
(Rom) In Brasilien wurde man sich schnell bewußt, daß die Legalisierung der „Homo-Ehe“ auch die Tür zur Polygamie öffnet. Entsprechende Bestrebungen sind in verschiedenen Ländern von Kanada bis Italien im Gange. Hauptmotor ist die stattfindende Islamisierung der westlichen Staaten. Unterstützt wird sie jedoch von der Orientierungslosigkeit der westlichen Gesellschaft.
In Italien ist Homosexualität seit 200 Jahren kein Straftatbestand mehr. Lediglich in Teilen Norditaliens wurde sie zwischen 1860 und 1887 theoretisch geahndet. 2016 drückte die linke Parlamentsmehrheit nach einer langen und hitzigen Diskussion die „Homo-Ehe“ durch, die sich – kaum eingeführt – bereits als Flop erweist. Argumentiert wurde mit einer angeblichen „Diskriminierung“, obwohl nicht einmal das faschistische Strafgesetzbuch von 1930 Homosexualität strafbewehrte.
Mit der Legalisierung der „Homo-Ehe“, die vor allem ein Machtkampf um die Themenvorherrschaft war, wurde jedoch die Tür zu einem neuen Konflikt aufgestoßen, der noch weitreichendere Folgen haben dürfte. Mehr noch: Er könnte der politisch korrekten Kontrolle entgleiten.
„Homo-Ehe“ – von Reinfall und Rückschritt
War die „Homo-Ehe“ ein gesellschaftspolitischer Ringen zwischen christlichen und nichtchristlichen Kräfte, wie ihn Europa seit 250 Jahren kennt, kommt im neuen Konflikt der Islam ins Spiel.
Hamza Piccardo ehemaliges Führungsmitglied der Union der islamischen Gemeinschaften in Italien (UCOII) fordert auf Facebook die Legalisierung der Polygamie und beruft sich dabei auf das „Homo-Ehe“-Gesetz (Legge Cirinnà ).
„Wer die Prämissen der Legge Cirinnà akzeptiert, kann in logischer Schlußfolgerung die Forderung Piccardos nicht ablehnen“, kommentierte die katholische Nuova Bussola Quotidana (NBQ). Das neue Gesetz bezeichnet es als „Recht“, daß beliebige Personen, egal ob unterschiedlichen oder gleichen Geschlechts, eine gesetzlich anerkannte Verbindung eingehen können. „Warum sollte das nicht auch für drei oder vier Personen gelten? Es bedurfte offenbar eines Muslims, um das Cirinnà ‑Gesetz zu demaskieren“, so NBQ. „Mit den Homo-Verbindungen wurde auch die Polygamie ein einem ‚Recht‘.“

Die Befürworter des „Homo-Ehe“-Gesetzes und der politischen Korrektheit wurden sofort aktiv und widersprachen dem Islam-Führer. Doch sie konnten nur ihre persönliche Meinung vorbringen, aber keine logisch schlüssige oder gar rechtlich ableitbare Position. Weil sie es so wollten – und eine parlamentarische Mehrheit fanden – wurde die „Homo-Ehe“ legalisiert, nicht weil es einen nachvollziehbaren und vernünftigen Grund dafür gegeben hätte. Ebenso bestreiten sie nun – weil sie es wollen – die Polygamie-Forderung von islamischer Seite. So aber funktionieren Recht und Gesetz nicht. Vielmehr gilt: Die Geister die ich rief, werde ich nicht mehr los.
Islamvertreter Hamza Piccardo las das neue Gesetz und verstand. Bisher war schon bekannt: Der „Homo-Ehe“ droht in Italien derselbe zahlenmäßige Flop wie in den anderen Ländern, in denen sie eingeführt wurde. Zur Machtdemonstration wurden Ehe und Familie schwerer Schaden zugefügt und einem ganzen Land ein sinnloser Konflikt aufgezwungen. Nun aber kommt noch hinzu, daß mit dem neuen Homogesetz dem polygamen Islam eine Einfallspforte aufgetan wurde. Die linksdemokratischen Erfinder des Cirinnà ‑Gesetzes versuchen ihr Versagen abzutun, indem sie behaupten, Piccardos Forderung sei „lächerlich“.
Forderung „irrsinnig“, aber nicht „lächerlich“
Piccardos Forderung ist „irrsinnig“, das schon, aber nicht „lächerlich“. „Sie bedeutet einen schrecklichen Rückschritt in eine dunkle Zeit“, so Anna Scavuzzo, Mailands Vizebürgermeisterin von der linken Demokratischen Partei. Was sie nicht sagt: Es wäre ein Rückfall in eine dunkle, vorchristliche Zeit. Genau wie mit der „Homo-Ehe“. Faktisch lehnt nur das Christentum die Polygamie mit letzter Konsequenz ab. Eine Position, die sich direkt aus dem sakramentalen Charakter der Ehe herleitet, wie Jesus Christus ihn lehrte, und die anthropologisch die herausragende Bedeutung und Achtung vor dem Individuum unterstreicht.
