Auch die Exkommunikation ist Barmherzigkeit – Pius IX. und die Politiker von heute


Pius IX. und die Exkommunikation der Wahrheit wegen
Pius IX. und die Exkommunikation der Wahrheit wegen

(Rom) Der von Papst Fran­zis­kus bis­her ver­mit­tel­te Ein­druck beweg­te sich weit­ge­hend auf der Linie “Ver­ständ­nis statt Stra­fe“. Bei der gest­ri­gen Gene­ral­au­di­enz sprach das katho­li­sche Kir­chen­ober­haupt hin­ge­gen aus­drück­lich davon, daß auch Kor­ri­gie­ren und Stra­fe Teil der Barm­her­zig­keit sind. In der Tat heißt es im Matthäus-Evangelium:

Anzei­ge

„Wenn dein Bru­der sün­digt, dann geh zu ihm und wei­se ihn unter vier Augen zurecht. Hört er auf dich, so hast du dei­nen Bru­der zurückgewonnen.
Hört er aber nicht auf dich, dann nimm einen oder zwei Män­ner mit, denn jede Sache muß durch die Aus­sa­ge von zwei oder drei Zeu­gen ent­schie­den werden.
Hört er auch auf sie nicht, dann sag es der Gemein­de. Hört er aber auch auf die Gemein­de nicht, dann sei er für dich wie ein Hei­de oder ein Zöllner.
Amen, ich sage euch: Alles, was ihr auf Erden bin­den wer­det, das wird auch im Him­mel gebun­den sein und alles, was ihr auf Erden lösen wer­det, das wird auch im Him­mel gelöst sein“ (Mt 18,15–18).

Nicht von unge­fähr bil­det das 18. Kapi­tel des Mat­thä­us-Evan­ge­li­ums die Grund­la­ge für die Exkom­mu­ni­ka­ti­on. Exkom­mu­ni­ka­ti­on bedeu­tet Aus­schluß aus der Gemein­schaft der Kir­che. Sie kann aus­drück­lich von den zustän­di­gen Ober­hir­ten zum Schutz der Gemein­schaft und daher als Spruch­stra­fe ver­hängt wer­den. Sie tritt aber auch latae sen­ten­tiae auto­ma­tisch durch eine began­ge­ne Tat als Tat­stra­fe ein, denn vor Gott bleibt nichts ver­bor­gen. Der Täter schließt sich selbst durch sein Fehl­ver­hal­ten aus der Gemein­schaft aus.

Die Exkom­mu­ni­ka­ti­on betrifft damit nicht nur Häre­ti­ker, die eine fal­sche Leh­re ver­brei­ten und das Volk damit auf­wie­geln. Sie betrifft auch beson­ders schwe­re Sün­den, zum Bei­spiel die Mit­wir­kung oder För­de­rung der Tötung unschul­di­ger, unge­bo­re­ner Kin­der. Beson­de­re Ver­ant­wor­tung laden Poli­ti­ker auf sich, weil auch ihre Ver­ant­wor­tung für einen Staat und ein Volk beson­ders groß ist. Das gilt in beson­de­rer Wei­se für Poli­ti­ker, die von sich behaup­ten, Chri­sten zu sein und mit ihrer Par­tei eine christ­li­che Poli­tik zu ver­tre­ten. Poli­ti­ker, die etwa die Abtrei­bung för­dern, bei­spiels­wei­se indem sie einem Abtrei­bungs­ge­setz zustim­men, zie­hen sich auto­ma­tisch die Stra­fe der Exkom­mu­ni­ka­ti­on zu.

Pius IX. exkommunizierte fast die ganze Politikerklasse seiner Zeit

Im 19. Jahr­hun­dert sah sich Papst Pius IX. genö­tigt, fast die gan­ze Poli­ti­ker­klas­se zu exkom­mu­ni­zie­ren. In einem Brief an die Groß­her­zo­gin Maria von Tos­ka­na, das Groß­her­zog­tum mit der Haupt­stadt Flo­renz wur­de damals von einer Neben­li­nie des Hau­ses Habs­burg regiert, beton­te er, daß ihm allein die Wahr­heit am Her­zen liege:

„Auf daß die katho­li­schen Völ­ker die Wahr­heit ken­nen und über die Grund­sät­ze der Tugend und des Lasters erleuch­tet sein mögen, die man heu­te aus­zu­tau­schen versucht.“

