„Consummatum est“ – Léon Bloy: Das Heil durch die Juden

Buchbesprechung


Christus am Kreuz auf Golgota, Grabeskirche, Jerusalem. Léon Bloys "Das Heil durch die Juden" und der Christusmord, das größte Verbrechen der Menschheit.
Christus am Kreuz auf Golgota, Grabeskirche, Jerusalem. Léon Bloys "Das Heil durch die Juden" und der Christusmord, das größte Verbrechen der Menschheit.

Von Fried­rich Romig*

Anzei­ge

Im Jahr der bol­sche­wi­sti­schen Revo­lu­ti­on in Russ­land, am 3. Novem­ber 1917, starb Léon Bloy. Zufall? Für die jüdi­schen Bol­sche­wi­sten war er einer der größ­ten Juden­has­ser, die je auf Got­tes Erd­bo­den gelebt haben. Ande­re, die in ihm einen christ­li­chen Reno­va­tor erkann­ten, bil­lig­ten ihm zu, wie kein Zwei­ter Zugang zum Her­zen des jüdi­schen Vol­kes gefun­den zu haben. Das Inter­es­se an sei­nem Werk wur­de neu ent­facht durch Papst Fran­zis­kus, der in sei­ner ersten Pre­digt nach der Wahl zum Hei­li­gen Vater unter Nen­nung des Autors einen Satz zitier­te, über den nicht nur Athe­isten, son­dern auch so manch lau gewor­de­ne Chri­sten, die lan­ge schon „Abschied vom Teu­fel“ genom­men hat­ten, den Kopf schüt­tel­ten: „Wer nicht zum Herrn betet, betet zum Teufel“.(Radio Vati­kan: Die Pre­digt des neu­en Pap­stes im Wort­laut, 14. März 2013.)

Als sein Haupt­werk bezeich­net Léon Bloy die im Jahr 1892 publi­zier­te Schrift Le Salut par les Juifs. Sie fand kaum Ver­brei­tung, denn der Ver­le­ger wech­sel­te den Beruf und begrub den größ­ten Teil der Auf­la­ge in sei­ner Woh­nung. Erst vier­zehn Jah­re spä­ter konn­te Bloy eine Neu­auf­la­ge her­aus­brin­gen. Nur weni­ge Deut­sche nah­men von ihr Kennt­nis. Fast ein wei­te­res Halb­jahr­hun­dert dau­er­te es, bis 1953 dann end­lich eine deut­sche Über­set­zung erschien. Sich mit ihr aus­ein­an­der­zu­set­zen, hieß für Deut­sche glü­hen­de Koh­len in die Hand neh­men. So blieb auch sie kaum bespro­chen. Und noch­mals muss­te fast ein hal­bes Jahr­hun­dert ver­ge­hen, bis ein Neu­druck wenig­stens eini­ge Auf­merk­sam­keit der deut­schen Lite­ra­tur­kri­ti­ker fand.

Léon Bloy: Heil durch die JudenIm deut­schen Sprach­raum haben sen­si­ble Schrift­stel­ler und Den­ker ein­zel­ne Wer­ke von Léon Bloy mit Erstau­nen, Betrof­fen­heit oder als eine Art See­len­nah­rung betrach­tet und man­chen Satz wie einen Edel­stein an ihre Leser wei­ter­ge­reicht. Von Carl Schmitt wird berich­tet, dass er Das Heil durch die Juden mehr­fach gele­sen habe als einen Text „der in die ‚Arca­na‘ einer magi­schen hei­li­gen Macht führt“, die unter „Hoch­span­nung“ steht. Ernst Jün­ger sah in Léon Bloy die Ver­kör­pe­rung des Mensch­seins über­haupt, „einen Zwil­lings­kri­stall von Dia­mant und Kot“, hell­stes Licht aus­strah­lend und dun­kel­ste Schat­ten wer­fend. Franz Kaf­ka fand in Bloy ein Feu­er, das ihn an „die Glut der Pro­phe­ten erin­nert“. Hein­rich Böll war von Léon Bloy so beein­druckt, dass er des­sen Blut der Armen zu den drei wich­tig­sten Büchern sei­ner Jugend zähl­te. In ihrem groß­an­ge­leg­ten Roman Zeit des Raben, Zeit der Tau­be stellt Ger­trud Fusse­n­eg­ger zwei Lebens­läu­fe gegen­über, deren Sinn­ho­ri­zon­te nicht unter­schied­li­cher sein könn­ten. Léon Bloy, der Mysti­ker, der in allen Din­gen und allem Gesche­hen bis in die Abgrün­de des Bösen hin­ein Gott „hei­lend“ wir­ken sah, wird mit der völ­lig are­li­giö­sen Natur­for­sche­rin Madame Curie kon­tra­stiert, die alles zu „zer­le­gen“ trach­tet, bis selbst die klein­sten Bau­stei­nen der Mate­rie in „Nichts“ zer­fal­len und, was die For­sche­rin noch nicht ahn­te, dabei eine Ener­gie ent­wickeln, wel­che die Welt end­gül­tig zu „ato­mi­sie­ren“ vermag.

