Rom und Piusbruderschaft „waren sich noch nie so nahe“


Schmidberger-Brief: Einigung zwischen Rom und Piusbruderschaft auf der Zielgeraden?
Schmidberger-Brief: Einigung zwischen Rom und Piusbruderschaft auf der Zielgeraden?

(Rom) Seit Jah­res­be­ginn häu­fen sich Stim­men, die von einer bal­di­gen kano­ni­schen Aner­ken­nung der Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. (FSSPX) durch Rom spre­chen. Loren­zo Ber­toc­chi von Nuo­va Bus­so­la Quo­ti­dia­na unter­nahm den Ver­such, den aktu­el­len Stand zusammenzufassen.

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Neue Bewe­gung in die Sache brach­te ein ver­trau­li­cher Brief von Pater Franz Schmid­ber­ger vom 19. Febru­ar, der spä­ter im Inter­net auf­tauch­te. Pater Schmid­ber­ger gehört zu den histo­ri­schen Gestal­ten der von Erz­bi­schof Lefeb­v­re gegrün­de­ten Prie­ster­bru­der­schaft. Er war einer der eng­sten Mit­ar­bei­ter von Erz­bi­schof Lefeb­v­re und stand der Bru­der­schaft bereits als Gene­ral­obe­rer vor. Der­zeit lei­tet der Schwa­be das inter­na­tio­na­le Prie­ster­se­mi­nar der FSSPX im baye­ri­schen Zaitzkofen.

Kirchenrechtliche Anerkennung

Um unnö­ti­gen Spe­ku­la­tio­nen vor­zu­beu­gen, erlaub­te Schmid­ber­ger der tra­di­ti­ons­ver­bun­de­nen US-ame­ri­ka­ni­schen Sei­te Rora­te Cae­li, sei­nen Brief ins Eng­li­sche zu über­set­zen und zu ver­öf­fent­li­chen. Der Brief ist an den Gene­ral­obe­ren, Bischof Ber­nard Fel­lay, und ande­re füh­ren­de Per­sön­lich­kei­ten der Bru­der­schaft gerich­tet. Er fand beson­de­res Inter­es­se, weil er zusätz­li­che Indi­zi­en für eine mög­li­che Eini­gung zwi­schen dem Vati­kan und der Bru­der­schaft ent­hält. Ent­spre­chen­de Gerüch­te hat­ten sich inten­si­viert, als Papst Fran­zis­kus Anfang April Bischof Fel­lay in Audi­enz empfing.

Im Mit­tel­punkt steht die Fra­ge der kir­chen­recht­li­chen Aner­ken­nung der Prie­ster­bru­der­schaft. Bis­her ver­trat Rom den Stand­punkt, daß Katho­li­ken nicht recht­mä­ßig die Sakra­men­te durch Prie­ster der Bru­der­schaft emp­fan­gen könn­ten. Papst Fran­zis­kus wisch­te ent­spre­chen­de Zwei­fel bei­sei­te, indem er im ver­gan­ge­nen Herbst Details zum Hei­li­gen Jahr der Barm­her­zig­keit bekannt­gab und erklär­te, daß die Prie­ster der Pius­bru­der­schaft gül­tig und legi­tim die Beich­te hören und von den Sün­den los­spre­chen kön­nen. Die Aner­ken­nung der legi­ti­men Amts­aus­übung wur­de damit nicht de jure ent­schie­den, aber de fac­to vorweggenommen.

Als Form der kano­ni­schen Aner­ken­nung wird häu­fig eine Per­so­nal­prä­la­tur genannt, wie sie das Opus Dei hat „Das alles könn­te para­dox erschei­nen, da gera­de das Kir­chen­ver­ständ­nis der Tra­di­tio­na­li­sten von Lefeb­v­re und Papst Fran­zis­kus mit Sicher­heit nicht das­sel­be ist“, so der Autor. Doch gera­de dar­in könn­te der Schlüs­sel zu einer Eini­gung lie­gen, so Bertocchi.

Ebnet „Unberechenbarkeit und Improvisation“ von Papst Franziskus den Weg?

Pater Schmidberger mit Erzbischof Lefebvre
Pater Schmid­ber­ger mit Erz­bi­schof Lefebvre

Doch zurück zum Schmid­ber­ger-Brief. Die­ser legt der Bru­der­schaft nahe, das römi­sche Ange­bot der kir­chen­recht­li­chen Aner­ken­nung anzu­neh­men. „Es ist viel­leicht gera­de Papst Fran­zis­kus mit sei­ner Unbe­re­chen­bar­keit und Impro­vi­sa­ti­on, der zu sei­nem sol­chen Schritt imstan­de sein könn­te“, so Pater Schmid­ber­ger. Die Mas­sen­me­di­en wür­den ihm einen sol­chen Schritt ver­zei­hen, den sie Bene­dikt XVI. nie ver­zie­hen hät­ten, so der ehe­ma­li­ge Sekre­tär von Msgr. Lefebvre.

