Eine kostbare Perle – ein neues Meßbuch in der Hand der Gläubigen zur Mitfeier der überlieferten römischen Liturgie in ihrer Gestalt von 1962.


Das Volksmissale von Pater Martin Ramm.
Das Volksmissale von Pater Martin Ramm.

Eine Buch­vor­stel­lung von Cle­mens Vic­tor Oldendorf.

Anzei­ge

Heu­te habe ich die gro­ße Freu­de, auf ein neu­es Hilfs­mit­tel hin­zu­wei­sen, das Pater Mar­tin Ramm, Prie­ster der Prie­ster­bru­der­schaft St. Petrus, den Gläu­bi­gen anbie­tet, die mög­li­cher­wei­se erst­ma­lig der über­lie­fer­ten Meß­lit­ur­gie der Kir­che Roms begeg­nen, die­se bes­ser ken­nen­ler­nen und ver­ste­hen wol­len und mit grö­ße­rem Gewinn mit­fei­ern möch­ten. Zu sagen, es han­de­le sich um ein neu­es Hilfs­mit­tel, ist eigent­lich nicht ganz zutref­fend, denn Ramms Volks­mis­sa­le, das 2015 erschie­nen ist, ist genau­ge­nom­men bloß das jüng­ste Glied in einer Tra­di­ti­on, in der ihm im deutsch­spra­chi­gen Raum seit dem 19. und bis in die 60er Jah­re des 20. Jahr­hun­derts der Schott und der Bomm vor­aus­ge­gan­gen sind. So gese­hen hat das Volks­mis­sa­le, wel­ches im Unter­ti­tel als das „voll­stän­di­ge römi­sche Mess­buch nach der Ord­nung von 1962 lateinisch/​deutsch“ bezeich­net ist, gute Chan­cen, sich in den der über­lie­fer­ten Lit­ur­gie ver­bun­de­nen Krei­sen volks­tüm­lich als der Ramm zu etablieren.

Wozu eine neue Übersetzung?

Viel­leicht begeg­net ihm aber auch ein gewis­ses Miß­trau­en oder zumin­dest die Fra­ge, ob er nicht über­flüs­sig sei, weil man ja durch­aus auf den unver­än­der­ten Nach­druck des 62er Schott zurück­grei­fen kön­ne, den die Petrus­bru­der­schaft schon vor Jahr­zehn­ten wie­der zugäng­lich gemacht hat. Sicher­lich gibt es unter tra­di­ti­ons­ver­bun­de­nen Katho­li­ken psy­cho­lo­gisch oder men­ta­li­täts­mä­ßig so etwas wie eine gewis­se Nei­gung und sogar Vor­lie­be, am Gewohn­ten fest­zu­hal­ten, weil es lieb­ge­won­nen ist. Eben­so unzwei­fel­haft und unbe­strit­ten kann man heu­te die Spra­che der Über­set­zung des 62er Schott noch ver­ste­hen. Hält man sich aber ein­mal die unun­ter­bro­che­ne Ket­te unzäh­li­ger Auf­la­gen vor Augen, die der Schott von 1884 bis 1962 und der Bomm von 1927 bis 1963 erleb­ten und die auch nicht ein­fa­che Repro­duk­tio­nen der jewei­li­gen Erst­aus­ga­be waren, ver­steht man rasch, wie unna­tür­lich es eigent­lich ist, über fünf­zig Jah­re hin­weg ohne jeg­li­che Neu­be­ar­bei­tung unver­än­dert ein und das­sel­be Buch zu ver­wen­den.  Das mei­ne ich aus­drück­lich nicht auf den ein­zel­nen Benut­zer bezo­gen. Auch frü­her hat man sich nicht jedes­mal die neue­ste Auf­la­ge zuge­legt, sobald sie erschien. Viel­mehr beglei­te­te oft der Schott, den man zur Erst­kom­mu­ni­on bekom­men hat­te, den Beter ein Leben lang und wur­de sogar zum Erb­stück. Der Wert sol­cher Exem­pla­re wird dabei von Benut­zungs­spu­ren kei­nes­wegs geschmä­lert, sie sind die Pati­na der Fröm­mig­keit und wer­den zur lie­ben Erin­ne­rung. Die Ver­läß­lich­keit und Behar­rungs­kraft der Lit­ur­gie war zudem zumin­dest bis in die 1950er Jah­re so stark und selbst­ver­ständ­lich, daß es nie­man­dem ernst­haft in den Sinn gekom­men wäre, zu mei­nen, immer wie­der ein aktua­li­sier­tes Meß­buch kau­fen zu müssen.

Volksmissale Ramm
Der Ramm.

