Ex-Dschihadist, Mudschaheddin, ISAF-Protegé warnt Europa vor verantwortungsloser Masseneinwanderung


Farhad Bitani - Ex-Offizier, Ex-Mudschheddin, Ex-Dschihadist aus Afghanistan: "Ich will heute mit dem Wort, nicht mehr mit der Kugel meinem Volk dienen".
Farhad Bitani - Ex-Offizier, Ex-Mudschheddin, Ex-Dschihadist aus Afghanistan: "Ich will heute mit dem Wort, nicht mehr mit der Kugel meinem Volk dienen".

(Kabul/​Rom) Er ist 30 Jah­re alt, hat schwar­zes Haar ein leicht gebräun­te Haut, freund­li­che Umgangs­for­men und einem gelas­se­nen Gesichts­aus­druck. Seit 2012 lebt er in Ita­li­en, das er sich als frei­wil­li­ges Exil aus­ge­wählt hat. Auf­ge­wach­sen ist er in Afgha­ni­stan und gehört einer der ange­se­hen­sten Fami­li­en des Lan­des an. Das bedeu­tet Anse­hen, Ein­fluß und Macht – auch für ihn, den jüng­sten Sohn. Er erleb­te ver­schie­de­ne Regime, aber „kei­nen Tag Frie­den“, wie er sagt. Als er gebo­ren wur­de, befand sich sein Land unter sowje­ti­scher Kon­trol­le, regiert von der kom­mu­ni­sti­schen Demo­kra­ti­schen Volks­par­tei Afgha­ni­stans (DVPA). Von sich selbst sagt er: „Ich habe Frau­en gestei­nigt“. Dann geriet er in einen Hin­ter­halt der Tali­ban und ent­ging nur knapp dem Tod. Es kam zu einer Wen­de in sei­nem Leben, als er in Ita­li­en Chri­sten ken­nen­lern­te. Heu­te schil­dert er, was wirk­lich in Afgha­ni­stan Sache ist und warnt vor einer ver­ant­wor­tungs­lo­sen Mas­sen­ein­wan­de­rung nach Europa.

Afghanistan: "Keiner will dort wirklich Frieden, auch der Westen nicht"
Afgha­ni­stan: „Kei­ner will dort wirk­lich Frie­den, auch der Westen nicht“
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Sein Vater ist Moham­mad Qasim, ein Gene­ral der Mud­scha­hed­din, der gegen die sowje­ti­schen Besat­zungs­trup­pen und gegen die Kom­mu­ni­sten kämpf­te, dann als Ver­trau­ter Kar­zais mit den NATO-Trup­pen gegen die Tali­ban. Osa­ma bin Laden lob­te eine Mil­li­on Dol­lar für sei­nen Kopf aus. Auch der jüng­ste von sechs Söh­nen, Far­had Bita­ni, schlägt die mili­tä­ri­sche Lauf­bahn ein. Er wird Offi­zier der Afgha­ni­schen Natio­nal­ar­mee wäh­rend des ISAF-Ein­sat­zes der NATO, die mit UNO-Man­dat Al-Qai­da und das Isla­mi­sche Emi­rat Afgha­ni­stan der Tali­ban bekämpft. 2005 kommt er erst­mals nach Rom, wo sein Vater Mili­tär­at­ta­ché an der afgha­ni­schen Bot­schaft wird. Die ISAF-Ope­ra­ti­on begann 2001 und ende­te 2014. Das war die Zeit, als ein deut­scher Bun­des­ver­tei­di­gungs­mi­ni­ster, er hieß Peter Struck und gehör­te der SPD an, allen Ern­stes behaup­te­te: „Die Sicher­heit der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land wird auch am Hin­du­kusch ver­tei­digt“. Des­halb leben heu­te in Deutsch­land, eine hal­be Welt­rei­se von Afgha­ni­stan ent­fernt, min­de­stens 350.000 Afgha­nen. Das ent­spricht einer Groß­stadt, die in der Liste der deut­schen Groß­städ­te an 16. Stel­le kommt. Dar­un­ter sind „Kol­la­bo­ra­teu­re“ der ISAF-Trup­pen, offi­zi­ell „Hel­fer“ genannt, und durch „Fan­ta­sie-Geschich­ten über Deutsch­land“ ange­lock­te, wie Bun­des­in­nen­mi­ni­ster Tho­mas de Mai­zie­re (CDU) im Dezem­ber 2016 erklär­te. Man kann es auch anders nen­nen: Die Pro­ble­me ande­rer Län­der impor­tie­ren. Daß die Prä­senz der Bun­des­wehr in Afgha­ni­stan, damit zu tun haben könn­te, gehört zu den moder­nen Tabus. Trotz der weit­her­zi­gen deut­schen Flücht­lings­be­stim­mun­gen fal­len weni­ger als 50 Pro­zent unter kei­nen „Schutz­sta­tus“. Doch wer erst ein­mal in Deutsch­land ist, den bringt ohne­hin nie­mand mehr raus. Dafür sorgt die Gesin­nungs­ethik, die den Ton angibt.

