­ten die Mön­che das Klo­ster wie­der ver­las­sen. 1887 kehr­ten sie zurück und setz­ten den Auf­bau erfolg­reich fort. 1909 fand die Erhe­bung zur Abtei statt und damit zu einer auto­no­men Mönchs­ge­mein­schaft inner­halb des Ordens. Die Abtei blüh­te, wie die trau­ri­ge Zahl belegt, daß im Ersten Welt­krieg 33 Mön­che zum Kriegs­dienst ein­ge­zo­gen wur­den. Drei von ihnen sind gefallen.

Wäh­rend der NS-Zeit und des Zwei­ten Welt­krie­ges muß­ten Mön­che erneut Kriegs­dienst lei­sten, wäh­rend ande­re als Regime­geg­ner ver­haf­tet wur­den. Mit der her­an­rücken­den West­front wur­de die Abtei auf­ge­ho­ben, um ein Feld­la­za­rett ein­zu­rich­ten. Ende April 1945 kehr­ten die über­le­ben­den Mön­che zurück.

Rückkehr zum überlieferten Ritus des Ordens

2008 gewähr­te Papst Bene­dikt XVI., auf Bit­ten von Abt Josef Voll­berg, der Abtei das Pri­vi­leg, zur alten Lit­ur­gie und Obser­vanz des Ordens zurück­zu­keh­ren. Maria­wald war damit das erste Klo­ster im deut­schen Sprach­raum, das zur über­lie­fer­ten Form des Römi­schen Ritus zurück­ge­kehr­te, wie er bis zur Lit­ur­gie­re­form von 1969/​1970 galt. Abt Voll­berg setz­te die­sen Schritt aus tie­fer Über­zeu­gung, weil er ihn in spi­ri­tu­el­ler und lit­ur­gi­scher Hin­sicht für not­wen­dig erach­te­te. Indi­rekt ver­bun­den war damit auch die Hoff­nung und Über­zeu­gung, daß durch die geist­li­che Gene­sung sich auch ein Zuwachs an Mön­chen ein­stel­len wird.

Die Rück­kehr zum über­lie­fer­ten Ritus wur­de kon­vent­in­tern, und hier begin­nen die Par­al­le­len zum Orden der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta, nicht ein­hel­lig geteilt. Mit dem uner­war­te­ten Rück­tritt von Papst Bene­dikt XVI. und der Wahl von Papst Fran­zis­kus wit­ter­ten jene Mor­gen­luft, die an die­ser geist­li­chen Erneue­rung kei­nen Gefal­len fan­den. Als Argu­ment wur­de ins Feld geführt, daß der erhoff­te Zuwachs ausblieb.

Das Gesamt­kli­ma in der Kir­che hat­te sich unter Fran­zis­kus geän­dert. Die För­de­rung der über­lie­fer­ten Form des Römi­schen Ritus wur­de ein­ge­stellt. Der neue Papst äußer­te sich ver­nehm­bar und abschät­zig über die „Tra­di­tio­na­li­sten“, die er völ­lig unzu­tref­fend als „Pela­gia­ner“ denun­zier­te. Die Ordens­kon­gre­ga­ti­on begann einen regel­rech­ten Ver­nich­tungs­feld­zug gegen den jun­gen und blü­hen­den Orden der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta. Seit vier Jah­ren wüten im Orden die Kom­mis­sa­re. Die Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta konn­ten zahl­rei­che Beru­fun­gen auf­wei­sen, mehr als die mei­sten neu­ri­tu­el­len Orden. Zuwachs­man­gel konn­te nicht als Argu­ment gegen sie ins Feld geführt. Viel­mehr schei­nen die vie­len Beru­fun­gen für einen alt­ri­tu­el­len Orden Neid und Miß­gunst geweckt zu haben. Der Gesamt­ein­druck seit 2013 ist: Wenn Rom gegen eine alt­ri­tu­el­le Gemein­schaft vor­ge­hen will, dreht man sich die „Argu­ment“ zurecht, wie sie gera­de passen.

