Papst Franziskus scheitert wider Erwarten an georgisch-orthodoxer Kirche


Papst Franziskus mit Patriarch Ilia II. der georgisch-orthodoxen Apostelkirche
Papst Franziskus mit Patriarch Ilia II. der georgisch-orthodoxen Apostelkirche

(Rom) Die Bemü­hun­gen von Papst Fran­zis­kus, die Bezie­hun­gen zur ortho­do­xen Kir­che Geor­gi­ens zu ver­bes­sern, waren wider Erwar­ten nicht von Erfolg gekrönt. 

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Am ver­gan­ge­nen Sams­tag gab die Geor­gi­sche Ortho­do­xe Apo­stel­kir­che, so ihr offi­zi­el­ler Name, bekannt, daß kei­ne Dele­ga­ti­on ihrer Wür­den­trä­ger an der Papst-Mes­se im Micheil-Meschi-Sta­di­on in Tif­lis teil­neh­men wird, und so war es dann auch. Der Papst zele­brier­te vor den lee­ren Rän­gen, die für die ortho­do­xe Hier­ar­chie reser­viert wor­den waren.

Fran­zis­kus ist der zwei­te Papst, der das ortho­do­xe Land zwi­schen Gro­ßem und Klei­nem Kau­ka­sus besuch­te. 1999 hat­te Johan­nes Paul II. als erstes katho­li­sches Kir­chen­ober­haupt Geor­gi­en aufgesucht.

Damals hieß das geor­gi­sche Staats­ober­haupt noch Edu­ard Sche­ward­n­ad­se, der zuvor letz­ter sowje­ti­scher Außen­mi­ni­ster war. Wäh­rend sich der Prä­si­dent dank­bar für den Papst­be­such zeig­te, wur­de vom geor­gi­schen Patri­ar­chen Ilia II. tief­ste Ableh­nung demon­striert. Er begeg­ne­te dem pol­ni­schen Papst mit eisi­ger Käl­te und setz­te ihn demon­stra­tiv her­ab. Er behan­del­te ihn nicht als Ober­haupt der Kir­che Chri­sti, auch nicht als Ober­haupt der latei­ni­schen Kir­che, son­dern ledig­lich als Staats­ober­haupt des Vatikanstaates.

Wäh­rend Sche­ward­n­ad­se, ehe­ma­li­ger Kom­mu­nist und ortho­do­xer Christ, die Papst­mes­se besuch­te, war an eine Teil­nah­me des ortho­do­xen Patri­ar­chen nicht zu denken.

Damals wur­de die­se Ableh­nung mit der Nähe der geor­gi­schen Kir­che zur rus­si­schen Kir­che begrün­det. Der dama­li­ge Mos­kau­er Patri­arch Ale­xi­us II. lehn­te den Polen Woj­ty­la ent­schie­den ab. Sel­ten wur­den eth­nisch moti­vier­te reli­giö­se Span­nun­gen deut­li­cher als zwi­schen die­se bei­den Kir­chen­ober­häup­tern. Dabei war Ale­xi­us II. eigent­lich bal­ten­deut­scher Abstam­mung und die Auto­ke­pha­lie der geor­gi­schen Kir­che erst 1990, nach dem Ende der Sowjet­herr­schaft, aner­kannt wor­den. Nach der Okto­ber­re­vo­lu­ti­on und der Beset­zung Geor­gi­ens durch die Rote Armee waren an die 1500 Kir­chen im Land zer­stört wor­den. Kei­ne Grün­de, beson­ders mos­kauf­reund­lich zu sein. Doch die Abnei­gung gegen die katho­li­sche Kir­che über­wog alle ande­ren Aspekte.

Inzwi­schen regiert im Vati­kan der Argen­ti­ni­er Fran­zis­kus und in Mos­kau Kyrill I. Im ver­gan­ge­nen Febru­ar kam es zur in der Geschich­te ersten Begeg­nung zwi­schen einem Papst und einem Mos­kau­er Patri­ar­chen. Johan­nes Paul II. und Bene­dikt XVI. hat­ten eine sol­che ange­strebt, aber nicht erreicht. Unter Fran­zis­kus wur­de sie mög­lich, wenn auch vor­erst auf „neu­tra­lem“ Boden in Havan­na. Die Zei­ten haben sich in Rom und in Mos­kau geän­dert, aber nicht in Geor­gi­en. Dort regiert immer noch Patri­arch Ilia II.

Dabei schien noch am ver­gan­ge­nen Don­ners­tag, zum Zeit­punkt der Lan­dung von Papst Fran­zis­kus in Tif­lis, alles vielversprechend.

