Amoris Laetitia: Kardinal Burkes Spagat, der nicht gelingen will


Kardinal Raymond Burkes Kritik an Amoris Laetitia
Kardinal Raymond Burkes Kritik an Amoris Laetitia

Kom­men­tar von Giu­sep­pe Nardi

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(Rom) Die Reak­ti­on von Kar­di­nal Ray­mond Bur­ke auf das nach­syn­oda­le Apo­sto­li­sche Schrei­ben Amo­ris Lae­ti­tia von Papst Fran­zis­kus wur­de mit Span­nung erwar­tet. Kar­di­nal Bur­ke war bei der Bischofs­syn­ode 2014 der Wort­füh­rer der glau­bens­treu­en Syn­oda­len, die sich einer Auf­wei­chung des Ehe­sa­kra­men­tes und dem damit ver­bun­de­nen Angriff auf das Altar­sa­kra­ment und das Buß­sa­kra­ment wider­setz­ten. Die Kon­se­quenz war eine Straf­ak­ti­on von Papst Fran­zis­kus, der den bril­lan­ten Kir­chen­recht­ler Bur­ke weni­ge Wochen nach Syn­oden­en­de sei­nes Amtes als Prä­fekt des Ober­sten Gerichts­ho­fes der Apo­sto­li­schen Signa­tur ent­hob und auf den Posten des pre­sti­ge­träch­ti­gen, aber ein­fluß­lo­sen Kar­di­nal­pa­trons des Sou­ve­rä­nen Mal­te­ser­or­dens versetzte.

Vom Papst bestrafter Verteidiger des Ehesakraments

Als Prä­fekt hat­te Bur­ke ein Dik­aste­ri­um der römi­schen Kurie gelei­tet und war damit kraft sei­nes Amtes Syn­oda­le gewe­sen. Mit sei­ner Abset­zung ent­zog ihm Papst Fran­zis­kus auch die Mög­lich­keit, an der ent­schei­den­den Bischofs­syn­ode 2015 teilzunehmen.

Die päpst­li­che Straf­ak­ti­on wur­de auch als deut­li­ches Signal an sei­ne Wider­sa­cher gese­hen, das dis­zi­pli­nie­rend wir­ken sollte.

Als Kar­di­nal­pa­tron des Mal­te­ser­or­dens konn­te Bur­ke nicht mehr an der zwei­ten Bischofs­syn­ode über die Ehe und die Fami­lie teil­neh­men. Weil sein Ver­hält­nis gegen­über dem Papst kom­pro­mit­tiert war, war ihm von sei­nen Mit­strei­tern unter den Kar­di­nä­len Zurück­hal­tung emp­foh­len wor­den, um deren Kampf nicht zu beein­träch­ti­gen. Er unter­stütz­te die Ver­tei­di­gung der kirch­li­chen Ehe- und Moral­leh­re jedoch wei­ter­hin tat­kräf­tig aus dem Hintergrund.

Im Zuge der ersten Bischofs­syn­ode von 2014 for­mu­lier­te er einen der prä­gnan­te­sten Sät­ze der seit mehr als zwei Jah­ren andau­ern­den Diskussion:

„Wenn die Kir­che den Emp­fang der Sakra­men­te (auch nur in einem Fall) einer Per­son erlau­ben wür­de, die sich in einer irre­gu­lä­ren Situa­ti­on befin­det, wür­de das bedeu­ten, dass die Ehe ent­we­der nicht unauf­lös­lich ist und damit die­se Per­son nicht im Stand des Ehe­bruchs lebt, oder, dass die hei­li­ge Kom­mu­ni­on nicht Gemein­schaft im Leib und Blut Chri­sti ist, die hin­ge­gen die rech­te Dis­po­si­ti­on der Per­son erfor­dert, näm­lich die schwe­re Sün­de zu bereu­en und die feste Absicht, nicht mehr zu sündigen.“

In sei­ner ersten, aus­führ­li­chen Stel­lung­nah­me, die nun in voll­stän­di­ger deut­scher Über­set­zung vor­liegt, betont Kar­di­nal Bur­ke zwei Aspekte:

Erstens, daß Amo­ris Lae­ti­tia nicht Teil des kirch­li­ches Lehr­am­tes ist, was Papst Fran­zis­kus selbst klar­ge­stellt habe, und daher kein Katho­lik dar­an gebun­den sei.