Berufungen sind eine Gnade Gottes – Mariawald wollte man keine Zeit gewähren

Mönche betreten das Refektorium
Mön­che betre­ten das Refek­to­ri­um (histo­ri­sche Auf­nah­me, Mariawald)

Beru­fun­gen sind immer eine Gna­de Got­tes. Sie wol­len erbit­tet wer­den. Mit der Rück­kehr zum über­lie­fer­ten Ritus, so der Ein­druck, wur­de die Abtei Maria­wald von einem Teil des Trap­pi­sten­or­dens als eine Art Fremd­kör­per emp­fun­den. Eine Hal­tung, die von der Ordens­kon­gre­ga­ti­on in Rom geteilt wird, wie seit der Drang­sa­lie­rung der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta offen­kun­dig ist.

Abt Josef Voll­berg fand in der Ver­gan­gen­heit sehr klu­ge und deut­li­che Wor­te für die Tra­di­ti­on und den über­lie­fer­ten Ritus, aber auch zur Kir­chen­kri­se. Offen­bar zu deut­li­che Wor­te. Gei­stes­grö­ßen wie der Phi­lo­soph Robert Spae­mann lehr­ten an der haus­ei­ge­nen Lehr­an­stalt, weil sie die spi­ri­tu­el­le Tie­fe und mön­chi­sche Stil­le des alt­ri­tu­ell gewor­de­nen Klo­sters schätz­ten. Spae­mann wur­de von Medi­en bereits als „Kon­ter-Revo­lu­tio­när“ bezeich­net, was sel­ten posi­tiv gemeint ist. Im besten Sinn die­ses Wor­tes läßt sich aber sagen, daß auch die Abtei durch das wie­der­ge­won­ne­ne Cha­ris­ma zu einem Teil jener „Kon­ter-Revo­lu­ti­on“ wur­de, die ein Wesens­merk­mal der Katho­li­zi­tät ist.

Wie bei den Fran­zis­ka­nern der Imma­ku­la­ta (oder gegen die Bischö­fe Livi­e­res und Oli­veri, denen gemein­sam war, daß sie in ihren Bis­tü­mern mit gro­ßem Erfolg den über­lie­fer­ten Ritus för­der­ten und vie­le Prie­ster­be­ru­fun­gen anzo­gen) begann auch in Maria­wald alles mit einer Visi­ta­ti­on, die vor einem Jahr erfolg­te. Anschlie­ßend hieß es, die Zahl von zehn Mön­chen unter­schrei­te das vor­ge­se­he­ne „Mini­mum“ von zwölf, die für eine eigen­stän­di­ge Abtei vor­ge­se­hen sind Zum Ver­gleich, die öster­rei­chi­sche Abtei Engels­zell zählt der­zeit fünf Mön­che. Der aktu­el­le Supe­ri­or ad nutum stammt aus Oelen­berg. Von einer Auf­he­bung der Abtei ist aber kei­ne Rede. Weil man dort den neu­en Ritus pflegt? Der Ver­dacht liegt nahe.

Schwerwiegende Eingriffe

Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg
Wie­der­auf­bau nach dem Zwei­ten Weltkrieg

Der Visi­ta­tor bemän­gel­te, daß der Abt und eine Grup­pe von Mön­chen den über­lie­fer­ten Ritus pfle­gen, wäh­rend eine Grup­pe älte­rer Mön­che am Stun­den­ge­bet im neu­en Ritus fest­hal­ten. Zwei Riten neben­ein­an­der im sel­ben Kon­vent sei­en eine nicht trag­ba­re Situa­ti­on. Gibt es im Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus nur einen Lösungs­weg?: Wo sich über­lie­fer­ter und neu­er Ritus in die Que­re kom­men, hat der über­lie­fer­te Ritus zu wei­chen? Der über­lie­fer­te Ritus wird in Maria­wald noch immer gepflegt. Den­noch kam es zu schwer­wie­gen­den Ein­grif­fen, die man­che Gläu­bi­ge ent­mu­ti­gen, aber auch Postu­lan­ten abschrecken.

