„Wir sind Kirche“ fordert Rücktritt von Glaubenspräfekt Müller und schießt damit ein Eigentor


Das Verhältnis zwischen Papst Franziskus und Glaubenspräfekt Gerhard Kardinal Müller ist nicht das Beste. Zudem versuchen verschiedene Seiten den Keil zwischen beiden noch tiefer zu treiben.
Das Verhältnis zwischen Papst Franziskus und Glaubenspräfekt Gerhard Kardinal Müller ist nicht das Beste. Zudem versuchen verschiedene Seiten den Keil zwischen beiden noch tiefer zu treiben.

(Ber­lin) Die Orga­ni­sa­ti­on „Wir sind Kir­che“, eine im deut­schen Sprach­raum ent­stan­de­ne Ver­ei­ni­gung von Katho­li­ken, die gar kei­ne sind, for­der­te Papst Fran­zis­kus auf, Kar­di­nal Ger­hard Mül­ler als Prä­fek­ten der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on abzu­set­zen. Die Nach­richt wäre kei­ne Mel­dung wert, wenn nicht eini­ge Pres­se­agen­tu­ren und Medi­en die For­de­rung wei­ter­ver­brei­tet hät­ten. Wenn es gegen die Kir­che geht, kochen – wie gewohnt – vie­le an ihrem Süpp­chen. Daher doch ein Wort dazu.

Anzei­ge

Die pseu­do­ka­tho­li­sche Orga­ni­sa­ti­on „Wir sind Kir­che“ geht auf das soge­nann­te Kir­chen­volks-Begeh­ren in Öster­reich von 1995 zurück. Begehrt wur­den die Alt-68er-For­de­run­gen (Frau­en­prie­ster­tum; Abschaf­fung des Zöli­bats; Bischofs­wahl durch die Gläu­bi­gen; eine ande­re Moral­leh­re durch Aner­ken­nung von Ver­hü­tung, Homo­se­xua­li­tät; sowie „Froh­bot­schaft statt Droh­bot­schaft“, also die Abschaf­fung der Sün­de und von Got­tes Gerech­tig­keit). Den For­de­run­gen liegt das anti­au­to­ri­tä­re Den­ken „Ich will, was mir gefällt“ zugrunde.

Im März 1996 schlos­sen sich die Initia­to­ren zu einem Ver­ein zusam­men. Im sel­ben Jahr erfolg­te auch die Grün­dung eines Able­gers in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land. Ver­eins­zweck ist die „För­de­rung von Refor­men in der römisch-katho­li­schen Kir­che“. Wie wenig „Wir sind Kir­che“ jedoch mit der römisch-katho­li­schen Kir­che zu tun hat, belegt die Tat­sa­che, daß Mar­tha Hei­zer Vor­sit­zen­de des öster­rei­chi­schen Zwei­ges ist.

Mar­tha Hei­zer äff­te für ihre Anhän­ger zu Hau­se die Zele­bra­ti­on von Eucha­ri­stie­fei­ern nach. Für die­ses „schwe­re Ver­ge­hen wie­der­hol­ter simu­lier­ter Meß­fei­ern“ wur­den sie und ihr Mann 2014 nach einem kir­chen­recht­li­chen Ver­fah­ren exkom­mu­ni­ziert. Da der Ver­ein gegen­über Hei­zer kei­nen kla­ren Trenn­strich zie­hen woll­te, trat der dama­li­ge Vor­sit­zen­de zurück. Trot­zi­gen Kin­dern gleich wähl­te „Wir sind Kir­che“ Mar­tha Hei­zer zur neu­en Vor­sit­zen­den, womit das größt­mög­li­che Maß an Distan­zie­rung von der katho­li­schen Kir­che demon­striert wurde.

Das Exkom­mu­ni­ka­ti­ons­de­kret war von Kar­di­nal Mül­ler unter­zeich­net wor­den, was die Abnei­gung gegen den Glau­bens­prä­fek­ten natür­lich noch stei­ger­te. Kei­ne rühm­li­che Figur in der Sache mach­te der dama­li­ge Inns­brucker Diö­ze­san­bi­schof Man­fred Scheu­er, zu des­sen Diö­ze­se Mar­tha Hei­zer gehör­te. Scheu­er war­te­te auf eine Ent­schei­dung Roms, wur­de selbst in der Sache aber nicht tätig. Unlieb­sa­me Ent­schei­dun­gen wer­den auf Rom abge­scho­ben, obwohl die Ver­ant­wor­tung für eine Diö­ze­se zual­ler­erst beim Diö­ze­san­bi­schof liegt. Auch ein sol­ches Ver­hal­ten hat nicht zuletzt zur noto­ri­schen Rom­feind­lich­keit unter man­chen Krei­sen bei­getra­gen. Erst recht gilt das für den deut­schen Sprach­raum, wo ohne­hin seit 500 Jah­ren das Kli­ma durch die ein­ge­fres­se­ne Rom­feind­lich­keit des Pro­te­stan­tis­mus bela­stet ist.

„Wir sind Kir­che“ bedient sich für die For­de­rung, Kar­di­nal Mül­ler abzu­set­zen, dump­fer Schlag­wör­ter, die den Ohren der welt­li­chen Medi­en schmei­cheln sol­len, um Gehör zu fin­den. Es wird das Kli­schee des reform­wil­li­gen Pap­stes bedient, der sich „seit drei Jah­ren“ um Refor­men bemü­he, aber von „der kon­ser­va­ti­ven Kurie“, die nur ihre „Macht und Kon­trol­le“ behal­ten wol­le, dar­an gehin­dert werde.

Die Aus­sa­gen zei­gen, wie weit sich „Wir sind Kir­che“ von der katho­li­sche Kir­che ent­fernt hat. Soweit, daß der Kon­takt zur kirch­li­chen Rea­li­tät, jeden­falls jener in Rom, völ­lig ver­lo­ren­ge­gan­gen ist. Die­se Krei­se zeich­ne­ten sich aller­dings nie durch Rea­li­täts­be­wußt­sein (Meß­si­mu­la­tio­nen) und intel­lek­tu­el­le Red­lich­keit (die katho­li­sche Leh­re und Ord­nung ableh­nen, sich aber den­noch als Katho­li­ken behaup­ten) aus.

Die Tat­sa­che, daß „Wir sind Kir­che“ aus­ge­rech­net in die­sem Augen­blick, da kir­chen­in­ter­ne Kräf­te am Stuhl von Kar­di­nal Mül­ler sägen, sei­ne Abbe­ru­fung for­dert, kommt die­sem in jedem Fall zugu­te. Für „Wir sind Kir­che“ kann und wird in Rom nie­mand aus­ge­tauscht und ersetzt wer­den. Soll­te „Wir sind Kir­che“ tat­säch­lich die Abbe­ru­fung Mül­lers wol­len, und sei es nur aus Ver­gel­tungs­drang für die Exkom­mu­ni­ka­ti­on von Mar­tha Hei­zer, dann hat der Ver­ein mit sei­ner öffent­li­chen For­de­rung soeben ein Eigen­tor geschossen.

Text: Mar­tha Burger-Weinzl
Bild: Wir sind Kir­che (Screen­shot)

Print Friendly, PDF & Email
Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!