Geostete Liturgie: Benedikt XVI. stellt sich hinter Kardinal Sarah – und Papst Franziskus versinkt in Schweigen


Heilige Liturgie: Zelebratonsrichtung versus Deum, dem Osten zugewandt, aus dem der Herr wiederkommt
Heilige Liturgie: Zelebratonsrichtung versus Deum, dem Osten zugewandt, aus dem der Herr wiederkommt

(Rom) Die Nach­richt ist in der Tat auf­se­hen­er­re­gend und wur­de von ver­schie­de­nen Nach­rich­ten­agen­tu­ren wie Ripo­ste Catho­li­que und Bou­le­vard Vol­taire auf­ge­grif­fen: Bene­dikt XVI. nahm am ver­gan­ge­nen 12. Okto­ber im Osser­va­to­re Roma­no zum sich inner­kirch­lich zuspit­zen­den Kampf um die Hei­li­ge Lit­ur­gie Stel­lung. Er zöger­te dabei nicht, sich zur Gän­ze die Linie von Kar­di­nal Robert Sarah zu eigen zu machen. Damit distan­zier­te sich das vor­ma­li­ge Kir­chen­ober­haupt offen von der Linie sei­nes Nach­fol­gers Papst Franziskus.
Bene­dikt XVI. setz­te die­sen gera­de­zu sen­sa­tio­nel­len Schritt auf dem ihm und der Sache ent­spre­chen­den Boden, dem der Theo­lo­gie. Er sprach sich für die Ände­rung der Zele­bra­ti­ons­rich­tung im Neu­en Ritus aus. Die mit der Lit­ur­gie­re­form von 1969/​1970 ein­ge­führ­te Zele­bra­ti­on zum Volk hin sol­le auf­ge­ge­ben und wie­der zur Zele­bra­ti­on Rich­tung Osten zurück­ge­kehrt wer­den, so Bene­dikt. Wört­lich schrieb der deut­sche Papst:

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„In der Aus­rich­tung der Lit­ur­gie nach Osten sehen wir, daß die Chri­sten, zusam­men mit dem Herrn, der Erlö­sung der gesam­ten Schöp­fung zustre­ben wollen.“

Es ist nicht der Zele­brant, der vor den Augen aller, den Spä­her machen muß, denn – so Bene­dikt XVI.:

„Ein Hir­te der Her­de Jesu Chri­sti ist nie nur auf den Kreis der eige­nen Gläu­bi­gen ausgerichtet.“

Benedikt XVI. widerspricht offen der Linie seines Nachfolgers – Kardinal Sarahs Vorstoß

Man­che erwar­ten seit­her die Gegen­re­ak­ti­on von Papst Berg­o­glio. Seit der Ver­öf­fent­li­chung der Stel­lung­nah­me von Bene­dikt XVI. sind aber bereits mehr als 20 Tage ver­gan­gen, wes­halb wohl kei­ne Gegen­re­ak­ti­on mehr kom­men wird, jeden­falls kei­ne direkte.

„Die Situa­ti­on ist wirk­lich irri­tie­rend“, so Cor­ri­spon­den­za Roma­na. Ein Papst, dem durch sei­nen noch leben­den Vor­gän­ger in einem Kern­be­reich, dem Kern­be­reich der Hei­li­gen Kir­che wider­spro­chen wird. Oder anders aus­ge­drückt: Der Vor­gän­ger schlüpft in die Rol­le des Kir­chen­ober­haup­tes und Ober­sten Hir­ten zurück, um das zu tun, was eigent­lich sein Nach­fol­ger, der amtie­ren­de Papst zu tun hätte.

