Medjugorje, die „pastorale“ Lösung von Franziskus und die negative Haltung der Glaubenskongregation


Medjugorje: Papst Franziskus hat eine Lösung im Kopf und beginnt sie langsam umzusetzen. Der erste Schritt war Kritik an der "Briefträger-Madonna", der zweite am vergangenen Samstag eine "Bombe" gegen die Medjugorje-Pilger. Dennoch ist die "Lösung" des Papstes, aus pastoralen Gründen wohlwollender als die Haltung der Glaubenskongregation.
Medjugorje: Papst Franziskus hat eine Lösung im Kopf und beginnt sie langsam umzusetzen. Der erste Schritt war Kritik an der "Briefträger-Madonna", der zweite am vergangenen Samstag eine "Bombe" gegen die Medjugorje-Pilger. Dennoch ist die "Lösung" des Papstes, aus pastoralen Gründen wohlwollender als die Haltung der Glaubenskongregation.

(Rom) Die „Bom­be“ (Ric­car­do Cascio­li), die Papst Fran­zis­kus auf dem Rück­flug aus Fati­ma gegen „Mil­lio­nen von Gläu­bi­gen“ abfeu­er­te, die seit 1981 nach Med­jug­or­je gepil­gert sind, ver­an­laß­te zu einer ersten Gegen­maß­nah­me, um die Trag­wei­te etwas abzu­fe­dern. Dazu gehört ein Arti­kel, der heu­te vom päpst­li­chen Haus­va­ti­ka­ni­sten Andrea Tor­ni­el­li bei Vati­can Insi­der ver­öf­fent­licht wur­de. Tor­ni­el­li, der im der­zei­ti­gen Pon­ti­fi­kat zu einer Ver­trau­ens­stel­lung auf­ge­rückt ist, bespricht sei­ne Arti­kel, die den Papst betref­fen, mit die­sem per­sön­lich. Die Ver­öf­fent­li­chun­gen geben die Posi­ti­on von Fran­zis­kus wie­der oder ver­su­chen die­se zu erklä­ren oder in ein gün­sti­ge­res Licht zu rücken. Die Tages­zei­tung Il Foglio schreibt von einer „Intri­ge Medjugorje“.

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Nach den Papst-Wor­ten vom Sams­tag­abend, mit denen Fran­zis­kus einen klei­nen, aber explo­si­ven Ein­blick in den Abschluß­be­richt der soge­nann­ten Rui­ni-Kom­mis­si­on bot, ver­öf­fent­lich­te nun Tor­ni­el­li genaue­re Anga­ben dazu. Eine Flucht nach vorne.

Im Vor­spann schreibt der Vatikanist:

„Med­jug­or­je: Die Schluß­fol­ge­run­gen des Rui­ni-Berichts. Das Doku­ment, das Papst Fran­zis­kus schätzt: posi­tiv zu den ersten Erschei­nun­gen, sehr viel weni­ger über die aktu­el­len.  Vor­schlag, die Kir­che in eine päpst­li­che Gebets­stät­te zu ver­wan­deln. Die Zwei­fel der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on zum Phänomen.“

Tor­ni­el­li ent­hüllt, daß die inter­na­tio­na­le Exper­ten­kom­mis­si­on, die Bene­dikt 2010 zur Unter­su­chung von Med­jug­or­je ein­ge­rich­tet hat­te, „star­ke Zwei­fel zum Phä­no­men von Ende 1981 bis heu­te“ äußer­te. Da das Phä­no­men noch im Gan­ge sei, gebe es dazu von der Kom­mis­si­on kein abschlie­ßen­des Urteil.

Anders sei es, was die ersten sie­ben Erschei­nun­gen von Med­jug­or­je im Jahr 1981 betrifft. Von den 15 Mit­glie­dern der von Kar­di­nal Rui­ni gelei­te­ten Exper­ten­kom­mis­si­on, die an der Abstim­mung teil­nah­men, hät­ten sich 13 für deren kirch­li­che Aner­ken­nung aus­ge­spro­chen, ein Miglied dage­gen und eines stimm­te für die Aus­set­zung einer Ent­schei­dung zum gege­be­nen Zeitpunkt.

Papst Fran­zis­kus scheint auch die­ses Mehr­heits­vo­tum nicht wirk­lich über­zeugt zu haben. Grund­sätz­lich scheint ihm der Runi-Bericht jedoch zuzu­sa­gen. Auf dem Rück­flug von Fati­ma sag­te er, daß auch zu die­sen „ersten Erschei­nun­gen“ wei­te­re Unter­su­chun­gen not­wen­dig seien.

