Papst Franziskus: „Judas Iskariot erhängte sich und hatte bereut“ – ich weiß nicht, kann sein, aber dieses Wort läßt uns zweifeln“


Judaskuß: Wirken der Liebe Gottes bis zum Ende oder Allerlösungslehre?
Judaskuß: Wirken der Liebe Gottes bis zum Ende oder Allerlösungslehre?

(Rom) Laut Papst Fran­zis­kus habe Judas Iska­ri­ot, der Apo­stel, der Jesus ver­ra­ten hat, sei­ne Tat „bereut“. Bereits in der Ver­gan­gen­heit hat­te Fran­zis­kus den Ein­druck ver­mit­telt, daß auch Judas geret­tet sein könn­te. Den päpst­li­chen Über­le­gun­gen schei­nen The­sen des von der Kir­che abge­fal­le­nen Theo­lo­gen Eugen Dre­wer­mann zugrun­de zu lie­gen. Theo­lo­gen war­nen davor, den Men­schen am Bei­spiel Judas‘ eine Aller­lö­sungs­leh­re zu suggerieren.

Judas Iskariot: Dieb, Pauperist, Verräter

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Judas Iska­ri­ot war einer der zwölf Apo­stel und zugleich das Schwar­ze Schaf der Gemein­schaft. Er ver­wal­te­te die Kas­sa der Jün­ger und wur­de zum Dieb. Er kri­ti­sier­te die Sal­bung Jesu mit teu­rem Nar­den­öl und wur­de damit zum Pro­to­ty­pen einer heuch­le­ri­schen „Armuts­kri­tik“ an der Kir­che. Im Johan­nes­evan­ge­li­um heißt es dazu:

„Da nahm Maria ein Pfund ech­tes, kost­ba­res Nar­den­öl, salb­te Jesus die Füße und trock­ne­te sie mit ihrem Haar. Das Haus wur­de vom Duft des Öls erfüllt.
Doch einer von sei­nen Jün­gern, Judas Iska­ri­ot, der ihn spä­ter ver­riet, sagte:
War­um hat man die­ses Öl nicht für drei­hun­dert Dena­re ver­kauft und den Erlös den Armen gege­ben? Das sag­te er aber nicht, weil er ein Herz für die Armen gehabt hät­te, son­dern weil er ein Dieb war; er hat­te näm­lich die Kas­se und ver­un­treu­te die Ein­künf­te. Jesus erwi­der­te: Laß sie, damit sie es für den Tag mei­nes Begräb­nis­ses tue.
Die Armen habt ihr immer bei euch, mich aber habt ihr nicht immer bei euch“ (Joh 12,4–6).

Die Predigt von Papst Franziskus

Der Osser­va­to­re Roma­no gibt in sei­ner heu­ti­gen Aus­ga­be die Stel­le der gest­ri­gen mor­gend­li­chen Papst-Pre­digt in San­ta Mar­ta wie folgt wieder:

Es gibt noch eine wei­te­re, tie­fe­re Ebe­ne, in die der Papst in sei­nen Über­le­gun­gen vor­ge­drun­gen ist. Er wies dar­auf hin, daß „der Herr gut ist, auch für die­se Scha­fe“. Er beton­te ein Wort, das wir in der Bibel fin­den, „ein Wort, das sagt, daß Judas sich erhängt hat, erhängt und ‚bereut‘ “ Und er [der Papst] kom­men­tier­te: „Ich glau­be, daß der Herr die­ses Wort neh­men und mit sich tra­gen wird, ich weiß nicht, kann sein, aber die­ses Wort läßt uns zwei­feln.“ Vor allem unter­strich er: „Aber was bedeu­tet die­ses Wort? Daß bis zum Schluß die Lie­be Got­tes in die­ser See­le arbei­te­te, bis zum Moment der Ver­zweif­lung.“ Und es ist genau das, sagt er, um den Kreis sei­ner Über­le­gun­gen zu schlie­ßen, „die Hal­tung des Guten Hir­ten mit den ver­irr­ten Schafen.“

Das Wort, von dem der Papst hier spricht, ist „pen­ti­to“. Judas Iska­ri­ot sei „pen­ti­to“ gewe­sen, als er sich erhäng­te. „Pen­ti­to“ von „pen­tir­si“ (bereu­en) ist im Deut­schen als Par­ti­zip Per­fekt „bereut“ wie­der­zu­ge­ben, als voll­zo­ge­ner Zustand. „Die­ses Wort läßt uns zwei­feln“, sag­te Fran­zis­kus, womit im Kon­text nur gemeint sein kann, daß bezwei­felt wer­den müs­se, daß Judas Iska­ri­ot ver­dammt ist.