Mit­te des 19. Jahr­hun­derts mach­te sich das König­reich Sar­di­ni­en dar­an, die ita­lie­ni­schen Halb­in­sel im Namen der Frei­heit, der Ver­fas­sung der „wah­ren Reli­gi­on und des Fort­schritts“ zu erobern. Obwohl Arti­kel 1 des Alber­ti­ni­schen Sta­tuts, der Ver­fas­sung des König­reichs, die katho­li­sche Reli­gi­on zur Staats­re­li­gi­on erklär­te, wur­de am 29. Mai 1855 ein Gesetz erlas­sen, das die Auf­he­bung fast aller Klö­ster und reli­giö­sen Gemein­schaf­ten dekre­tier­te und deren Besitz zum Staats­ei­gen­tum erklärte.

Die Wahr­heit ver­lang­te es von Papst Pius IX., die­se kir­chen­feind­li­che und heuch­le­ri­sche Vor­ge­hens­wei­se der Regie­rung, des Par­la­ments und der Kro­ne zu ent­lar­ven, indem er die poli­ti­sche Klas­se sei­ner Zeit, die in die­ses Gesetz ver­wickelt war, ob sie sich nun als libe­ral oder als katho­lisch defi­nier­te, zu exkommunizieren.

„Wir sind gezwun­gen, zu erklä­ren, daß alle jene, die im Sub­al­pi­ni­schen König­reich [1]So wur­de das König­reich Sar­di­ni­en von 1848 bis zur Aus­ru­fung des König­reichs Ita­li­en 1861 auch genannt. nicht zöger­ten, die genann­ten Dekret und das Gesetz gegen die Rech­te der Kir­che und die­ses Hei­li­gen Stuhls vor­zu­schla­gen, zu beschlie­ßen und zu bekräf­ti­gen sowie ihre Man­dan­ten, Unter­stüt­zer, Bera­ter, Anhän­ger und Exe­ku­to­ren der gro­ßen Exkom­mu­ni­ka­ti­on ver­fal­len sind.“

Pius IX. beton­te, daß er duch die Ver­hän­gung die­ser Stra­fe eigent­lich gegen sei­ne eige­ne, ver­söhn­li­che Natur han­deln muß: “Es fällt Uns sehr schwer und ist mehr als schmerz­lich, ehr­wür­di­ge Brü­der, von jener Mil­de und Mäßi­gung abwei­chen zu müs­sen, die wir vom Wesen selbst bezo­gen haben.“

Der gewalt­sa­me Angriff gegen die Kir­che und gegen die Gesell­schaft – ein Angriff, der zudem laut Arti­kel 1 des Alber­ti­ni­schen Sta­tuts „im Namen der Kir­che“ erfolg­te – ver­lang­te jedoch vom Papst Klar­heit, indem er die feind­se­li­gen Hand­lun­gen und die Fein­de beim Namen nann­te, die heuch­le­risch als „Freun­de“ der Kir­che auftraten:

„Wir sind gezwun­gen, gegen sie die Stren­ge der Kir­che anzu­wen­den, um Unser Pflicht nicht zu ver­nach­läs­si­gen, und um die Sache der Kir­che nicht aufzugeben.“

Im ita­lie­ni­schen Risor­gi­men­to wur­de, auch durch die Auf­he­bung der Orden und Klö­ster, die Zer­schla­gung der Kir­che betrie­ben. Das Ziel, die Kir­che aus dem öffent­li­chen Leben zu ver­drän­gen, ist auch heu­te aktu­ell. Heu­te geht es aller­dings noch um mehr. Vor 160 Jah­ren rich­te­te sich der Angriff vor allem gegen den Ein­fluß der Kir­che auf die Gesetz­ge­bung, wäh­rend ihr Ein­fluß auf das Volk, man­gels Demo­kra­tie, ihre Geg­ner weni­ger inter­es­sier­te. Heu­te rich­tet sich der Angriff direkt gegen Gott, gegen den Schöp­fer­gott und ober­sten Gesetz­ge­ber, den der „das Leben liebt“, weil Er selbst das Leben ist.