Der Christusmord: Das größte Verbrechen der Menschheit

Die Juden „haben das größ­te Ver­bre­chen began­gen, … die Sün­de ohne Namen und Maß“ (S. 34). Kein Ver­bre­chen, wel­ches je in der Geschich­te began­gen wur­de, ist für den Gang der Mensch­heit durch die Welt so ein­zig­ar­tig, aus­schlag­ge­bend, unver­gleich­lich, grau­en­haft und vom Geist des Bösen inspi­riert gewe­sen wie der vom jüdi­schen Volk began­ge­ne Mord an sei­nem König und Mes­si­as, dem Iesus Naza­re­nus Rex Iudae­orum. Die­ser Mord, den Juden bis heu­te nicht bereu­en und jeder­zeit wie­der­ho­len wür­den (Aus einem Brief von Franz Rosen­zweig an Eugen Rosen­stock-Hues­sy vom Herbst 2006: „Sie wis­sen so gut wie ich…, dass wir Chri­stus gekreu­zigt haben und es, glau­ben sie mir, jeder­zeit wie­der tun wür­den, wir allein auf der gan­zen Welt.“ Zitiert von Lorenz Jäger: Unter­schied. Wider­spruch. Krieg. Zur poli­ti­schen Theo­lo­gie jüdi­scher Intel­lek­tu­el­ler. Wien-Leip­zig: Karo­lin­ger, 2013, S. 7.), mach­te die Juden in den Augen Léon Bloys zum Aus­wurf der Mensch­heit, zu „gif­ti­gen Tie­ren“, die in den schmut­zig­sten Keh­richt­hau­fen und Kloa­ken der Welt noch nach Gold schnüf­feln, „als ob es gleich­ar­tig und glei­che­wig wie ihr ein­sa­mer Jeho­va sei“. Im Mora­li­schen wie im Phy­si­schen scheint die­ses Volk der Juden „alle Scheuß­lich­kei­ten der Welt in sich zu ver­ei­ni­gen“ und mit sei­ner „Pesti­lenz“, die gan­ze Welt anzu­stecken und zu ver­gif­ten (vgl. S. 100).

Die Juden, das Volk des Fürsten dieser Welt

Die Juden, die nicht auf die Wor­te des Got­tes­soh­nes hören, son­dern ihn zu stei­ni­gen trach­ten, haben „nicht Abra­ham zum Vater, son­dern Satan, den Ver­wir­rer, Lüg­ner und Men­schen­mör­der von Anfang an (vgl. Joh 8, 44–47). In ihren Gesich­tern drückt sich ihre Ver­wor­fen­heit aus. Bloy erzählt von sei­nem Gang über den Juden­markt in Ham­burg. Die jüdi­schen Gesich­ter dort hät­ten alle einen „hab­gie­ri­gen und krie­che­ri­schen“ Aus­druck gehabt „der Ver­ach­tung, der Über­sät­ti­gung am Gött­li­chen, der unwi­der­ruf­li­chen Schei­dung von den ande­ren Sterb­li­chen“ jedem zeig­te, der sich ihnen näher­te und ihm das Gefühl gab, mit „tau­send­fing­ri­gen, kleb­ri­gen Armen umschlun­gen zu sein“ (S. 20). „Die schmut­zi­gen Tröd­ler von Ham­burg gehör­ten jeden­falls zur Fami­lie von Geiz­häl­sen, die ein­an­der glei­chen wie Zwil­lings­brü­der, Die­ner aller unrei­nen Dämo­nen des Juden­tums, denn die Juden blei­ben immer gleich, wo sie auch her­um­schnor­ren, am Lau­fe der Donau, in Polen, in Russ­land, in Deutsch­land, in Hol­land, sogar schon in Frank­reich und im gan­zen nörd­li­chen Afri­ka…“ (S. 21). Drei Grei­se sah er auf dem Mark­te, gehüllt in ihre schmie­ri­gen Kaf­tane, gebeugt „über die Öff­nung eines stin­ken­den Sackes“, „in dem sich die unbe­schreib­li­chen Waren irgend­ei­nes urse­mi­ti­schen Han­dels – wie geeig­net zur Aus­brei­tung des Typhus – häuf­ten“ (S. 25). Wun­dert es uns da, dass „das Mit­tel­al­ter den gesun­den Instinkt hat­te, die Juden in den schmut­zig­sten Stadt­be­zirk, der eigens für sie reser­viert war, zu ver­wei­sen und ihnen eine beson­de­re Tracht vor­zu­schrei­ben, so dass ihnen jeder aus dem Wege gehen konn­te“ (S. 18)? „Sym­pa­thie für die Juden zu zei­gen ist unbe­dingt ein Zei­chen schänd­lich­ster Gesin­nung. Wer kei­nen instink­ti­ven Wider­wil­len gegen Syn­ago­gen hat, ver­dient nicht ein­mal die Ach­tung eines Hun­des“ (S. 34). Juden „wie Brü­der zu lie­ben, ist eine For­de­rung, die wider die Natur ist“, Resul­tat von „Selbst­täu­schung oder schwach­sin­ni­ger Fröm­me­lei“ (S. 26). „Die Juden, die nach dem Hoch­amt des ersten Kar­frei­tags gebo­ren sind oder noch gebo­ren wer­den, kön­nen nie­mals uns gleich sein“ (S. 35). Sie sind die „grim­mig­sten Geg­ner der apo­sto­li­schen Über­lie­fe­rung“ (S. 19), sie sind „der Damm“, der den Strom der Chri­stia­ni­sie­rung der Völ­ker und der Erlö­sung der Mensch­heit auf­hält. Der Damm wird erst bre­chen, wenn das jüdi­sche Volk sich zu Chri­stus bekehrt hat und den ans Kreuz gena­gel­ten Herrn auf die Erde her­ab­stei­gen läßt (vgl. S. 25 u. ö.).

