Jahresschlußmesse und Te Deum abgesagt für Moscheebesuch mit Erzbischof: „Wegen des Attentats von Berlin“


Erzbischof sagt Jahresschlußmesse mit Te Deaum ab, um "wegen des Attentats von Berlin" die Gläubigen zu einem Moscheebesuch umzuleiten, die für die Polizei als "Sicherheitsrisiko" und Rekrutierungszentrum für IS-Kämpfer gilt.
Erzbischof sagt Jahresschlußmesse mit Te Deaum ab, um "wegen des Attentats von Berlin" die Gläubigen zu einem Moscheebesuch umzuleiten, die für die Polizei als "Sicherheitsrisiko" und Rekrutierungszentrum für IS-Kämpfer gilt.

(Rom) Ori­en­tie­rungs- und Hilfs­lo­sig­keit schei­nen die Reak­ti­on katho­li­scher Amts­trä­ger auf die isla­mi­sche Her­aus­for­de­rung in Euro­pa zu prä­gen. Manch­mal herrscht regel­rech­te Verwirrung. 

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Am 1. Janu­ar wird im über­lie­fer­ten Ritus ein Fest 1. Klas­se gefei­ert, der Oktav­tag von Weih­nach­ten und das Fest der Beschnei­dung des Herrn. Papst Paul VI. rief 1968 den 1. Janu­ar zum Welt­frie­dens­tag aus und ver­leg­te 1969 im Neu­en Ritus das Hoch­fest der Got­tes­mut­ter­schaft Mari­ens vom 11. Okto­ber auf die­sen Tag. Man­che Kir­chen­ver­tre­ter schei­nen den Welt­frie­dens­tag  sogar mit Syn­kre­tis­mus zu ver­wech­seln. In Raven­na scheint dazu eini­ge Ver­wir­rung zu herr­schen. Die Stadt, die vor dem Unter­gang die Haupt­re­si­denz des west­rö­mi­schen Kai­sers war, in der sich die Grab­le­ge Diet­richs von Bern befin­det, die Sitz eines byzan­ti­ni­sches Exar­chats war und die seit 754 Teil des Kir­chen­staa­tes war, hat tat­säch­lich schon bes­se­re Zei­ten erlebt.

In Raven­na wur­de am 31. Dezem­ber vom Erz­bi­schof die tra­di­tio­nel­le Dank­mes­se zum Jah­res­schluß mit dem fei­er­li­chen Te Deum abge­sagt, um die katho­li­schen Gläu­bi­gen zu einem „geführ­ten Besuch“ in die ört­li­che Moschee „mit anschlie­ßen­dem Gebets­mo­ment“ „umzu­lei­ten“. Damit wur­de zugleich, da der 1. Janu­ar auf einen Sonn­tag fiel, die Vor­abend­mes­se zum Mari­en­hoch­fest gestrichen.

Zehn Prozent der IS-Kämpfer aus Moschee von Ravenna

In Raven­na steht die zweit­größ­te Moschee Ita­li­ens. Am 5. Okto­ber 2013 wur­de sie in Betrieb genom­men. „Die Moschee gehört der gan­zen Stadt“, lie­ßen die mus­li­mi­schen Betrei­ber damals wis­sen. Um genau zu sein, gehört sie jedoch dem Isla­mi­schen Kul­tur- und Stu­di­en­zen­trum der Roma­gna (Cen­tro di stu­di e cul­tu­ra isla­mico del­la Roma­gna (CCSIR).

Erzbischof Lorenzo Ghizzoni, als er im Juni 2013 von Papst Franziskus das Pallium erhielt
Erz­bi­schof Loren­zo Ghiz­zo­ni, als er im Juni 2013 von Papst Fran­zis­kus das Pal­li­um erhielt

An der Eröff­nung nah­men der links­de­mo­kra­ti­sche Bür­ger­mei­ster samt Inte­gra­ti­ons­stadt­rat und auch Erz­bi­schof Loren­zo Ghiz­zo­ni von Raven­na-Cer­via teil. Die in Ita­li­en regie­ren­den Links­de­mo­kra­ten (PD) über­mit­tel­ten als Par­tei eine begei­ster­te Glück­wunsch­no­te. Bür­ger­mei­ster Fabri­zio Mat­teuc­ci mein­te in sei­ner mora­li­sie­ren­den Anspra­che: „Ich glau­be, Raven­na ist ab heu­te ein biß­chen besser.“

Poli­zei und Geheim­dienst schei­nen ande­rer Mei­nung zu sein. Laut Anga­ben der Sicher­heits­kräf­te sind seit­her rund zehn Pro­zent der „For­eign Figh­ters“  aus Ita­li­en von die­sem isla­mi­schen Zen­trum in den Nahen Osten auf­ge­bro­chen. Als „For­eign Figh­ters“ wer­den die Isla­mi­sten aus Euro­pa und ande­ren Erd­tei­len genannt, die in Syri­en und im Irak für den Isla­mi­schen Staat (IS) oder ande­re Dschi­had-Mili­zen kämpfen.

