
von Amand Timmermans
Vor genau 550 Jahren, am 29. März 1466, wurde in Leiden in der niederländischen Provinz Holland Pieter Blommeveen (später latinisiert zu Petrus Blomevenna) als eines der zwölf Kindern einer wohlhabenden und frommen Familie geboren.
Der begabte Junge bekam wie seine Landsleute Adriaen Boeyens (1459–1523) und Erasmus von Rotterdam (1466–1537) einen gediegenen Schulunterricht bei den Brüdern des Gemeinsamen Lebens (Devotio moderna). Im Anschluß studierte er ab 1483 an der Universität zu Köln und trat 1489 in die berühmte Kölner Kartause St. Barbara ein. St. Barbara war die größte Kartause in Deutschland und eine der angesehensten des Kartäuserordens.
Die Kartäuser als spirituelle und moralische Erneuerungsbewegung in der Kirche
Die Kartäuser führten damals innerhalb der Kirche die spirituelle und moralische Erneuerungsbewegung an. Sie legten dabei den Nachdruck auf Gebet, Askese, Christus- und Marienfrömmigkeit.

Im Rahmen ihrer evangelisierenden Tätigkeit sammelte die Kölner Kartause eine große theologische Handbibliothek und betrieb sehr früh eine eigene Druckerei mit Verlag zur Herstellung und Verbreitung von erbaulichen Schriften.
Blomevenna zeichnete sich durch große Sanftmut und Unschuld, durch strenge Askese und durch die Gabe des Gebets und der Tränen aus. Gerade Letzteres war der Grund, warum es Blomevenna untersagt wurde öffentlich die Heilige Messe zu lesen. Seine große Rührung hätte, so die Oberen, die Gläubigen verwirren können.
Mit 43 Jahren wurde er 1507 zum Prior der Kölner Kartause gewählt.
Intensive evangelisierende Aktivität
Blomevenna entfaltete eine breite und tiefe evangelisierende Aktivität. Er schrieb mehrere theologische Werke (z.B. Candela evangelica (Das Licht/die Kerze des Evangeliums); Assertatio purgatorii (Die Befreiung [der Seele] durch das Fegefeuer).

Noch wichtiger war der durch ihn betriebene Druck und die Verbreitung von zahlreichen Schriften des flämischen Kartäusers Denis van Leeuwen genannt van Rijkel, besser bekannt unter seinem Ordensnamen Dionysius der Kartäuser (1424–1471).
Dieser größte niederländische Theologe des Spätmittelalters war sehr mystisch veranlagt. Wegen seiner visionären Schriften wurde er, im Unterschied zum heiligen Hochscholastiker Thomas von Aquin (dem Doctor angelicus), Doctor ecstaticus genannt. Er beeindruckte durch seine strenge Lebensweise ungemein die frommen Gläubigen und den Ordensklerus. Die innerkirchliche Reformbewegung der Devotio Moderna bekam hier eine theologische Fundierung mit Betonung des Gebets, der Abkehr von der Welt und der Einbettung in die Kreuzesmystik und die Marienfrömmigkeit.
Blomevenna als Herausgeber der Schriften von Dionysius dem Kartäuser
Dionysius der Kartäuser war mehrere Jahre Begleiter von Kardinal Nikolaus von Kues und strebte schon Mitte des 15. Jahrhunderts eine innere Reinigung und Vergeistigung der Kirche mitten in einer turbulenten Welt an.
1509 übersetzte Blomevenna den „Spieghel der Volcomenheit“ (Spiegel der Vollkommenheit) des brabantischen Franziskaners Hendrik Herp (ca. 1410–1477), eines anderen Protagonisten der geistlichen Erneuerungsbewegung in den Niederlanden, ins Latein. Weitere mystisch-kontemplative Werke folgten.
