Die seltsame Sprache des Papstes: Von den „Unglücksbringern“ zu den „guten Wellen“


"Mandenme buena onda" (schick mir eine gute Welle). Die seltsame Sprache des Papstes.
"Mandenme buena onda" (schick mir eine gute Welle). Die seltsame Sprache des Papstes.

(Rom) Im Vor­feld des 80. Geburts­ta­ges von Papst Fran­zis­kus häu­fen sich selt­sa­me Wort­mel­dun­gen. Am ver­gan­ge­nen Mitt­woch äußer­te sich das katho­li­sche Kir­chen­ober­haupt „aber­gläu­bisch“ wegen zu frü­her Gra­tu­lan­ten. „In mei­nem Land“ brin­ge es „Unglück“, wenn jemand im vor­aus gra­tu­liert. Die­se Gra­tu­lan­ten sei­en „iett­a­to­ri“, was in der ita­lie­ni­schen Spra­che soviel wie Unglücks­brin­ger oder auch „Hexer“ und „Ver­wün­scher“ heißt. Kei­ne der Ent­spre­chun­gen ist erbau­lich. Für Irri­ta­tio­nen sorgt auch ein Schrei­ben an lin­ke euro­päi­sche Bür­ger­mei­ster. Irri­tie­rend sind die Spra­che und die Ein­sei­tig­keit der poli­ti­schen Kontakte.

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Am 9. und 10. Dezem­ber fand im Vati­kan auf Initia­ti­ve der Bür­ger­mei­ste­rin­nen von Paris, Madrid und Bar­ce­lo­na, in Zusam­men­ar­beit mit der Päpst­li­chen Aka­de­mie der Wis­sen­schaf­ten und der Päpst­li­chen Aka­de­mie der Sozi­al­wis­sen­schaf­ten, eine Tagung von etwa 70 Bür­ger­mei­stern euro­päi­scher Städ­te zum The­ma „Die Flücht­lin­ge sind unse­re Brü­der“ statt. Initia­to­ren und Inhalt der Tagung waren waren ein­sei­tig linkslastig.

Einseitig linkslastige Tagung

Bür­ger­mei­ste­rin von Paris ist die Sozia­li­stin Anne Hidal­go. Hidal­go wur­de in Spa­ni­en gebo­ren, von wo ihre Eltern mit ihr, als sie noch ein Kind war, nach Frank­reich aus­wan­der­ten. Ihr Groß­va­ter kämpf­te im Spa­ni­schen Bür­ger­krieg für die Volks­front. Gewählt wur­de sie im April 2014 als Kan­di­da­tin eines Wahl­bünd­nis­ses von Sozia­li­sten, Kom­mu­ni­sten, Grü­nen, Links­front und Links­ra­di­ka­len. „Abtrei­bung ist ein Grund­recht, das im har­ten Kampf errun­gen wur­de“, sag­te Hidal­go 2014, drei Mona­te vor ihrer Wahl im Fern­seh­sen­der I‑Télé.

Bür­ger­mei­ste­rin von Madrid ist die ehe­ma­li­ge Kom­mu­ni­stin Manue­la Car­me­na, die im Juni 2015 als Kan­di­da­tin von Aho­ra Madrid, einem Wahl­bünd­nis der radi­ka­len Lin­ken (Kom­mu­ni­sten, Grü­ne, Links­po­pu­li­sten), und mit Unter­stüt­zung der Sozia­li­sti­schen Par­tei (PSOE) gewählt wur­de. Im April 2016 sag­te Car­me­na in einem Inter­view mit der Zei­tung Intereconomà­a: „Nie­mand tötet mit Abtrei­bung Babys, weil das kei­ne Men­schen sind“.

