Athanasius Schneider zu Amoris laetitia: „Zweideutige, irreführende Ausdrücke“ – „Kritische Analyse notwendig“


Bischof Athanasius Schneider: Amoris laetitia enthält zweideutige und irreführende Formulierungen, die nicht in Übereinstimmung mit der Tradition gebracht werden können.
Bischof Athanasius Schneider: Amoris laetitia enthält zweideutige und irreführende Formulierungen, die nicht in Übereinstimmung mit der Tradition interpretiert werden können.

(Washing­ton) Am 9. Mai ver­öf­fent­lich­te die US-ame­ri­ka­ni­sche, katho­li­sche Zeit­schrift The Rem­nant einen Offe­nen Brief an Weih­bi­schof Atha­na­si­us Schnei­der von Ast­a­na. Dar­in wird dem Bischof die Fra­ge gestellt, ob für das nach­syn­oda­le Apo­sto­li­sche Schrei­ben Amo­ris Lae­ti­tia eine „authen­ti­sche Inter­pre­ta­ti­on“ in Über­ein­stim­mung mit der Tra­di­ti­on mög­lich ist.

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Am 26. Mai ant­wor­te­te Bischof Schnei­der dem Rem­nant mit fol­gen­dem Brief, der in der aktu­el­len Aus­ga­be des Rem­nant vom 31. Mai ver­öf­fent­licht wur­de. „Bishop Atha­na­si­us Schneider’s Powerful Rep­ly to The Remnant’s Open Let­ter“, wie die Zeit­schrift schreibt.

Bischof Atha­na­si­us Schnei­der, ruß­land­deut­scher Abstam­mung, gehört zu den pro­fi­lier­te­sten Bischö­fen der katho­li­schen Kir­che. Im Vor­feld der Bischofs­syn­ode 2015 über die Ehe und die Fami­lie gehör­te er zu den Autoren der Bor­schü­re „Vor­ran­gi­ge Opti­on für die Fami­lie. 100 Fra­gen und 100 Ant­wor­ten zur Syn­ode“, mit der die katho­li­sche Ehe­leh­re dar­ge­legt und ver­tei­digt und davon abwei­chen­de Posi­tio­nen auf­ge­zeigt und wider­legt wurden.

Er ist zudem Autor fol­gen­der Bücher: Domi­nus Est. Gedan­ken eines Bischofs aus Zen­tral­asi­en über die hei­li­ge Kom­mu­ni­on, Ver­lag SJM (2008); Cor­pus Chri­sti. Gedan­ken über die hei­li­ge Kom­mu­ni­on und die Erneue­rung der Kir­che, Ver­lag Domi­nus (2. Aufl., 2014). Zu Mar­kus Bünings Brücken zur Hei­lig­keit. Die Sakra­men­te der Kir­che im Leben der Hei­li­gen und Seli­gen, Ver­lag fe (2015), steu­er­te Bischof Schnei­der das Vor­wort bei.

Sehr geehrter Herr Christopher Ferrara,

am 9. Mai 2016 haben Sie auf der Inter­net­sei­te von The Rem­nant einen offe­nen Brief bezüg­lich der Fra­ge des Apo­sto­li­schen Schrei­bens Amo­ris lae­ti­tia ver­öf­fent­licht. Als Bischof emp­fin­de ich Dank­bar­keit und füh­le mich gleich­zei­tig ermu­tigt, von einem katho­li­schen Lai­en eine so kla­re und schö­ne Bekun­dung des sen­sus fidei im Zusam­men­hang mit der gött­li­chen Wahr­heit über die Ehe und das Moral­ge­setz zu erhal­ten. Ich stim­me mit Ihren Anmer­kun­gen  bezüg­lich der For­mu­lie­run­gen von Amo­ris lae­ti­tia (AL) zu, beson­ders im ach­ten Kapi­tel, For­mu­lie­run­gen, die stark zwei­deu­tig und irre­füh­rend sind. Folgt man dem logi­schen Faden und hält man sich an den genau­en Wort­sinn, kön­nen bestimm­te Aus­drucks­for­men von AL schwer­lich auf eine mit der hei­li­gen und unver­än­der­li­chen Tra­di­ti­on der Kir­che kon­for­me Wei­se inter­pre­tiert werden.