Die Kartäuser waren an das Schweigegelübde gebunden. Da andererseits ihr Einsatz in der Seelsorge in Köln in den damaligen wirren Zeiten äusserst notwendig war und ausdrücklich angefordert wurde, ließ Blomevenna an der Außenmauer der Kartause eine Kapelle errichten, wodurch auch die Seelsorge für Ordensfrauen möglich wurde.
Er führte einen intensiven Brief- und Schriftwechsel mit niederländischen und niederdeutschen Beginen und Ordensfrauen. Enge Kontakte bestanden mit Papst Clemens VII. und Kaiser Karl V.
Die Kölner Kartause als Bollwerk der Katholizität
Unter Blomevennas Priorat traten viele junge Männer in die Kartause ein.
Hervorzuheben sind hier die Brüder Johannes und Dieter (Dirk) Loher (Loherius de Stratis). Letzterer, der spätere Retter der Kartause Buxheim bei Memmingen (Schwaben), sollte den deutschen Kartäuserorden durch die Wirren der 1540er Jahren führen.

Noch wichtiger war die Kontaktaufnahme des damals noch blutjunge aus Geldern stammenden Pieter Kanis, eigentlich Peter de Hondt, – der als Petrus Canisius zum ersten und bedeutendsten deutschen und niederländischen Jesuiten wurde – mit der Kölner Kartause. Die erste Jesuiten auf deutschem Boden wurden maßgeblich von der Kölner Kartause finanziell und organisatorisch unterstützt.
Während sich die Reformation ab 1517 in Deutschland und in Nordwesteuropa ausbreitete, bildete die Kölner Kartause unter Blomevenna das größte und wichtigste Bollwerk des Katholizismus.
Sie war ungemein tüchtig in der theologischen Verteidigung des Glaubens und in der Erwiderung auf die Vorwürfe und Beschuldigungen.
Sie schulte ihre Mitglieder und Sympathisanten, benutzte moderne Drucktechniken, gab fromme und polemische Schriften heraus und betrieb eine äußerst tüchtige Netzarbeit mit wichtigen und interessanten Personen.
Anderthalb Jahre nach seinem Tode wurde von Blomevennas Nachfolger, Gerhard Kalckbrenner, posthum sein Hauptwerk „De bonitate divina“ (Über die Göttliche Güte) veröffentlicht: eine äußerst wichtige Quelle für die niederrheinisch-niederländische Theologie in dieser Zeit.
Die Kontakte mit den niederländischen Beginen und weiblichen Religiosen wurden noch intensiviert. Sie führten zum Zuzug der hochangesehenen niederländischen Mystikerin Maria van Oysterwijck mit ihrem mystisch orientierten Bekanntenkreis.
Authentisches Vorbild in Gebet, Askese und Einsatz für den Glauben
Blomevenna ist heute in seiner Heimat fast komplett vergessen. Er ist und bleibt nichtsdestotrotz historisch und zuallererst katholisch eine äußerst wichtige Persönlichkeit.
Am Anfang der Neuzeit, in den aufgewühlten Zeiten direkt vor und während der frühreformatorischen Phase, schuf er durch großes theologisches Wissen, durch gewaltigen seelsorgerischen Einsatz, durch tüchtige und gekonnte Nutzung von modernen Techniken, durch Schulbildung und Vernetzung von wichtigen und spirituell hochstehendem Personen und zuallererst durch sein persönliches Beispiel der Authentizität von Gebet, Askese und Einsatz für den Glauben, die notwendige Stabsarbeit für die Anfänge der Gegenreformation.

Man hat im 20. Jahrhundert die Gegenreformation auch als „die zweite Reformation“ bezeichnet – wohl um das „Kontra“ zu relativieren.
Das ist jedoch so nicht ganz richtig. Es gab schon sehr lange, seit dem Anfang des 15. Jahrhunderts, innerkirchliche Bestrebungen für eine katholische Erneuerung.
Diese Reformbewegungen wurden nicht zuletzt vom Kartäuserorden geführt und getragen, von dem es so schön heißt: „Numquam reformata qualis numquam deformata“ (Niemals reformiert, weil niemals deformiert).