2012 wur­den die Kosten des Afgha­ni­stan-Ein­sat­zes von der Bun­des­re­gie­rung mit fast 8 Mil­li­ar­den Euro ange­ge­ben. Bereits 2010 hat­te jedoch das Deut­sche Insti­tut für Wirt­schafts­for­schung (DIW) in Ber­lin in einer Stu­die die Gesamt­ko­sten auf 36 Mil­li­ar­den bezif­fert. Die Fol­ge­ko­sten, dar­un­ter die Ein­wan­de­rung von Hun­dert­tau­sen­den Afgha­nen nach Deutsch­land, noch gar nicht ein­ge­rech­net. Allein seit der „Flücht­lings­wel­le“ von 2015 hat sich deren Zahl mehr als ver­dop­pelt. Kein Ende in Sicht, schließ­lich gilt „Refu­gee Wel­co­me“. Die beschei­de­nen Grenz­kon­trol­len sind besten­falls schlech­te Kosmetik.

„Wer durchschlagendere Gewalt ausübt, setzt sich durch“

Das alles ist mit­zu­den­ken, wenn es um Afgha­ni­stan geht. Ein Land, das die Hei­mat von Far­had Bita­ni ist, der die Pro­ble­me dort aus näch­ster Nähe kennt. Er beweg­te sich von klein­auf unter ein­fluß­rei­chen Leu­ten, Poli­ti­kern, Mili­tärs, isla­mi­schen Füh­rern, alles Freun­de des Vaters. Er selbst mach­te mit. Kämpf­te mit der Kalasch­ni­kow und fei­er­te Feste in den reich­sten Häu­sern Kabuls. Egal auf wel­cher Sei­te man steht, in Afgha­ni­stan setzt sich durch, wer durch­schla­gen­de­re Gewalt aus­üben kann. Er war Offi­zier der regu­lä­ren Armee, aber man hät­te ihn eben­so­gut als Mud­scha­hed­din oder Dschi­ha­di­sten bezeich­nen kön­nen. „Ich war das alles“, sagt er heu­te. Im Westen den­ke man falsch, wenn man meint, das fein säu­ber­lich tren­nen zu kön­nen „in die Guten und die Bösen“.

Heu­te ist auch der Isla­mi­sche Staat (IS) in Afgha­ni­stan prä­sent. Das sei aber zunächst vor allem ein „öko­no­mi­scher“ Fak­tor, so Bita­ni. Die loka­len Kriegs­her­ren tau­schen die wei­ße Fah­ne der Tali­ban, die kei­ne Angst mehr macht, des­halb gegen die schwar­ze Fah­ne des Isla­mi­schen Staa­tes, weil sie furcht­ein­flö­ßen­der ist, also ihre Macht­po­si­ti­on stärkt.

