
Die Neue Kirche im Bistum Limburg – wie ihre neuen Priester den Abgesang auf die Kirche Christi managen.
Ein Gastkommentar von Prof. Dr. med. Eberhard Gross, Hamburg.
Der Bericht „Die Pfarreien neuen Typs“ über die Pastoralwerkstatt, die vom Bistum Limburg kürzlich in der Hofheimer Stadthalle veranstaltet wurde, ist eine lupenreine Werbung, die den Lesern offenkundig die ‚Neue Kirche’ schmackhaft machen soll, die de facto ja schon überall etabliert ist. Wie bei einer professionellen Werbung üblich, muss die Botschaft auch von einem Prominenten, hier von einer VIP des Bistums verkauft werden. Wer ist da nicht geeigneter als der neue Bischof, der von dem Cover der Werbeschrift mit freundlich zustimmender Mine herablächelt: Denn er steht als ehemaliger Generalvikar der Diözese Trier für diese Neue Kirche, an der dort mit besonderem Elan von Bischof Ackermann und seinen Adlaten gebaut wird.
Diese Neue Kirche ist nach Meinung der Promotoren eine notwendige Antwort auf die modernen gesellschaftlichen Veränderungen, welche die Hl. Schrift, historisch textkritisch gelesen, ja nicht antizipieren konnte, und die Antwort ist somit gleichsam alternativlos wie z.B. die Aussagen in den Paulusbriefen zur Homosexualität zeigten, die angeblich nicht dem heutigen Wissen standhalten. So wird die Homosexuellenlobby von vielen amtskirchlichen Bistumsleitern nicht nur hofiert, sondern mit dem Reden von der Verantwortungsgemeinschaft werden homosexuelle Praktiken geradezu gegen den Hl. Paulus ins Positive gewendet. Diesem Beispiel lassen sich mühelos weitere anfügen wie die wieder anschwellende Forderung nach der Frauenordination, – so wie der Hamburger Weihbischof Jaschke sagte: „ Wir müssen den Frauen ein geistliches Amt geben“ -, die sich aus der Emanzipation der Frau ergebe, von der Jesus Christus und seine Zeitgenossen keine Vorstellung haben konnten, im Sinne der Geschlechtergerechtigkeit, wie es in dem Heft heißt oder die Schleifung der ebenfalls theologisch begründeten hierarchischen Verfasstheit der Kirche, die einer Partizipation, sprich einer demokratischen Mitbestimmung, die zumindest in der westlichen Zivilisation den Status eines unumstößlichen Paradigmas einnimmt, widerspreche. So wird von den Promotoren der Neuen Kirche nicht nur die Mitbestimmung in der Berufung ihrer „Hirten“, sondern auch die Gestaltungshoheit von theologisch fundierten Liturgien gefordert, sodass naturgemäß auch lehramtliche Aussagen entsprechend dem Diktum lex credendi gleich lex orandi als Ergebnisse von Gremienabstimmungen zur Disposition gestellt werden können. Partizipation heißt dann nach den Worten eines Teilnehmers unter dem Absatz Wahrnehmungen II beispielhaft: „Priester dürfen als Alleinentscheider nicht eine ganze Pfarrei blockieren […].“

Dieser Neuen Kirche soll nun mit der „Pfarrei neuen Typs“, so der Name des verlockenden Versprechens im Bistum Limburg – in anderen Bistümern geschieht das Gleiche unter ähnlich vermeintlich attraktiven Namen wie z.B. in Hamburg mit den Pastoralen Räumen – eine Organisationsform gegeben werden, die zu der protestantisierten Kirche passt, einer Kirche, die mittlerweile vom katholischen Glaubensbestand weitgehend entkernt ist, und sie resistent machen soll gegen Gruppen von Gläubigen, die einfach nur an dem katholischen Glauben festhalten: Es ist eine Kirche, in der die Sakramente Taufe, Eucharistie und Firmung zu rein symbolhaften Handlungen, das Bußsakrament und die Krankensalbung zur Psychotherapie bzw. zu einer heilpraktischen Behandlung mit möglichen Placeboeffekt umgedeutet worden sind.