„Eine Kom­mis­si­on von tüch­ti­gen Theo­lo­gen, Bischö­fen, Kar­di­nä­len. Bra­vi, bra­vi, bra­vi. Der Rui­ni-Bericht ist sehr, sehr gut.“

Fran­zis­kus gab zu ver­ste­hen, daß ihn die Fra­ge der Echt­heit weni­ger inter­es­siert. Wich­ti­ger, so das Kir­chen­ober­haupt, sei die „Seel­sor­ge“. Die posi­ti­ven Früch­te wer­den von ihm anerkannt:

„Leu­te, die dort hin­ge­hen und sich bekeh­ren, Leu­te, die Gott begeg­nen, die ihr Leben ändern.“

Völ­lig nega­tiv hin­ge­gen äußer­te sich der Papst über die „Brief­trä­ger-Madon­na“, die wie die Büro­lei­te­rin eines „Tele­gra­phen­am­tes jeden Tag zu einer bestimm­ten Stun­de ihr Bot­schaft ver­schickt“. Die Vor­stel­lung einer sol­chen Got­tes­mut­ter ist Fran­zis­kus nicht geheu­er, jeden­falls nicht sym­pa­thisch, wie er seit Sep­tem­ber 2013 mehr­fach zum Aus­druck brachte.

Der Rui­ni-Kom­mis­si­on, die ihre eigent­li­chen Unter­su­chun­gen von 2010–2012 durch­führ­te, wegen des Rück­tritts von Bene­dikt XVI. und der Wahl von Papst Fran­zis­kus aber bis Janu­ar 2014 im Amt blieb, setz­te sich neben Kar­di­nal Camil­lo Rui­ni aus den Kar­di­nä­len Jozef Tom­ko, Vin­ko Pujic, Josip Boza­nic, Juli­an Her­ranz und Ange­lo Ama­to zusam­men. Der Kom­mis­si­on gehör­ten zudem an: Der Psy­cho­ana­ly­ti­ker Tony Anat­rel­la, die Theo­lo­gen Fran­jo Topic, Nela Gas­par, Miha­ly Szent­mar­to­ni und Pier­an­ge­lo Sequeri, der Mario­lo­ge Sal­va­to­re Per­rel­la, der Anthro­po­lo­ge Achim Schütz, der Kir­chen­recht­ler David Jae­ger, der Bericht­erstat­ter an der Hei­lig­spre­chungs­kon­gre­ga­ti­on Zszis­law Jozef Kijas der Psy­cho­loo­ge Mijo Nikic und der Offi­zi­al an der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, Krzy­sz­tof Nykiel.

17 Mal ver­sam­mel­te sich die Kom­mis­si­on zu ihrer Arbeit, für die sie nach Med­jug­or­je rei­ste, die gesam­te Doku­men­ta­ti­on der zustän­di­gen Bischö­fe, des Vati­kans und sogar des ehe­ma­li­gen jugo­sla­wi­schen Geheim­dien­stes stu­dier­te, wie Tor­ni­el­li berich­tet. Eben­so wur­den die sechs „Seher“ und wei­te­re Zeu­gen per­sön­lich befragt und angehört.

Laut Kom­mis­si­on gebe es eine kla­re Tren­nung zwi­schen den ersten sie­ben Erschei­nun­gen und den zahl­rei­chen fol­gen­den, die bis heu­te andau­ern. Die ersten sie­ben Erschei­nun­gen haben, laut Kom­mis­si­ons-Bericht, zwi­schen dem 24. Juni und 3. Juli 1981 statt­ge­fun­den. Alles was nach dem 3. Juli in und rund um Med­jug­or­je gesche­he, sei getrennt davon zu betrachten.

13 Mit­glie­der spra­chen sich für eine Aner­ken­nung des über­na­tür­li­chen Cha­rak­ters die­ser ersten sie­ben Erschei­nun­gen aus. Das Votum ist nicht bin­dend, son­dern stellt eine Emp­feh­lung an den Papst dar.

Die „Seher“, damals Jugend­li­che, „waren psy­chisch nor­mal, wur­den von der Erschei­nung über­rascht und in ihrer Schil­de­rung, des­sen, was sie gese­hen haben, ist kei­ne exter­ne Beein­flus­sung durch die Fran­zis­ka­ner der Pfar­rei oder ande­rer Sub­jek­te fest­zu­stel­len“. Sie haben an ihrer Schil­de­rung fest­ge­hal­ten, obwohl sie von der Poli­zei unter Haus­ar­rest gestellt und sogar mit dem Tod bedroht wurden.

„Die Kom­mis­si­on hat auch einen dämo­ni­schen Ursprung der Erschei­nun­gen aus­ge­schlos­sen“, so Tornielli.

Zwei­fel gebe es hin­ge­gen, was die wei­te­re Ent­wick­lung des Phä­no­mens betrifft. Die „zwei­te Pha­se“, ab dem 3. Juli 1981, wei­se „star­ke Inter­fe­ren­zen“ auf, die durch den Kon­flikt zwi­schen dem Orts­bi­schof und den Fran­zis­ka­nern geprägt sei, die die Pfar­rei betreu­en. Nega­tiv sei auch, daß die Erschei­nun­gen nicht mehr der Grup­pe gel­ten, son­dern den ein­zel­nen Sehern. Die „Bot­schaf­ten“ wei­sen in die­ser zwei­ten Pha­se einen sich stark wie­der­ho­len­den Cha­rak­ter auf.

