„Das bestgehütete Geheimnis von Fatima: Die Apostasie der Kirche“ – Ein neues Buch, ein graphologisches Gutachten und viele Fragen


Drittes Geheimnis von Fatima: Ein graphologisches Gutachten kommt zu einem verblüffenden Schluß.
Drittes Geheimnis von Fatima: Ein graphologisches Gutachten kommt zu einem verblüffenden Schluß.

(Madrid) In Spa­ni­en ist seit heu­te das Buch „El secre­to mejor guard­ado de Fati­ma“ (Das best­ge­hü­te­te Geheim­nis von Fati­ma) des Autors José Maria Zava­la im Buch­han­del erhält­lich. Der Vati­ka­nist Mar­co Tosat­ti konn­te vor­ab einen Blick in das Buch werfen.

Anzei­ge

Auf 330 Sei­ten wer­den anläß­lich des 100. Jah­res­ta­ges die Ereig­nis­se der Mari­en­er­schei­nun­gen im por­tu­gie­si­schen Ort Fati­ma detail­liert und chro­no­lo­gisch nach­ge­zeich­net. Das Haupt­au­gen­merk dabei liegt auf dem soge­nann­ten Drit­ten Geheimnis.

Grabriele Amorth, Pater Pio und das „Dritte Geheimnis von Fatima“

Zavalas neues Buch
Zava­las neu­es Buch

José Maria Zava­la ist ein in Spa­ni­en sehr bekann­ter Jour­na­list und Buch­au­tor, der zum katho­li­schen Glau­ben kon­ver­tier­te. Sei­ne Bekeh­rung steht im Zusam­men­hang mit dem hei­li­gen Pater Pio, den Zava­la beson­ders ver­ehrt. Unter sei­nen mehr als 30 Büchern, die er ver­faß­te, fin­den sich zahl­rei­che zu histo­ri­schen und reli­giö­sen The­men. Das neue Buch ent­hält auch ein Gespräch mit dem vor kur­zem ver­stor­be­nen jah­re­lan­gen Haupt­ex­or­zi­sten der Diö­ze­se Rom, Pater Gabrie­le Amor­th, der wie Zava­la eine gro­ße Ver­eh­rung für den hei­li­gen Pater Pio von Piet­rel­ci­na emp­fand. In dem Gespräch geht auch dar­um, was Pater Pio über das Drit­te Geheim­nis von Fati­ma wußte.

Tosat­ti lenkt den Blick vor allem auf den span­nend­sten Teil des Buches. „Soll­te er sich als echt erwei­sen, wäre das auf­se­hen­er­re­gend“, so der Vatikanist.

Die­ser Kern des Buches betrifft das Drit­te Geheim­nis (bes­ser gesagt, den drit­ten Teil des Geheim­nis­ses von Fati­ma) und ist gar nicht so neu, wie Zava­la es dar­stellt. Die tra­di­ti­ons­ver­bun­de­ne, katho­li­sche US-Sei­te Tra­di­ti­on in Action berich­te­te bereits im April 2010 dar­über und ver­öf­fent­lich­te das Doku­ment in ver­schie­de­nen Grö­ßen. Das Doku­ment ist umstrit­ten. Tra­di­ti­on in Action beschränk­te sich daher, Fra­gen zu for­mu­lie­ren, ohne die Haupt­fra­ge nach der Echt­heit zu beantworten.

Stammt der Text von Sr. Lucia oder handelt es sich um eine Fälschung?