Keine Lösung der „Judenfrage“

Léon Bloy (1846-1917)
Léon Bloy (1846–1917)

Zu glau­ben, es gäbe eine „Lösung“ der Juden­fra­ge ist „rei­ner Unsinn“ (S. 25). Die­se Vor­stel­lung ist nur die Hoff­nung der „heu­ti­gen Mil­lio­nä­re“, die „der Stolz unse­rer par­fü­mier­ten Syn­ago­gen sind“ (S. 27). Im Heils­plan Got­tes ist eine vor­zei­ti­ge „Lösung“ oder „Ver­söh­nung“ mit ihrem christ­li­chen Gegen­part nicht vor­ge­se­hen, das jüdi­sche Volk kann sei­ne Schuld ohne Maßen nicht abdie­nen, ohne auf sei­nem Pas­si­ons­weg den tief­sten Abgrund der Höl­le zu durch­schrei­ten und selbst immer wie­der zum Brand­op­fer zu wer­den. Ver­blen­det, ver­stockt und ver­dammt legt es Zeug­nis ab für Got­tes Gerech­tig­keit und für den Erlö­ser, das Lamm Got­tes, das es zu sei­nem Schlacht­op­fer mach­te. Solan­ge der Mes­si­as der Chri­sten nicht der Juden Mes­si­as ist, bleibt Chri­stus ange­na­gelt und fest­ge­bun­den am Kreuz, ver­spot­tet von „den Scha­ka­len der Syn­ago­ge“, die erst an ihn glau­ben wol­len, wenn er vom Kreuz her­ab­steigt, um sei­ne gött­li­che Macht zu bezeu­gen. „Des­cen­dat NUNC de cruce … Jetzt stei­ge er her­ab von sei­nem Kreuz, und wir wer­den an ihn glau­ben. Zer­stö­rer des Tem­pels, ret­te dich selbst“ (S. 62). Pas­cal sah „Jesus bis zum Ende der Welt im Todes­kampf lie­gen“ (S. 52) und in sei­ner gro­ßen Lie­be begriff das Mit­tel­al­ter, „dass Jesus immer gekreu­zigt wird, immer Blut ver­gießt, ver­höhnt von der Men­ge“, ver­las­sen von Gott, der sei­nem Sohn nicht  hilft, bis das Opfer voll­bracht ist. „Sein Blut kom­me über uns“, rufen sie dem römi­schen Feig­ling zu. Ihr Ruf wird ihnen zum Kains­mal, ein­ge­brannt in ihre Stir­ne als das Kreuz, das sie durch den Schlamm der Welt seit zwei­tau­send Jah­ren zu schlep­pen haben.

Die Herren der Welt

Der Kuß des Judas (Giotto, Padua, 1304/1306)
Der Kuß des Judas (Giot­to, Padua, 1304/​1306)

Um drei­ßig Sil­ber­lin­ge hat Judas Iska­ri­ot den Freund und Herrn, der ohne Sün­de ist, sei­nen Hen­kern ver­ra­ten und ver­kauft. Sil­ber (franz. „Argent“ = Geld) wird zum Gott der ungläu­bi­gen, „treu­lo­sen Juden“, der „per­fi­des Iudaeis“. Geld ist das neue „Wort“ ihres Got­tes, der neue „Erlö­ser der Welt“, „der Weg, die Wahr­heit und das Leben“ für kom­men­de Geschlech­ter. „In sei­ner unfaß­li­chen Ver­blen­dung, die allen Jam­mer über­steigt und jedes Mit­leid ent­mu­tigt, setz­te ein Volk, ver­dammt nicht unter­zu­ge­hen, das bleich­ste der Metal­le an die Stel­le des toten­blas­sen Got­tes, der zwi­schen Stra­ßen­räu­bern starb“ (S. 32). Die Juden wur­den zu „göt­zen­die­ne­ri­schen Geld­zäh­lern“ (S. 43), zu Skla­ven des „ver­ruch­ten Gel­des“ (vgl. S. 38). Es ist das Blut, das über sie kommt und sie zu Her­ren der Welt macht. Vom schmut­zi­gen Geld ange­fres­sen, gehor­chen ihnen die abge­fal­le­nen christ­li­chen Völ­ker, die gekauf­ten Macht­ha­ber wäl­zen sich zu ihren Füßen (vgl. S. 101). Geld ist Kre­dit, der Wel­ten­schöp­fer, der die Güter aus dem Nichts her­vor­zieht, ex nihi­lo. Aus ihm wird alles geschaf­fen, die sicht­ba­ren und die unsicht­ba­ren Din­ge, er ist in allem und alles ist in ihm und durch ihn. Wer die Kre­dit­schöp­fung beherrscht, wird zum Herrn der Welt. Die Her­ren der Welt zu wer­den, ist die bibli­sche Beru­fung des aus­er­wähl­ten Vol­kes. Durch Kre­dit­ge­wäh­rung wer­den die Völ­ker ihm unter­tan, es „wird vie­len Hei­den Zins auf Zins lei­hen und von kei­nem bor­gen. Du wirst herr­schen über vie­le Völ­ker, und kei­nes wird herr­schen über dich“ (S. 101, Deu­te­ro­ni­um, Kap. 16, 6). Durch die Herr­schaft über den Kre­dit erfüllt es „sei­ne gött­li­che Bestim­mung … den größ­ten Teil der Güter die­ser Welt zu besit­zen“ (S. 29). Dabei wur­de es selbst Skla­ve des Gel­des, der fraß und raub­te bis sein „Ein­ge­wei­de aus dem geplatz­ten Bauch“ (S. 43) her­vor­trat. Auch die­ser neue Gott begann sein Volk zu züch­ti­gen, und auch er wur­de „gekreu­zigt“ (S. 30). „Das Geld kreu­zi­gen? Das heißt es an den Gal­gen hän­gen wie ein Dieb, das heißt es zur Schau zu stel­len, es sicht­bar zu erhö­hen“ (S. 30), „als sicht­ba­res Schreck­bild der Schan­de“. Denn auch „die Beschnit­te­nen sind dazu ver­ur­teilt, das Kreuz zu tra­gen …“ (S. 74).