„Homo-Ehe“ und Adoptionsrecht für Homosexuelle

Heu­te wird für rich­tig erklärt, daß die „Lie­be für die Kin­der“, das Adop­ti­ons­recht für Homo­se­xu­el­le for­de­re; daß aus „Lie­be zu den Kin­dern“, die unge­bo­re­nen Kin­der belie­big getö­tet wer­den kön­nen (Ita­li­en ent­kri­mi­na­li­sier­te im Hand­streich soeben die ille­ga­le Abtrei­bung); daß aus „Lie­be zur Gleich­stel­lung“ homo­se­xu­el­le Bezie­hun­gen fak­tisch der Ehe gleich­ge­stellt wer­den, „um dadurch einen inak­zep­ta­blen reli­gi­ös-kul­tu­rel­len Obsku­ran­tis­mus zu über­win­den“ (Emma Boni­no, die Papst Fran­zis­kus vor kur­zem als „Gro­ße“ des heu­ti­gen Ita­li­ens bezeich­ne­te). Das ver­gan­ge­ne Woche vom Ita­lie­ni­schen Par­la­ment beschlos­se­ne „Homo-Ehe“-Gesetz wider­spricht auf radi­kal­ste Wei­se der gesam­ten Offen­ba­rung des Alten und des Neu­en Testa­ments, es wider­spricht der zwei­tau­send­jäh­ri­gen Tra­di­ti­on der Kir­che und es wider­spricht der gesam­ten Menschheitsgeschichte.

Wel­che Ver­ant­wor­tung trifft also die Poli­ti­ker, die einem „so schänd­li­chen Gesetz“ (Ange­la Pel­lic­cia­ri, Nuo­va Bus­so­la Quo­ti­dia­na) zuge­stimmt haben, ob sie sich nun als sozia­li­stisch, als libe­ral oder als katho­lisch defi­nie­ren? Gilt ihnen gegen­über nicht auch, was Papst Pius IX. den Mäch­ti­gen sei­ner Zeit sag­te? Und ver­langt das Han­deln der heu­ti­gen Poli­ti­ker nicht der Wahr­heit und der Klar­heit wegen die Ver­hän­gung der­sel­ben Spruch­stra­fe, die Pius IX. ver­häng­te, obwohl es ihm sei­nem mil­den Wesen nach zuwi­der war?

Katholiken auf den falschen Barrikaden

Fah­nen­trä­ger die­ses „zivi­li­sa­to­ri­schen Fort­schritts“ (Mini­ster­prä­si­dent Matteo Ren­zi), der als näch­ste Stu­fe das Adop­ti­ons­recht für Homo­se­xu­el­le schon ankün­digt, ist der links­de­mo­kra­ti­sche Regie­rungs­chef selbst, der sich noch vor kur­zem ger­ne dabei fil­men ließ, wie er die Hei­li­ge Mes­se besuch­te. Der katho­li­sche Links­de­mo­krat Ren­zi han­delt aber nicht im Allein­gang, son­dern umge­ben von Mini­stern, Staats­se­kre­tä­ren und Abge­ord­ne­ten, die sich als „katho­lisch“ bezeich­nen, aber anti­ka­tho­lisch han­deln: Das ist im wahr­sten Sin­ne des Wor­te ein Skan­dal im Skandal.

„Der moder­ni­sti­sche Druck in der Kir­che ist heu­te sehr stark. Auch die Homo-Lob­by ist in der Kir­che sehr stark. Und auch die Kir­chen­steu­er for­dert ihren Tri­but. Den­noch und trotz allem ist und bleibt die Wahr­heit für Katho­li­ken eine abso­lu­te Ver­pflich­tung“, so Ange­la Pellicciari.

Die Schwä­che der Kir­che kommt auch dar­in zum Aus­druck, daß jene, die Ver­ant­wor­tung für die Gemein­schaft tra­gen und die Wahr­heit zu ver­tei­di­gen haben, sich viel­fach in Schwei­gen hül­len und nicht für jene Klar­heit sor­gen, die zur Unter­schei­dung von Gut und Böse, von rich­tig und falsch not­wen­dig ist, um letzt­lich auch zu wis­sen, wer wo steht und wer Freund und wer Feind ist.

In Ita­li­en haben Poli­ti­ker, die sich als Katho­li­ken bezeich­nen, ein Gesetz beschlos­sen, das gegen die gött­li­che Ord­nung, das Natur­recht und die Leh­re der Kir­che ver­stößt, doch Papst Fran­zis­kus nahm im Gegen­satz zu Pius IX. weder vor­her noch nach­her direkt dazu Stel­lung, obwohl er Pri­mas von Ita­li­en ist.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Catho­lic Tra­di­ti­on (Screen­shot)

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1 So wur­de das König­reich Sar­di­ni­en von 1848 bis zur Aus­ru­fung des König­reichs Ita­li­en 1861 auch genannt.
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