Bür­ger­mei­ste­rin von Bar­ce­lo­na ist die Links­ak­ti­vi­stin Ada Colau, die im Mai 2015 als Kan­di­da­tin von Bar­ce­lo­na en Comú, einem Bünd­nis der radi­ka­len Lin­ken (Kom­mu­ni­sten, Grü­nen, Links­po­pu­li­sten, Links­na­tio­na­li­sten), gewählt wur­de. Colau ernann­te eine eige­ne Stadt­rä­tin für „Lebens­zy­klus, Femi­nis­mus und LGBTI“. Im Dezem­ber 2015 sprach sich die Bür­ger­mei­ste­rin für ein Ver­bot des „Mar­sches für das Leben“ aus, der seit eini­gen Jah­ren jähr­lich in Bar­ce­lo­na abge­hal­ten wird. Im Febru­ar wur­de der Preis der Stadt Bar­ce­lo­na auf aus­drück­li­chen Wunsch der Bür­ger­mei­ste­rin für ein blas­phe­mi­sches Vater unser ver­lie­hen. Im Okto­ber löste die Schwan­ger­schaft Colaus, die bereits Mut­ter eines Soh­nes ist, eine spa­ni­en­wei­te Dis­kus­si­on dar­über aus, ob die vehe­men­te Abtrei­bungs­be­für­wor­te­rin ihr Kind töten las­sen wer­de oder nicht. Colau been­de­te die Dis­kus­si­on mit der Aus­sa­ge, daß sie ihr Kind „nicht abtrei­ben“ wer­de, son­dern sich dar­auf „freue“. Eine Ände­rung ihrer Hal­tung gegen­über der Abtrei­bung wur­de bis­her noch nicht bekannt.

Für Papst Fran­zis­kus schei­nen die lebens­feind­li­chen Posi­tio­nen der drei Bür­ger­mei­ste­rin­nen kein Pro­blem zu sein. Für die Ver­tre­te­rin­nen einer anti­kle­ri­ka­len Lin­ken scheint es umge­kehrt kein Pro­blem zu sein, an einer Tagung im Vati­kan teil­zu­neh­men. Bei­de Sei­ten fin­den sich beim The­ma „Flücht­lin­ge“, einem Syn­onym für die För­de­rung der Masseneinwanderung.

Politisches Faktotum des Papstes

Kanz­ler und Fak­to­tum der bei­den aus­tra­gen­den päpst­li­chen Aka­de­mien ist der argen­ti­ni­sche Kuri­en­bi­schof Mar­ce­lo Sanchez Sor­on­do, der in poli­ti­schen Fra­gen als eng­ster Bera­ter des Pap­stes gilt. Sanchez Sor­on­do ist der Orga­ni­sa­tor der päpst­li­chen Annä­he­rung an die UNO (Kli­ma­po­li­tik, Migra­ti­ons­po­li­tik) und an die poli­ti­sche Lin­ke, beson­ders die radi­ka­le Linke.

Sanchez Sor­on­do schmun­zel­te mit sicht­li­cher Genug­tu­ung am Podi­um neben Gian­ni Vat­ti­mo, als die­ser im März 2015 zur Bil­dung einer neu­en „kom­mu­ni­sti­schen und papi­sti­schen Inter­na­tio­na­le“ auf­rief, deren Anfüh­rer Papst Fran­zis­kus sein sol­le, der „allein“ imstan­de sei, den „Klas­sen­kampf des 21. Jahr­hun­derts anzu­füh­ren und zu gewin­nen“. Er orga­ni­sier­te auch die Beru­fung von Neo-Mal­thu­sia­nern zu Mit­glie­dern der Päpst­li­chen Aka­de­mie der Wis­sen­schaf­ten und der Päpst­li­chen Aka­de­mie der Sozialwissenschaften.

Das Schreiben an Anne Hidalgo

Mit einem per­sön­li­chen Schrei­ben bedank­te sich Papst Fran­zis­kus bei Anne Hidal­go für ihre Teil­nah­me an der Tagung. Über­mit­telt wur­de das per­sön­lich vom Papst unter­zeich­ne­te Schrei­ben vom „Pri­vat­se­kre­ta­ri­at Sei­ner Hei­lig­keit“. Der Text des Brie­fes sorg­te für eini­ge Irri­ta­tio­nen. Wört­lich schrieb der Papst an die Links­po­li­ti­ke­rin, die den Femi­nis­mus für die ent­schei­den­de Ent­deckung ihres Lebens hält, weil die­ser „revo­lu­tio­nä­rer als alle Par­tei­pro­gram­me“ sei:

„Dan­ke für Ihre Teil­nah­me an der Kon­fe­renz im Lau­fe die­ser bei­den Tage. Ich habe die Arbei­ten aus der Nähe mit­ver­folgt. […] Ich ken­ne Ihre Initia­ti­ven, Ihre per­sön­li­chen Kämp­fe und die Hin­der­nis­se, die Sie über­win­den müs­sen. Des­halb wün­sche ich Ihnen mei­ne Bewun­de­rung und mei­ne Dank­bar­keit für ihren wei­ses Han­deln und für Ihre Beharr­lich­keit zugun­sten unse­rer Brü­der und Schwe­stern Flücht­lin­ge auszusprechen.