Dennoch

„Heu­te dage­gen, da das Chri­sten­tum von sei­nen eige­nen Gläu­bi­gen fast zu Tode getre­ten ist und die Kir­che alles Ver­trau­en ver­lo­ren hat“, „die christ­li­che Gesell­schaft von dem ekel­haf­ten Gezücht ver­pe­stet wird“ (S. 19) und unter „den Gemein­hei­ten des Wucher- und Schacher­gei­stes“ der ver­kom­me­nen Nach­kom­men­schaft der Got­tes­mör­der lei­det (S. 87), betet die­se Trüm­mer­kir­che noch immer und immer wie­der in ihrer Kar­frei­tags­lit­ur­gie um die Bekeh­rung der Juden und die Ver­ge­bung ihrer Schuld. Wie Chri­stus bit­tet sie, „Herr ver­gib Ihnen, denn sie wis­sen nicht, was sie tun!“. Und gan­ze Näch­te lang fle­hen ihre Gläu­bi­gen, „Jeru­sa­lem, bekeh­re dich, zu Gott, dei­nem Herrn“ (S. 50). Aus­führ­lich zitiert Léon Bloy die Impro­pe­ri­en aus der Kar­frei­tags­lit­ur­gie, die in an Schön­heit kaum zu über­tref­fen­der Spra­che die Undank­bar­keit des jüdi­schen Vol­kes für die von Gott dem jüdi­schen Volk erwie­se­nen Wohl­ta­ten aus­drücken: „Was habe ich Dir getan? Ant­wor­te mir! Ich habe dich aus der ägyp­ti­schen Skla­ve­rei befreit, vier­zig Jah­re lang durch die Wüste geführt, dich mit Man­na gespeist, dei­nen Durst mit spru­deln­dem Was­ser aus dem Fel­sen gelöscht, dich ins gelob­te Land geführt, die Köni­ge der Kan­anä­er geschla­gen, dir das Königs­szep­ter gege­ben, du aber hast mich vor den Rich­ter­stuhl des Pila­tus geführt, der Gei­ße­lung über­lie­fert, eine Dor­nen­kro­ne aufs Haupt gedrückt und mich am Kreu­zes­pfah­le auf­ge­hängt, mich mit Essig getränkt, zu Tode gequält und noch wäh­rend mei­nes Todes­kamp­fes ver­spot­tet“ (vgl. S. 66f).

Le Salut par les Juifs, Originalausgabe
Le Salut par les Juifs, Ori­gi­nal­aus­ga­be (1892)

Das Hohn­ge­läch­ter der Juden über die­sen Knie­fall der Chri­sten hallt durch die Jahr­hun­der­te. Davon über­zeugt, dass das jüdi­sche Volk „durch den Wil­len Got­tes ewig leben soll“ (S. 19) und „pochend auf einen ewi­gen Pakt“ (S. 47), hat es nicht nur die grau­sa­men Züch­ti­gun­gen und Höl­len­stra­fen ihres zor­ni­gen Jah­wes hin­ge­nom­men, son­dern alle sei­ne Ver­nich­ter über­dau­ert (vgl. 24). 60 Gene­ra­tio­nen lang haben „Herr­scher, denen nichts wider­stand, ver­sucht, die Juden aus­zu­lö­schen“ (S. 27), sie wur­den „erschla­gen, gerö­stet und aus­ge­raubt“ (S. 33). Es erwies sich dabei nur, „dass nichts gegen sie aus­zu­rich­ten ist“ (S. 28). Und selbst die Kir­che, die lan­ge Zeit „ihren Fuß auf den Nacken der Köni­ge setz­te“, muss­te erfah­ren, wie „ihre Macht an einem Volk des Gewürms zer­brach, das ihr wider­stand, ohne zu ster­ben“ (S. 46). „Der Krieg gegen die Juden war inner­halb der Kir­che immer nur eine fehl­ge­lei­te­te Anstren­gung …“ (S. 46). Als „Gläu­bi­ger einer unver­gäng­li­chen Ver­hei­ßung“ gab es für die Juden kei­nen Grund, den ewi­gen Bund zu lösen, der ihnen noch dazu ver­sprach, dass alle Völ­ker ihnen die­nen wer­den. Eher wür­de der aus der Bahn gewor­fe­ne Erd­pla­net im Welt­raum ver­glü­hen, als dass das jüdi­sche Volk sich zum Chri­sten­tum bekehrte.

Und die für die Juden bit­ten­den und beten­den gläu­bi­gen Chri­sten ahn­ten, dass die­ses ver­ruch­te und ver­dor­be­ne Volk ein unaus­lösch­li­ches, unzer­stör­ba­res, nis­vol­les „Exi­sten­ti­al“ in sich trug, von dem ihr eige­nes Heil abhing.

