
von Pier Giacomo Ghirardini*
Eigentlich wollte ich über ganz andere Dinge schreiben, dann sah ich auf Facebook die Fotoreportage über die jüngste Reise von Mr. Facebook und Gattin, die ihn durch drei Länder der Dritten Welt führte (Italien, Kenia und Nigeria). 15 Fotos, die eines Mark Aurel Zuckerberg würdig sind. Da konnte ich nicht widerstehen.
Die Fotoreportage besteht aus fümfzehn Schwarzweißaufnahmen, die selbst jene von JFK und Jacqueline erblassen lassen. Zum Teufel, das nennt sich Leben! Schaut sie euch an und beachtet vor allem das strahlende Lichtspiel, das Mark (Aurel) Zuckerberg glänzen läßt. Die Tageszeitung La Repubblica war so nett, sie ebenfalls zu veröffentlichten.
Es geht los: Fotoreportage von Mark Zuckerbergs Reise durch die Dritte Welt (Italien, Kenia, Nigeria).
Bild 1: Zuckerberg und Gattin (Priscilla Chan, Kinderärztin und Philantropin, von wegen Pizza und Prosecco) gewähren dem Papst Audienz.
Bild 2: Mark besteigt ein demokratisches Fortbewegungsmittel, dessen Karosserie und Scheiben seine augusteische Erscheinung reflektieren, während er sich dem vatikanischen Würdenträger mit derselben Handbewegung und Kopfhaltung Mark Aurels [1]Marcus Aurelius, römischer Kaiser 161–180, Germanenbekämpfer, Philosoph und Christenverfolger. zuwendet.
Bild 3: Besuch des Kolosseums, errichtet von den Flaviern, seinen Vorgängern.
Bild 4 + 5: Höflichkeitsempfang für den derzeitigen italienischen Ministerpräsidenten pro tempore.
Bild 6: Mark im T‑Shirt als Phänomen an der römischen Universität Luiss. Ich weiß nicht, ob er gerade predigt: „Bleibt hungrig!“, wie es das andere, verblichene Phänomen tat, ich weiß aber, daß er dem Italienischen Roten Kreuz elektromagnetische Spenden zukommen ließ.
Bild 7: Mark im Hubschrauber über dem Lake Naivasha, der von ihm entdeckt wurde.
Bild 8. Zuckerberg in Lagos auf dem Dach eines seiner „Entwicklungszentren“ mit lokalen Askaris [2]Einheimische Soldaten und Polizisten der europäischen Kolonialmächte in Afrika., die alle dem strahlenden Jüngling den Horizont zeigen – hinter den zerfallenen Häusern.
Bild 9: Weiß-schwarzer, präsidialer Händedruck in schwarz-weiß in Nairobi – der selbst die Leopolda [3]Die 1902 von Leopold II., König der Belgier, errichtete Villa Leopolda an der Cà´te d’Azur, in dessen Privatbesitz sich der gigantische Kongo-Freistaat, heute Demokratische Republik Kongo, befand. erschauern ließe.
Foto 10 + 11: Mark immer demokratischer: Besprechung auf dem Weg zum Flughafen, und als absolutes Maximum: „der nette Kerl von nebenan“ beim Mittagessen mit dem Sekretär des kenianischen Informationsministers am Tisch mit beliebigen Statisten – ich kann kaum meine Träne als Alt-Fordist [4]Fordismus, benannt nach dem US-amerikanischen Industriellen Henry Ford (1863–1947). verkneifen, der Nostalgie nach dem korporativistischen Kapitalismus empfindet.
Bild 12: Zuckerberg predigt vor einer großen Schar von Entwicklern in Lagos – dasselbe T‑Shirt wie an der Luiss (das muß das Predigt-Shirt sein) -, und mit Sicherheit predigte er ihnen nicht „Bleibt hungrig!“, wie es das andere, verblichene Phänomen tat, weil das in Afrika nicht gut ankommt, und sie einem nur antworten würden: „Schon gemacht“.