Die­se Ver­traut­heit und Gebor­gen­heit in der Lit­ur­gie wur­de frei­lich in den Jah­ren danach immer wie­der und immer mehr hin­ter­fragt. Mit dem Ver­schwin­den des Bomm hat aber nun der unver­än­der­te 62er Schott schon seit Jahr­zehn­ten eine Mono­pol­stel­lung, die irgend­wann doch einer Ver­ar­mung gleich­kommt, da man noch nicht ein­mal mehr auf wenig­stens eine sprach­li­che Alter­na­ti­ve in der Über­set­zung zurück­grei­fen kann. Eben­so stand immer nur ein und die­sel­be lit­ur­gi­sche Hin­füh­rung zu den Zei­ten des Kir­chen­jah­res, zu sei­nen Festen und Meß­for­mu­la­ren zur Ver­fü­gung, wo unter­schied­li­che Akzen­te, Facet­ten und Zugangs­wei­sen so rei­che kul­tu­rel­le und geist­li­che Anre­gun­gen hät­ten bie­ten können.

Allein schon aus die­sem Grun­de ist das von Pater Mar­tin Ramm unter­nom­me­ne Pro­jekt voll­kom­men berech­tigt und sehr zu begrü­ßen. Ein­zel­hei­ten in der Über­set­zung las­sen sich immer dis­ku­tie­ren, aber es ist augen­fäl­lig, daß Ramm und die Mit­brü­der, die ihn bei der Über­set­zungs­ar­beit unter­stützt haben, wirk­lich eine grö­ße­re sprach­li­che Prä­zi­si­on und Genau­ig­keit ange­strebt und auch erreicht haben, als man dies bei aller Hoch­ach­tung vor deren Lei­stung und Bewährt­heit von der Über­set­zung des Schott behaup­ten kann. Es ist eine neue, eigen­stän­di­ge Über­set­zung ent­stan­den, die gleich­zei­tig tat­säch­lich die latei­ni­sche Kult­spra­che und deren Syn­tax und Eigen­heit reflek­tiert und dabei ech­te, deut­sche Gebets­spra­che schafft, ohne jedoch den Bal­last von For­mu­lie­run­gen und Aus­drucks­wei­sen mit sich zu füh­ren, die eine vor über fünf­zig Jah­ren zuletzt aktua­li­sier­te Über­set­zung not­wen­di­ger­wei­se mitt­ler­wei­le ent­hal­ten muß. Nach­mals: Natür­lich kön­nen wir den Schott noch ver­ste­hen, aber es ist zwei­fels­oh­ne nicht erfor­der­lich, abzu­war­ten, bis eine Über­set­zung unver­ständ­lich gewor­den ist, ehe man sich berech­tigt glaubt, eine neue, eige­ne Über­tra­gung aus dem Latei­ni­schen vor­zu­neh­men. Unan­tast­bar und sakro­sankt ist die Sprach­ge­stalt des Schott ohne­hin umso weni­ger, weil Ramm sich weit weni­ger Selb­stän­dig­keit und Frei­heit gegen­über dem latei­ni­schen Ori­gi­nal gestat­tet. Des­we­gen unter­nimmt er auch kei­ne Nach­dich­tun­gen etwa der Sequen­zen, son­dern gibt den Inhalt der Stro­phen in Pro­sa an, wo die Über­tra­gun­gen im Schott längst auf­ge­hört hat­ten, Über­set­zun­gen zu sein.

Veränderte Umstände durch faktische Randstellung der liturgischen Tradition

Das neue Volksmissale
Das neue Volksmissale

Man mag nun dazu ste­hen, wie man will, mitt­ler­wei­le kann man nicht mehr eine all­ge­mei­ne Nor­ma­ti­vi­tät der Lit­ur­gie in ihrer über­lie­fer­ten römi­schen Gestalt oder ihr  bio­gra­phi­sches Mit­er­lebt­ha­ben vor­aus­set­zen. Daß Ramm sich des­sen bewußt ist, zeigt sich immer wie­der an sei­nen ein­fühl­sa­men, sehr gedie­ge­nen Ein­lei­tun­gen und beson­ders in der vor­aus­ge­schick­ten Hin­füh­rung zum Gebrauch des Volks­mis­sa­le. Soll die über­lie­fer­te Lit­ur­gie nicht ver­meint­lich eli­tär in sich muse­al abge­kap­selt sein, son­dern die mis­sio­na­ri­sche und kul­tu­rel­le Aus­strah­lung, die sie immer beglei­tet hat, auch wei­ter­hin besit­zen, sind die­ser Rea­li­täts­sinn und die­se Auf­ge­schlos­sen­heit sicher unabdingbar.

Obwohl das Buch schon vor zwei Jah­ren erschie­nen ist, ist es den­noch sicher sinn­voll, es 2017 vor­zu­stel­len, wenn sich zum zehn­ten Mal das Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum jährt, auch und gera­de, wo sich nicht alle damit ver­bun­de­nen Hoff­nun­gen erfüllt haben und der Jah­res­tag nicht nur Anlaß zu unge­trüb­ten Jubi­lä­ums­fei­er­lich­kei­ten bietet.

Lieber Reißverschlußhülle, statt Edelausgabe!