Der Kartäuserorden wurde damals zum wichtigsten Mittelpunkt katholischer Frömmigkeit. Er stand tapfer und treu zum altehrwürdigem Glauben, war den Anfechtungen der Welt abhold und in sich stabil gefestigt; und er verteidigte den Glauben in den reformatorischen Wirren äußerst tüchtig und sehr effizient.
Der Kartäuser Petrus Blomevenna war dabei der wichtigste Stabschef. Blomevenna, der bis an sein Lebensende Prior der Kölner Kartause und Visitator der Rheinischen Kartäuserprovinz war, starb am 30. September 1536 in Köln.
Von Blomevenna gibt es zwei überlieferte zeitgenössische Porträts:
Im Wallraf-Richartz-Museum in Köln befindet sich das Epitaph von Anton Woensam „Christus am Kreuz mit Heiligen des Kartäuserordens und dem Stifter Petrus Blomevenna“ (Inv Nr: WRM0208/Zugang 1857).
Zudem ist Blomevenna abgebildet auf einem herrlichen Farbglasfenster, das er selbst stiftete; heute befindet es sich im Worcester Art Museum in Massachusetts (USA).
Dum mundus volvitur, crux stat.
Text: Armand Timmermans
Bild: Cartusiana/Worcesterart/Universitätsbibliothek Freiburg im Breisgau/Wikicommons
Armand Timmermann grosses Lob und grossen Dank.In einer Zeit, die uns so vieles leiden lässt an Haupt und Gliedern der Kirche leuchten die Träger de Glaubenslichtes herrlich hervor.Ein guter Bekannter erzählte mir, wie er vor 60 Jahren die Kartause La Valsainte besuchte und den dortigen Friedhof besah-nur hochwachsenes Gras dazwischen halbzerfallene Holzkreuze ohne Namen.Welcher Gegensatz zu so manchen Lobhudeleien in den Medien angeblicher VIP die uns belogen und betrogen haben durch ihr oberflächliches gottfernes Leben.Wie schön wenn dem Brunnen der Vergangenheit solche wertvollen Glaubenszeugen ersteigen.Sie mahnen mich, dass wir trotz der unsäglichen Umständen in der Heiligen Kirche immer ganz still und unbeachtet und ungeachtet treue Seelen haben, die für uns beten leben und leiden.Miserable Verknüpfungen hat es zu allen Zeiten gegeben-aber der Blick auf die grossen Kleinen im Reiche Gottes geben uns freudige Zuversicht.Mag noch soviel Gras des Unbedeutendseins in den Augen der Toren darüber wuchern-sie leuchten, ihr Licht wird nie erlöschen.
Die Kartäuser sind ein großer geistlicher Schatz, der im Verborgenen wirkt durch Opfer und Gebet. Johannes Paul II. und Papst Benedikt XVI. besuchten auf ihren Reisen jeweils eine spanische Kartause. Sie wussten um den Wert und die wahre Bedeutung des kontemplativen Lebens für das Leben der Kirche, auch darin unterschieden sie sich wohltuend von Bergoglio, der lieber solch demütigen Dienern der Kirche die Füsse waschen sollte, anstatt irgendwelchen rechtskräftig verurteilten Zuchthäuslern!
An hicesthodie (den echten!)
Als ich gestern die Präzisierung Ihres Nicknames las, musste ich lächeln.
Sie haben sich zu helfen gewusst und dabei Humor bewiesen.
Prima!
Wer es nötig hat, sich unter einem schon bekannten Pseudonym zu verstecken und dabei konträre Ansichten vertritt, um damit die Kommentatoren zu verwirren, ist ein armer Wicht.
Das war alles in meiner Gegend-aber nie vorher habe ich davon gehoert. So viele unbekannte Katholische Schaetze sind noch zu entdecken ueberall!