Beurteilung

Das „Gro­ße Brand­op­fer“ (heu­te Holo­caust genannt), auf das Léon Bloy 1904 anspielt (S. 60), hat vier Jahr­zehn­te spä­ter unter Hit­lers natio­nal­so­zia­li­sti­schem Regime sei­ne „wil­li­gen Voll­strecker (Gold­ha­gen, Dani­el Jonah: Hit­lers wil­li­ge Voll­strecker – Ganz gewöhn­li­che Deut­sche und der Holo­caust. Ber­lin: Sied­ler, 1996; der­sel­be: Die katho­li­sche Kir­che und der Holo­caust. Eine Unter­su­chung über Schuld und Süh­ne. Ber­lin: Sied­ler, 2002) gefun­den. „Gott schreibt gera­de auch auf krum­men Zei­len (Por­tu­gie­si­sches Sprich­wort: Deus escreve derei­to per lin­has tor­tas): Die­ses Gro­ße Brand­op­fer hat die Juden in einer Wei­se zu einem Volk zusam­men­ge­schweißt, wie es kein zwei­tes mehr auf die­ser Welt gibt (Quin­zio, Ser­gio: Die jüdi­schen Wur­zeln der Moder­ne. Frankfurt/​Main: Cam­pus, 1995, S. 14). Die „Judai­sie­rung“ der Welt ist unbe­streit­ba­res Fak­tum (Quin­zio: Die jüdi­schen Wur­zeln der Moder­ne, S. 15). Die USA, die ein­zi­ge Super­macht, der es Hen­ry Kis­sin­ger noch zutraut, bei der Ord­nung der Welt eine füh­ren­de Rol­le zu spie­len (Kis­sin­ger Hen­ry: Welt­ord­nung. Mün­chen: C.Bertelsmann, 2014, S. 422ff) ist stolz auf ihr jüdi­sches Erbe (Biden, Joe: Jewish lea­ders hel­ped gay mar­ria­ge suc­ce­ed, in: Washing­ton Post vom 22. Mai 2013), wel­ches sei­ne Welt­mis­si­on bestimmt (Rice, Con­do­leez­za: Unse­re gemein­sa­men Wer­te, in Frank­fur­ter All­ge­mei­ne Zei­tung vom 19. Okto­ber 2002, S. 10). Was es an „Wer­ten“ der Welt zu ver­mit­teln sucht, ist jüdi­sche Ursprungs (Jäger, Lorenz: Unter­schied. Wider­stand. Krieg. Zur poli­ti­schen Theo­lo­gie jüdi­scher Intel­lek­tu­el­ler. Wien-Leip­zig: Karo­lin­ger 2013). Men­schen­rech­te sind aus der Ver­bin­dung des Juden­tums und der Frei­mau­re­rei her­vor­ge­gan­gen (Men­dels­sohn, Moses: Vor­re­de zu Men­as­seh Ben Isra­el: Ret­tung der Juden. Nico­lai: Ber­lin-Stet­tin, 1782, abge­druckt in: Men­dels­sohn, Moses: Jeru­sa­lem oder über die reli­giö­se Macht und Juden­tum. Mei­ner: Ham­burg, 2005, S. 5). Die Demo­kra­tie ver­dankt sich Jah­wes Ver­spre­chen, die gewähl­ten Älte­sten zu Vor­ste­hern der jüdi­schen Stäm­me ein­zu­set­zen (Gelern­ter, David: Ame­ri­ca­nism – and its Enemies, in: Com­men­ta­ry, H. 1/​2005, S. 41–48). Der säku­la­re Rechts­staat ist in sei­ner heu­ti­gen Aus­for­mung jüdi­schem Rechts­po­si­ti­vis­mus (Kel­sen) zu ver­dan­ken (Kel­sen, Hans: Rei­ne Rechts­leh­re. 2. Aufl. 1960. Tübin­gen: Mohr Sie­bek, 1960). Die „offe­ne Gesell­schaft“ ist auf den ent­schei­den­den Ein­fluß von Sir Charles R. Pop­per zurück­zu­füh­ren (Pop­per, Karl Rai­mund: Die offe­ne Gesell­schaft und ihre Fein­de. Aus dem Eng­li­schen über­setzt durch Paul Feyer­abend. 2 Bde. Bern: Fran­cke, 1957/​58). 

Das Lichtkreuz über dem Katholikon der Grabeskirche über den Tempelberg auf den Ölberg, wo Christus zum Himmel aufgefahren ist (Apg 1,9).
Das Licht­kreuz über dem Katho­li­kon der Gra­bes­kir­che; Blick zum Tem­pel­berg und dem Ölberg, wo Chri­stus zum Him­mel auf­ge­fah­ren ist (Apg 1,9).

Die gan­ze Moder­ne hat jüdi­sche Wur­zeln (Quin­zio: Die jüdi­schen Wur­zeln der Moder­ne. 1995). Die Durch­set­zung der „Auf­klä­rung“ mit ihrer Absa­ge an die Reli­gi­on (Kant, Imma­nu­el: Die Reli­gi­on in den Gren­zen der blo­ßen Ver­nunft, 1793/​94. Mit einer Ein­lei­tung und Anmer­kun­gen her­aus­ge­ge­ben von Bet­ti­na Stang­neth. Mei­ner, Ham­burg 2003) ist in erster Linie jüdi­schem Den­ken zu ver­dan­ken (Quin­zio: Die jüdi­schen Wur­zeln der Moder­ne, 1995). Die weit­ge­hen­de Zer­stö­rung der römisch-katho­li­schen Kir­che und des christ­li­chen Glau­bens (Schön­born, Erz­bi­schof Kar­di­nal Chri­stoph: Pre­digt zu Maria Namen vom 11. Sep­tem­ber 2016) ist dem jüdi­schen Ein­fluß auf prak­tisch alle christ­li­chen Reform­be­we­gun­gen zuzu­schrei­ben (New­man, Isra­el Lou­is: Jewish Influence on Chri­sti­an Reform Move­ments. New York: Colum­bia Uni­ver­si­ty Press, 1966). „By moder­nizati­on we all beca­me Jewish“ (Slez­ki­ne, Yuri: The Jewish Cen­tu­ry. Prin­ce­ton, NY: Prin­ce­ton Uni­ver­si­ty Press, 2004), lässt sich zumin­dest für den Main­stream nicht bestrei­ten. Damit bekommt das „con­sum­ma­tum est“ eine neue Bedeu­tung: Die Kir­che hat ihre Mis­si­on voll­bracht, sie wird nicht mehr gebraucht (Bene­dikt XVI.: Anspra­che zu Prie­stern der Diö­ze­se Aosta am 25. Juli 2005). Dass damit die gan­ze Welt „aus den Fugen gera­ten“ (Scholl-Latour, Peter: Die Welt ist aus den Fugen. Betrach­tun­gen zu den Wir­ren der Gegen­wart. Ber­lin: Pro­py­len, 2012) ist und wir alle jetzt in einem „Aus­nah­me­zu­stand“ leben, wird selbst von den Mas­sen­me­di­en nicht län­ger ver­schwie­gen (Frank­reich ver­hängt Aus­nah­me­zu­stand, 14.11.2015). Die Grün­dung, Behaup­tung und Aus­deh­nung des Staa­tes Isra­el im Nahen Osten (Lüders, Micha­el: Wer Wind sät. Was west­li­che Poli­tik im Ori­ent anrich­tet. 9. Aufl. Mün­chen: C.H. Beck 2015, S. 146ff.; Hecht-Galin­ski, Eve­lyn: Das elf­te Gebot: Isra­el darf alles. Hei­del­berg: Pal­my­ra, 2012) hat zu einem „Clash“ (Hun­ting­ton, Samu­el: Der Kampf der Kul­tu­ren. Die Neu­ge­stal­tung der Welt­po­li­tik im 21. Jahr­hun­dert. Mün­chen-Wien: Euro­pa­ver­lag, 1966) der west­li­chen mit der isla­mi­schen Welt geführt, der nicht mehr zu befrie­den ist (Die Gehei­me Offen­ba­rung des Johan­nes, Jeru­sa­lem; Beney­to, José Maria: Apo­ka­lyp­se der Moder­ne. Klett-Cot­ta:  Stutt­gart 1988). 