Wäh­rend sei­nes Auf­ent­halts in Ita­li­en kam er erst­mals mit Chri­sten in nähe­re Berüh­rung. Das ver­än­der­te sein Leben. Zuerst habe er gar nichts davon gemerkt. Dann ent­ging er 2011 nur knapp einem Atten­tat. Es begann in ihm ein Umden­ken. Eigent­lich will er sein Leben nicht ver­brin­gen wie sein Vater. Er ver­läßt Afgha­ni­stan und geht ins frei­wil­li­ge Exil nach Ita­li­en, wo er im Rah­men der ISAF sei­ne Offi­ziers­aus­bil­dung absol­viert hat­te. Er selbst nennt sein Umden­ken eine „Bekeh­rung vom Haß im Namen Got­tes zur Lie­be Got­tes“. 2014 ver­öf­fent­lich­te er in Ita­li­en sei­ne Auto­bio­gra­phie „Das letz­te wei­ße Lein­tuch“. Seit 2015 liegt auch eine eng­li­sche Aus­ga­be vor. Er sagt von sich, Mus­lim zu sein, „und immer“ einer blei­ben zu wol­len. Gleich­zei­tig fügt er hin­zu, „mei­nen Islam erst durch das Chri­sten­tum ken­nen­ge­lernt zu haben“. Viel­leicht ist sein Weg der „Bekeh­rung“ noch nicht abgeschlossen.

Das Interview: „Wer Afghanistan kontrolliert, kontrolliert Asien, der Westen will diese Machtposition nicht verlieren“

In Rom führ­te Sil­via Scar­an­ari für Nuo­va Bus­so­la Quo­ti­dia­na (NBQ) ein Inter­view mit ihm über Afgha­ni­stan, den Islam und die Mas­sen­ein­wan­de­rung nach Europa:

NBQ: Haben Sie noch Kon­tak­te mit Afgha­ni­stan? Mit Ihrer Familie?

Far­had Bita­ni: Ja und Nein. Das Leben ändern, die Macht­po­si­ti­on auf­ge­ben, Reich­tum, Pri­vi­le­gi­en, das ver­lang­te einen Schnitt, einen Bruch mit allen Anfüh­rern der Mud­scha­hed­din und mit den Poli­ti­kern. Ich habe nicht mehr vie­le Freun­de dort. Mit mei­ner Fami­lie habe ich noch Kon­takt, wenn er auch nicht mehr so gut ist wie vor­her. Sie ist eine der ange­se­hen­sten Fami­li­en des Lan­des, ich bin ein Ver­rä­ter. Das kom­pli­ziert alles. Die hal­be Fami­lie lebt heu­te in Afgha­ni­stan, die ande­re Hälf­te irgend­wo auf der Welt. Auch mein Vater, der in Afgha­ni­stan lebt, hält sich wegen sei­ner ange­schla­ge­nen Gesund­heit häu­fig in den USA oder in Dubai auf.

NBQ: Wie sieht die aktu­el­le sozia­le und poli­ti­sche Lage aus?