Im Islam gilt dagegen die Polygamie, die auch dem Judentum, dem Buddhismus oder dem Hinduismus vertraut sind. Der Islam erlaubt jedem muslimischen Mann bis zu vier regulär anerkannte Frauen. Frauen ist es umgekehrt nicht erlaubt, mehrere Männer zu haben. Durch die islamische Zuwanderung nach Europa, die von den Regierungen seit Jahren in großer Zahl geduldet wird, wurde auch das Phänomen Polygamie in den Westen importiert. Trotz anderslautender Gesetze und Sitten wird die islamische Polygamie von den Behörden weitgehend geduldet und gedeckt. Das heißt, polygame Männer können im Zuge des Familiennachzugs mehrere Frauen und deren Kinder nach Europa holen. Sie erhalten auch die entsprechenden Sozialleistungen und Förderungen. Dieser systematische Gesetzesbruch erfolgte bereits vor dem massenhaften Rechtsbruch, der seit 2015 im Zuge der „Flüchtlingskrise“ an der Tagesordnung steht. Das Phänomen Polygamie dürfte daher bald eine noch weit größere Rolle spielen.
Hilflos reagierten linksdemokratische Politikerinnen auf Piccardos Vorstoß: „Jahrzehnte des Kampfes für die Emanzipation der Frau können nicht einfach auf die Seite geschoben werden“, meinte etwa Giulia Sperracchiani, die stellvertretende Vorsitzende der regierenden Demokratischen Partei, die zugleich auch Regierungschefin von Friaul ist. „Offenheit und Toleranz sind Wesensmerkmale unserer Kultur, die aber nicht so weit gehen können, daß wir uns selbst verleugnen“, so Sperracchiani.
Islam-Vertreter: „Es geht um die Gleichheit der Menschen vor dem Gesetz“
Piccardo hörte sich alles an und replizierte, ohne einen Millimeter zurückzuweichen: „Die Muslime lehnen homosexuelle Partnerschaften ab, aber sie können nicht anders, als die geltende Rechtsordnung anzuerkennen. Niemand will Gesetze diktieren. Die Muslime fordern aber, daß alle geltende Rechtsordnung einhalten. Man versteht nicht, warum eine einvernehmliche Verbindung zwischen Erwachsenen verboten oder sogar stigmatisiert werden sollte. Ich respektiere die Trennung von Staat und Kirche, die für mich gleiche Nähe bedeutet.“

Piccardo hat die „Logik“ des „Homo-Ehe“-Gesetzes bestens durchschaut und die Chance für einen weiteren Schritt zur Auflösung der christlichen Gesellschaft und zur Stärkung der islamischen Gesellschaft erkannt. Das „Homo-Ehe“-Gesetz gründet auf dem „freien Willen“, der Recht schaffe. Dagegen sei jedes Verbot verboten. Auf dieses Verbot eines Verbots stützt auch Piccardo seine Forderung. Warum sollte für die islamische Polygamie nicht gelten, was für die Homosexualität gilt? Andernfalls wird eine „Diskriminierung“ daraus. Die in Europa lebenden Muslime als „Opfer“ der europäischen Rechtsordnungen? Das wäre eine Rolle, die ihnen durchaus behagen könnte, gerade in einer Zeit wachsenden Unmuts unter Europäern über islamistische Gewalt. Ein Unmut, der von den Regierenden bagatellisiert und minimiert wird, sich aber doch einmal eine Bahn brechen könnte.
„Es geht um die Gleichheit der Menschen vor dem Gesetz“, rieb Piccardo seinen Kritikern unter die Nase. „Wenn die homosexuellen Partnerschaften eine Frage der Bürgerrechte sind, dann ist auch die Polygamie eine Frage der Bürgerrechte.“
Wer den Pluralismus bejuble, sollte sich über die Polygamie freuen
Wer die „Homo-Ehe“ verteidigt, hat dem wenig entgegenzuhalten. Die Christen könnten Antwort geben, die wurden aber soeben für das Cirinnà ‑Gesetz niedergeknüppelt und befinden sich sozusagen in der „Opposition“. Italien wird, wie die EU, von anderen regiert.