Die Fra­ge lau­tet: Ist der Text von Sr. Lucia dos San­tos geschrie­ben wor­den und han­delt es sich dabei um den mög­li­cher­wei­se feh­len­den Teil des Drit­ten Geheim­nis­ses, der im Jahr 2000 nicht vom Hei­li­gen Stuhl ver­öf­fent­licht wur­de? Letz­te­res wur­de von ver­schie­de­ner Sei­te, dar­un­ter von Prof. Ingo Dol­lin­ger und Bischof Kurt Krenn, unter Beru­fung auf den dama­li­gen Prä­fek­ten der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, Joseph Kar­di­nal Ratz­in­ger, behaup­tet. Als Dol­lin­ger im ver­gan­ge­nen Jahr die­se Aus­sa­ge, im Gespräch mit der deutsch-ame­ri­ka­ni­schen Katho­li­kin Mai­ke Hick­son wie­der­hol­te, ver­öf­fent­lich­te das vati­ka­ni­sche Pres­se­amt eine Ent­geg­nung von Bene­dikt XVI., der sag­te, „nie“ mit Dol­lin­ger über Fati­ma gespro­chen zu haben. Dazu gab es jüngst erst eine Bestä­ti­gung für Dol­lin­gers Darstellung.

Zava­la wur­de das Doku­ment, wie er schil­dert, anonym im Anhang einer E‑Mail und ohne jeden erklä­ren­den Text über­mit­telt. Die Schil­de­rung klingt fast etwas zu geheim­nis­voll, zumal das Doku­ment bereits seit Jah­ren im Inter­net ver­öf­fent­licht war. Zava­la kann­te das Doku­ment jeden­falls nicht.

Das graphologische Gutachten

Es han­delt sich um das Abbild eines hand­be­schrie­be­nen Blat­tes im Umfang von 24 Zei­len. Zava­la ließ den Text aus dem Por­tu­gie­si­schen ins Spa­ni­sche über­set­zen und ein gra­pho­lo­gi­sches Gut­ach­ten durch­füh­ren. Dazu wand­te er sich an respek­ta­ble Exper­ten, näm­lich Bago­na Slocker de Arce, Mit­glied der Gra­pho­lo­gi­schen Gesell­schaft Spa­ni­ens und Gerichts­gut­ach­te­rin, sowie Pro­fes­sor Fran­cis­co Alva­rez, Jurist und Kri­mi­no­lo­ge, ehe­ma­li­ger Lei­ter der Kri­mi­nal­ab­tei­lung der Guar­dia Civil. Er bil­det heu­te Gra­pho­lo­gen aus, damit sie als beei­de­te Sach­ver­stän­di­ge Gerichts­gut­ach­ten erstel­len können.

20 Sei­ten des Zava­la-Buches nimmt das gra­pho­lo­gi­sche Gut­ach­ten über das Sr. Lucia zuge­schrie­be­ne Doku­ment ein. Es muß vor­aus­ge­schickt wer­den, daß den Gut­ach­tern nicht das Ori­gi­nal­do­ku­ment vor­lag, son­dern nur ein digi­ta­li­sier­tes Abbild. Wei­ter­ge­hen­de Unter­su­chun­gen zu Papier, Ver­gil­bung oder Tin­te konn­ten nicht durch­ge­führt wer­den. Die Gut­ach­ter konn­ten aus­schließ­lich das Schrift­bild mit dem vom Hei­li­gen Stuhl ver­öf­fent­lich­ten Doku­ment von Sr. Lucia dos San­tos ver­glei­chen. Das Gut­ach­ten gelangt zum – aller­dings bemer­kens­wer­ten – Schluß, daß die­ses Doku­ment von der­sel­ben Hand geschrie­ben wur­de, wie das vom Hei­li­gen Stuhl ver­öf­fent­lich­te Doku­ment, das unbe­strit­te­ner­wei­se Sr. Lucia dos San­tos zuge­schrie­ben wird. Dem­nach wäre das 24-Zei­len-Doku­ment Teil der drit­ten „Erin­ne­rung“ von Sr. Lucia vom 31. August 1941.

Der Text

Der Inhalt der 24 Zei­len lau­tet in deut­scher Übersetzung:

„Nun kom­me ich zur Ent­hül­lung des drit­ten Frag­ments des Geheim­nis­ses; die­ser Teil ist die Apo­sta­sie der Kir­che. Unse­re Frau zeig­te uns eine Visi­on eines Indi­vi­du­ums, das ich als der ‚Hei­li­ge Vater‘ beschrei­be, vor einer gro­ßen Men­ge, die ihm zujubelte.

