(Paris) Am Sonntag, dem 10. April starb „im Frieden des Herrn“ im Alter von erst 38 Jahren Vincent-Marie de la Résurrection. Ihm, einem einfachen Ordensbruder, hatte Kardinal Robert Sarah, der Präfekt der römischen Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung sein Buch „Gott oder Nichts“ [1]Robert Kardinal Sarah: Dieu ou rien, Fayard, Paris 2015, deutsche Ausgabe: Gott oder Nichts, fe-Verlag, Kißlegg 2015 gewidmet.
Benoît Carbonell, so sein bürgerlicher Name, war im Alter von 27 Jahren in die Abtei Sainte-Marie de Lagrasse, einer altrituellen, der Tradition verbundenen Ordensgemeinschaft von Regularkanonikern eingetreten. Das war 2005, wenige Monate nachdem der Orden die Klosteranlage von Lagrasse erworben und 212 Jahren nach der Aufhebung durch die Französische Revolution wieder zur Abtei gemacht hatte. Als Bruder schloß er sich der Gemeinschaft an und half, als gelernter Elektriker, mit Tatkraft und Fleiß bei den notwendigen Umbauten und Instandhaltungsarbeiten mit.
Dann wurde ihm Multiple Sklerose attestiert und langsam, langsam verlor er seine Bewegungsfreiheit. Zunächst brauchte er einen Stock zum Gehen, dann einen Rollstuhl und die letzten drei Jahre war er an das Bett gefesselt. „Eine große Prüfung für einen so aktiven Mann“, wie die Chorherren im Nachruf schreiben.
„Je mehr seine physischen Kräfte schwanden, desto mehr gewann er an geistlicher Statur.“
Von so schwerer Krankheit gezeichnet, entwickelte Frère Vincent-Marie de la Résurrection jedoch einen „übernatürlichen Sinn für das Apostolat“. Ob während seiner Krankenhausaufenthalte oder als Wallfahrer in Lourdes, wurde er zum Zeugen des Glaubens. Seine einfache, aber tiefe Freude, von der er erfüllt war, beeindruckte die Menschen, die in seine Nähe kamen. So konnte er vielen Patienten Trost spenden und auch Krankenschwestern und Ärzten die Liebe Christi nahebringen.
„Je mehr seine physischen Kräfte schwanden, desto mehr gewann er an geistlicher Statur.“
In dieser Zeit lernte auch Kardinal Robert Sarah den jungen Ordensmann kennen.
In den letzten Monaten konnte er nicht mehr sprechen, hielt aber den Rosenkranz fest in seiner Hand.
Am Sonntagmorgen des 10. April verliefen die letzten Momente in schlichter Würde. Durch die Vorsehung waren seine Mutter und seine Schwester anwesend. Der Abt spendete ihm die Letzte Ölung. Wenige Minuten danach, als sich die Brüder der Gemeinschaft um ihn versammelten, gab Frère Vincent-Marie de la Résurrection Gott seine Seele zurück.
Am vergangenen Samstag, dem 16. April fanden das Requiem und die Beerdigung auf dem Friedhof der Abtei statt. Die Totenmesse zelebrierte Abt Emmanuel-Marie, die Predigt hielt Kardinal Sarah, der auch die Einsegnung des Leichnams vornahm. Bei einem Besuch der Abtei hatte der Kardinal den bereits durch seine Krankheit gezeichneten Ordensbruder kennengelernt. Die Fröhlichkeit des jungen Mannes und sein tiefer Glauben beeindruckten den Kardinal so sehr, daß sich eine persönliche Freundschaft und geistliche Verbundenheit zwischen den beiden entwickelte. Frère Vincent-Marie de la Résurrection trug in besonderer Weise im Gebet und im Schweigen Gebetsintentionen mit, die ihm der Kardinal regelmäßig anvertraute.