In AL gibt es natür­lich For­mu­lie­run­gen, die mit der Tra­di­ti­on über­ein­stim­men. Dar­um geht es aber jetzt nicht. Es geht um die natür­li­chen und logi­schen Kon­se­quen­zen der zwei­deu­ti­gen For­mu­lie­run­gen in AL. In Wahr­heit ent­hal­ten die­se eine wirk­li­che spi­ri­tu­el­le Gefahr, die dok­tri­nel­le Ver­wir­rung her­vor­ru­fen wird wie die Umset­zung und Festi­gung der Pra­xis, die es wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­nen erlaubt, zur Hei­li­gen Kom­mu­ni­on zu gehen. Eine Pra­xis, deren Fol­ge es sein wird, sozu­sa­gen mit einem Schlag, gleich drei Sakra­men­te zu bana­li­sie­ren und zu pro­fa­nie­ren: die Sakra­men­te der Ehe, der Buße und der Aller­hei­lig­sten Eucharistie.

In die­sen unse­ren dunk­len Zei­ten, in denen Unser über alles gelieb­ter Herr im Boot der Hei­li­gen Kir­che zu schla­fen scheint, müs­sen alle Katho­li­ken, von den Bischö­fen bis zu den ein­fa­chen Gläu­bi­gen, die ihr Tauf­ver­spre­chen noch ernst neh­men, mit einer Stim­me (una voce) ein Treue­be­kennt­nis able­gen, indem sie kon­kret und mit Klar­heit alle jene katho­li­schen Wahr­hei­ten aus­spre­chen, die durch die Zwei­deu­tig­keit eini­ger For­mu­lie­run­gen in AL kom­pro­mit­tiert oder ent­stellt sind. Das könn­te die Form eines „Cre­do“ des Got­tes­vol­kes annehmen.

AL ist offen­kun­dig ein pasto­ra­les Doku­ment (was bedeu­tet, daß es von Natur aus einen zeit­lich begrenz­ten Cha­rak­ter hat) und ohne einen Anspruch auf einen defi­ni­ti­ven Cha­rak­ter. Wir soll­ten es ver­mei­den, jedes Wort und jede Geste eines regie­ren­den Pap­stes „unfehl­bar zu machen“. Eine sol­che Ehr­furcht, eine sol­che tota­li­tä­re Anwen­dung der päpst­li­chen Unfehl­bar­keit sind nicht katho­lisch, son­dern bei genau­er Betrach­tung viel­mehr welt­lich wie unter einer Dik­ta­tur; das wider­spricht dem Geist des Evan­ge­li­ums und den Kirchenvätern.

Abge­se­hen von der Mög­lich­keit die­ses gemein­sa­men Treue­be­kennt­nis, das ich erwähnt habe, soll­te mei­nes Erach­tens auf die­sel­be Wei­se von kom­pe­ten­ten Exper­ten der Dog­ma­tik und der Moral­theo­lo­gie eine soli­de Ana­ly­se aller zwei­deu­ti­gen und objek­tiv fal­schen For­mu­lie­run­gen durch­ge­führt wer­den, die in AL ent­hal­ten sind. Eine sol­che wis­sen­schaft­li­che Ana­ly­se soll­te sine ira et stu­dio und mit kind­li­cher Hoch­ach­tung gegen­über dem Stell­ver­tre­ter Chri­sti durch­ge­führt wer­den. Ich bin über­zeugt, daß die Päp­ste kom­men­der Jah­re dank­bar dafür sein wer­den, daß sich in Zei­ten extre­mer Ver­wir­rung Stim­men von Bischö­fen, Theo­lo­gen und Lai­en erho­ben haben. Wir leben für die Wahr­heit und die Ewig­keit, pro veri­ta­te et aeter­ni­ta­te.

+ Atha­na­si­us Schneider
Weih­bi­schof des Erz­bis­tums der Aller­se­lig­sten Jung­frau Maria zu Astana

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Church Mili­tant (Screen­shot)

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