Far­had Bita­ni: Die Lage ist sehr kom­plex. Afgha­ni­stan ist das Herz­stück Asi­ens. In Afgha­ni­stan zu sein, heißt, Asi­en zu kon­trol­lie­ren. Des­halb will nie­mand wirk­lich Frie­den. Mein Land zu kon­trol­lie­ren, bedeu­tet, die Zugangs­pfor­te zu Chi­na, Indi­en, Ruß­land und den Iran zu beherr­schen bzw. deren Aus­falls­pfor­te in den Rest von Asi­en. Wir sind eine der wich­tig­sten geo­stra­te­gi­schen Posi­tio­nen der Welt. Bereits im 19. Jahr­hun­dert waren wir ein Kreu­zungs­punkt inter­na­tio­na­ler Inter­es­sen. Afgha­ni­stan ist heu­te ein Fuß­ball­feld, auf dem und rings­um ein Kal­ter Krieg aus­ge­tra­gen wird zwi­schen Ruß­land, Iran, Chi­na und den USA.
Indem der Westen in Afgha­ni­stan bleibt, ver­fügt er über Macht in Asi­en, die er nicht ver­lie­ren will. Er tut so, als gäbe es in Afgha­ni­stan heu­te noch vie­le Tali­ban. In Wirk­lich­keit weiß der Westen genau, daß– wenn er will – in einem Jahr, viel­leicht sogar weni­ger, alle Tali­ban ver­schwun­den wären. In den vie­len Jah­ren des Krie­ges wur­de nichts erreicht, weil der Wil­len fehlt, etwas zu erreichen.
Der Westen hat 120 Mil­li­ar­den Dol­lar direkt in mei­nem Land aus­ge­ge­ben wohl wis­send, daß 90 Pro­zent davon in den Taschen der Poli­ti­ker, der Clan-Chefs ein­schließ­lich der Tali­ban-Anfüh­rer ver­schwun­den ist. Die­ses Geld wur­de jeden­falls nicht dafür ein­ge­setzt, mei­nem Volk zu hel­fen. Alle wis­sen, daß die Kor­rup­ti­on ein gigan­ti­sches Aus­maß ange­nom­men hat, aber für Euch geht das so in Ord­nung. Alle wis­sen, daß die Clan-Chefs sich je nach Inter­es­sen­la­ge auf die eine oder die ande­re Sei­te schla­gen, um sich einen Anteil an der Macht zu sichern. Die­ses System bedeu­tet die Aus­beu­tung der Men­schen in mei­nem Land zum Nut­zen weni­ger, aber Euch stört das nicht.

„Dschihadisten werden an westlichen Militärakademien ausgebildet“

NBQ: In Afgha­ni­stan ist viel Geld in Umlauf, nicht nur das Geld aus dem Westen und den USA, son­dern auch Geld, das aus dem Dro­gen­an­bau und dem Dro­gen­han­del stammt.

Far­had Bita­ni: Ich nen­ne nie Namen, aber es gab Vize-Prä­si­den­ten, Vize-Mini­ster und hohe Mili­tärs, die zu den größ­ten Dro­gen­händ­lern gehör­ten. Sie haben die poli­ti­sche und mili­tä­ri­sche Macht in der Hand, sie kon­trol­lie­ren auch die Dro­gen. Das war schon immer so. Der Islam ver­bie­tet den Dro­gen­kon­sum, der inter­na­tio­na­le Dro­gen­han­del bringt jedoch gro­ßen Reich­tum, da wird unter­schie­den. Selbst vie­le Mus­lim­füh­rer kon­su­mie­ren Dro­gen. Es gibt auch inter­na­tio­na­le Orga­ni­sa­tio­nen, die im Dro­gen­han­del mit­mi­schen, aber immer in Zusam­men­ar­beit mit unse­ren Anfüh­rern. Ohne Dul­dung der west­li­chen Mäch­te wäre das undenk­bar. Die Dro­gen sind Teil der Poli­tik und der Macht­spie­le. Seit vie­len Jah­ren läuft der Dro­gen­han­del ja unter den Augen und unter der Kon­trol­le des Westens ab.
Die Dro­gen pro­du­zie­ren Kor­rup­ti­on, tau­send­fach, für jeden klei­ne­ren und grö­ße­ren Auf­trag. Auch die Ita­lie­ner haben sehr gro­ße Auf­trä­ge für den Wie­der­auf­bau erhal­ten. Und dann ist da noch der Han­del mit Alter­tü­mern. Mein Land ist reich an archäo­lo­gi­schen Fun­den und Kunst­wer­ken, die auf dem inter­na­tio­na­len Markt sehr begehrt sind.

NBQ: In Ihrem Buch deu­ten Sie an, daß wäh­rend Ihrer Aus­bil­dung an der Mili­tär­aka­de­mie in Turin auch Lands­leu­te dabei waren, die mit sehr radi­ka­len Grup­pen in Ihrem Land ver­bun­den sind. Wuß­ten das die west­li­chen Militärkommandos?