„Mit sei­nem auto­ri­tä­ren, um nicht zu sagen, tyran­ni­schen Regie­rungs­stil, wäre er mit gro­ßer Wahr­schein­lich­keit imstan­de, eine sol­che Maß­nah­me auch gegen Wider­stän­de durchzusetzen.“

Die von Pater Schmid­ber­ger in sei­nem Brief dar­ge­leg­te Linie sei vor­herr­schend in der Pius­bru­der­schaft, so Ber­toc­chi. „Mit Sicher­heit ist es auch die Linie, die der Gene­ral­obe­re Msgr. Fel­lay ver­folgt, der sich bei der Begeg­nung mit dem Papst davon über­zeugt habe, daß das Kir­chen­ober­haupt einen ehr­li­chen Wil­len habe, zu einer Ver­söh­nung zu gelan­gen. Der Papst schätzt die Prie­ster der Pius­bru­der­schaft vor allem wegen ihres mis­sio­na­ri­schen Ein­sat­zes, das er in Bue­nos Aires bei ihnen gese­hen hatte.“

Ber­toc­chi kommt daher zum Schluß: „Was sich letzt­lich abzeich­net, ist jetzt ein gro­ßer poli­ti­scher Rea­lis­mus von Sei­ten der Bru­der­schaft oder zumin­dest ihres wich­tig­sten Teils. Dabei spar­te Schmid­ber­ger in sei­nem Brief nicht mit Kri­tik an den ‚libe­ra­len Ideen‘ des Pap­stes und sei­ner dar­aus fol­gen­den Amts­füh­rung, die ‚viel Ver­wir­rung in die Kir­che bringen‘“.

Der wich­tig­ste, in Rom regi­strier­te Punkt sei zunächst jedoch, daß die Pius­bru­der­schaft Fran­zis­kus als recht­mä­ßi­ges Papst aner­kennt „und wir für ihn beten“, wie es im Schmid­ber­ger-Brief heißt.

„Christus hat es zugelassen, daß Franziskus auf dem Stuhl Petri sitzt“

Das umstrit­te­ne Kir­chen­ober­haupt, das im tief­sten Inne­ren der katho­li­schen Kir­che immer grö­ße­re Bauch­schmer­zen ver­ur­sacht, scheint sich für die kano­ni­sche Aner­ken­nung der Pius­bru­der­schaft als „Wink der Vor­se­hung“ zu erweisen.

„Im Augen­blick als Chri­stus die Kir­che errich­te­te, hat er die gesam­te Rei­he der Päp­ste durch die Kir­chen­ge­schich­te vor­her­ge­se­hen, auch einen Papst Fran­zis­kus. Und er hat zuge­las­sen, daß er den Stuhl Petri besteigt.“

Als „Wink der Vor­se­hung“, so Ber­toc­chi, könn­te sich Fran­zis­kus auch erwei­sen, weil er, im Gegen­satz  zu Bene­dikt XVI., „eine Ver­söh­nung ohne dok­tri­nel­le Bedin­gun­gen akzep­tie­ren könnte.

Die Fra­ge der Aner­ken­nung des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils durch die Bru­der­schaft könn­te sich in einer sehr all­ge­mei­nen For­mu­lie­rung erschöp­fen, wie jüngst Kuri­en­erz­bi­schof Gui­do Poz­zo, der Sekre­tär der Päpst­li­chen Kom­mis­si­on Eccle­sia Dei sag­te. „Das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil kann im Kon­text der gesam­ten Tra­di­ti­on der Kir­che und ihres bestän­di­gen Lehr­am­tes ange­mes­sen ver­stan­den wer­den“, so Poz­zo, der damit zu ver­ste­hen gab, daß von der Pius­bru­der­schaft nicht mehr ver­langt werde.

„Werden Irrtümer auch nach Anerkennung beim Namen nennen“

Pater Schmid­ber­ger beton­te umge­kehrt in sei­nem Brief, daß sich die Pius­bru­der­schaft auch in Zukunft nicht den Mund ver­bie­ten las­sen wer­de, wenn es dar­um geht, die Irr­tü­mer auf­zu­zei­gen und zu kri­ti­sie­ren, die sie in der Kir­che erkennt.

„Wir nen­nen die Irr­tü­mer vor einer Aner­ken­nung beim Namen und wer­den das auch nach einer Aner­ken­nung tun.“

Ber­toc­chi glaubt eine neue „Real­po­li­tik“ zu erken­nen. Im Schmid­ber­ger-Brief heißt es:

„Wenn Gott Sei­ner Kir­che, die aus tau­send Wun­den blu­tet, wirk­lich effi­zi­ent zu Hil­fe kom­men will, hat er tau­send Mög­lich­kei­ten, das zu tun. Zu die­sen gehört auch eine offi­zi­el­le Aner­ken­nung der Prie­ster­bru­der­schaft durch Rom.“

„Steht die Aner­ken­nung wirk­lich unmit­tel­bar bevor?“, fragt sich Ber­toc­chi. „Einer­seits kann man sagen, daß der Vor­schlag kon­kret und auch in sei­nen recht­li­chen Details bereits ent­wor­fen ist, vor allem aber, daß der Papst die Aner­ken­nung wünscht. Die Bru­der­schaft hat sich Zeit genom­men, vor allem um intern zu arbei­ten, wo es ohne Zwei­fel Wider­stän­de gegen die Aner­ken­nung gibt. Eini­ge Indis­kre­tio­nen besa­gen, daß die Ver­söh­nung schwer­lich noch vor dem Herbst erfol­gen kön­ne. Inter­es­sant wird daher sein, die Reak­tio­nen jener ‚libe­ra­len‘ Welt zu sehen, von Bischö­fen, Theo­lo­gen und Mas­sen­me­di­en, die gro­ßen Gegen­druck erzeugt haben, als Bene­dikt XVI. das­sel­be Ziel ange­streb­te“, so Bertocchi.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: sspx (Screen­shot)

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