„Doch weh dem Menschen“

Kapitell von Vezelay: links der erhängte Judas, rechts, laut Papst Franziskus, der Eugen Drewermann zitiert, Jesus als der Gute Hirte, der Judas im letzten Moment gerettet hat. Unsinn sagen die Kunsthistoriker, das ist ein Dämon, der Judas verschleppt hingegen ein Dämon.
Kapi­tell von Vezelay: links der erhäng­te Judas, rechts – laut Papst Fran­zis­kus, der hier Eugen Dre­wer­mann folgt – Jesus als der Gute Hir­te, der Judas im letz­ten Moment geret­tet hat. Unsinn sagen die Kunst­hi­sto­ri­ker: Die dar­ge­stell­te Figur sei ein Dämon, der Judas verschleppt.

Im Mat­thä­us­evan­ge­li­um heißt es zu Judas Iskariot:

„Als nun Judas, der ihn ver­ra­ten hat­te, sah, dass Jesus zum Tod ver­ur­teilt war, reu­te ihn sei­ne Tat. Er brach­te den Hohen­prie­stern und den Älte­sten die drei­ßig Sil­ber­stücke zurück und sag­te: Ich habe gesün­digt, ich habe euch einen unschul­di­gen Men­schen aus­ge­lie­fert. Sie ant­wor­te­ten: Was geht das uns an? Das ist dei­ne Sache. Da warf er die Sil­ber­stücke in den Tem­pel; dann ging er weg und erhäng­te sich“ (Mt 27,3–5).

Der Evan­ge­list Mar­kus schreibt, ohne Judas Iska­ri­ot nament­lich zu nennen:

„Doch weh dem Men­schen, durch den der Men­schen­sohn ver­ra­ten wird. Für ihn wäre es bes­ser, wenn er nie gebo­ren wäre“ (Mk 14,21).

Die Kir­chen­vä­ter sahen den Selbst­mord des Judas als Bei­spiel für das Ende jener, die sich von Chri­stus abwen­den. Der Ver­rat des Petrus wird dem Ver­rat des Judas gegen­über­ge­stellt. Petrus bereu­te auf­rich­tig, kehr­te um und fand die Gna­de Chri­sti, der ihn zum Ober­haupt sei­ner Kir­che mach­te. Judas hin­ge­gen ende­te auf dem Blut­acker. Sein Tod wird in der Apo­stel­ge­schich­te dra­ma­tisch geschildert:

„Sein Leib barst aus­ein­an­der und alle Ein­ge­wei­de fie­len her­aus“ (Apg 1,18).

Allerlösungslehre im Gefolge Drewermanns?

Woll­te Papst Fran­zis­kus sagen, daß es „bis zum Moment der Ver­zweif­lung“ die Chan­ce zur Umkehr gibt, weil Got­tes Lie­be am Werk ist? Oder woll­te er  dar­über hin­aus­ge­hen im Sin­ne einer Allerlösungslehre?

Bereits in der Ver­gan­gen­heit, zuletzt am 2. Okto­ber auf dem Rück­flug von Aser­bai­dschan, hat­te Papst Fran­zis­kus kryp­ti­sche Aus­sa­gen zum Schick­sal des Judas Iska­ri­ot getä­tigt. Er sprach über ein Kapi­tell in der Basi­li­ka im bur­gun­di­schen Vezelay und einem „kom­pli­zen­haf­te Lächeln“ Jesu (sie­he Das Kapi­tell von Vezelay: Papst Fran­zis­kus in der Schu­le von Eugen Dre­wer­mann?. Sie­he auch Unfall 5 in Papst Fran­zis­kus macht Feh­ler und wie­der­holt sie – Eine Doku­men­ta­ti­on)

Grund­la­ge der päpst­li­chen Mei­nung über das Ende des Judas Iska­ri­ot scheint ein Buch des häre­ti­schen Theo­lo­gen Eugen Dre­wer­mann, der 2005 aus der katho­li­schen Kir­che aus­ge­tre­ten ist. Papst Fran­zis­kus scheint im Gefol­ge Dre­wer­manns eine Dämo­nen­dar­stel­lung auf dem genann­ten Kapi­tell mit Chri­stus zu ver­wech­seln. Eine „bedrücken­de Vor­stel­lung“, so damals die tra­di­ti­ons­ver­bun­de­ne Sei­te Mes­sa in Lati­no, die umso zwei­fel­haf­ter ist, wenn sie tat­säch­lich erfolgt, um die „unend­li­che Barm­her­zig­keit“ Got­tes darzustellen.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Vezelay/​ACV (Screen­shots)

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