Far­had Bita­ni: Zwi­schen Ita­li­en und Afgha­ni­stan gibt es ein Abkom­men, daß jedes Jahr 50 jun­ge Offi­zie­re an der Mili­tär­aka­de­mie von Mode­na und dann in Turin aus­ge­bil­det wer­den. Das bedeu­tet erheb­li­che Kosten für Euer Land. Nor­ma­ler­wei­se erhal­ten die­se Plät­ze die Söh­ne von füh­ren­den Offi­zie­ren und Poli­ti­kern, kurz­um Per­so­nen, die auch ande­re Geschäf­te in Ita­li­en lau­fen haben. Wer einen Aus­bil­dungs­platz bekommt, weiß, daß das nicht auf­grund eige­ner Ver­dien­ste ist. Er weiß auch, daß er sich kei­ner Aus­wahl stel­len muß. Sein Name sichert ihm die Stel­le und eben­so den Kar­rie­re­sprung, sobald er wie­der nach Hau­se zurück­kehrt. Die­se Pri­vi­le­gier­ten, ich war einer von ihnen, blei­ben dann, wenn sie nach Hau­se kom­men, in der Etap­pe, denn dort kön­nen sie wirk­lich Ein­fluß aus­üben. Nicht nur eini­ge, son­dern vie­le von ihnen sind isla­mi­sche Fun­da­men­ta­li­sten, eben Söh­ne von Mud­scha­hed­din- oder Tali­ban-Anfüh­rern. Dschi­ha­di­sten, Mud­scha­hed­din, Offi­zie­re der regu­lä­ren Armee, ISAF-Hel­fer, alles in einem. Das ist so. Sie kom­men zur Offi­ziers­aus­bil­dung mit ihrem gan­ze Haß auf den Westen, respek­tie­ren kei­ne Regeln, nicht ein­mal die ele­men­tar­sten wie den mili­tä­ri­schen Gruß gegen­über Vor­ge­setz­ten. Sie wis­sen, daß ihnen kei­ne Bestra­fung droht. So funk­tio­niert die Poli­tik der „Ver­bün­de­ten“. Sie sind pri­vi­le­giert, nüt­zen das aus und las­sen das auch alle spü­ren. Sie sagen offen, alle Ungläu­bi­gen aus­rot­ten zu wol­len. Die west­li­chen Mili­tärs hören weg. Eini­ge von denen, die in mei­nem Offi­ziers­kurs waren, sind heu­te Dschi­ha­di­sten. Eini­ge wur­den wegen Atten­ta­ten gegen die Ame­ri­ka­ner ver­haf­tet. Sie nüt­zen hier im Westen ihre Mili­tär­aus­wei­se und Ver­bin­dun­gen als west­li­che Ver­bün­de­te und kau­fen moder­nes, tech­ni­sches Gerät und lie­fern es ihren Taliban-Brüdern.

„Endlose Schachpartie: 20 Prozent der afghanischen Dschihadisten leben in Dubai“

NBQ: Woher kommt die­ser Widerspruch?

Far­had Bita­ni: Der Groß­teil von ihnen sind Mus­li­me, ohne Mus­li­me zu sein. Vie­le ken­nen kei­nen wah­ren Gott. Sie benut­zen die Reli­gi­on nur für ihre eige­ne Macht.
Ich ken­ne vie­le, die besit­zen Vil­len, beu­ten jun­ge Frau­en aus, manch­mal sogar Kin­der, miß­brau­chen sie, trin­ken Alko­hol, kon­su­mie­ren Dro­gen, aber in der Öffent­lich­keit tre­ten sie als isla­mi­sche Sau­ber­män­ner auf mit lan­gem Bart, die Mis­ba­ha immer in der Hand und behaup­ten von sich selbst, ein demü­ti­ges Leben in per­fek­ter Über­ein­stim­mung mit dem Koran zu füh­ren. Damit beein­drucken sie die Mas­sen, ern­ten Respekt und Gehor­sam. Die stren­gen Geset­ze die­nen  der Kon­trol­le und Unter­drückung. Seit 1979, wohl­ge­merkt, gibt es kei­nen wich­ti­gen Mann, Poli­ti­ker oder Mili­tär in Afgha­ni­stan, der für Gott gekämpft hät­te. Das Volk lebt in Armut, Unwis­sen­heit und Angst.