Und zwei­tens, daß jeder Katho­lik immer und allein an die immer­wäh­ren­de Leh­re der Kir­che gebun­den ist und die Kir­che zu kei­nem Zeit­punkt eine ande­re Leh­re oder eine ande­re Dis­zi­plin ein­füh­ren oder ver­tre­ten kön­ne, als das, was sie immer gelehrt und was immer gegol­ten hat.

Die Stel­lung­nah­me von Kar­di­nal Bur­ke ist ein kost­ba­res und schö­nes Doku­ment der Ver­tei­di­gung des Ehe­sa­kra­men­tes. Die von ihm gemach­ten Fest­stel­lun­gen sind daher von gro­ßer Bedeu­tung. Sie bie­ten uner­schüt­ter­li­che Ori­en­tie­rung in einer Zeit zuneh­men­der Verwirrung.

Die Schwäche der Stellungnahme

Den­noch wirkt die Stel­lung­nah­me dort schwach, wo sie auf jeg­li­che Form der Kri­tik am Vor­ge­hen von Papst Fran­zis­kus ver­zich­tet. Damit wirkt sie wie ein Spa­gat, der nicht wirk­lich gelin­gen will.

Eini­ge Fra­gen sol­len das Gesag­te verdeutlichen:

Wenn es sich bei Amo­ris Lae­ti­tia nur um „per­sön­li­che“ und daher nicht ver­bind­li­che Über­le­gun­gen von Papst Fran­zis­kus han­delt, die aber eine Quel­le der Ver­wir­rung und sogar „eines mög­li­chen Ärger­nis­ses“ für die Gläu­bi­gen sein kön­nen, müß­te dann nicht die Fra­ge Fran­zis­kus gestellt wer­den, war­um er sol­che Über­le­gun­gen über­haupt anstellt und veröffentlicht?

Wie steht es um den Papst, wenn er Über­le­gun­gen anstellt, die ein „Ärger­nis“ sein kön­nen, sie aber „per­sön­lich für den Wil­len Chri­sti für Sei­ne Kir­che hält“?

Erhebt Papst Fran­zis­kus wirk­lich kei­nen Anspruch dar­auf, daß Amo­ris lae­ti­tia Teil des ordent­li­chen päpst­li­chen Lehr­am­tes ist? Läßt sich Para­graph 3 des Schrei­bens wirk­lich als Ver­zicht auf die­sen Anspruch lesen?

Wenn Papst Fran­zis­kus wirk­lich nur „per­sön­li­che“, also pri­va­te Über­le­gun­gen vor­le­gen woll­te, war­um hat er dann die Form eines nach­syn­oda­len Schrei­bens gewählt, von dem sich alle Welt die Ant­wor­ten und Schluß­fol­ge­run­gen der dop­pel­ten Bischofs­syn­ode erwartet?

Wor­in unter­schei­det sich „der Typus des Doku­ments“ vom nach­syn­oda­len Apo­sto­li­schen Schrei­ben Fami­lia­ris Con­sor­tio von Papst Johan­nes Paul II., das als wich­ti­ge Richt­schnur für die Katho­li­ken gilt?

Der Fra­gen­ka­ta­log lie­ße sich noch fortsetzen.

Die Macht des Faktischen – Schönborn und Spadaro

Die Schwä­che der Stel­lung­nah­me von Kar­di­nal Bur­ke liegt dar­in, daß sie zwar in allem recht hat, was die kirch­li­che Leh­re und Dis­zi­plin in Sachen Ehe und Fami­lie betrifft, aber mit kei­nem Wort dar­auf ein­geht, daß der Papst selbst, vor allem aber die Papst-Ver­trau­ten, etwas ganz ande­res sagen. Die gött­li­che Ord­nung bleibt immer gleich. Es geht aber um das See­len­heil der Men­schen, die heu­te und jetzt in die Irre geführt wer­den kön­nen. Für sie zählt weni­ger der theo­re­ti­sche Anspruch, son­dern viel­mehr die Macht des Fak­ti­schen. Immer­hin ist der Papst eben doch der Papst. Wenn sei­ne Über­le­gun­gen, und sei­en sie „per­sön­li­cher“ Art, irrig sind, dann muß das zum Schutz der Kir­che und zum Schutz der Gläu­bi­gen auch gesagt wer­den. Denn die Leh­re, wie Kar­di­nal Bur­ke zitiert, ist immer Seelsorge.

