Kardinal Burke: „Durch seine Nichtbeantwortung der ‚Dubia‘ ist bereits großer Schaden entstanden“


Interview von Kardinal Burke im Folha de Sao Paulo: Äußerungen des Papstes sind zu unterscheiden zwischen solchen, die Teil des Lehramtes sind, und solchen, die Privatmeinungen sind.
Interview von Kardinal Burke im Folha de Sao Paulo: Äußerungen des Papstes sind zu unterscheiden zwischen solchen, die Teil des Lehramtes sind, und solchen, die Privatmeinungen sind.

(Rio de Janei­ro) Am Sonn­tag, 30. April, ver­öf­fent­lich­te die Tages­zei­tung Fol­ha de Sao Pau­lo ein Inter­view mit Kar­di­nal Ray­mond Bur­ke. Fol­ha de Sao Pau­lo ist nicht nur eine der meist­ge­le­se­nen Tages­zei­tun­gen Bra­si­li­ens. Über die haus­ei­ge­ne Nach­rich­ten­agen­tur Fol­h­a­press wur­de das Inter­view von zahl­rei­chen ande­ren Medi­en im gan­zen Land über­nom­men. Die Zei­tung bezeich­net den Kar­di­nal aus Wis­con­sin als „Haupt­geg­ner von Fran­zis­kus aus dem kon­ser­va­ti­ven Feld“. Sei­nen „Haupt­geg­ner“ läßt Papst Fran­zis­kus sei­nen Unwil­len spü­ren. Unter Bene­dikt XVI. war der bril­lan­te Jurist, Prä­si­dent des Ober­sten Gerichts­ho­fes der Apo­sto­li­schen Signa­tur und damit Dik­aste­ri­en­lei­ter an der Römi­schen Kurie. Wegen sei­nes Wider­stan­des gegen eine Auf­wei­chung des Ehe­sa­kra­ments bei der Bischofs­syn­ode 2014 setz­te ihn Fran­zis­kus ab und ver­bann­te ihn aus dem Vati­kan. Offi­zi­ell ist Kar­di­nal Bur­ke seit­her Kar­di­nal­pa­tron des Sou­ve­rä­nen Mal­te­ser­or­dens, tat­säch­lich ist er seit Anfang Febru­ar auf Anord­nung des Pap­stes „außer Dienst“.

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Fol­ha de Sao Pau­lo: Emi­nenz, sind Sie noch der Mei­nung, daß der Papst auf die „Dubia“ ant­wor­ten soll? Wel­ches Pro­blem ver­ur­sacht das Aus­blei­ben einer Antwort?

Kar­di­nal Bur­ke: Ja, ich den­ke, daß es essen­ti­ell ist, daß der Hei­li­ge Vater auf die­se Fra­gen ant­wor­tet, die sich auf grund­le­gen­de Leh­ren der Kir­che bezüg­lich Ehe, Fami­lie und Moral­ge­setz bezie­hen. Es ist offen­sicht­lich, daß durch sei­ne Nicht­be­ant­wor­tung bereits ein gro­ßer Scha­den ent­stan­den ist. Es gibt eine wach­sen­de Ver­wir­rung und Spal­tung in den Bischofs­kon­fe­ren­zen, zwi­schen den ein­zel­nen Bischö­fen, Prie­stern und gläu­bi­gen Laien.

Fol­ha de Sao Pau­lo: Was ver­an­laß­te Sei­ne Emi­nenz und die ande­ren drei Kar­di­nä­le, die „Dubia“ öffent­lich zu machen?

Kar­di­nal Bur­ke: Die „Dubia“ wur­den dem Hei­li­gen Vater vor­ge­legt und in Kopie auch der Kon­gre­ga­ti­on für die Glau­bens­leh­re, die sich mit den wich­ti­gen Fra­gen der Glau­bens­leh­re befaßt. Die Ant­wort der Kon­gre­ga­ti­on war, daß es kei­ne Ant­wort geben wird. Aus die­sem Grund haben wir vier, weil vie­le Gläu­bi­ge ver­wirrt waren, die Ver­öf­fent­li­chung für not­wen­dig erach­tet, um sie zu infor­mie­ren, daß wir die­se Fra­gen gestellt haben und eine Ant­wort erhoffen.

Fol­ha de Sao Pau­lo: Es gibt Kri­ti­ker, die sagen, daß Sei­ne Emi­nenz und die Mit-Autoren der „Dubia“ durch die Ver­öf­fent­li­chung eine Belei­di­gung began­gen haben. Der ita­lie­ni­sche Mon­si­gno­re Pio Vito Pin­to, ein hoher Rich­ter des Vati­kans, sag­te, daß Sei­ne Emi­nenz zu bestra­fen sei. Befürch­ten Sie eine Repressalie?

Kar­di­nal Bur­ke: Was wir gemacht haben, ist in der Kir­che eine klas­si­sche Metho­de, um von der höch­sten pasto­ra­len Auto­ri­tät Ori­en­tie­rung zu wich­ti­gen Fra­gen zu erhal­ten. Dar­an ist nichts respekt­los. In Wahr­heit war es ein Signal äußer­sten Respekts, wenn wir den Hei­li­gen Vater um Ant­wort bit­ten. Als Kar­di­nä­le haben wir unse­re Pflich­ten, daher ver­lie­re ich nicht Zeit damit, mir Gedan­ken zu machen, ob er Repres­sa­li­en geben könn­te. Mit Sicher­heit war das, was wir getan haben, weder eine Sün­de noch eine kri­mi­nel­le Hand­lung, die eine Stra­fe ver­lan­gen würde.

Fol­ha de Sao Pau­lo: Eini­ge Beob­ach­ter stel­len einen Wider­stand der Tra­di­tio­na­li­sten in der Kir­che gegen eini­ge von Papst Fran­zis­kus ver­tei­dig­te Punk­te fest. Was sind die Sor­gen die­ser Traditionalisten?

Kar­di­nal Bur­ke: Ich sage nur, daß es rich­tig ist, zwi­schen den Posi­tio­nen zu unter­schei­den, die der Hei­li­ge Vater als ober­ste Hir­te der Kir­che ein­nimmt und daher Teil des Lehr­am­tes sind, das wir akzep­tie­ren und befol­gen, und den Posi­tio­nen des Men­schen, der der Papst ist, und die er nicht im Rah­men sei­nes Amtes einnimmt.
Der Hei­li­ge Vater kann eine Rei­he von Mei­nun­gen zu den ver­schie­den­sten The­men haben, die in kei­ner Wei­se Teil des Lehr­am­tes sind. Ich den­ke, daß es eine Ten­denz gibt, die­se ver­schie­de­nen Arten von Aus­sa­gen durch­ein­an­der­zu­brin­gen, was der Tat­sa­che geschul­det ist, daß wir es nicht gewohnt sind, daß ein Papst so häu­fig sei­ne Mei­nun­gen äußert und das in den ver­schie­den­sten Kom­mu­ni­ka­ti­ons­me­di­en tut.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Fol­ha de Sao Paulo

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1 Kommentar

  1. Dan­ke, Kar­di­nal Bur­ke. – Sie kämp­fen mit der Sicher­heit des rei­nen Gewis­sens. Was kön­nen Sie da fürchten?

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