Natür­lich kann einem Buch, wie jenem von Léon Bloy Anti­se­mi­tis­mus vor­ge­wor­fen wer­den (über Ein­schrei­ten der Ligue inter­na­tio­na­le Cont­re le Racis­me et l’An­ti­sé­mi­tis­me LICRA wur­de eine Wie­der­auf­la­ge von Le Salut par les Juifs in der vor 112 Jah­ren erschie­nen Ori­gi­nal­fas­sung durch das Urteil eines fran­zö­si­sche Gerichts vom 13. Novem­ber 2013 wegen ein­zel­ner als anti­se­mit­sch beur­teil­ten Stel­len nicht erlaubt). Übri­gens genau­so wie das Gegen­teil, den Ver­rat am Chri­sten­tum durch sei­ne radi­ka­le Lie­be zum jüdi­schen Volk (Dru­mont, Edouard: La France Jui­ve. Paris: Flamma­ri­on, 1886), von dem sei­ner unbeug­sa­men Über­zeu­gung nach das Heil der Chri­sten abhängt. Bloy lässt sich nicht nach den Maß­stä­ben des Tages­ge­sche­hens und sei­ner jour­na­li­sti­schen Spie­ge­lung beur­tei­len. Er spricht mit der Stim­me der Pro­phe­ten des Alten Bun­des, mit der uns Wahr­hei­ten mit­ge­teilt wer­den, von denen „nicht ein Jota oder ein Punkt ver­ge­hen wird, solan­ge Him­mel und Erde bestehen“ (S. 53) (Ame­rio, Roma­no: Iota unum. Eine Stu­die über die Ver­än­de­run­gen in der Katho­li­schen Kir­che im XX. Jahr­hun­dert. Cani­sius: Rup­picht­eroth, 2000).

Bloy, Léon: Das Heil durch die Juden. Jean­ne d’Arc und Deutsch­land. Zwei Schrif­ten von Léon Bloy, hrsg. von Peter Weiß. Dt. von Cle­mes ten Hol­der und Peter Weiß. Biblio­thek der Reac­tion. Ln. 205 Sei­ten. Karo­lin­ger-Ver­lag, Wien–Leipzig 2002. ISBN 3–85418-103–5.

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*Hinweis der Redaktion

Der Autor, Univ.-Doz. em. Dr. Fried­rich Romig, ist Ver­fas­ser des Buches „Der Sinn der Geschich­te“ (Kiel, Regin, 2011). Im Vor­wort bezeich­net der durch den „Histo­ri­ker­streit“ bekann­te­ste deut­sche Histo­ri­ker der jün­ge­ren Geschich­te, Ernst Nol­te, die­sen Sam­mel­band als „gro­ßes Buch der christ­li­chen Geschichts­deu­tung“, das „den Mut hat, eine alte, welt­ge­schicht­li­che Aus­ein­an­der­set­zung, die­je­ni­ge zwi­schen Chri­sten­tum und Juden­tum, in einer für die jün­ge­re Reli­gi­on sehr ungün­sti­gen Situa­ti­on wie­der aufzugreifen“.
Für Leser, die tie­fer die hier vor­ge­leg­te Rezen­si­on über Léon Bloys „Das Heil durch die Juden“ erfas­sen wol­len, wird als Ergän­zung und Berei­che­rung die Lek­tü­re von „Der Sinn der Geschich­te“ angeraten.