Daher drängt die Fra­ge, wie sich die Aus­le­gung von Kar­di­nal Bur­ke bei­spiels­wei­se mit jener von Kar­di­nal Schön­born von Wien in Ein­klang brin­gen läßt. Schön­born war es, nicht Bur­ke, der im päpst­li­chen Auf­trag Amo­ris Lae­ti­tia der Welt­öf­fent­lich­keit vor­stel­len durf­te, und dabei dem Schrei­ben eine ganz ande­re Bedeu­tung zuschrieb.

Oder wie läßt sich die Aus­le­gung von Kar­di­nal Bur­ke mit jener von Pater Anto­nio Spa­da­ro, dem Schrift­lei­ter der römi­schen Jesui­ten­zeit­schrift Civil­tà  Cat­to­li­ca in Ein­klang brin­gen? Spa­da­ro gilt, im Gegen­satz zu Kar­di­nal Bur­ke, als einer der eng­sten Papst-Ver­trau­ten, war Mit­glied des Redak­ti­ons­ko­mi­tees von Amo­ris Lae­ti­tia und alles, was die Civil­tá Cat­to­li­ca schreibt, muß zuvor die vati­ka­ni­sche Zen­sur pas­sie­ren, kann also als offi­ziö­se Mei­nung des Hei­li­gen Stuhls betrach­tet wer­den. Spa­da­ro schrieb nach der Bischofs­syn­ode 2015, die Syn­ode habe „die Grund­la­ge“ für die Zulas­sung der wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen zur Kom­mu­ni­on geschaf­fen, indem sie „eine Tür geöff­net hat“, die bei der vori­gen Syn­ode noch ver­schlos­sen geblie­ben sei. Nun schrieb er zu Amo­ris Lae­ti­tia, daß sich sei­ne Vor­her­sa­ge damit bestä­tigt habe.

Der Streit um die „authen­ti­sche“ Aus­le­gung von Amo­ris Lae­ti­tia und damit der gan­zen Dis­kus­si­on seit Fran­zi­kus‘ Lob für Kar­di­nal Kas­pers Buch über die Barm­her­zig­keit im März 2013, ist erwar­tungs­ge­mäß in aller Hef­tig­keit ent­brannt. Wem kommt mehr Gewicht in der Aus­le­gung zu?

Unmöglicher Spagat ohne Widerlegung der Gegenseite

Kar­di­nal Bur­ke ver­tritt die Leh­re der Kir­che und befin­det sich damit zwei­fel­los im Recht. Sei­ne Stel­lung­nah­me wird aber zum unmög­li­chen Spa­gat, wenn er sich ledig­lich auf den theo­re­ti­schen Anspruch beschränkt, aber mit kei­nem Wort dar­auf ein­geht, daß ande­re Kräf­te der Kir­che in eine ganz ande­re Rich­tung zie­hen. Kräf­te, die – im Gegen­satz zum vom Papst bestraf­ten Bur­ke – das Ver­trau­en des Pap­stes genie­ßen. Sei­ne Stel­lung­nah­me wird zum unmög­li­chen Spa­gat, wenn nicht auch auf die Argu­men­te der Gegen­sei­te ein­ge­gan­gen wird und die­se wider­legt werden.

Papst Fran­zis­kus spielt mit dem Vagen, Unaus­ge­spro­che­nen. Die „Revo­lu­ti­on“ von Papst Fran­zis­kus, so der Histo­ri­ker Rober­to de Mat­tei, lie­ge nicht dar­in, daß er eine neue Leh­re oder Dis­zi­plin ver­kün­de, son­dern dar­in, daß er die bis­he­ri­ge nicht bekräftigt.