NBQ: War­um wer­den sie dann zu Dschihadisten?

Far­had Bita­ni: Den Dschi­ha­di­sten machen ist sehr ein­fach. Heu­te bin ich einer, mor­gen viel­leicht nicht mehr, je nach Inter­es­sen­la­ge. Kein mäch­ti­ger Mann, kein Sohn einer bekann­ten Per­sön­lich­keit führt näm­lich den Krieg an der Front. Nein, die blei­ben im rück­wär­ti­gen Gebiet, wo es sicher ist, zei­gen sich eini­ge Tage dem Volk, fromm und erge­ben, und ver­schwin­den wie­der nach Indi­en oder Dubai oder sonst­wo­hin. Rund 20 Pro­zent der afgha­ni­schen Dschi­ha­di­sten lebt nor­ma­ler­wei­se in Dubai. Sie spie­len ihr Spiel auf dem Schach­brett, wie eben ande­re in Afgha­ni­stan ope­rie­ren­de Par­tei­en auch, ein­schließ­lich des Westens. Sie erhal­ten auf die­se Wei­se ihre Macht und sie kor­rum­pie­ren, auch Ver­tre­ter des Westens. Die Vari­an­te lau­tet: Gib mir etwas und dei­ne Sol­da­ten wer­den nicht ange­grif­fen. Akzep­tierst du nicht, gebe ich Befehl, dei­ne Stel­lung anzu­grei­fen. Eine Form von Kli­en­te­lis­mus unter dem Dach von UNO und NATO. Die Mafia funk­tio­niert nicht anders. Die Anfüh­rer aber sit­zen in jedem Fall weit weg. Der Angriff, soll­te er statt­fin­den, trifft die ein­fa­chen Leu­te aus dem Volk, die meist wirk­lich glau­ben, in einer wich­ti­gen mili­tä­ri­schen Kampf­hand­lung zu ste­hen, wo es um etwas geht. Nein, es geht nur um die­se oder jene Posi­ti­on auf dem Schach­brett einer End­lo­s­par­tie, die nie endet, weil sie nie­mand been­den will.

„Korruption, Drogenhandel, Macht – Bildung sollte einzige Waffe sein, die in Afghanistan zum Einsatz kommt“

NBQ: Wie beur­tei­len Sie die ita­lie­ni­sche Prä­senz in Afghanistan?

Far­had Bita­ni: Die ita­lie­ni­sche Prä­senz unter­schei­det sich tat­säch­lich von den ande­ren: Ihr gebraucht kei­ne Gewalt. Eure Sol­da­ten machen vor ihrem Ein­satz eine lan­ge Aus­bil­dung, und natür­lich ver­folgt auch Ita­li­en dort sei­ne eige­nen Inter­es­sen, aber Gewalt spielt dabei kei­ne Rol­le. Damit stellt sich natür­lich die Fra­ge, wozu die­ser Ein­satz über­haupt gut ist. Wirk­lich nütz­lich ist er nicht. Ita­li­en gibt viel Geld aus, baut auf – und vie­le ver­die­nen dabei mit –, aber es könn­te viel mehr tun, wenn es sich im Bil­dungs­be­reich enga­gie­ren wür­de. Bil­dung ist die erste, viel­leicht die ein­zi­ge Waf­fe, die in Afgha­ni­stan zum Ein­satz kom­men sollte.
Aber Vor­sicht: Nicht in die Fal­le der gro­ßen inter­na­tio­na­len Orga­ni­sa­tio­nen tap­pen. Die­se ver­an­stal­ten Tagun­gen, hal­ten Reden, auch hier in Rom: Sie reden von der Armut des afgha­ni­schen Vol­kes und trin­ken dazu Wein aus Fla­schen, von denen jede min­de­stens 200 Euro kostet. Sie sam­meln Geld, von denen 98 Pro­zent in den eige­nen Unter­halt flie­ßen. Auch das ist ein Busi­ness mit dem Eti­kett Afgha­ni­stan. Wer hilft wirk­lich? So gut wie nie­mand, nur eini­ge arme Ordens­frau­en oder der eine oder ande­re idea­li­sti­sche Arzt, die wirk­lich täg­lich ihr Leben ris­kie­ren. Aber nicht die Poli­tik und der gan­ze dazu­ge­hö­ri­ge Troß.

