Hat Papst Franziskus eine Kehrtwendung vollzogen? „Nein zur Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene und Abtreibungspolitiker“


Chiles Bischöfe berichten nach ihrem Besuch in Rom, daß Papst Franziskus ein "klares Nein" zur Kommuion für wiederverheiratete Geschiedene und für Abtreibungspolitiker ausgesprochen habe. Hat der Papst seine Haltung korrigiert?
Chiles Bischöfe berichten nach ihrem Besuch in Rom, daß Papst Franziskus ein "klares Nein" zur Kommuion für wiederverheiratete Geschiedene und für Abtreibungspolitiker ausgesprochen habe. Hat der Papst seine Haltung korrigiert? Der Vorsitzende, Msgr. Santiago Silva und Generalsekretär, Weihbischof Fernando Ramos (rechts).

(Rom) Wie es scheint, hat Papst Fran­zis­kus kei­ne „Zwei­fel“ mehr, folgt man den Berich­ten der chi­le­ni­schen Bischö­fe, die sich vor kur­zem zum Ad-limi­na-Besuch in Rom auf­hiel­ten. Die von ihnen berich­te­ten päpst­li­chen Aus­sa­gen wären eine radi­ka­le Kehrt­wen­dung. „Da nicht anzu­neh­men ist, daß der Vor­sit­zen­de der Chi­le­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz und deren Gene­ral­se­kre­tär sich die Wor­te des Pap­stes erfun­den haben, ist die Nach­richt von größ­ter Bedeu­tung“, so der spa­ni­sche Kolum­nist Fran­cis­co Fer­nan­dez de la Cigo­ña. „Dabei klin­gen“, so Fer­nan­dez de la Cigo­ña, „eini­ge Aus­sa­gen, als hät­te Kar­di­nal Bur­ke gespro­chen.“ Was ist passiert?

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Die Anspie­lung auf die „Zwei­fel“ bezieht sich auf die „Dubia“ (Zwei­fel), die vier nam­haf­te Kar­di­nä­le gegen umstrit­te­ne Tei­le des nach­syn­oda­len Schrei­bens Amo­ris lae­ti­tia dem Papst über­ga­ben. Seit mehr als fünf Mona­ten wei­gert sich das katho­li­sche Kir­chen­ober­haupt, auf die fünf Fra­gen zu zen­tra­len The­men der Glau­bens- und Moral­leh­re zu ant­wor­ten. Kurz vor Weih­nach­ten sprach einer der vier Unter­zeich­ner, Kar­di­nal Bur­ke, von einer Zurecht­wei­sung in came­ra cari­ta­tis. Soll­te die­se nichts brin­gen, wer­de eine öffent­li­che Zurecht­wei­sung des Pap­stes unumgänglich.

Nun berich­tet die Füh­rungs­spit­ze der Chi­le­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz, daß ihnen Papst Fran­zis­kus die Leh­re der Kir­che mit „ein­deu­ti­gen Wor­ten“ dar­ge­legt habe.

„Der Papst!“, so Fer­nan­dez de la Cigoña.

Absage an Situationsethik – Nur freiwilliger Zölibat nicht in päpstlicher Agenda

Papst Franziskus mit Bischof Silva, dem Vorsitzenden der Chilenischen Bischofskonferenz
Papst Fran­zis­kus mit Bischof Sil­va, dem Vor­sit­zen­den der Chi­le­ni­schen Bischofskonferenz

Die chi­le­ni­sche Tages­zei­tung El Mer­curio führ­te ein gemein­sa­mes Inter­view mit dem Vor­sit­zen­den und dem Gene­ral­se­kre­tär der Chi­le­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz. Ein Schwer­punkt war der Ad-limi­na-Besuch in Rom und die Fra­ge der wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen. Bei­de bestä­tig­ten, daß ihnen gegen­über Papst Fran­zis­kus ein kla­res „Nein zur Kom­mu­ni­on für wie­der­ver­hei­ra­te­te Geschie­de­ne und für Poli­ti­ker, die sich für die Abtrei­bung aus­spre­chen“ einschärfte.

Der Gene­ral­se­kre­tär, Msgr. Fer­nan­do Ramos, wider­sprach auch der Dar­stel­lung, Papst Fran­zis­kus habe sich im Inter­view mit der Wochen­zei­tung Die Zeit für eine Abschaf­fung des Prie­ster­zö­li­bats aus­ge­spro­chen. Der Papst habe deut­lich gemacht, „daß ein nur mehr frei­wil­li­ger Zöli­bat nicht in sei­ner Agen­da ist“.

In der Fra­ge der Kom­mu­ni­on für wie­der­ver­hei­ra­te­te Geschie­de­ne habe Fran­zis­kus einer „Situa­ti­ons­ethik“ eine Absa­ge erteilt und eine Anek­do­te aus sei­ner Fami­lie erzählt, um die Sache zu verdeutlichen.