Bild 13: Mark lächelnd in den Straßen von Lagos, schäbiger Asphalt und Pfützen so groß wie der See von Massaciuccoli. [5]Lago di Massaciuccoli, größter See der Toskana, Schauplatz einer mißglückten Melioration, die 2009 mitverantwortlich für eine Überschwemmung war, schwere Umweltschäden durch Konzerne.
Bild 14: Mark, erneut am Lake Naivasha, posiert auf dem Jeep zusammen mit einer würdevollen Lokalschönheit mit Smartphone. Im Hintergrund Wuthering Heights, Version Safari. [6]Wuthering Heights (dt. Sturmhöhe), Roman der englischen Schriftstellerin Emily Brontà« (1818–1848).
Bild 15: Gruppenbild mit Ingenieuren in Lagos. Ich zähle an die 60. Als wollte er sagen – erinnert sich noch jemand an die ‚Industrielle Reservearmee‘ eines gewissen Karlchen Marx? – „Aufpassen, nehmt euch in acht und spurt“, denn ich habe locker weitere 60 zur Hand.
Bei den Bildern fällt mir der glücklosen Ramses II., der nichts anderes von sich zu sagen (und einzumeißeln) wußte, als daß er User-maat-Ra-setep-en-Ra sei, was soviel heißt wie: „Mächtig ist die Weltordnung des [Sonnengottes] Ra“ samt der Selbstbezeichnung als „Erwählter Ra“). Die Mailänder würden spätestens an dieser Stelle in ihrer Mundart sagen: „User Maat, va a ciapà i ratt!“, was – etwas feiner übersetzt – soviel heißt wie: „Mächtige Weltordnung, schleich dich dorthin, wo der Pfeffer wächst“.
*Pier Giacomo Ghirardini, Studium der Volkswirtschaft, Leiter der Abteilung Arbeitsmarktforschung der Provinz Parma, ehemals Lehrbeauftragter für Demographie an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Parma, zahlreiche Publikationen zum Thema Arbeitsmarkt, Wirtschaftsentwicklung, Arbeitslosigkeit und Armut, publizistische Tätigkeit unter anderem als Mitarbeiter des Wochenmagazins Tempi.
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Facebook (Screenshot)
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↑1 | Marcus Aurelius, römischer Kaiser 161–180, Germanenbekämpfer, Philosoph und Christenverfolger. |
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↑2 | Einheimische Soldaten und Polizisten der europäischen Kolonialmächte in Afrika. |
↑3 | Die 1902 von Leopold II., König der Belgier, errichtete Villa Leopolda an der Cà´te d’Azur, in dessen Privatbesitz sich der gigantische Kongo-Freistaat, heute Demokratische Republik Kongo, befand. |
↑4 | Fordismus, benannt nach dem US-amerikanischen Industriellen Henry Ford (1863–1947). |
↑5 | Lago di Massaciuccoli, größter See der Toskana, Schauplatz einer mißglückten Melioration, die 2009 mitverantwortlich für eine Überschwemmung war, schwere Umweltschäden durch Konzerne. |
↑6 | Wuthering Heights (dt. Sturmhöhe), Roman der englischen Schriftstellerin Emily Brontà« (1818–1848). |
Der unreife Jüngling Zuckerberg spricht ja offen aus, was er von Datenschutz hält: Nichts.
Man meide alle Dienste, die er direkt oder indirekt beeinflußt. Wie hieß es so schön und treffend angesichts des letzten Facebook-Skandals in einem Leserkommentar der FAZ: „Man muß Facebook nicht nutzen, man sollte Facebook nicht nutzen – und man kann Facebook nicht nutzen. Facebook nutzt einen.“
Papst Franziskus scheint es zu lieben, sich mit der Elite aus Gesellschaft und der Finanzwelt zu treffen, Bescheidenheit hin oder her.
“ … Facebook nutzt einen.“
Und da dies so ist, sollten jene, denen der Schutz von Daten ein wichtiges Anliegen ist, Facebook meiden.
Aber die Leute wollen es ja offensichtlich nicht anders. Es sieht fast so aus, als wollten sie sogar beobachtet werden.