Ihm widmete der Kardinal aus Guinea das Buch „Gott oder Nichts“. In seiner Predigt sagte der Purpurträger:
„Ich habe Frère Vincent mein Buch Gott oder Nichts gewidmet, weil ich von unserer ersten Begegnung an verstanden hatte, daß Christus Sein Herz an das seine gelehnt hatte.“
Die Regularkanoniker der Gottesmutter von Lagrasse
Die Regularkanoniker der Gottesmutter (Chanoines réguliers de la Mère de Dieu) wurden 1969 gegründet und hatten ihren Sitz zunächst in der französischen Diözese Gap. Dort befindet sich heute das Kloster des weiblichen Ordenszweiges. 1997 wurde die Gemeinschaft von Papst Johannes Paul II. anerkannt und erhielt den Rang einer Abtei päpstlichen Rechts. Die Chorherren zelebrieren das heilige Meßopfer und beten das Stundengebet in der überlieferten Form des Römischen Ritus. Sie unterstehen der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei.
2004 konnte die Gemeinschaft die 1792 aufgehobene Abtei Sainte-Marie de Lagrasse erwerben. Das Kloster geht auf eine Gründung Karls des Großen im Jahr 779 zurück.
Die Abtei wurde zum geistlichen Zentrum des Languedoc. In den Albigenserkriegen konnten die Äbte den katholischen Glauben der Umgegend festigen, aber auch vermittelnd auftreten und damit zum Frieden zwischen einigen Albigenserstädten wie Carcassonne und dem französischen König beitragen. Die Abtei gilt heute als außergewöhnliche kultur- und kunsthistorische Sehenswürdigkeit.
1792 hoben die Revolutionäre die Abtei auf und vertrieben die Mönche gegen den Willen der Bevölkerung. Die Gebäude wurden geplündert und zunächst in ein Militärkrankenhaus umgewandelt, dann bis 1880 als Polizeikaserne genützt.
1894 belebten Ordensschwestern das Kloster neu, die aber Lagrasse 1976 verließen. Das Kloster ging in Privatbesitz über, doch waren die neuen Besitzer daran interessiert, daß es wieder seiner ursprünglichen Funktion übergeben wird. So konnten 2004 die Regularkanoniker der Gottesmutter das Kloster erwerben.
Die Chorherren leben nach der Regel des heiligen Augustinus. Ihr Tag beginnt um 5.20 Uhr und endet mit der Komplet um 20.45 Uhr. Sie pflegen ein Leben der Gemeinschaft, des Gebets und des Apostolats.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Abbaye Sainte-Marie de Lagrasse
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↑1 | Robert Kardinal Sarah: Dieu ou rien, Fayard, Paris 2015, deutsche Ausgabe: Gott oder Nichts, fe-Verlag, Kißlegg 2015 |
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Danke für diesen eindrucksvollen Bericht! Vielleicht ist dieses Zeugnis der Heiligkeit für die Gegenwart ohnehin wichtiger als die Bocksprünge, die wir in der Kirchenpolitik erleben.
Vielleicht wird der Verstorbene einmal als großer Heiliger bekannt sein und nach anderen, die jetzt wichtige Ämter innehaben, wird kein Hahn krähen.
Frater Vincent-Marie, o. p. n.
Wir dürfen davon ausgehen, daß wir einen neuen Heiligen im Himmel haben.
Laut den Visionen der hl.Katharina Emmerick sind es ja gerade die Heiligen und unter ihnen insbesondere die Marienverehrer, die der ruinösen, vom Klerus bis auf die Fundamente zerstörten Kirche, ihre ursprüngliche Herrlich- und Heiligkeit zurück geben. Der einfache Ordensmann Vincent-Marie de la Resurrection (wie passend) kann uns darin ein Vorbild und Ansporn sein, nach größerer Vollkommenheit zu streben, von der schließlich Aufstieg und Fall der Alma Mater abhängt:
Je mehr man an der Zerstörung des Hauses Gottes arbeitet, desto mehr lasst uns danach trachten, den HEILIGEN WILLEN GOTTES zu tun, um die wahre Schönheit der Kirche wieder zum Strahlen zu bringen.
Seid heilig – denn ICH, euer GOTT BIN HEILIG!