Der Brief endet einer selt­sa­men Bit­te des Pap­stes an die Pari­ser Bür­ger­mei­ste­rin. Nach den übli­chen Höf­lich­keits­for­mel und Wor­ten, die man sich von einem Ober­haupt der katho­li­schen Kir­che erwar­tet („Ich habe den Herrn gebe­ten, Sie nie zu ver­las­sen […]. Ich beglei­te Sie mit mei­ner Dank­bar­keit und Zunei­gung“), schloß Fran­zis­kus mit dem Satz:

„Ich bit­te Sie, für mich zu beten oder wohl­wol­lend an mich zu den­ken und mir eine posi­ti­ve Wel­le zu schicken.“

Nach­dem Hidal­go den Text bekannt­mach­te und dar­auf irri­tier­te Wort­mel­dun­gen folg­ten, beeil­te sich der Vati­kan mit­zu­tei­len, daß der Papst nicht nur der Bür­ger­mei­ste­rin von Paris, son­dern allen teil­neh­men­den Bür­ger­mei­stern einen sol­chen Brief übermittelte.

Die seltsame „buena onda“ des Papstes

Bereits im Vor­jahr hat­te Papst Fran­zis­kus Weih­nachts­grü­ße an den agno­sti­schen, spa­ni­schen Schrift­stel­ler Juan­ma Velas­co geschickt:

„An die­sem für die Chri­sten so bedeut­sa­men Tag wün­sche ich Ihnen das Beste und bit­te Sie, für mich zu beten. Und wenn Sie das aus Ehr­lich­keit und inne­rer Kohä­renz nicht tun, dann schicken Sie mir zumin­dest eine posi­ti­ve ‚Wel­le‘, damit ich mei­ne Idea­le nicht ver­ra­te. Eine Umar­mung. Franziskus.“

Wel­che „Idea­le“ mein­te Fran­zis­kus, für die eine „posi­ti­ve Wel­le“ eines Agno­sti­kers genügt, der aus „Ehr­lich­keit und inne­rer Kohä­renz“ nicht betet, damit sie der Papst „nicht ver­ra­ten“ wird?

Katho​li​sches​.info berich­te­te über die­se selt­sa­me Wort­wahl erst­mals im Novem­ber 2015 unter dem iro­ni­schen Titel „Papst Fran­zis­kus: „Schickt mir einen guten Hon­da“ – Kenia erfüll­te den päpst­li­chen Wunsch“. Am 9. Juli 2015 hat­te der Papst in San­ta Cruz in Boli­vi­en sei­ne Rede an die „Volks­be­we­gun­gen“ mit den Wor­ten beendet:

„Y, por favor, les pido que recen por mà­. Y si algu­no de ustedes no pue­de rezar, con todo res­pe­to le pido que me pien­se bien y me man­de bue­na onda. Gra­ci­as.“

„Und bit­te, beten Sie für mich! Und wenn jemand von Ihnen nicht beten kann, dann bit­te ich ihn – mit allem Respekt -, daß er gut an mich denkt und mir eine ‚gute Wel­le‘ sen­det. Danke.“

Und was hat es mit die­ser „bue­na onda“ (gute Wel­le) oder „onda posi­ti­va“ (posi­ti­ve Wel­le) auf sich? Selbst der vati­ka­ni­sche Über­set­zungs­dienst stutz­te im Juli des Vor­jah­res und setz­te die „gute Wel­le“ unter Anfüh­rungs­zei­chen. In Kenia stell­ten die Gast­ge­ber dem Papst weni­ge Mona­te spä­ter einen grau­en PKW der Mar­ke Hon­da zur Ver­fü­gung, der ihn vom Flug­ha­fen abhol­te.  Damit dürf­ten sie aller­dings doch etwas miß­ver­stan­den haben.

Von „buena onda“ und „mala onda“ – Anleihe bei Esoterik und Magie?