Die Qua­li­tät des Buches mit einem unglaub­lich schö­nen Druck­bild und Satz, auf fei­nem, leicht getön­ten Bibel­pa­pier (das nur im Kyria­le­an­hang einen Nach­teil bil­det, weil die Neu­men der Fol­ge­sei­te stark durch­schim­mern, was im son­sti­gen Teil des Buches zwar nicht anders ist, aber nicht so stark stört wie in einem Noten­sy­stem), mit Gold­schnitt ver­se­hen und in Leder gebun­den, sowie groß­zü­gig mit Zei­chen­bän­dern aus­ge­stat­tet, über­zeugt mich unge­mein, ein­zig ein Canon­bild, das auch ruhig künst­le­risch hoch­wer­tig sein könn­te, ver­mis­se ich.

Die soge­nann­te Edel­aus­ga­be zu erwer­ben, emp­feh­le ich nicht, da die leder­ne Magnet­la­sche mit der die­se gelie­fert wird, den Groß­teil des Gold­schnit­tes über­haupt nicht schützt. Statt­des­sen inve­stiert man bes­ser in eine Reiß­ver­schluß­hül­le aus Leder. Außer der Stan­dard­aus­füh­rung einer sol­chen Hül­le, die die Petrus­bru­der­schaft bei der Fir­ma KALOS Leder­wa­ren in Auf­trag gege­ben hat und anbie­tet, kann man direkt bei die­sem Her­stel­ler auch wei­ter indi­vi­dua­li­sier­te, pas­sen­de Hül­len zum Volks­mis­sa­le bezie­hen, in diver­sen Leder­qua­li­tä­ten und mit ver­schie­de­nen Zier- und Namensprägungen.

Bei Neuanschaffung: Eindeutig Ramm, nicht Schott!

An die­je­ni­gen, die noch kein Volks­meß­buch besit­zen, sich aber ein sol­ches anschaf­fen und es zur Vor­be­rei­tung oder in der Lit­ur­gie selbst ver­wen­den wol­len, an die­ser Stel­le die kla­re Emp­feh­lung, nicht zu einem anti­qua­ri­schen Schott oder Bomm zu grei­fen und auch nicht den Nach­druck des 62er Schott neu zu erwer­ben, son­dern sich einen Ramm anzu­schaf­fen. In sei­nem Geleit­wort greift Ramm das Gleich­nis von der kost­ba­ren Per­le auf (Mt 13,46), um das inne­re Ver­traut­wer­den mit der klas­si­schen Lit­ur­gie zu beschrei­ben. Auch das Buch selbst ist eine wah­re Per­le in Über­set­zung und Gestal­tung. Ich hof­fe, daß es sich eben­falls in der Pius­bru­der­schaft behei­ma­ten kann, auch wenn es die von Bene­dikt XVI. neu for­mu­lier­te Kar­frei­tags­für­bit­te für die Juden ent­hält. Streng­ge­nom­men ist es zwar zwei­fel­haft, ob die­se über­haupt für Fei­ern nach Sum­morum Pon­ti­fi­cum lit­ur­gisch ver­bind­lich ist, denn sie wur­de nur vom Staats­se­kre­ta­ri­at publi­ziert, das für lit­ur­gi­sche Bücher nicht zustän­dig ist. Am Altar kann ein  Prie­ster der Pius­bru­der­schaft so oder so die vor­her­ge­hen­de Fas­sung die­ses Gebe­tes ver­wen­den, auch, wenn in der Bank Leu­te sind, deren Ramm die Bene­dikt­va­ri­an­te ent­hält. Daß der Sar­to-Ver­lag den Ramm auch im Pro­gramm hat, ist schon ein­mal ein hoff­nungs­vol­les Zei­chen. Daß der deut­sche Ver­lag der Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. bei sei­ner Bestel­lung ein Hei­li­gen­bild­chen mit der 62er Fas­sung der frag­li­chen Für­bit­te mit­lie­fert, läßt mich min­de­stens ein wenig schmun­zeln, denn so skla­visch, daß er Zei­le für Zei­le mit­liest und inner­lich bejaht, braucht nie­mand sei­nen Ramm, Schott oder Bomm zu verwenden.

Ganz zum Schluß noch die Ein­la­dung an die Zele­bran­ten, bei deut­scher Ver­kün­di­gung von Lesung und Evan­ge­li­um jeden­falls zumin­dest hin und wie­der zum Ramm zu grei­fen, damit sich sei­ne Über­set­zung der bibli­schen Tex­te schritt­wei­se ein­bür­gern kann. Außer­dem hört man die Bot­schaft der Hei­li­gen Schrift zwei­fels­oh­ne auf­merk­sa­mer und bewuß­ter, wenn ihr Wort­laut sich nicht immer längst schon dem Gedächt­nis ein­ge­schlif­fen hat und voll­kom­men gewohnt ist.

Volks­mis­sa­le – 1896 Sei­ten, Biblio­print­pa­pier (30 g), Faden­hef­tung, 3,5 cm Block­stär­ke, sechs Lese­bän­der durch­ge­hend zwei­far­big schwarz/​rot, Gold­schnitt, abge­run­de­te Ecken, fle­xi­bler Umschlag aus schwar­zem Rinds­le­der (12,5 x 17,5 cm) mit Gold­prä­gung auf dem Rücken, Petrus­bru­der­schaft (FSSP).

Text: Cle­mens Vic­tor Oldendorf
Bild: katho​li​sches​.info/introi​bo​.net

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