Abt Josef Voll­berg, der die Abtei in die geist­li­che Erneue­rung geführt hat­te, wur­de im Okto­ber 2016 zum Rück­tritt gezwungen.Damit hat­ten der Trap­pi­sten­or­den und die römi­sche Ordens­kon­gre­ga­ti­on ein unzwei­deu­ti­ges Urteil dar­über gefällt, was sie von sei­nem Wir­ken hal­ten. Offi­zi­ell klingt natür­lich alles ganz anders, wie es in der Spra­che der Kir­che eben üblich ist. Offi­zi­ell trat Abt Voll­berg „frei­wil­lig“ zurück, bat um sei­ne Ent­bin­dung, die groß­mü­tig gewährt wur­de. „Durch die­sen Schritt hof­fe ich einen wesent­li­chen Bei­trag für die zukünf­ti­ge Ent­wick­lung der Abtei gelei­stet zu haben“, so der Abt in sei­nem Schrei­ben an die Gläubigen.

Dem Abt wur­de fak­tisch kei­ne ande­re Wahl gelas­sen, nach­dem mit der Auf­he­bung des Klo­sters gedroht wor­den war. Einem sol­chen Schritt woll­te er mit sei­nem Amts­ver­zicht zuvor­kom­men. Ende Novem­ber 2016 über­nahm einer der Visi­ta­to­ren, der Abt von Til­burg in den Nie­der­lan­den, als Imme­di­at die Lei­tung von Maria­wald. Der bis­he­ri­ge Abt Voll­berg wur­de als Pri­or ein­ge­setzt und blieb Haus­obe­rer. Damit ist de fac­to die Eigen­stän­dig­keit als Abtei ver­lo­ren­ge­gan­gen, konn­te das Klo­ster aber als Prio­rat unter Imme­di­ats-Ver­wal­tung geret­tet wer­den. Die Abtei ist damit for­mal­recht­lich nicht auf­ge­ho­ben und könn­te durch die Wahl eines Abtes wie­der ihre Eigen­stän­dig­keit zurückerlangen.

Wirk­lich gesi­chert scheint der Fort­be­stand der Abtei und des Klo­sters aber nicht. Die per­so­nel­le Situa­ti­on ist seit dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil ange­spannt. Der bis­he­ri­ge Abt und nun­meh­ri­ge Pri­or, P. Josef Voll­berg, ist der ein­zi­ge Trap­pist seit dem Kon­zil, der in Maria­wald ein­ge­tre­ten ist, hier sei­ne ewi­ge Pro­feß abge­legt hat und seit­her unun­ter­bro­chen hier lebt. Ein Trap­pi­sten­an­wär­ter soll auf­ge­for­dert wor­den sein, das Klo­ster zu ver­las­sen und sich zwecks Wei­ter­ver­wen­dung an den Bischof von Aachen zu wen­den. Offen­bar ist die wei­te­re per­so­nel­le Aus­dün­nung des Kon­vents beab­sich­tigt. Erst vor weni­gen Tagen nahm ein Postu­lant das Ordens­ge­wand als Novi­ze. So Gott will, wird noch 2017 ein Pro­fes­se die ewi­gen Gelüb­de ablegen.

Mön­che und Gläu­bi­ge stel­len sich die bit­te­re Fra­ge, war­um die Tra­di­ti­on der Kir­che und die über­lie­fer­te Form des Römi­schen Ritus man­chen in der Kir­che eine sol­cher Dorn im Auge sind. Ein sol­cher Dorn, daß deren Gemein­schaf­ten und Ver­tre­ter unter eine Art von Qua­ran­tä­ne gestellt wer­den, als wären sie Aus­sät­zi­ge, die man vom übri­gen Cor­pus Eccle­siae fern­hal­ten muß, da die­ser anson­sten „infi­ziert“ wer­den könn­te. Die­sen Pro­zeß könn­te man auch „gei­sti­ge Befruch­tung“ nen­nen, die offen­bar man­chen nicht genehm ist.

Um das Klo­ster bil­de­te sich jüngst eine Gebets­ge­mein­schaft für Maria­wald. Die Ange­hö­ri­gen beten für die eige­ne Ver­voll­komm­nung aber in beson­de­rer Wei­se auch für das Klo­ster und die klö­ster­li­che Gemeinschaft.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Wikicommons/​Mariawald (Screen­shots)

Mer­ken

Mer­ken

Print Friendly, PDF & Email
Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!