Im Vor­feld der Kau­ka­sus­rei­se hat­te Vati­kan­spre­cher Greg Bur­ke ange­kün­digt, daß das geor­gisch-ortho­do­xe Patri­ar­chat durch eine Dele­ga­ti­on bei der Papst­mes­se ver­tre­ten wer­de. Er sprach von einem „Signal der Ver­stän­di­gung“ zwi­schen den bei­den Kir­chen. Der Vati­kan ließ durch­blicken, daß sich die abwei­sen­de Hal­tung, die vor 17 Jah­ren Johan­nes Paul II. ent­ge­gen­ge­bracht wur­de, nicht wie­der­ho­len würde.

Am Frei­tag besuch­te Fran­zis­kus Ilia am Sitz des Patri­ar­chats. Der Patri­arch, der 1999 so kalt war, fand außer­ge­wöhn­lich freund­li­che Wor­te für den der­zei­ti­gen Papst. Er sprach ihn als „mein lie­ber Bru­der“ an und sag­te: „Gott seg­ne die katho­li­sche Kir­che von Rom“.

Im Anschluß an die Begeg­nung kam es jedoch zu öffent­li­chen Pro­te­sten ortho­do­xer Krei­se gegen eine „Öku­me­ne“ mit den Katho­li­ken. Sie wur­den über Nacht zum Aus­lö­ser für einen plötz­li­chen Gesin­nungs­wan­del und brach­ten die Rück­kehr zur Abschlie­ßung von 1999.

Nicht nur die ortho­do­xen Hier­ar­chen blie­ben am näch­sten Tag der Papst­mes­se fern. Sie bekräf­tig­ten das Ver­bot für die ortho­do­xen Gläu­bi­gen, an einer katho­li­schen Mes­se teil­zu­neh­men. Vati­kan­spre­cher Greg Bur­ke bestä­tig­te die­se Ent­schei­dun­gen kom­men­tar­los: man neh­me sie „zur Kenntnis“.

Die vati­ka­ni­schen Orga­ni­sa­to­ren hat­ten gehofft, das 27.000 Per­so­nen fas­sen­de Sta­di­um zu fül­len. Gekom­men sind am Sams­tag etwas mehr als 3000 Gläubige.Rund 85 Pro­zent der Ein­woh­ner Geor­gi­ens sind eth­ni­sche Geor­gi­er, die fast in ihrer Gesamt­heit der geor­gi­schen-ortho­do­xen Kir­che ange­hö­ren. Nur 2,6 Pro­zent der Ein­woh­ner sind Katho­li­ken, in ihrer Mehr­heit Arme­ni­er und Chaldä­er. Weni­ger als ein Drit­tel ist römisch-katho­lisch. Fast zehn Pro­zent sind Abcha­sen, geor­gi­sche Mus­li­me, die sich wäh­rend der Tür­ken­herr­schaft seit dem 15. Jahr­hun­dert dem Islam anschlossen.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Vati​can​.va (Screen­shots)

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2 Kommentare

  1. Man fragt sich wie die Ver­ant­wort­li­chen in der Kir­che so ein­fach eini­ge Unter­schie­de und Unstim­mig­kei­ten bei­sei­te schie­ben kön­nen. Nur ein Bei­spiel: es ist so, daß die Tau­fe von ortho­dox getauf­ten Geor­gi­ern von der Kir­che nicht als sol­che aner­kannt wird. Wer als ortho­do­xer Geor­gi­er bei uns eine hl. Mes­se besucht, darf z.Bsp. nicht den Leib des Herrn emp­fan­gen und wird und muß, wenn er/​sie das wünscht, noch­mals als Vor­aus­set­zung dazu „katho­lisch“ getauft wer­den und mit ent­spre­chen­der Kate­che­se auch zu den übri­gen Sakramenten.
    Wie kann man also von den Geor­gi­ern erwar­ten, daß sie eine Papst-Mes­se besuchen?

    • Auch die Dar­stel­lung, Johan­nes Paul II. sei mit eisi­ger Käl­te begeg­net wor­den, ist eine Fehl­dar­stel­lung. Er wur­de in der Swe­tiz­cho­we­li­ka­the­dra­le emp­fan­gen, eine der höch­sten Ehren, die einem Gast ent­ge­gen­ge­bracht wird. Als Ober­haupt der Kir­che Chri­sti konn­te er nicht emp­fan­gen wer­den, denn dies ist nach der Leh­re von der Kir­che des Lan­des, in das er rei­ste, ihr Stif­ter. Wenn dies die Erwar­tung gewe­sen ist, so wäre zu fra­gen, ob Johan­nes Paul II. fal­schen Erwar­tun­gen erle­gen war.

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