Die großen Manöver für das nächste Konklave haben begonnen – für Kardinal Tagle


Der Thronprinz und Erbe von Papst Franziskus?
Der Thronprinz und Erbe von Papst Franziskus?

(Rom) Soll Kar­di­nal Luis Tag­le, der Erz­bi­schof von Mani­la auf den Phil­ip­pi­nen, der Nach­fol­ger von Papst Fran­zis­kus wer­den? „Die Vor­be­rei­tun­gen für das Kon­kla­ve: Die gro­ßen Medi­en­ma­nö­ver wei­sen auf Kar­di­nal Tag­le“, so Don Dio Pace auf Rora­te Cae­li. „Das wäre sehr besorg­nis­er­re­gend. Ich glau­be aber, daß man damit beginnt, eine Kam­pa­gne für ihn vor­zu­be­rei­ten“, so der spa­ni­sche Kolum­nist und bekann­te katho­li­sche Blog­ger Fran­cis­co Fer­nan­dez de la Cigoña.

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Hin­ter dem Pseud­onym ver­birgt sich ein „sehr ein­fluß­rei­cher Kle­ri­ker“, so Adel­an­te la Fe. Don Dio Pace hat­te erst­mals vor einem Jahr dar­auf hin­ge­wie­sen, daß in jenen Krei­sen, die Papst Fran­zis­kus ins Amt geho­ben haben, bereits alters­be­dingt über des­sen Nach­fol­ge nach­ge­dacht werde.

Bereits 2011 als „papabile“ genannt

Katho​li​sches​.info schrieb am 1. Dezem­ber 2011 mit gemisch­ten Gefüh­len: „Mani­la ist tra­di­tio­nell mit der Kar­di­nals­wür­de ver­bun­den. Man­che nen­nen Erz­bi­schof Tag­le bereits als papa­bi­le“. Par­al­lel mit sei­ner Ernen­nung zum Erz­bi­schof von Mani­la began­nen Krei­se, ihn als künf­ti­gen Papst in Posi­ti­on zu bringen.

Ein Jahr spä­ter wur­de Tag­le Kar­di­nal. Er gehört zur „nach­ge­reich­ten“ Grup­pe von sechs Kar­di­nä­len, die im Novem­ber 2012 kre­iert wur­den. Zu die­sem Zeit­punkt soll Papst Bene­dikt XVI., soweit heu­te bekannt, sei­nen Amts­ver­zicht bereits fest beab­sich­tigt haben. Die unge­wöhn­li­che Situa­ti­on von zwei außer­or­dent­li­chen Kar­di­nals­kon­si­sto­ri­en in einem Jahr wür­de dafür spre­chen. Man muß bis ins Jahr 1929 zurück­ge­hen, um Ver­gleich­ba­res zu finden

Papst Bene­dikt XVI. hat­te bereits im Febru­ar des­sel­ben Jah­res 22 Kar­di­nä­le kre­iert, von denen 18 Papst­wäh­ler beim Kon­kla­ve 2013 waren. Glei­ches gilt für Kar­di­nal Tag­le und die ande­ren fünf neu­en Kar­di­nä­le, die im Novem­ber hinzukamen.

Vertreter der „Schule von Bologna“

Tagle-Biographie von Cindy Wooden
Tag­le-Bio­gra­phie von Cin­dy Wooden

Als Jahr­gang 1957 gehört er zu den jüng­sten Kar­di­nä­len der Kir­che. Tag­le ist inner­kirch­lich kein unbe­schrie­be­nes Blatt. Vor sei­ner Rück­kehr nach Mani­la gehör­te er der ultra­pro­gres­si­ven „Schu­le von Bolo­gna“ von Giu­sep­pe Albe­ri­go und ihrem der­zei­ti­gen Lei­ter Alber­to Mel­lo­ni an, jener Ein­rich­tung, die das Kon­zil nach pro­gres­si­ver Les­art als „Bruch“ inter­pre­tiert und eine Kir­che vor dem Kon­zil und eine ganz neue Kir­che nach dem Kon­zil behaup­tet. Es erstaunt daher, daß auch „kon­ser­va­ti­ve“ katho­li­sche Krei­se im deut­schen Sprach­raum in den ver­gan­ge­nen Jah­ren für Tag­le die Wer­be­trom­mel rührten.