War­um geht es aber dabei? Im ver­gan­ge­nen Juni hat­te der Prä­fekt der römi­schen Kon­gre­ga­ti­on für den Got­tes­dienst und die Sakra­men­ten­ord­nung, Robert Kar­di­nal Sarah, „alle, Prie­ster und Gläu­bi­ge“ auf­ge­ru­fen, sich in der Hei­li­ge Mes­se „gemein­sam Rich­tung Osten“ zu wen­den, zumin­dest in jenen zen­tra­len Tei­len der Hei­li­gen Mes­se, in denen man sich direkt an Gott wen­det: Kyrie, Glo­ria, Ora­tio­nen und beson­ders der Eucha­ri­stie­fei­er. Der Kar­di­nal for­der­te nicht nur alle Prie­ster auf, die Zele­bra­ti­ons­rich­tung wie­der Rich­tung Osten zu ändern, so wie es in der Kir­che immer war. Er nann­te auch einen kon­kre­ten Ter­min, um die Ände­rung umzu­set­zen: den Ersten Advents­sonn­tag 2016.

Der Vor­schlag fand sofort die unein­ge­schränk­te Zustim­mung von Kar­di­nal Ray­mond Bur­ke, dem einst höch­sten Rich­ter und Juri­sten der Heil­gen Kir­che, den Papst Fran­zis­kus im Novem­ber 2014 aus der Römi­schen Kurie ent­fern­te, weil er Wider­stand gegen die Auf­wei­chung des Ehe­sa­kra­ments leistete.

Der Vor­schlag fand zugleich eine ein­deu­ti­ge Ableh­nung in jenem Teil des Vati­kans, der Papst Fran­zis­kus beson­ders nahe­steht. Der dama­li­ge Vati­kan­spre­cher Pater Feder­i­co Lom­bar­di eil­te vor die Mikro­pho­ne, um zu erklä­ren: „Es ist kei­ne neue lit­ur­gi­sche Direk­ti­ve vorgesehen“.

Eine Erklä­rung des Pres­se­am­tes, mit der sich der Hei­li­ge Stuhl von Kar­di­nal Sarahs Vor­schlag distan­zier­te, blieb jedoch anonym. Wer sie in Auf­trag gege­ben hat, wel­ches Amt und wel­che ver­ant­wort­li­che Per­son, ist bis heu­te unge­klärt. Kein Zwei­fel besteht hin­ge­gen, daß sie von Papst Fran­zis­kus gut­ge­hei­ßen wurde.

Unfreundlichkeiten gegen Kardinal Sarah – Rückendeckung von Benedikt XVI.

Seit damals wur­de Kar­di­nal Sarah zu kei­nem der zahl­rei­chen Ereig­nis­se mehr ein­ge­la­den, die fort­lau­fend im Vati­kan statt­fin­den. Die vor­erst letz­te Unfreund­lich­keit gegen­über dem cou­ra­gier­ten Pur­pur­trä­ger aus Gui­nea war die Aus­la­dung als Red­ner zur Eröff­nung des aka­de­mi­schen Jah­res am Päpst­li­chen Insti­tut Johan­nes Paul II. für Stu­di­en zu Ehe und Fami­lie. Papst Berg­o­glio, der zuvor tief­grei­fen­de Ver­än­de­run­gen am Insti­tut durch­ge­führt hat­te, die einer Rich­tungs­än­de­rung gleich­kom­men, hielt selbst die Eröffnungsrede.

Weni­ger ver­wun­der­te es, daß Kar­di­nal Sarah erst gar nicht ein­ge­la­den wur­de, Papst Fran­zis­kus zum Luther­ge­den­ken in das schwe­di­sche Lund zu begleiten.

Nun aber ist es Bene­dikt XVI., der sich mit sei­ner gan­zen Auto­ri­tät hin­ter Kar­di­nal Sarah und des­sen Vor­schlag zur „Reform der Lit­ur­gie­re­form“ stell­te. Gegen die theo­lo­gi­sche Kom­pe­tenz sei­nes Vor­gän­gers dürf­te es dem amtie­ren­den Papst schwer­fal­len, etwas ins Feld füh­ren zu kön­nen, ohne Gefahr zu lau­fen, blo­ße Will­kür erken­nen zu lassen.

Das erklärt wohl auch, war­um Fran­zis­kus 21 Tage nach der Ver­öf­fent­li­chung der Stel­lung­nah­me von Bene­dikt XVI. noch immer schweigt.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: MiL

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