Die Ver­tei­di­gung der kirch­li­chen Leh­re und Dis­zi­plin wird nicht gelin­gen, wenn man sich bloß dar­auf beschränkt, den eige­nen Anspruch zu depo­nie­ren, wäh­rend ganz ande­re an den Schalt­he­beln sit­zen und unter­des­sen das Kir­chen­schiff auf eine neue Rou­te lenken.

Nicht nur formale, sondern auch inhaltliche Auseinandersetzung

Damit die Ver­tei­di­gung wirk­lich wirk­sam sein kann, muß alles gesagt wer­den, was Kar­di­nal Bur­ke in sei­ner Stel­lung­nah­me gesagt hat. Es muß aber auch jenen ganz kon­kret wider­spro­chen wer­den, auch Papst Fran­zis­kus, die ande­res behaup­ten. Ein Bei­spiel dafür, wie eine not­wen­di­ge und kon­se­quen­te Kri­tik an Amo­ris Lae­ti­tia aus­zu­se­hen hat, kam vom Histo­ri­ker Rober­to de Mat­tei. Er beschränk­te sich nicht auf for­ma­le Aspek­te des Doku­ments, son­dern ging not­wen­di­ger­wei­se auf den Inhalt ein und kam unum­wun­den zum Urteil, daß Amo­ris Lae­ti­tia ein „kata­stro­pha­les Doku­ment“ sei.

Wenn ein Schiff im Hafen liegt und vor dem Aus­lau­fen steht, ist ent­schei­dend, wer am Steu­er­ru­der steht und wer die Mann­schaft bil­det, um die Segel zu set­zen. Kar­di­nal Bur­ke hält zwar die ent­schei­den­de See­kar­te mit den genau ein­ge­zeich­ne­ten See­we­gen und Fahr­rin­nen in der Hand, anhand der das Kir­chen­schiff sicher durch die stür­mi­sche See gelenkt wer­den kann, und macht das auch gel­tend, wird aber vom Kapi­tän am Pier zurückgelassen.

Damit nicht ein fal­scher Ein­druck ent­steht, sei an die­ser Stel­le Kar­di­nal Bur­ke aus­drück­lich für sei­ne wich­ti­ge Stel­lung­nah­me gedankt. Im Gegen­satz zu ande­ren, hat­te er Intel­lekt und Mut, bereits Stel­lung zu neh­men. Ver­bun­den mit dem Dank ist jedoch die Bit­te, sei­ne Stel­lung­nah­me zum Wohl der Kir­che und zum Schutz der Gläu­bi­gen noch zu ergän­zen. Mehr noch gilt die Auf­for­de­rung den ande­ren Kar­di­nä­len der Hei­li­gen Kir­che, dem Bei­spiel von Kar­di­nal Bur­ke zu fol­gen und öffent­lich zu Amo­ris Lae­ti­tia Stel­lung zu nehmen.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: One­Pe­ter­Fi­ve (Screen­shot)

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8 Kommentare

  1. Ja, aber was soll man da groß Anstoß neh­men an Men­schen wie Kar­di­nal Burke?

    Prin­zi­pi­ell gibt es bekannt­lich 2 ent­ge­gen­ge­setz­te Lager:
    Die einen spre­chen und han­deln im guten Glau­ben, und ver­su­chen zu ret­ten, was zu ret­ten ist.
    Die ande­ren han­deln im schlech­ten Glau­ben, um zu zer­stö­ren, aber natür­lich nicht offen, son­dern fei­ge hin­ter schö­nen Wor­ten versteckt.

  2. Wer­ter Herr @ Giu­sep­pe Nardi!
    Ihrem Kom­men­tar wäre – eben auch in den vor­ge­tra­ge­nen Kri­tik­punk­ten – voll­in­halt­lich zuzu­stim­men, hiel­te Kar­di­nal Bur­ke das Schrei­ben des Pap­stes, in dem er ledig­lich eine Sum­me von zusam­men­ge­tra­ge­nen „pasto­ra­len“ Gedan­ken aus zwei Jah­ren Syn­odal­dis­kus­si­on sieht, für ein lehr­amt­li­ches Doku­ment. Das ist aber nicht der Fall! 

