An keinem anderen deutschsprachigen Ort (abgesehen von Priesterseminaren) werden täglich so viele Hl. Messen zelebriert wie in St. Pelagiberg in der Ostschweiz Nahe der Grenzen zu Deutschland und Österreich. An einem Sonn- und Feiertag sind es deren vier und alle sind gut besucht. Die Pfarr- und Wallfahrtskirche Maria Geburt ist nicht nur ein beliebter Gottesdienstort, sondern auch die Beichtstühle werden rege besucht.
Nur wenige wissen, daß die Orgel in der Wallfahrtskirche aus dem Jahre 1892 die älteste im Kanton Thurgau und eine der ältesten Orgeln der Schweiz ist.
Als die Oberin der auch am Ort befindlichen Schwestern vom kostbaren Blut – sie ist selbst Organistin – kürzlich einen neuen Aushilfsorganisten eingewiesen hat, bemerkte dieser einen grossen Holzbalken welcher rechts aus der Orgel ragte. Auf Nachfrage erläuterte die Schwester, daß mit diesem «Tretbalken» früher die Luft zum Orgeln produziert wurde und, daß Ministranten – insbesondere wenn sie einmal nicht artig waren – in den Gottesdiensten «Tretdienst» verrichten mußten.
Als nun ausgerechnet am Ostersonntag im ganzen Umkreis am Nachmittag der Strom ausfiel, ging besagter Aushilfsorganist davon aus, daß er zur Abendmesse dann wohl frei haben würde. Der Hauswart wies jedoch darauf hin, daß man schließlich doch auch treten könne und Kerzen gäbe es auch.
Unverzüglich gingen Organist und Gattin in die Kirche um zu prüfen, ob der vermeintlich nur museal erhaltene Tretbalken eventuell noch zu Tönen führt und tatsächlich: Schon nach zaghaftem Treten ließen sich der Orgel Töne entlocken.
Dennoch war es dem Organist etwas mulmig zumute und er schlug dem Zelebranten vor, die Abendmesse zu den Schwestern zu verlegen, denn dort lief ein Notstromaggregat und natürlich auch deren Orgel.
Aber dies war für den Pater überhaupt keine denkbare Variante: «Früher wurde auch getreten und Kerzen haben wir auch genug hier».
Tatsächlich mußte die Gattin des Organisten dann zur Abendmesse im Kerzenschein kräftig treten (beim Einzug waren es dann doch etwas zu viele Register für die produzierte Luft, aber schon nach leichter Registrierungsreduzierung klappte es), bis plötzlich während der Hl. Messe der Strom wieder durch die Leitungen floß.
Text und Bild: Johannes Müller
Der Treter hieß früher allgemeinbekannt (und heißt natürlich jetzt auch noch) „Kalkant“.
auf diese Methode von Luftzufuhr bei einer alttraditionellen Orgel wird sehr viel wert gelegt (z.B. bei de Restauration der Silbermannorgel in der St.-Petrikirche in Freiberg (Sachsen)).
In dem schweizer Sinusverlag wurde 2006 eine CD veröffentlicht durch den bekannten schweizer Organisten Albert Bolliger (Sinus 2004) auf der rekonstruierten/restaurierten EsaiasCompeniusorgeln (1610/1570) in Frederiksborg/Sönderborg mit Renaissance- und Barockmusik.
Das Nette: der Orgelbauer und ‑restaurator Mads Kjersgaard ist bei der Produktion selbst Kalkant („Balgetreter“).
„Man kann es auch in den Waden haben…“ 🙂