Don Dio Paces The­se lau­tet: Wäh­rend dem Kon­kla­ve von 2013 hät­ten die Ratz­in­ge­ria­ner zu spü­ren bekom­men, was es heißt, einer wohl­or­ga­ni­sier­ten Kam­pa­gne für einen Kan­di­da­ten gegen­über­zu­ste­hen. Die­ser Kan­di­dat war Jor­ge Mario Berg­o­glio, der Erz­bi­schof von Bue­nos Aires.

Nun sei­en erste gro­ße Manö­ver der Pres­se zu erken­nen, die Kar­di­nal Tag­le für das näch­ste Kon­kla­ve auf­bau­en. Es spre­che eini­ges dafür, daß der Erz­bi­schof von Mani­la von den Berg­o­glia­nern als Fran­zis­kus-Nach­fol­ger aus­er­ko­ren wurde.

Die progressive Werbemaschine beginnt zu rollen

Tag­le ist elo­quent, wirkt immer freund­lich, ist klar ver­or­tet, aber mit dem Charme der Drit­ten Welt umge­ben und er kommt aus dem ein­zi­gen histo­risch katho­li­schen Land Asiens.

Don Dio Pace ver­weist auf Cin­dy Woo­den, die Chef­re­dak­teu­rin von Catho­lic News Ser­vice, der Pres­se­agen­tur der Ame­ri­ka­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz. Woo­den leg­te im Sep­tem­ber 2015 eine Tag­le-Bio­gra­phie vor: „Luis Anto­nio Tag­le: Lea­ding by Listening (Peo­p­le of God)“, die inzwi­schen auch in spa­ni­scher und fran­zö­si­scher Aus­ga­be erschie­nen ist. Dar­in wird Tag­le als der „Kar­di­nal der Armen“ bezeich­net, als Mann des Zuhö­rens, als Mann des Dia­logs und einer Neue­van­ge­li­sie­rung, wobei dahin­ter eine „Neue­van­ge­li­sie­rung“ im Sin­ne einer neu­en Kir­che gemeint scheint.

In Ita­li­en ist in die­sen Tagen im Mis­si­ons­ver­lag EMI ein Gesprächs­buch von Tag­le mit dem Jour­na­li­sten Loren­zo Fazzini erschie­nen. Es trägt den Titel „Dio no Dimen­ti­ca i poveri.“ (Gott ver­gißt die Armen nicht. Mein Leben, mein Kampf, mei­ne Hoff­nun­gen). EMI ist der Ver­lag von 15 Mis­si­ons­or­den, die in Ita­li­en ver­tre­ten sind. Seit den 1970er Jah­ren ist er sozi­al- und wirt­schafts­po­li­tisch nach links gerückt. Auch in die­sem Buch wird Tag­le als der „Mann der Armen“ und „Mann der Evan­ge­li­sie­rung“ bezeichnet.

Der „Mann der Armen“

„Tag­le, ein intel­li­gen­ter Mann, mit außer­ge­wöhn­li­cher Per­sön­lich­keit, jung (58), ein­deu­tig libe­ral, ist die idea­le Per­son, um die Hoff­nun­gen all­je­ner zu festi­gen, die nicht wol­len, daß das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus nur ein kur­zes Zwi­schen­spiel sein wird“, so Don Dio Pace.

Sein Lizen­ti­at erwarb Tag­le in den USA mit einer Arbeit über die Kol­le­gia­li­tät der Bischö­fe. Durch sei­nen Men­tor, den phil­ip­pi­ni­schen Jesui­ten Cata­li­no Are­va­lo wur­de er von der Föde­ra­ti­on Asia­ti­scher Bischofs­kon­fe­ren­zen (FABC) als „Vater der Asia­ti­schen Theo­lo­gie“ aner­kannt, einer asia­ti­schen Vari­an­te der Befrei­ungs­theo­lo­gie.

Der Jesu­it Are­va­lo war ein Schü­ler des pro­te­stan­ti­schen deut­schen Theo­lo­gen Jür­gen Molt­mann und sei­ner poli­ti­schen „Theo­lo­gie der Hoff­nung“ und einer zwei­fel­haf­ten Trinitätslehre.