Fried­rich Romig: Der Sinn der Geschich­te (Buch bei Falk­Me­di­en bestellen)
Fried­rich Romig: Die Rech­te der Nati­on (Buch bei Falk­Me­di­en bestellen)

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4 Kommentare

  1. Jude ist und war nicht gleich Jude! Daher waren und sind christ­li­che Pau­schl­ver­ur­tei­lun­gen „der Juden“ oder gar Hass­ti­ra­den sei­tens der Chri­sten „gegen Juden“ in Ver­gan­gen­heit und Gegen­wart histo­risch falsch. Inso­fern ist der ein­ge­stell­te Text unhalt­bar und ins­ge­samt nicht zu verantworten.
    Denn die Ankla­ge „Heu­te hosi­an­na – mor­gen kreu­zi­ge ihn“! geht von der Vor­stel­lung aus, es sei­en die glei­chen Leu­te gewe­sen am Palm­sonn­tag und Kar­frei­tag, die geju­belt und gekreu­zigt haben. Die­se Vor­stel­lung ist falsch! Am Ein­zugs­tag bestimm­ten gali­läi­sche Fest­pil­ger die Sze­ne, am Kar­frei­tag waren es inter­es­sens­ge­lei­te­te Mit­glie­der des San­he­drin und vor­ein­ge­nom­me­ne Anhän­ger des Mör­ders Bar­ab­bas. Bei­de woll­ten aus unter­schied­li­chen Grün­den Jesu Kreu­zi­gung: die einen aus Macht­kal­kül, die ande­ren aus kri­mi­nel­ler Solidarität.
    Kein nor­ma­ler Jude hat­te am Rüst­tag vor Pascha des Jah­res 30 n.Chr. noch um die 6. Stun­de (12 Uhr) Zeit, sich um einen frem­den Pro­zess mit anschlie­ßen­der Hin­rich­tung zu küm­mern, da das Pascha-Mahl sechs Stun­den (18 Uhr) spä­ter fer­tig sein muss­te. Schon gar nicht die Män­ner aus der Mas­se der Fest­pil­ger, die sich an die­sem Tag zu Mahl­ge­mein­schaf­ten (20er-Grup­pen) zu orga­ni­sie­ren hat­ten und Räum­lich­kei­ten oder Plät­ze zum Bra­ten des Pascha-Lam­mes her­rich­ten muss­ten. Hier einen Mei­nungs­um­schwung inner­halb der sel­ben Juden­schaft anzu­neh­men, war und ist einer der größ­ten Feh­ler der Kir­chen­ge­schich­te, genau­er der christ­li­chen Bibel­wis­sen­schaft. Von die­sem Feh­ler soll­te man sich im Hin­blick auf die all­ge­mei­nen Juden­po­gro­me und die öster­li­chen Blut­bä­der unter Juden in der Ver­gan­gen­heit und auf das christ­lich-jüdi­sche Ver­hält­nis in der Gegen­wart schnell­stens verabschieden.

  2. Eini­ge der von Romig aus­ge­gra­be­nen Pas­sa­gen bzw. Urtei­le in Leon Bloys Werk sind nach mei­ner Ansicht nicht originell:
    – Die Pas­sa­ge vom Ham­bur­ger Trö­del­markt, wo Bloy in den Gesich­tern „Ver­wor­fen­heit“ sowie einen „hab­gie­ri­gen und krie­che­ri­schen“ Aus­druck gese­hen haben will, eine „unwi­der­ruf­li­che Schei­dung von den ande­ren Sterb­li­chen“ an die­sem Volk, das „alle Scheuß­lich­kei­ten der Welt in sich zu ver­ei­ni­gen“ und mit sei­ner „Pesti­lenz“, die gan­ze Welt ange­steck und ver­gif­tet habe, erin­nert mich an die juden­feind­li­chen Tria­den von Vol­taire: Die Juden sei­en „ein Schrecken für die Mensch­heit“, da sie „den schmut­zig­sten Geiz mit dem absto­ßend­stem Aber­glau­ben und dem unüber­wind­li­chen Hass gegen­über allen ande­ren Völ­kern ver­bin­den, wel­che sie tole­rier­ten und reich mach­ten ….“ (aus: Gud­run Hent­ges, Die Schat­ten­sei­ten der Auf­klä­rung, S. 46f).
    – Die Pas­sa­ge von den göt­zen­die­ne­ri­schen Samm­ler und Anbe­ter von Geld und Kre­dit erin­nert stark an Marx’ Werk zu Judenfrage.
    – Für Romigs eige­ne The­sen, dass die Juden für alle Wer­te und Unwer­te der Neu­zeit ver­ant­wort­lich sei­en, also Auf­klä­rung, Men­schen­rech­te, Demo­kra­tie, Rechts­po­si­ti­vis­mus, Tole­ranz, Welt­be­herr­schung, Clash der Kul­tu­ren etc. kann man ein­zel­ne Autoren und Beleg­stel­len her­bei­brin­gen, aber eine soli­de Erar­bei­tung und Beweis­füh­rung ist das nicht. (Men­dels­ohn z. B. war selbst nur eine Stim­me oder Mei­nung von Dut­zen­den von Aufklärer-Autoren.)
    – Die reli­giö­sen Aus­sa­gen Bloys zum jüdi­schen Got­tes- und Bun­des­ver­ständ­nis sowie ihr Ver­hält­nis zu Chri­sten und Kir­che bedür­fen einer wei­te­ren Analyse.…..