Die Umdeutung ist am offenkundigsten in der Eucharistie: aus ihr hat man eine Mahlfeier in gut protestantischem Sinn gemacht, in der die Darbringung des unblutigen Kreuzesopfer Christi durch den Priester keinen Platz mehr hat und auch nicht mehr verstanden wird, da der Glaube an dieses mit dem Glauben an die Realpräsenz den Gläubigen von der Amtskirche gründlich ausgetrieben worden: denn wenn schon die Auferstehung Christi von meinungsbildenden Theologen als nachösterliches Konstrukt gesehen wird, warum soll dies nicht für die Abendmahlsworte zutreffen, wo doch auch die Wunder Jesu mittlerweile nicht mehr als historische Ereignisse gelten, sondern als bloßer literarisch – kontextueller Unterbau für das nachösterliche Konstrukt gesehen werden, sodass Christus die Göttlichkeit genommen wird, ist sie doch nur bloßes Element dieser Konstruktes. Wo an die Göttlichkeit Christi nicht geglaubt, verliert die Eucharistie als Darbringung des unblutigen Kreuzesopfer Christi naturgemäß jeden Sinn. So bleibt von dem Sakrament der Eucharistie nur ein entsakralisiertes, ausgehöhltes Ritual übrig, das lediglich als ein Gemeinschaft stiftendes Symbol angenommen wird. Nach der allgemeinen Praxis wird so auch niemand von dem Kommunionempfang ausgeschlossen, holt sich fast ausnahmslos jeder Gottesdienstbesucher die Hostie ab, und ist die Handkommunion die passende Art der Kommunion, da die Mundkommunion ja nur mit dem Glauben an die Realpräsenz begründet werden kann. Einer solchen symbolhaften Praxis der Eucharistie widersprechen die Paulusworte, (Kor 1,11, 27 ‑29) „welcher unwürdig von diesem Brot isst oder von dem Kelch trinkt, der ist schuldig an dem Leib und Blut des Herrn […].Denn welcher also isst und trinket , dass er nicht unterscheidet den Leib des Herrn, der isst und trinkt sich das Gericht“ die daher offenkundig auch allgemein verschwiegen werden, da es doch keine unwürdige Teilnahme an dieser symbolhaften Handlung geben kann. Dazu insinuiert die unkorrekte Wiedergabe der Wandlungsworte „für alle“, dass sich jeder bedienen kann.
In dieser Neuen Kirche mit den Sakramenten der neuen Art muss der geweihte Priester zwangsläufig zum größten Störfaktor werden, ist er doch kraft des Weihesakramentes, gespendet durch einen Bischof in apostolischer Sukzession, „durch Gottes Gnade Priester in Ewigkeit“, Vermittler zwischen den Gläubigen und Gott, der als Stellvertreter Christi das unblutige Kreuzesopfer darbringen kann. Da ist es ein Glücksfall für die Neue Kirche, dass sie die neue Organisationsform mit dem in der Tat gravierenden Priestermangel begründen kann, somit über die Hintertür des „allgemeinen Priestertums“ das Weihepriestertum abschaffen kann, der letzte Schritt zur endgültigen Protestantisierung: Der Priester als Mitglied eines pastoralen Teams wird so zum Sozialtherapeuten, dem es nicht mehr um das Seelenheil, sondern um ein gelingendes Leben der ihm Anvertrauten geht, eine rein soziologische Betrachtung, die in der Religion nur eine Institution zur Vermittlung von Werten sieht, die für das gesellschaftliche Miteinander Bedeutung haben, ja wünschenswert sind, da das Funktionieren der Gesellschaft von Voraussetzungen lebt, die der säkulare Staat selbst nicht schaffen kann (Böckenförde). Diese rein soziologische Sicht der Wertevermittlung der Religion ist aber nur solange fruchtbar, wie die Gläubigen von dem Glaubensbestand ihrer Religion in der Binnensicht überzeugt sind. Schwindet der Glaube, so geht mit dem Glaubensabfall auch zwangsläufig das Vertrauen in die Fähigkeit zur Wertevermittlung der Religion verloren, ja letztendlich finden auch diese Werte selbst keine Anerkennung und Akzeptanz mehr.
Die Strategen der Neuen Kirche haben hier schon insofern gründliche Arbeit geleistet, als sich viele Priester nur mehr als Sozialingenieure sehen, allein schon sichtbar in Kleidung, Lebensstil und Sprache, mit denen sie sich von der Kirche Christi bewusst distanzieren. Sie sind als Priester in der Öffentlichkeit nicht mehr erkennbar und von einem beliebigen Angestellten mit Urlaubsanspruch, freien Tagen und Unterhaltungsgewohnheiten ununterscheidbar geworden. Nicht wenige antworten auf die Frage nach dem Glauben an die Realpräsenz nicht mit einer klaren Aussage, sondern mit einem hintergründigen Lächeln. Denn diese kann mit Recht von einem Priester, der sich lediglich als Sozialtherapeut sieht und die Gemeinschaft stiftende symbolische Handlung der Kommunion vollzieht, nicht mehr verstanden werden. So kann unter dieser Perspektive ein junger Mann, der sich ernsthaft berufen glaubt, im Priestertum Christus nachzufolgen, eigentlich in der Amtskirche nicht mehr Priester werden ohne seine Berufung zu verraten. Allerdings brauchen wir solche Priester nicht, wie sie die Neue Kirche heranbildet.