„Der Islam lebt doch gut in Europa, es gibt keine Kontrollen. Kontrolliert die Geldflüsse!“

NBQ: Sehen Sie eine Gefahr für den Islam in Ita­li­en und Europa?

Far­had Bita­ni: Der Islam lebt hier doch gut, ja bestens in Euro­pa. Wo aber der Wil­le fehlt, für das Gute ein­zu­tre­ten, wächst der Haß. War­um kom­men die Mus­li­me zu Euch? Die mei­sten wol­len einen siche­ren Lebens­un­ter­halt, aber anson­sten möch­ten sie, daß Euro­pa so wird, wie es bei ihnen zu Hau­se ist. Vie­le brin­gen, wie gesagt, bereits einen Haß mit, es kommt zur Radi­ka­li­sie­rung. Ihr müßt auf­pas­sen, denn bei Euch gibt es kei­ne Kon­trol­le. Der Imam wird nicht über­wacht, die Geld­flüs­se rund um die Moscheen wer­den nicht kon­trol­liert. Ihr begnügt Euch meist mit Dia­log­kon­fe­ren­zen und ähn­li­chen Ver­an­stal­tun­gen, doch die nüt­zen wenig. Wich­tig ist Bil­dung, damit ein gerei­nig­ter Islam wach­sen kann. Dar­in kann Papst Fran­zis­kus eine gro­ße Hil­fe sein. Er beein­druckt mich sehr. Aber ich wie­der­ho­le: Ihr müßt die Geld­flüs­se über­wa­chen. Wo die Geld­flüs­se sind, geht es um Inter­es­sen, um Macht, dort ist die Ein­falls­pfor­te für die dunk­len Akteu­re, die dann schnell die Kon­trol­le übernehmen.
Der gefähr­li­che Islam ist vor allem der der zwei­ten Gene­ra­ti­on, also der Nach­ge­bo­re­nen. Vie­le sind bereits hier gebo­ren, aber in einer Lee­re auf­ge­wach­sen, sie sind da und doch fremd, weil sie ja nur einen Teil von Euro­pa wol­len, das Geld, so suchen sie anders­wo einen Sinn, der führt sie nicht sel­ten zum Dschi­had. Die Schu­le steht hier vor einer gro­ßen Herausforderung.

„Die Aufnahme in Europa erfolgt ohne Projekt“

NBQ: Ein­wan­de­rung: Was sagen Sie dazu?

Far­had Bita­ni: Eure Auf­nah­me folgt kei­nem Pro­jekt. Alles wirkt ziel­los und impro­vi­siert und vie­le schei­nen ein­fach zu hof­fen, daß das schon irgend­wie gehen wird. Irgend­wie! Ihr zeigt soviel Groß­zü­gig­keit, die aber im Grun­de unge­recht und ver­ant­wor­tungs­los ist: Ihr nehmt vie­le auf, aber könnt Ihr ihnen eine Zukunft garan­tie­ren? Nur die Gren­zen auf­ma­chen und vie­le her­ein­las­sen, ist nicht gera­de ver­ant­wor­tungs­voll. Und es kann zur Grund­la­ge für den isla­mi­schen Fun­da­men­ta­lis­mus wer­den. Abge­se­hen davon, im Ernst: Rund um die Ein­wan­de­rung kreist ein gro­ßes Geschäft, vie­le, vie­le Aufträge.
Und noch etwas: Ich sage nur, Ach­tung auf Liby­en. Es braucht drin­gend ein Abkom­men zur Befrie­dung die­ses Lan­des, und es muß ein Abkom­men sein, das vom liby­schen Volk mit­ge­tra­gen wird und ihm nicht vom Westen auf­ge­zwun­gen ist.