Es gab jedoch einen Unter­schied zu einem wirk­li­chen Hei­li­gen Vater, der Blick des Teu­fels, die­ser hat­te die Augen des Bösen.

Dann, eini­ge Augen­blicke spä­ter, sahen wir den­sel­ben Papst in eine Kir­che gehen, die­se Kir­che aber war die Kir­che der Höl­le, es ist nicht mög­lich, die Häß­lich­keit die­ses Ortes zu beschrei­ben, er schien wie eine aus grau­em Zement gemach­te Festung mit gebro­che­nen Ecken und Fen­stern wie Augen, er hat­te eine Spit­ze auf dem Dach des Gebäudes.

Sofort erho­ben wir unse­ren Blick zu Unse­rer Frau, die uns sag­te, ihr habt die Apo­sta­sie der Kir­che gese­hen, die­ser Brief kann vom Hei­li­gen Vater geöff­net wer­den, er muß aber nach Pius XII. und vor 1960 ver­kün­det werden.

Wäh­rend der Regie­rung von Johan­nes Paul II. hat der Eck­stein des Petrus­gra­bes her­aus­ge­nom­men und nach Fati­ma gebracht zu werden.

Da das Dog­ma des Glau­bens in Rom nicht bewahrt wird, wird sei­ne Auto­ri­tät her­aus­ge­nom­men und Fati­ma übergeben.

Die Kathe­dra­le von Rom muß zer­stört und eine neue in Fati­ma errich­tet werden.

Wenn 69 Wochen nach Ver­kün­dung die­ses Befehls Rom sei­ne Ver­leug­nung fort­setzt, wird die Stadt zerstört.???????

Unse­re Frau sag­te uns, das steht geschrie­ben, Dani­el 9, 24–25 und Mat­thä­us 21, 42–44.“

Perfekte Fälschung?

Soweit der von Zava­la wie­der­ge­ge­be­ne Text. Tosat­ti kon­tak­tier­te den Autor und bat ihn um Klä­rung eini­ger Fra­gen. Dabei geht es vor allem dar­um, wie Zava­la in den Besitz des Doku­men­tes gelang­te. Die­ser ant­wor­te­te, daß er es vor­zie­hen wür­de, mit Tosat­ti per­sön­lich zu spre­chen. Eine Begeg­nung wird in eini­gen Wochen statt­fin­den. Dazu Tosatti:

„Wenn das Doku­ment echt wäre, wür­de es sicher­lich vie­le Fra­gen klä­ren, die in der Ver­gan­gen­heit über die Voll­stän­dig­keit der Ent­hül­lung auf­ge­tre­ten sind, auch bezüg­lich der Wider­sprü­che, die im Lau­fe der Jah­re im Zusam­men­hang mit Aus­sa­gen jener auf­ge­tre­ten sind, die Mög­lich­keit hat­ten, die Auf­zeich­nun­gen von Sr. Lucia zu lesen und die Ori­gi­nal­do­ku­men­te zu sehen.“

Und wei­ter:

„Soll­te es sich um eine Fäl­schung hal­ten, dann müß­te man aner­ken­nen, daß es sich um eine Fäl­schung von größ­ter Qua­li­tät han­delt. Dann wür­de sich natür­lich die Fra­ge stel­len, wer sie ange­fer­tigt hät­te und war­um, und war­um sie einem in Spa­ni­en so bekann­ten Jour­na­li­sten und Buch­au­tor über­mit­telt wurde.“

Nun wer­de es, so Tosat­ti, „natür­lich sehr inter­es­sant sein, zu sehen, ob und wie even­tu­ell die Ant­wort des Hei­li­gen Stuhls“ auf die­se neue Ent­hül­lung aus­fal­len wer­de. Tat­sa­che sei es jeden­falls, „daß sich bestä­tigt, was Bene­dikt XVI. in einem pri­va­ten Gespräch geäu­ßert haben soll: ‚Fati­ma ist nicht zu Ende‘.“