Piccardo weiß wovon er spricht. Er kennt die Fallstricke der politischen Korrektheit, die er gnadenlos gegen deren Vertreter einsetzt: „Die Muslime sind wie die Homo-Gemeinschaft eine zu schützende Minderheit.“ Was für die „homosexuellen Ehen“ gelte, gelte auch für die „polygamen Ehen“. Es heiße, daß die „Homo-Ehen“ auf der „Zuneigung“ beruhen. Warum sollte also die „Zuneigung“ nur auf zwei und nicht auch auf drei, vier oder mehr Personen bezogen sein? Entweder gilt „Love is Love“ oder es gilt nicht. Kurzum: Wer den Pluralismus bejuble, sollte sich doch über die Polygamie freuen.
Die empörten linksdemokratischen Politiker verwiesen gegen Piccardo allen Ernstes auf die Verfassung und darauf, daß die Polygamie verfassungswidrig sei. Doch verfassungswidrig ist auch die „Homo-Ehe“, und es war gerade die regierende Linke, die sich dennoch mit der Arroganz des Stärkeren einfach darüber hinwegsetzte. Die vielschichtige Beschädigung der Sitten, der Familie und auch der Rechtsordnung ist ihr offenbar gar nicht bewußt.
Verfassungswidrigkeit?
Folgt man zudem einem Rechtspositivismus, dann ändern sich auch die Gesetze, sogar die Verfassungen, weil sich die Sitten und Verhaltensweisen ändern. War es nicht das, was die Befürworter der „Homo-Ehe“ gepredigt haben: „Die Zeiten ändern sich, deshalb müssen sich auch die Gesetze ändern?“ Sind nicht sie es, die das Naturrecht verächtlich mit Füßen getreten haben? Nun möchten sie sich gegen die islamische Polygamie auf eine „unveränderliche“ Verfassung berufen? Die Muslime stellen der Linken gerade ein Bein. Letztlich stolpert die Linke jedoch über die eigenen Widersprüche. Das Problem ist, daß sie die ganze Gesellschaft mitreißt. Eines dürfte nämlich jetzt schon klar sein: Sollten die erstarkenden Islamverbände in Sachen Polygamie wirklich ernst machen, wird die europäische Frau den Kürzeren ziehen.
Selbst vielen Katholiken ist heute katholisches Denken fremd geworden. Ein kleiner Test gefällig? Aus katholischer Sicht ist die Polygamie in Ansätzen schon seit längerem in unsere Rechtsordnung eingedrungen, und das nicht auf katholisches Betreiben hin. Die „Polygamie in Ansätzen“ nennt sich „Scheidung“. Der Boom an Zweit‑, Dritt- und Viertehen (wer es sich finanziell leisten kann) stellt letztlich eine Zwischenstufe zwischen christlicher Monogamie und nichtchristlicher Polygamie dar. Sie sind entsetzt? Dacht‘ ich es mir doch. Dennoch: Die Zweit- oder Drittehe – nach der einzigen wirklichen, weil sakramentalen Erstehe – ist letztlich ein vielversprechender Ansatz zur Polygamie. Piccardo scheint das so zu sehen und erkannte, daß die „Homo-Ehe“ noch viel weitergehende Möglichkeiten eröffnet. Der Islam-Vertreter kennt auch keine falsche Scheu: „Wir fordern die Polygamie gemäß der geoffenbarten Wahrheit und der Tradition“, ließ er ein erstauntes, nicht-islamisches Publikum wissen. Natürlich meint er die islamische „Offenbarung“ und die islamische „Tradition“. Das scheint vielen Europäern, auch vielen Christen, nicht immer klar zu sein, weshalb es eigens erwähnt sei. Tatsächlich meinen nicht wenige, alle würden weltweit gleich denken wie sie: andere Kulturen, Sprachen, Religionen seien nur beliebig austauschbare Abziehbilder. Was für ein Irrtum, und vor allem: Was für eine Ignoranz.
Die Legalisierung der Polygamie wäre letztlich der „logische“ nächste Schritt, der auf das „Homo-Ehe“-Gesetz folgt, denn – so lehren es die politisch Korrekten – „Zuneigung“ schafft Recht und Diskriminierungen mit und ohne Anführungszeichen sind verboten.
Eine Biographie
Hamza Piccardo wurde 1952 in Ligurien geboren und auf den Namen Roberto getauft. 1975 konvertierte er zum Islam und wurde als Italiener zu einem wichtigen Wegbereiter der weiteren Ausbreitung des Islams. Für diesen Zweck gründete er ein Verlagshaus, in dem eine Übersetzung des Korans in italienischer Sprache veröffentlicht wurde, um „Italienischsprachige an den Islam heranzuführen“. Das wahabitische Saudi-Arabien erkannte die Übersetzung an. Piccardo hat fünf Kinder. Der älteste Sohn spielt eine führende Rolle als Funktionär islamischer Organisationen in Italien und ist als solcher Kolumnist der italienischen Ausgabe der Huffington Post.
Text: Claudio d’Amicis
Bild: Asianews/Youtube (Screenshot)
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