„Was ist passiert?“

Das deut­li­che „Nein“ zur Kom­mu­ni­on für wie­der­ver­hei­ra­te­te Geschie­de­ne, das die chi­le­ni­schen Bischö­fe von ihrem Rom-Besuch mit­brach­ten, ver­an­laß­te Fer­nan­dez de la Cigo­ña zur Frage:

„Was ist pas­siert? Ich weiß es nicht. Etwas ist jeden­falls pas­siert, denn das, was Fran­zis­kus den chi­le­ni­schen Bischö­fen gesagt hat, ist nicht das­sel­be, was aus Amo­ris lae­ti­tia her­aus­ge­le­sen wer­den kann und von zwei Kre­tins auf Mal­ta und den mei­sten deut­schen Bischö­fen her­aus­ge­le­sen wur­de, und erst recht ist es nicht, was Fran­zis­kus den argen­ti­ni­schen Bischö­fen in einem Brief geschrie­ben hat.

Was ist also pas­siert? Ich weiß es nicht. Es könn­te aber sein, daß Fran­zis­kus gese­hen hat, in wel­che Situa­ti­on er die Kir­che gerit­ten hat und aber doch nicht als der in die Geschich­te ein­ge­hen will, der ein Schis­ma mit unab­seh­ba­ren Fol­gen ver­ur­sacht hat. Sei­ne Popu­la­ri­tät unter denen, die in der Kir­che wirk­lich zäh­len, ist stark zurück­ge­gan­gen. Nicht weni­ge haben den nicht sel­ten sinn­lo­sen Wort­schwall durch­schaut und sich von den Argu­men­ten sei­ner Oppo­nen­ten über­zeu­gen lassen.

Viel­leicht hat er selbst erkannt, daß die Argu­men­te sei­ner Geg­ner ein rie­si­ges Gewicht haben, denn wenn alle Päp­ste vor ihm etwas ande­res gelehrt haben, dann scheint es ziem­lich nahe­lie­gend, daß nicht alle ande­ren geirrt haben, son­dern er falsch liegt. Jedem das zu sagen, was er hören will, bringt kurz­fri­stig Applaus, aber schon mit­tel­fri­stig die Stim­me des Pap­stes in Ver­ruf, denn ver­schie­de­ne Inter­pre­ta­tio­nen, die sich auf ihn beru­fen kön­nen, ent­wer­ten sei­ne Stimme.

Nun gilt es abzu­war­ten, um zu sehen, ob sich die Aus­sa­gen der chi­le­ni­schen Bischö­fe oder das Gegen­teil bestä­tigt. Alles ist mög­lich. Deren Aus­sa­gen sind jeden­falls her­vor­ra­gend, ein­schließ­lich der per­sön­li­chen Anek­do­te über sei­ne Nich­te, die mit einem Geschie­de­nen ver­hei­ra­tet ist. Der Geschie­de­ne, ein Katho­lik, geht in den Beicht­stuhl und sagt zum Beicht­va­ter: ‚Ich weiß, daß Sie mich nicht los­spre­chen kön­nen, aber seg­nen Sie mich bit­te‘. Der ange­hei­ra­te­te Nef­fe ist sich sei­ner Situa­ti­on klar bewußt. Und offen­bar gilt das inzwi­schen auch für den päpst­li­chen Onkel.

Ich den­ke, das sind sehr wich­ti­ge Aus­sa­gen, über die wir uns freu­en kön­nen. Ganz katho­lisch. Ich weiß natür­lich, daß es der­zeit noch schwie­rig ist, ihre wirk­li­che Bedeu­tung und Trag­wei­te im Ver­gleich zu ande­ren, gegen­tei­li­gen Aus­sa­gen ein­zu­schät­zen: Was wird mor­gen sein?“

Von Bedeu­tung ist auch das päpst­li­che Nein zur Kom­mu­ni­on für Poli­ti­ker, die sich für die Abtrei­bung aus­spre­chen oder ein­set­zen. Wie ver­trägt sich die­se Hal­tung mit den jüng­sten Aus­sa­gen des Papst-Ver­trau­ten Mar­ce­lo Sanchez Sor­on­do? Sor­on­do hat­te sich in einem Gespräch mit Jan Bentz für Arran­ge­ments mit den Abtrei­bungs­be­für­wor­tern aus­ge­spro­chen, weil das „mehr brin­ge“. Kon­kret nann­te er als „mehr“, daß die Bekämp­fung der „neu­en Skla­ve­rei“ zur UNO-Agen­da erho­ben wur­de. Gleich­zei­tig griff Sanchez Sor­on­do die Lebens­rechts­be­we­gung fron­tal an und beschul­dig­te die­se, „nichts zu erreichen“.

Text. Giu­sep­pe Nardi
Bild: Infocatolica/Vatican.va (Screen­shot)

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