Die Bedeutung von Fatima

Die­se Aus­sa­ge wur­de von Bene­dikt XVI. nicht nur in einem Pri­vat­ge­spräch geäu­ßert, wie Tosat­ti schreibt, son­dern auch öffent­lich in sei­ner Pre­digt am 13. Mai 2010 in Fati­ma gesagt:

„Wer glaubt, daß die pro­phe­ti­sche Mis­si­on Fati­mas been­det sei, der irrt sich.“

Ob die­se Aus­sa­ge auf die in die Zeit hin­ein­wir­ken­de Bedeu­tung Fati­mas bezo­gen war, oder – wie mehr­fach spe­ku­liert wur­de – eine Andeu­tung dar­stell­te, daß 2000 das „Drit­te Geheim­nis“ eben nicht voll­stän­dig ver­öf­fent­licht wor­den sei, steht auf einem ande­ren Blatt geschrieben.

Tat­sa­che ist, daß man gut dar­an tut, die Fra­ge der Authen­ti­zi­tät des 24-Zei­len-Doku­ments mit der nöti­gen Vor­sicht und Zurück­hal­tung zu sehen. Her­kunft und Chro­no­lo­gie sei­nes Auf­tau­chens sind zwei­fel­haft und nicht wirk­lich durch­schau­bar. Die inhalt­li­chen Aus­sa­gen geben Anlaß zur Annah­me, daß es sich um eine Kon­struk­ti­on aus jüng­ster Zeit han­deln könnn­te. Tat­sa­che bleibt, wie Zava­las Buch zeigt, daß die Fäl­schung, wenn es denn eine ist, sehr gut gemacht wäre.

Und noch ein­mal Tosatti:

„Es besteht kein Zwei­fel, soll­te das Doku­ment sich als echt erwei­sen, daß es ein beein­drucken­der Bezug auf Johan­nes Paul II. wäre, von des­sen Exi­stenz 1941 noch nie­mand etwas wis­sen konn­te. Wir kön­nen zudem nicht umhin, im Text eine man­geln­de ‚Gren­ze‘ zwi­schen den Wor­ten von Sr. Lucia und der Got­tes­mut­ter fest­zu­stel­len. Das wür­de in gewis­ser Hin­sicht dem recht geben, was uns Kar­di­nal Dzi­wisz, damals per­sön­li­cher Sekre­tär von Papst Woj­ty­la, sag­te: daß es näm­lich nicht immer klar sei, wann die Got­tes­mut­ter und wann Lucia spreche.“

„Am Ende wird mein Unbeflecktes Herz triumphieren“

Zava­las „Ent­hül­lung“ besteht also nicht dar­in, ein bereits bekann­tes Doku­ment ver­öf­fent­licht zu haben. Der neue Aspekt liegt in dem gra­pho­lo­gi­schen Gut­ach­ten zwei­er Fach­leu­te. Die „Saga des Drit­ten Geheim­nis­ses“, wie Tosat­ti schreibt, wird damit um eine wei­te­re Facet­te rei­cher. Wer Ant­wor­ten in Zava­las Buch sucht, wird sie wahr­schein­lich nicht fin­den, dafür aber eine Rei­he von neu­en Fra­gen, die sich dar­aus ergeben.

Grund­sätz­lich gilt zu Fati­ma, was der Histo­ri­ker Rober­to de Mat­tei jüngst formulierte:

„Die Dis­kus­sio­nen, die in den ver­gan­ge­nen Jah­ren über die­ses ‚Drit­te Geheim­nis‘ ent­stan­den sind, dro­hen die pro­phe­ti­sche Kraft des zen­tra­len Teils der Bot­schaft zu ver­dun­keln, der in zwei ent­schei­den­den Sät­zen zusam­men­ge­faßt ist:

‚Ruß­land wird sei­ne Irr­leh­ren über die Welt ver­brei­ten.‘ [1]Wider den athe­isti­schen Kom­mu­nis­mus.

Und:

‚Am Ende wird mein Unbe­fleck­tes Herz triumphieren!‘ “

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Stilum Curiae

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1 Wider den athe­isti­schen Kommunismus.
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