Im feierlich gesungenen Exsultet der Osternachtliturgie wird das Lob der kostbaren Osterkerze als festliche Gabe dem Vater dargebracht.
Ein Gastbeitrag von Hubert Hecker*
Welche Herkunft und Bedeutung hat diese liturgische Praxis?
Seit dem zweiten Jahrhundert nach Christus waren die aus flüssigem Wachs gezogenen Kerzen soweit entwickelt, dass sie in geschlossenen Räumen verwendet werden konnten, ohne durch Rußen und unangenehmen Geruch zu belästigen. Seit dem vierten Jahrhundert hat die Kirche brennende Gottesdienstkerzen als Brandopfer gedeutet und mit Lobgesängen begleitet. Dabei diente die Osterkerze als Initialsymbol für das liturgische Kirchenjahr:
In dieser gesegneten Nacht, heiliger Vater, nimm an das Abendopfer unseres Lobes, nimm diese Kerze entgegen als unsere festliche Gabe! Aus dem köstlichen Wachs der Bienen bereitet, wird sie Dir dargebracht von Deiner heiligen Kirche durch die Hand ihrer Diener.
Das Lob auf den köstlichen Bienenwachs gewinnt christliche Bedeutung durch den Bezug zur Geburt Christi aus der Jungfrau Maria: Die jungfräulichen Bienen erzeugen das Wachs als reine Opfermaterie für die darzubringende Osterkerze.
Lob den Bienen, die das Wachs für die Osterkerze liefern, Exsultet-Rolle Troja III (12. Jhdt.)
Weiter heißt es in der Osternacht-Lichtfeier:
Wenn auch ihr Licht sich in die Runde verteilt, so verliert es doch nichts von der Kraft seines Glanzes. Denn die Flamme wird genährt vom schmelzenden Wachs, das der Fleiß der Bienen für diese Kerze bereitet hat.
Das Licht der Osterkerze wird an dem Osterfeuer entzündet, das man mit aus Stein geschlagenen Funken anzündet: Symbol für Christus, der aus dem steinernen Grab herausgetreten ist als Sonne der Gerechtigkeit.
Wenn die Gläubigen der brennenden Osterkerze folgend in die Kirche einziehen, so kommt darin auch eine alttestamentliche Sinndeutung zum Tragen, als das Volk Israel der Feuersäule folgend durch die Wüste und das Rote Meer zog.
Das Flammenlicht der Osterkerze wird als Sinnbild für Christus gesehen, insbesondere seine göttliche Natur, die im Brennen ihr Licht verströmt und doch nichts von Glanz und Göttlichkeit verliert.
In der wächsernen Kerze sieht man ein Symbol für Christi menschliche Natur: Im Dahinschmelzen des Wachskörpers, in der Hingabe von Leib und Blut erfüllt Christus seinen göttlichen Auftrag.
Im Brennen der Osterkerze ist Christi Gottheit und Menschheit verbunden und mit ihrem verstrahlenden Licht ist die Verbindung Christi mit den Menschen angedeutet:
O wahrhaft selige Nacht, die Himmel und Erde versöhnt, die Gott und Menschen verbindet.
Darum bitten wir dich, o Herr: Geweiht zum Ruhm deines Namens, leuchte die Kerze fort, um in dieser Nacht das Dunkel zu vertreiben.
Die Auferstehung Christi ist der Sieg des Lichtes über alle Kräfte der Finsternis, insbesondere die Dunkelheit des Todes. Das wird im Licht der Wachskerze besungen:
Osterkerze in der Abteikirche von Montecassino
Nimm sie an als lieblich duftendes Opfer, vermähle sie mit den Lichten am Himmel. Sie leuchte, bis der Morgenstern erscheint, jener wahre Morgenstern, der in Ewigkeit nicht untergeht: Dein Sohn, unser Herr Jesus Christus, der von den Toten erstand, der den Menschen erstrahlt im österlichen Licht, der mit dir lebt und herrscht in Ewigkeit.
In dieser Passage leitet das Licht der im Dunkeln leuchtenden Opferkerze zum Licht des Morgensterns über, zu jenem wahren Morgenstern, der dem ewigen Tag des himmlischen Jerusalem leuchtet. Hier wird auch der Bezug zu den Menschen wieder aufgenommen: Das österliche Licht erstrahlt für die Menschen.
Die Gläubigen empfangen vom Licht der Osterkerze die Erleuchtung des Glaubens. Damit wird die Aussage des Epheserbriefs sinnlich-sinnhaft gemacht:
Früher wart ihr Finsternis, jetzt aber seid ihr durch den Herrn Licht geworden.
Ab dem 10. Jahrhundert wurde die Osterkerze mit weiteren Christus-Symbolen angereichert: Schon am Feuer ritzt der Priester ein Kreuz in die Kerze oder zeichnet das eingravierte Kreuz nach mit den Worten: Christus gestern und heute – senkrechter Balken – Anfang und Ende – Querbalken, wobei er ein Alpha und Omega anbringt.
Zwischen den Kreuzbalken werden die Ziffern des jeweiligen Jahres angebracht und dabei gebetet:
Sein ist die Zeit – und die Ewigkeit. – Sein ist die Macht und die Herrlichkeit – in alle Ewigkeit. Amen. Weiterhin werden fünf wächserne Wundnägel der Kerze zugefügt mit den Worten: Durch seine heiligen Wunden – die leuchten in Herrlichkeit – behüte uns – und bewahre uns – Christus, der Herr. Amen.
Segnung der Osterkerze, Exsultet-Rolle Troja III
Im dritten Teil der Osternachtliturgie, der Tauffeier, spielt die Osterkerze noch einmal eine wichtige Rolle, wenn sie in das Wasser eingetaucht und damit die Herabkunft des Heiligen Geistes dargestellt wird.
Die Biene ist das einzige Tier, das in den Gebetsschatz der Kirche aufgenommen worden ist, da sie schon in der Kirchenväterliteratur vielfach gelobt wird, was Schwester Clara Vasseur OSB so zusammenfasst:
„Die Biene wird für ihren Fleiß und ihre Kunstfertigkeit gerühmt, für ihren Sinn für Gemeinschaft, für ihre Selbstlosigkeit, für ihre Klugheit und Tüchtigkeit, für ihre Liebe zur Jungfräulichkeit, für ihre Reinheit und Güte. Schließlich wird die Biene zum Vorbild der Apostel und Schriftkundigen sowie der Weisheit schlechthin.“
Bei Athanasius werden die Bischöfe mit den Bienen verglichen:
Wie die Wächterbienen Feinde vom Bienenstock abwehren, so haben die Bischöfe das Kirchenvolk vor eindringenden Häresien zu bewahren.
*Der Autor ist Hobby-Imker am Fuße des Westerwalds
Bild: Entzünden der Osterkerze, Exsultet-Rolle, Benevent 12. Jhdt., Rom (Biblioteca Casanatese 724, III, früher B I 13/Lob den fleißigen Bienen, Exsultet-Rolle Troja III, 12. Jhdt., Troia (Schatzkammer der Kathedrale)/Osterkerze in der Klosterkirche der Benediktinerabtei Montecassino/Segnung der Osterkerze, Exsultet-Rolle Troja III, 12. Jhdt., Troia (Schatzkammer der Kathedrale)
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