Wie die Werbebrochure „Die Pfarreien neuen Typs“ dokumentiert, sind die Manager der Neuen Kirche dabei, sich der Kirche vollständig zu bemächtigen: Von den genuinen Aufgaben eines Priesters, von der unverfälschten Glaubensverkündigung, der Spendung der Sakramente im ihren eigentlichen Verständnis als Gnadenmittel ist folgerichtig auch nirgendswo die Rede. So findet man den Namen Jesus einmal unter dem Absatz Wahrnehmungen I: „Ja das Wichtigste ist, dass wir von Jesus, dem Menschen, erzählen; dass wir hinführen zu einem spirituellen Leben. Denn das ist das, was das Christentum an Bereicherndem und Schönen zu bieten hat. Und damit kann man auch wieder Menschen in die Kirche locken“. Von der ungeheuren Botschaft des göttlichen Christus, der auch wiederkommen wird zu richten, mit ihrem schwer zu erfüllenden Anspruch, bleibt hier nur ein dünner, gleichsam esoterischer Aufguss einer Lehre eines Menschen Namens Jesus. Dazu soll diese Lehre noch ein Lockmittel sein, also etwas vorgeben, was sie gar nicht ist? Und ein zweites Mal fällt der Name Jesus unter dem Absatz Wahrnehmungen II: „Partizipation ist ein Schlagwort, das noch gefüllt werden muss […] in der Fläche brauchen wir Hilfestellungen, wie wir Gewohntes hinter uns lassen können, Kirchorte schließen können und wie wir für die Zukunft die richtigen Prioritäten erarbeiten und damit auch die ‚Leichtpunkte‘ finden, um mit wenigen Menschen den Weg Jesu weiterhin nachgehen zu können“. Hier ist der Name Jesus zugedeckt vom Managmentsprech zur Handhabung des Schwundes des Kirchenvolkes, der hier immerhin thematisiert wird.

So ist die Werbebrochure eine einzige Aneinanderreihung von einem aufgeblasenen, selbstreferentiellen, redundanden Managementsprech zur Selbstmotivation der 500 (sic) Teilnehmer. Hier einige Kostproben: „Auftakt, Neubeginn wagen, Aufbruch und Ideen, Schwung der Pastoralwerkstatt, Prozesse, Prozessmoderatoren, Entscheidungsprozesse, Pfarreiwerdungsprozess, Gestaltungsprozesse, Projekte, Projektgruppen, Workshop, Vernetzung, Perspektivgruppe, Transparenz.“ Wo man zur Glaubensverkündigung mittels Evangelium und lehramtlicher Tradition und zur Spendung der Sakramente als Gnadenmittel in dem allgemeinen Abfall vom christlichen Glauben nichts mehr zu sagen hat, weil man sich mit der Neuen Kirche etwas Eigenes geschaffen hat, was mit der Kirche Christi, dem mystischen Leib, nichts, dafür mit einer Großorganisation mit angeschlossenem diakonischen Großkonzern unter einem christlichen Logo umso mehr zu tun hat, flüchtet man sich in einen organisatorischen Aktionismus, um mit der Neuen Kirche das zu retten, von dem man dank des vielen Geldes gut lebt.
So ist die Werbeschrift eigentlich zu einer Dokumentation des Niedergangs der Amtskirche geraten, die eine Kaste von Berufskatholiken in einvernehmlicher Kooperation mit vielen Bischöfen und Priestern zu einer Cliquenkirche hat verkommen lassen, die sich für ihre eigenen Interessen stark machen, nicht aber für die Kirche Christi. Noch erlaubt das viele Geld eine Fassade aufrecht zu erhalten. Wenn aber mit dem Schwund des Kirchenvolkes auch das Kirchensteuergeld dahinschwindet, wird die Fassade auf dem morschen Gebälk wie ein Kartenhaus zusammenbrechen. Dann werden einige wenige Inseln des Glaubens übrigbleiben und die diakonischen Großkonzerne, die ein zähes Eigenleben haben, da an ihnen viele Arbeitsplätze hängen.
Geradezu prophetisch befasst sich ein Artikel mit der Frage der Verwertung von den vielen nicht mehr genutzten bistumseigenen Immobilien, naturgemäß den vielen Kirchen. Hier zeigt ein Blick nach Holland und Belgien, wie man diese Frage löst: Museen, Restaurants, Galerien, Sportstätten und letztlich nicht zu vergessen: der Bedarf an Moscheen ist groß, die finanziellen Ressourcen der Moscheegemeinden sind dank saudischem und türkischem Geld unerschöpflich. So wird auch die Selbstdestruktion der Kirche durch Glaubensabfall für die Neue Kirche noch zu einem gutem Geschäft, wie wir allerdings als Christen glauben, sub specie aeternitate nicht zu einem wirklich lohnenden.
Text: Prof. Dr. med. Eberhard Gross
Bild: bistumlimburg.de (Screenshots)
Nun bekommt das Bistum Limburg einen Bischof aus dem Nachbarbistum Trier. Mein Vorschlag: beide Bistümer zusammenlegen und mit Mainz als Dritten im Bunde gemeinsam „abwickeln“, damit diese Arbeit auch mal getan ist. Das ist doch, wie es aussieht, was sie wollen und vereint geht doch besser.- Oder sage ich etwas Falsches?