„Moscheebesuch wegen des Attentats von Berlin“

Die Idee zum Moschee­be­such sei wegen des isla­mi­schen Mas­sa­kers auf dem Weih­nachts­markt in Ber­lin ent­stan­den. „Es ist das erste Mal in Ita­li­en“, rühm­te sich Erz­bi­schof Loren­zo Ghiz­zo­ni in einer Pres­se­aus­sendung sei­nes Ein­falls. Der Bischof habe sei­ne Initia­ti­ve wie eine Fah­ne allen unter die Nase gehal­ten, so die Tages­zei­tung Il Giorn­a­le.

Für die nähe­ren Erläu­te­run­gen von Sinn und Bedeu­tung der Geste sorg­te der Lei­ter des diö­ze­sa­nen Amtes für Sozi­al- und Arbeits­pa­sto­ral, Lucia­no di Buò: „Wir haben gedacht, daß in einer Welt und einem histo­ri­schen Abschnitt, der von Gegen­sät­zen und Gewalt geprägt ist, das aus­sa­ge­kräf­tig­ste Signal das ist, daß hin­ge­gen die Zusam­men­ar­beit und die Begeg­nung zwi­schen Men­schen ver­schie­de­ner Reli­gio­nen mög­lich und in Raven­na Wirk­lich­keit ist.“

Eröffnung der Moschee 2013
Eröff­nung der Moschee 2013

Cor­ri­spon­den­za Roma­na merk­te dazu an: „Als wür­den ein­sei­ti­ge Besu­che in ande­rer Leu­te Häu­ser bereits ‚Zusam­men­le­ben‘ bedeu­ten.“ Die Initia­ti­ve zei­ge viel­mehr, wie sehr die­ser Begriff heu­te „miß­braucht“ wird.

Das Erz­bis­tum Raven­na-Cer­via orga­ni­sier­te, laut Medi­en­be­rich­ten, auf eige­ne Kosten sogar einen Auto­bus, um mög­lichst vie­le Katho­li­ken in die Moschee zu beför­dern. „Ein sol­cher Eifer“ wer­de von den­sel­ben Stel­len für lit­ur­gi­schen Fei­ern an kirch­li­chen Hoch­fe­sten nicht an den Tag gelegt, so Cor­ri­spon­den­za Roma­na.

Erzbischöflicher „Geistesblitz“ eine „gefährliche Utopie?“

In Raven­na gebe es wegen der erz­bi­schöf­li­chen „Tro­vata“ (Gei­stes­blitz) erheb­li­che „Bauch­schmer­zen“, wie Ita­lia Oggi berich­te­te. Das gel­te auch für die Sicher­heits­kräf­te, denen die öffent­li­che Auf­wer­tung der Moschee durch den Erz­bi­schof gar nicht beha­ge. Damit wer­de das Image eines isla­mi­sti­schen Zen­trums poliert, das von der Poli­zei als  „Sicher­heits­ri­si­ko“ gilt.

„Wir wis­sen, daß nicht alle Mus­li­me Ter­ro­ri­sten und Mör­der sind. Zwi­schen die­ser Erkennt­nis, die kei­nes Gei­stes­blit­zes bedürf­te, und einer Initia­ti­ve, die katho­li­schen Gläu­bi­gen von einer Hei­li­gen Mes­se abzu­hal­ten und in eine Moschee zu kar­ren, zudem noch einer höchst zwei­fel­haf­ten, liegt ein gan­zer Abgrund. Ich fra­ge nicht, was Erz­bi­schof Ghiz­zo­ni den Hin­ter­blie­be­nen der getö­te­ten Chri­sten sagen will, die von Isla­mi­sten ermor­det wur­den, die von die­sem Zen­trum in den Nahen Osten auf­ge­bro­chen sind. Ich sage aber, daß es gefähr­lich ist, sich in Uto­pien zu stür­zen“, so der katho­li­sche, spa­ni­sche Kolum­nist Fran­cis­co Fer­nan­dez de la Cigoña.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: RavennaToday/​Corrispondenza Roma­na (Screen­shots)

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