Daß Papst Bene­dikt XVI. Tag­le zum Erz­bi­schof und dann zum Kar­di­nal mach­te, wur­de mit sei­ner „Sen­si­bi­li­tät“ für Theo­lo­gen erklärt.

Begeisterter Franziskus-Wähler

Tag­le gehör­te 2013 zu den „begei­ster­ten Fran­zis­kus-Wäh­lern“, so Don Dio Pace. Im Janu­ar 2015 stat­te­te ihm der argen­ti­ni­sche Papst einen Besuch in Mani­la ab. Die demon­stra­ti­ve Art, mit der Fran­zis­kus Tag­le an sei­ner Sei­te hielt und ihm eine gro­ße Büh­ne bot, ver­an­laß­te zahl­rei­che Jour­na­li­sten und Kolum­ni­sten, ihn als „Erben“ und „Thron­fol­ger“ zu sehen.

Einer sei­ner eif­rig­sten Par­tei­gän­ger ist der hon­du­ra­ni­sche Kar­di­nal Oscar Rodri­guez Mara­dia­ga, der Koor­di­na­tor des C9-Kar­di­nals­ra­tes. Er mach­te Tag­le mit 91 von 133 Stim­men zu sei­nem Nach­fol­ger als Prä­si­dent der Cari­tas Inter­na­tio­nal, dem weit­aus größ­ten Hilfs­werk der Welt. Mara­dia­ga prä­sen­tier­te ihn im Mai 2015 als „Ver­tei­di­ger der Ausgegrenzten“.

Liturgische „Lockerheit“

Auf den Phil­ip­pi­nen gibt es umstrit­te­ne Ver­su­che zur Ein­füh­rung eines eige­nen phil­ip­pi­nisch-katho­li­schen Ritus. Am ver­gan­ge­nen 26. Janu­ar kam es zu einem bezeich­nen­den Vor­fall, als Kar­di­nal Tag­le im Rah­men des 51. Inter­na­tio­na­len Eucha­ri­sti­schen Kon­gres­ses im phil­ip­pi­ni­schen Cebu eine Hei­li­ge Mes­se zele­brier­te. Bei die­ser Gele­gen­heit ermu­tig­te ihn sein Vor­gän­ger als Erz­bi­schof von Mani­la, Kar­di­nal Gau­den­cio Rosa­les, bei einer von Tag­le zele­brier­ten Hei­li­gen Mes­se zu einer „von den Ritua­len befrei­ten Eucharistie“.

Daß Tag­le das Wohl­wol­len von Papst Fran­zis­kus genießt, signa­li­sier­te das Kir­chen­ober­haupt, indem es den phil­ip­pi­ni­schen Kar­di­nal sowohl 2014 als auch 2015 zum Co-Vor­sit­zen­den der Bischofs­syn­ode ernann­te. Tag­le gehör­te dann auch zu den „aus­er­wähl­ten“ Syn­oden­vä­tern, die ihre Ansich­ten bei der täg­li­chen Pres­se­kon­fe­renz bekannt­ge­ben konn­ten. Das Syn­oden­se­kre­ta­ri­at und das vati­ka­ni­sche Pres­se­amt tra­fen dabei eine unüber­seh­bar ein­sei­ti­ge Aus­wahl zugun­sten der Kasperianer.

Kar­di­nal Tag­le erwies sich rund um die Bischofs­syn­ode als ver­läß­li­cher Ver­bün­de­ter des Pap­stes, der eini­ge Ver­wir­rung stif­te­te. Nach­dem das Ergeb­nis der Syn­ode nicht im Sin­ne der Kas­pe­ria­ner aus­ge­fal­len war, ließ Tag­le einen Ver­suchs­bal­lon stei­gen, indem er die Mög­lich­keit aus­sprach, daß es über­haupt kein nach­syn­oda­les Schrei­ben des Pap­stes geben könn­te, sprich, die gan­ze Syn­ode ein­fach ad acta gelegt würde.

Tag­le sag­te zur Pres­se: „In die­ser Syn­ode hat sich der Geist des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils offen­kun­dig in den Syn­oden­vä­tern manifestiert.“

Cin­dy Woo­den, so Don Dio Pace, prä­sen­tiert Kar­di­nal Tag­le in ihrem Buch als „Mann der Zukunft“, als einen der gro­ßen künf­ti­gen Hir­ten der Kirche.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Asia­News (Screen­shot)

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