    Denn: Unter Berück­sich­ti­gung der Natur des Schrei­bens, sei­ner weit­ge­hend feh­len­den Ver­an­ke­rung in der bis­he­ri­gen Leh­re der Kir­che und im Hin­blick auf die Ein­schät­zung des Schrei­bens durch Papst Fran­zis­kus selbst (unter AL 3) stellt Kar­di­nal Bur­ke fest, dass Amo­ris Lae­ti­tia kein lehr­amt­li­ches Schrei­ben dar­stellt und dem­nach kei­ne all­ge­mei­ne Gül­tig­keit und Ver­bind­lich­keit besitzt.

    Da zu erwar­ten ist, dass die­ses Fak­tum all­ge­mein bekannt wer­den wird, sieht sich Kar­di­nal Bur­ke mög­li­cher­wei­se im ersten Schritt von der Pflicht zur Kri­tik in Ihrem Sin­ne ent­bun­den, denn die „Pri­vat­mei­nung“ eines Pap­stes kri­ti­siert ein Kar­di­nal der Kir­che nicht, wenn er es als sei­ne Auf­ga­be ansieht, im Hin­blick auf die Zukunft nicht vor­schnell Dif­fe­ren­zen zu arti­ku­lie­ren, son­dern in aller Öffent­lich­keit erst ein­mal das lehr­amt­lich Gül­ti­ge zu vertreten. 

    Denn damit berei­tet er schon den Weg für den Nach­fol­ger vor, der sich dann ohne kir­chen­recht­li­che Kom­pli­ka­tio­nen von der wohl nicht ohne Absicht vor­sorg­lich in der Schwe­be gehal­te­nen, päpst­li­chen „Pri­vat­mei­nung“ tren­nen kann. Daher soll­te man es Papst Fran­zis­kus hoch anrech­nen, dass er schluss­end­lich auf ein „Macht­wort“ im Sin­ne der Kas­pe­ria­ner usw. ver­zich­tet hat. Denn auf ein sol­ches päpst­li­ches Macht­wort ist deut­scher­seits von allem Anfang an, spä­te­stens aber seit den noch viel wei­ter­ge­hen­den Ful­da­er Dia­log­be­schlüs­sen der DBK (2010), hin­ge­ar­bei­tet worden.

  3. Fort­set­zung:

    Der frü­he­re Vor­sit­zen­de der Bischofs­kon­fe­renz, Kar­di­nal Karl Leh­mann hat anläss­lich der Ful­da­er Bischofs­kon­fe­renz im Herbst 2010 aller Offen­heit for­mu­liert: das Dia­ko­nat der Frau, die Emp­fäng­nis­ver­hü­tung, die Zulas­sung von ver­hei­ra­te­ten Män­nern zum Prie­ster­amt, die Stel­lung der geschie­de­nen Wie­der­ver­hei­ra­te­ten ein­schließ­lich deren Sakra­men­ten­emp­fang, sowie die Zulas­sung nicht­ka­tho­li­scher Chri­sten zur Eucharistie

    Gegen­über KNA hat Kar­di­nal Leh­mann die Dia­log­the­men zu drei Blöcken zusammengefasst:
    „Da sind erstens Fra­gen, die man ein­fach klä­ren kann und klä­ren muss. Ich den­ke an den Dia­ko­nat der Frau. Da muss ich nicht zuerst nach der Prie­ster­wei­he der Frau fra­gen, wo die Schwie­rig­kei­ten enorm sind und bleiben.…. 

    Dann gibt es zwei­tens aber auch Din­ge, die muss man ein­fach noch mal mit Mut ange­hen. Wir stel­len in der Glau­bens­kom­mis­si­on der Bischofs­kon­fe­renz seit län­ge­rem Über­le­gun­gen an zur Fra­ge „Hum­a­nae vitae“, Emp­fäng­nis­ver­hü­tung und der­glei­chen. Das geht aber nur, wenn man dies in einem grö­ße­ren Kon­text des Umgangs mit mensch­li­cher Sexua­li­tät ansetzt. 