NBQ: Und Sie? Wie sieht Ihre Zukunft aus?

Far­had Bita­ni: Ich bin als afgha­ni­scher Krie­ger auf­ge­wach­sen. Heu­te bin ich ein Sol­dat Got­tes. Ich arbei­te im Bil­dungs­be­reich, um zu erzie­hen, auch um unan­ge­neh­me Din­ge zu sagen, die aber gesagt wer­den müs­sen. Dem­nächst erscheint mein neu­es Buch „Die ver­schie­de­nen Far­ben des Para­die­ses“ in einer ita­lie­ni­schen und einer spa­ni­schen Aus­ga­be. Ich habe mein Gewehr zugun­sten der Feder aus der Hand gelegt. Ich will mit dem Wort, nicht mit der Kugel mei­nem Volk dienen.

Einleitung/​Übersetzung: Andre­as Becker
Bild: Tempi/​NBQ

 

 

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3 Kommentare

  1. Man stel­le sich die deut­sche Afgha­nist­an­po­li­tik vor. Die Bun­des­wehr wird an den Hin­du­kush geschickt um west­li­che Wer­te und west­li­che „Men­schen­rech­te“ zu ver­brei­ten; mit dem durch­schla­gen­den Ergeb­nis, dass zwar der Hass auf den Westen und der Isla­mis­mus geschürt wird, die somit beein­fluss­te Bevöl­ke­rung aber in Strö­men ihr Hei­mat­land ver­lässt um sich dau­er­haft in Deutsch­land nie­der­zu­las­sen. Die Befrei­ung Afgha­ni­stans durch Trans­fer sei­ner Bevöl­ke­rung nach Deutsch­land gewissermassen! 

  2. „Er sagt von sich, Mus­lim zu sein, „und immer“ einer blei­ben zu wollen.“
    Damit sagt er, dass er immer Moham­med nach­fol­gen will und damit im Hass blei­ben will.

    „Gleich­zei­tig fügt er hin­zu, „mei­nen Islam erst durch das Chri­sten­tum ken­nen­ge­lernt zu haben“. Wer das Chri­sten­tum ken­nen­ge­lernt hat und Moham­med wei­ter nach­fol­gen will, betrügt sich selbst. Da ist mir jener Migrant aus Marok­ko näher, der als Migra­ti­ons­grund gesagt hat „im Islam gibt es kei­ne Liebe“. 

    „Er selbst nennt sein Umden­ken eine „Bekeh­rung vom Hass im Namen Got­tes zur Lie­be Gottes“.
    Sein Umden­ken ist ledig­lich ein Ver­blei­ben im Hass im Namen Allahs, zu einem Selbst­be­trug im Namen Allahs, in dem er fälsch­li­cher­wei­se meint Lie­be bei Allah fin­den zu kön­nen. Mit Gott, dem drei­fal­ti­gen Gott, den Jesus geof­fen­bart hat, hat sein Gedan­ken­ge­bäu­de nichts zu tun. 

    „Heu­te bin ich ein Sol­dat Got­tes. Ich habe mein Gewehr zugun­sten der Feder aus der Hand gelegt.“
    Heu­te ist er und will es auch blei­ben ein Sol­dat Allahs. Er will Moham­med „mit der Feder“ nach­fol­gen, Moham­med aber for­dert Nach­fol­ge mit Gewalt, die Moham­me­da­ner wür­den ihn als einen Ungläu­bi­gen bezeichnen.

    Es ist schon erstaun­lich, wie man sich selbst betrü­gen kann.

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