Ein Nach­schla­gen in Spa­nisch-Wör­ter­bü­chern hilft nicht wirk­lich wei­ter. Der Aus­druck ist umgangs­sprach­lich. Als Über­set­zungs­vor­schlä­ge wer­den „nett“, „klas­se“, „cool“, „läs­sig“ und „sich wohl­füh­len“ genannt. Die Rede­wen­dung scheint jün­ge­ren Datums und ist beson­ders in Mexi­ko gebräuch­lich, aber auch in Argen­ti­ni­en und ande­ren latein­ame­ri­ka­ni­schen Staa­ten ver­brei­tet. Der „bue­na onda“ ent­spricht das Gegen­teil „mala onda“. Es geht jeweils um die Aus­strah­lung von Men­schen, um eine posi­ti­ve oder eine nega­ti­ve Aus­strah­lung. „Bue­na onda“ meint, einem ande­ren Men­schen etwas Gutes wün­schen, „mala onda“, etwas Böses.

„Der Rück­griff auf latent im Men­schen vor­han­de­ne psy­chi­sche Wel­len ist typisch für die Gno­sis und die Magie. Der Mensch ist laut dem eso­te­ri­schen Den­ken ein Ener­gie­fluß, wes­halb es Auf­ga­be des ‚Ein­ge­weih­ten‘ ist, gute Wel­len auf sich zu kon­zen­trie­ren und posi­ti­ve Ener­gie zu bün­deln. Gleich­zei­tig sol­len schäd­li­che Wel­len und nega­ti­ve Ener­gie eli­mi­niert wer­den. Mit der katho­li­schen Reli­gi­on aller­dings hat das alles nichts zu tun“, so Cor­ri­spon­den­za Roma­na.

Kei­ne „bue­na onda“ scheint Papst Fran­zis­kus zu Poli­ti­kern außer­halb des lin­ken Spek­trums zu haben. Wäh­rend er den Kon­takt zu links­ra­di­ka­len Poli­ti­kern sucht, gibt er nicht-lin­ken Poli­ti­kern nicht ein­mal die Chan­ce zu einem Dia­log. Viel­leicht hat das auch etwas mit der Mel­dung der Deut­schen Sek­ti­on von Radio Vati­kan zu tun, die vor zwei Tagen berich­te­te: „Kar­di­nal Leh­mann kann Trumps Wahl nicht nach­voll­zie­hen“. Die Schlag­zei­le von Dom­ra­dio lau­te­te: „Für Kar­di­nal Leh­mann ist Wahl von Trump ein Rät­sel“. Das zum The­ma: Die Lebens­wirk­lich­keit der Men­schen verstehen.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: MiL

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4 Kommentare

  1. Babys sind also kei­ne Men­schen. Hat­ten wir in Euro­pa nicht schon ein­mal ein Regime, wel­ches bestimm­ten Men­schen das Exi­stenz­recht absprach? Der Bischof von Rom täte bes­ser daran,sich ein­mal mit Geschich­te, vor allem mit der Kir­chen­ge­schich­te zwi­schen 1922 und 1943/​44 aus­ein­an­der­zu­set­zen, anstatt Kir­chen­fein­de zu hofieren. 

  2. Die Fra­ge scheint mir nur noch zu sein: Wird die Kir­che die­se Zeit unbe­scha­det überstehen?

  3. Die Wür­de des Papst­am­tes ist schon lan­ge beschä­digt – das „Kas­pern“ tut der Kir­che eben nicht gut. Ich ver­ste­he es nicht: Die Kir­che hat groß­ar­ti­ge Men­schen in ihren Rei­hen, auch in füh­re­den Posi­tio­nen – ich den­ke natür­lich an die vier Kar­di­nä­le, die die „Dubia“ for­mu­liert haben, ich den­ke an ihre Unter­stüt­zer, aber auch an vie­le ande­re, denen ich den höch­sten Respekt ent­ge­gen­brin­ge. Ist es gei­sti­ge Beschränkt­heit, die sie dazu treibt, für den bil­li­gen Bei­fall der Welt die Wahr­heit zu leug­nen? Oder haben sie ein­fach den Glau­ben an einen Gott ver­lo­ren, dem sie sich gegen­über wer­den ver­ant­wor­ten müs­sen? – Wie­der ein­mal kön­nen wir nur fest­stel­len: Es ist unverständlich …

  4. Ent­schul­di­gung, aber merkt jemand auf was fuer ein Niveau das Papst­tum unter die­sem Her­ren ange­langt ist?
    Ich war­te nur noch dar­auf, das er zu „Big Brot­her“ geht, um streng nach Vat II Sprach­re­ge­lung, die Men­schen abzu­ho­len wo sie sind.
    Schockie­rend, ver­stoe­rend und gaenz­lich belanglos.
    Horror !

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