    Natür­lich gibt es drit­tens Din­ge, die wir nicht allei­ne lösen kön­nen. Wo wir das Gespräch mit Rom brau­chen. Etwa die Debat­te um die „viri pro­ba­ti“, die Zulas­sung von Män­nern zum Prie­ster­amt, die sich in Beruf und Ehe bewährt haben. Dazu gehö­ren auch die Fra­gen der Stel­lung geschie­de­ner Wie­der­ver­hei­ra­te­ter in der Kir­che ein­schließ­lich des Sakra­men­ten­emp­fangs sowie die Fra­ge einer Zulas­sung nicht­ka­tho­li­scher Chri­sten zur Eucharistie. 

    Es war leicht zu erken­nen, dass von die­sen drei The­men­blöcken in Rom unter Papst Bene­dikt XVI. kein ein­zi­ger kon­sens­fä­hig gewe­sen wäre. 

    Die Fra­ge 2010 lau­te­te damals: Wer­den dann alle dis­ku­tier­ten The­men im Gehor­sam gegen­über Rom fal­len gelas­sen wer­den, oder wür­de man ver­su­chen, nach einer ande­ren Lösung Aus­schau zu hal­ten? Heu­te wis­sen wir mehr!

  4. Papst Fran­zis­kus hat klar­ge­macht wie er die Kir­che haben möch­te: weg von der objek­ti­ven Wahr­heit und hin zu „Leip­zi­ger Allerlei“.
    Selbst wenn sei­ne kla­ren Aus­sa­gen von ihm per­sön­lich als „Pri­vat­mei­nung“ dekla­riert wer­den, ste­hen sie gegen das Lehr­amt und müs­sen als häre­tisch ein­ge­stuft wer­den. Und das muß gesagt wer­den können.
    Der Papst kann sagen, daß er lie­ber Mozart als Beet­ho­ven hört, lie­ber Kaf­fee als Tee trinkt, aber dar­um gehts hier ja nicht. Zu sagen, daß es sich bei die­sem Doku­ment bloß um eine Pri­vat­mei­nung han­de­le, ist eine Irre­füh­rung: nicht mehr und nicht weni­ger. Das ist mei­ne sub­jek­ti­ve Fest­stel­lung und kein Urteil. 

    Ich wür­de die Argu­men­ta­ti­on von Herrn Kar­di­nal Bur­ke als „ame­ri­ka­nisch“ bezeichnen.

    • @ Franzel11
      Wel­che kla­ren Aus­sa­gen von Papst Fran­zis­kus ste­hen nach Ihrer Mei­nung gegen das Lehr­amt und müs­sen als häre­tisch ein­ge­stuft wer­den? Ver­su­chen Sie das ruhig zu sagen, wenn Sie es so klar fest­stel­len können.

      • Wo wir wie­der beim Leip­zi­ger Aller­lei oder viel­leicht bes­ser, beim argen­ti­ni­schen Kar­nickel-Ein­topf wären: Egal wie die Menü-Zusam­men­stel­lung aus­fal­len wird – sie wird uns immer wie bit­te­re GALLE(N) auf­sto­ßen! Buon Appetit!

  5. Fort­set­zung II:

    Unter den deut­schen Bischö­fen und Uni­ver­si­täts­theo­lo­gen setz­te sich im Gefol­ge Karl Rah­ners SJ und sei­nes Mit­ar­bei­ters Karl Leh­mann, des spä­te­ren lang­jäh­ri­gen Vor­sit­zen­den der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz, die Über­zeu­gung durch, dass das II. Vati­ka­ni­sche Kon­zil nur noch als „Anfang vom Anfang“, als „Impuls zum Auf­bruch“ gegen das römi­sche Lehr­amt zu deu­ten sei, ver­bun­den mit dem Recht, der römi­schen Amts­kir­che Wider­stand entgegenzusetzen. 