  3. Was aus dem Arti­kel nun nicht her­vor­geht (was ich zumin­dest nicht ver­ste­he): wie Bloy es kon­stru­iert, den so gründ­lich ver­wor­fe­nen Juden Anteil am Heils­ge­sche­hen bei­zu­mes­sen. Meint er das Wir­ken der (jüdi­schen) Apo­stel bzw der Jung­frau Maria, was aus sei­ner Sicht eine The­men­ver­feh­lung wäre näm­lich eine (nur auf Ras­sis­mus beru­hen­de) Gleich­set­zung des Juden­chri­sten­tums mit dem Juda­is­mus wäre? Dann wäre er nicht weit von völ­lig abstru­sen, NS-arti­gen-The­sen, die das Chri­sten­tum als tak­ti­schen Win­kel­zug der Juden anse­hen, um die wei­ßen Völ­ker zu unterwerfen?
    Oder mein­te er schlicht das Para­do­xon, das durch Ver­ur­sa­chung des Lei­dens und Ster­bens Chri­sti auch unser Heils­ge­sche­hen initi­iert wur­de? Das erschie­ne mir zu gewagt, der Herr selbst hat die­se Deu­tung in Bezug auf den gleich­ge­la­ger­ten Fall des Judas Ischa­ri­ot aus­drück­lich ver­wor­fen (Math 26,24).
    Der Arti­kel bleibt dies­be­züg­lich, was mein Ver­ständ­nis betrifft, unklar.
    Hubert Heckers Ver­weis, dass die Aus­wahl gewis­ser Text­stel­len Bloys nicht ganz glück­lich war, ist bei­zu­pflich­ten. Gewis­se dar­in ver­wen­de­te anti­se­mi­ti­sche Ste­reo­ty­pen sind schlicht pein­lich. Zu Heckers Ver­weis auf die Nicht­be­weis­bar­keit von Romigs Wür­di­gungs-The­sen ist anzu­mer­ken, dass exak­te wis­sen­schaft­li­che Beweis­bar­keit in gei­stig-phi­lo­so­phi­schen Quer­schnitts­ma­te­ri­en, ins­be­son­de­re in einem ver­min­ten Gelän­de wie die­sem, nie­mals zu erwar­ten sind.

  4. Was ist von der Ankla­ge des „Chri­stus­mor­des“ oder gar des „Got­tes­mor­des“ durch jüdi­sche Hand zu halten?
    Nach Lukas’ Apo­stel­ge­schich­te Kap. 3,14ff sagt Petrus zu den ver­sam­mel­ten Juden: „Ihr habt den Hei­li­gen und Gerech­ten ver­leug­net…, den Urhe­ber des Lebens habt ihr getö­tet.“ Damit ist der hin­ge­rich­te­te Chri­stus als Gott aus­ge­wie­sen. Dann aber sagt Petrus wei­ter: „Und nun, Brü­der, ich weiß, ihr habt aus Unwis­sen­heit gehan­delt, eben­so auch eure Füh­rer. Gott aber ließ so in Erfül­lung gehen, was er vor­aus­ver­kün­det hat durch den Mund der Pro­phe­ten, näm­lich dass sein Mes­si­as lei­den werde….“
    Die Bemer­kung „aus Unwis­sen­heit gehan­delt“ bezieht sich offen­sicht­lich dar­auf, dass die Juden nicht in dem Wis­sen und Bewusst­sein han­del­ten, dass sie den Mes­si­as und Got­tes­sohn dem Tode aus­lie­fer­ten. Inso­fern kann ihnen nicht eine Schuld von Chri­stus­mord oder Got­tes­mord ange­rech­net wer­den. In die­sem Sin­ne ist auch die Jesus­bit­te am Kreuz zu ver­ste­hen (Lk 23, 34): „Vater, ver­gib ihnen, denn sie wis­sen nicht, was sie tun.“
    Romig und Bloy erwäh­nen die Impro­prien der Kar­frei­tags­lit­ur­gie. Damit stim­men die Gläu­bi­gen in die Kla­ge Chri­sti ein – in der Art der Pro­phe­ten-Ankla­ge gegen das undank­ba­re, stör­ri­sche und immer wie­der in Unglau­ben ver­fal­le­ne „Volk Isra­el“. Aber das letz­te Wort Chri­sti ist das eben nicht.
    Jeden­falls hat es kei­ne bibli­sche Basis, wenn man die unbe­streit­ba­re Schuld der dama­li­gen jüdi­schen Füh­rungs­schicht und Tei­len des Vol­kes an der Hin­rich­tung Jesu als Grund­la­ge für die „Ver­wor­fen­heit“ des jüdi­schen Vol­kes durch die Zei­ten annimmt, solan­ge sie nicht an den Mes­si­as glauben.
    Die The­se von einem jüdi­schen Chri­stus­mord oder Got­tes­mord hat es immer wie­der ver­ein­zelt in der Chri­sten­heit gege­ben, sie ist aber nie Teil des lehr­amt­li­chen Glau­bens­gu­tes gewesen.
    Die The­se und ihre Fol­ge­rung, die „Ver­wor­fen­heit“ des jüdi­schen Vol­kes, ist auch nicht ver­ein­bar mit dem klas­si­schen Kar­frei­tags­ge­bet der Kir­che für die Bekeh­rung der Juden. Übri­gens haben jüdi­sche Glau­bens­füh­rer schon am Ende des ersten Jahr­hun­derts in das Acht­zehn­bit­ten­ge­bet der Syn­ago­gen­lit­ur­gie ein Ver­flu­chungs­ge­bet gegen Abtrün­ni­ge (Chri­sten) eingefügt:
    „Den Abtrün­ni­gen laß kei­ne Hoff­nung; und möge das anma­ßen­de Reich schnell, in unse­ren Tagen aus­ge­rot­tet wer­den. Und mögen die Nos­rim und die Minim mögen im Augen­blick zu Grun­de gehen, und mögen sie gelöscht wer­den im Buche des Lebens, und mögen sie nicht ein­ge­schrie­ben sein mit den Gerechten.“
    „Nos­rim“ sind die Chri­sten, die Deu­tung der „minim“ ist noch umstritten.

    Zur Kar­frei­tags­bit­te der Kirche:
    Die katho­li­sche Kar­frei­tags­lit­ur­gie läßt sich bis in eine Zeit zurück­ver­fol­gen, in der die Erin­ne­rung an die Ver­fol­gun­gen von jüdi­scher Sei­te noch sehr leben­dig war. Umso mehr ist es zu wür­di­gen, daß in ihr für die Juden und nicht etwa – wie spie­gel­sym­me­trisch in gewis­sen jüdi­schen Lit­ur­gien betref­fend „Minim“ und „Nos­rim“ – gegen sie gebe­tet wurde.

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