Dann gebe es noch „Geheim­nis­se“ apo­ka­lyp­ti­schen Cha­rak­ters, die den Sehern anver­traut wor­den seien.

Über die „zwei­te Pha­se“ wur­de von der Kom­mis­si­on in zwei Etap­pen abge­stimmt. Eine erste Abstim­mung galt den „geist­li­chen Früch­ten“ von Med­jug­or­je unter Aus­schluß des Ver­hal­tens der „Seher“. Bei der Abstim­mung waren 14 Kom­mis­si­ons­mit­glie­der anwe­send: sechs sahen „posi­ti­ve“ Effek­te, der Rest „gemisch­te“, wobei für sie­ben die posi­ti­ven Effek­te gegen­über den nega­ti­ven überwogen.

Als über die „geist­li­chen Früch­te“ zusam­men mit dem Ver­hal­ten der „Seher“ abge­stimmt wur­de, fiel das Votum der Kom­mis­si­on nega­ti­ver aus. 12 der 14 anwe­sen­den Mit­glie­der zogen es vor, sich nicht zu äußern, zwei hin­ge­gen spra­chen sich gegen eine Über­na­tür­lich­keit aus.

Die Kom­mis­si­on stell­te fest, daß die „Seher“ nie „ange­mes­sen“ geist­lich betreut wor­den sei­en und schon lan­ge kei­ne Grup­pe mehr bil­den. Mit 13 von 14 Stim­men sprach sie sich dafür aus, Med­jug­or­je zu einer Gebets­stät­te unter direk­ter Auf­sicht des Hei­li­gen Stuhls zu machen. Die­se Ent­schei­dung sei von „pasto­ra­len Moti­ven“ gelei­tet, wie Tor­ni­el­li schreibt, um die  pasto­ra­le Betreu­ung der Mil­lio­nen von Pil­gern, die nach Med­jug­or­je kom­men, in den Mit­tel­punkt zu stel­len, die Bil­dung von „Par­al­lel­kir­chen“ zu ver­mei­den und „Klar­heit“ zu öko­no­mi­schen Fra­gen zu schaf­fen. Mit der „Umwand­lung“ der Pfar­rei in ein päpst­li­ches Hei­lig­tum kön­ne, so die Kom­mis­si­on, auch das Ver­bot orga­ni­sier­ter Wall­fahr­ten auf­ge­ho­ben werden.

Glaubenskongregation sieht Medjugorje deutlich negativer

2016 befaß­te sich auch die Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on in einer Feria IV mit dem Phä­no­men Med­jug­or­je. Sie äußer­te dabei star­ke Zwei­fel an Med­jug­or­je selbst, aber auch am Rui­ni-Bericht. Der Bericht der Kom­mis­si­on ist für die Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on nur ein Doku­ment unter meh­re­ren, die zur Beur­tei­lung her­an­ge­zo­gen wer­den müß­ten. Die Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on selbst ver­fügt über eine eige­ne Doku­men­ta­ti­on, und die sei weni­ger positiv.

Glau­bens­prä­fekt Mül­ler for­der­te die Kon­gre­ga­ti­ons­mit­glie­der um ihre Stel­lung­nah­me auf. Papst Fran­zis­kus inter­ve­nier­te jedoch dage­gen, „weil er nicht woll­te“, so Tor­ni­el­li, „daß der von ihm geschätz­ten Rui­ni-Bericht zur Abstim­mung gestellt wird“. Der Papst ver­lang­te, daß die Stel­lung­nah­men nicht an den Glau­bens­prä­fek­ten, son­dern direkt an ihn per­sön­lich zu erge­hen haben, was auch so gesche­hen ist. In die­sem Zusam­men­hang sprach Il Foglio von der „Med­jug­or­je-Intri­ge“. Aber die wird in den näch­sten Tagen und Wochen sicher noch ein The­ma sein.

Fran­zis­kus ernann­te mit Hen­ryk Hoser einen Son­der­ge­sand­ten für Med­jug­or­je mit dem Auf­trag, „pasto­ra­le Lösun­gen“ für die Pil­ger auf­zu­zei­gen. Hoser wird sei­nen Bericht vor Som­mer­en­de dem Papst über­ge­ben, „dann wird der Papst sei­ne Ent­schei­dung tref­fen“, so Tornielli,

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: MiL (Screen­shot)

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1 Kommentar

  1. In Med­jug­or­je hat es noch nie ech­te Mari­en­er­schei­nun­gen gegeben, 

    Gäbe es tat­säch­lich dort ech­te Erschei­nen dann wären die Med­jug­or­je-Anhän­ger nicht so gehäs­sig auf Men­schen, die die­sen Schwin­del nicht glauben.

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