    Das aus die­sem „Geist“ fol­gen­de Regi­ster an „Unbot­mä­ßig­kei­ten“ gegen das römi­sche Lehr­amt liest sich ein­schließ­lich der Resi­gna­ti­on von Papst Bene­dikt XVI. wie folgt:
    1. König­stei­ner Erklä­rung gegen Papst Paul VI zur Verhütungsfrage
    2. Würz­bur­ger Syn­ode mit unan­nehm­ba­ren Reformforderungen
    3. Ver­tei­di­gung der kirch­li­chen Schwan­ger­schafts­be­ra­tung Donum Vitae
    4. Dul­dung der Liturgieverwilderung
    5. Nicht­an­pas­sung der deut­schen Räte­struk­tur an das Kirchenrecht
    6. Miss­ach­tung des Kate­chis­mus der römisch- katho­li­schen Kir­che (1993)
    7. Wider­set­zen gegen das Ver­bot der Laienpredigt
    8. Wider­set­zen gegen den Außer­or­dent­li­chen Ritus
    9. Wider­set­zen gegen die Kor­rek­tur der Wandlungsworte
    10.Verteidigung der kir­chen­recht­lich unhalt­ba­ren Dialogforderungen
    11. Tole­ranz des Theo­lo­gen­me­mo­ran­dums 2011
    12. Wider­set­zen gegen den Gedan­ken der Entweltlichung
    13. Dul­dung von Unge­hor­sams­er­klä­run­gen von Priesterinitiativen
    14. Dul­dung von anti­rö­mi­schen Laieninitiativen
    15. Dul­dung von Häre­si­en in Uni­ver­si­tät und Schule
    16. Dul­dung von Mob­bing rom­treu­er Bischö­fe und Priester
    17. Undult­sam­keit gegen­über Papst Bene­dikt XVI.

    Der Blog­ger new­tu­be berich­te­te am 21.9. 2010 auf kath​.net von einem Gespräch mit Kiech­le SJ. The­ma sei u.a. die Ein­stel­lung der Jesui­ten zu Papst Bene­dikt XVI. gewe­sen, der damals sowohl wegen der Miß­brauchs­af­fä­re in der katho­li­schen Kir­che als auch wegen der Rück­nah­me der Exkom­mu­ni­ka­ti­on der vier Lefeb­v­re-Bischö­fe unter mas­si­ven Druck stand. „Ich frag­te Herrn Kiech­le, war­um die Jesui­ten den Papst nicht unter­tütz­ten und sei­nen Wei­sun­gen gehorch­ten, anstatt ihn stän­dig zu kri­ti­sie­ren. Zuerst zeig­te Herr Kiech­le Unver­ständ­nis für mei­ne Fra­ge. Dann ant­wor­te­te er süf­fi­sant: Wis­sen Sie, es ist ein Werk der Lie­be, jemand gegen sich selbst zu schützen.“

    Wenn wir also die jüng­ste Ent­wick­lung in diver­sen Rich­tun­gen unter Papst Fran­zis­kus vor Augen haben, ist ein Blick zurück hilfreich.

  6. Fort­set­zung III

    Es kann nicht bestrit­ten wer­den, dass es unter Beru­fung auf das Zwei­te Vati­ka­num Ent­wick­lun­gen in der katho­li­schen Kir­che in Deutsch­land gege­ben hat und gibt, die der Inten­ti­on der Kon­zils­vä­ter völ­lig zuwi­der­lau­fen, die unter Beru­fung auf den sog. “Geist des Kon­zil­s”, der nie­mals schrift­lich fest­ge­hal­ten wor­den ist, lehr­amts­frem­de Reform­vor­stel­lun­gen als Früch­te des Kon­zils durch­zu­set­zen versuchen. 

    Seit Jahr­zehn­ten stel­len pro­gres­si­vi­sti­sche Bischö­fen, Uni­ver­si­täts­theo­lo­gen, Pfar­rer­initia­ti­ven, Lai­en­grup­pie­run­gen, Außen­ste­hen­de, Aus­ge­tre­te­ne, Pro­te­stan­ten, Lai­zi­sten und Athe­isten zum Teil längst nega­tiv ent­schie­de­ne For­de­run­gen an das Lehr­amt der Kir­che, die zwar aus den Kon­zils­tex­ten nicht ableit­bar sind, aber dem „Geist des Kon­zils“ ent­sprä­chen: die Abschaf­fung des Zöli­bats, die Wei­he von Dia­ko­nin­nen, das Frau­en­prie­ster­tum, die Auf­ga­be des Opfer­cha­rak­ters der hei­li­gen Mes­se, die Zulas­sung von wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen zur Kom­mu­ni­on, die Inter­kom­mu­ni­on, die Gleich­stel­lung von Homo­se­xu­el­len, die Lai­en­pre­digt, die Mit­wir­kung der Lai­en bei der Bischofs­wahl und der Amts­füh­rung des Bischofs, die all­ge­mei­ne Demo­kra­ti­sie­rung der Kir­che durch syn­oda­le Pro­zes­se auf allen Ebe­nen, wie sie bereits im Bis­tum Lim­burg seit dem Kon­zil durch die Bischö­fe Kempf und Kamph­aus im „Geist des Kon­zils“ ver­wirk­licht wurden. 

    Die­se dem libe­ra­li­sti­schen „Reform­geist“ ent­sprun­ge­nen ratio­na­li­sti­schen For­de­run­gen, die sich auf Gemein­de­ebe­ne seit dem Vati­ka­num II flä­chen­deckend destruk­tiv auf Gläu­big­keit, Glau­bens­wis­sen, Glau­bens­pra­xis aus­ge­wirkt haben, weil sich unter auch unter Katho­li­ken wei­ter­hin der „Glau­be“ aus­brei­te­te, dass ange­sichts der bibel­wis­sen­schaft­li­chen Ent­wer­tung der Evan­ge­li­en und wei­te­rer 16 Schrif­ten des NT durch Spät­da­tie­rung die Kir­che ihr bis­her in Jesus Chri­stus grün­den­des Glau­bens­fun­da­ment ver­lo­ren hat. 

    Es geht nach wie vor im Kern um die Glaub­wür­dig­keit und Ver­bind­lich­keit der in den Evan­ge­li­en über­lie­fer­ten Wor­te Jesu und damit um die Fra­ge, wel­ches Offen­ba­rungs­ge­wicht sie in der heu­ti­gen Zeit noch haben – ange­sichts der Ergeb­nis­se einer evan­ge­lisch-luthe­ri­schen Leben-Jesu-For­schung, die über die Spät­da­tie­rung der Evan­ge­li­en die Echt­heit fast aller Wor­te Jesu bestreitet.

    Vor allem in Krei­sen der moder­ni­sti­schen Kräf­te in Deutsch­land, in der jesui­tisch gesteu­er­ten Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz, in den Fakul­tä­ten der Memo­ran­di­sten, im ZdK , in Prie­ster- und Lai­en­in­itia­ti­ven sowie in fort­schritt­li­chen Pfarr­ge­mein­de­gre­mi­en meint man seit lan­gem, die Kir­che befin­de sich nun­mehr in einem Zustand, in dem alles umstrit­ten, belie­big und daher ver­än­der­bar ist und daher die Tra­di­tio­nen des römi­schen Lehr­amts hint­an­ge­stellt wer­den können. 

    Doch die Spät­da­tie­rung ist falsch und mit ihr alles, was an Reform­in­itia­ti­ven aus ihr her­aus den Moder­ni­sten um Kar­di­nal Kas­per begründ­bar und daher mög­lich erscheint. In Papst Fran­zis­kus glaub­te man den Mann gefun­den zu haben, der als Nach­fol­ger Petri eine Rei­he von Macht­wor­ten spricht, um alles umzu­set­zen, was sich die Reform­gei­ster vor allem aus dem deutsch­spra­chi­gen Raum vor­ge­stellt hatten. 

    Die­ses Ansin­nen hat schon beim ersten The­ma „Ehe und Fami­lie“ päpst­li­cher­seits sein Ende im Unver­bind­li­chen gefun­den, was Kar­di­nal Bur­ke als ehe­mals füh­ren­der Kir­chen­recht­ler der Kurie fest­stel­len konn­te. Sein Wort wiegt schwer gegen­über den Ver­su­chen, die kano­ni­sche Bedeu­tung von Amo­ris Lae­ti­tia in den Him­mel zu heben. Es liegt auch an uns, die vor­schnel­len Freu­den­ge­sän­ge der Moder­ni­sten zum Ver­stum­men zu bringen.

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