Erzbischof Jeanbarts (Aleppo) Anklage gegen Europas Bischöfe: „Wacht endlich auf!“


Erzbischof Jeanbart von Aleppo: "Warum schweigen die europäischen Bischöfe. Wacht endlich auf!"
Erzbischof Jeanbart von Aleppo: "Warum schweigen die europäischen Bischöfe. Wacht endlich auf!"

(Damas­kus) „War­um schwei­gen die euro­päi­schen Bischö­fe trotz einer Gefahr, die heu­te auch Euch betrifft?“, frag­te Msgr. Jean-Clé­ment Jean­bart, der Erz­bi­schof von Alep­po, um gleich selbst die Ant­wort zu geben: „Weil sie die poli­tisch Kor­rek­ten machen. Doch Jesus war nie poli­tisch korrekt!“

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Msgr. Jean­bart, Erz­bi­schof der mit Rom unier­ten Mel­ki­ti­schen Grie­chisch-katho­li­schen Kir­che, sprach nicht im fer­nen Syri­en, son­dern in Nan­cy in Frank­reich, um in Euro­pa sicher gehört zu werden.

Nach Nan­cy war der Erz­bi­schof von der fran­zö­si­schen Sek­ti­on des katho­li­schen Hilfs­werks Kir­che in Not ein­ge­la­den wor­den, um über die Lage der Chri­sten im Nahen Osten zu berich­ten. Von Nan­cy aus warf Msgr. Jean­bart den euro­päi­schen Bischö­fen vor, trotz der blu­ti­gen Chri­sten­ver­fol­gung im Nahen Osten zu schwei­gen. „Hät­te die Fran­zö­si­sche Bischofs­kon­fe­renz ein biß­chen mehr auf uns ver­traut, wäre sie bes­ser infor­miert gewesen.“

Der Erz­bi­schof, der das Leid, den Krieg und die Ver­fol­gung aus näch­ster Nähe kennt, macht den euro­päi­schen Bischö­fen schwe­re Vor­wür­fe. Sie wür­den die Chri­sten im Osten im Stich las­sen, denn durch ihr Schwei­gen, wis­se die Öffent­lich­keit nicht, wo sie ste­hen und wür­den die Gefahr unterschätzen.

„Warum haben Eure Bischöfe Angst zu reden?“

Fast- und Gebetstag für die Christen im Nahen Osten, Initiative von Kirche in Not
Fast- und Gebets­tag für die Chri­sten im Nahen Osten, Initia­ti­ve von Kir­che in Not

„Die Ver­ant­wor­tung eines Bischofs besteht dar­in, zu leh­ren und sei­nen Ein­fluß zu nüt­zen, um die Wahr­heit wei­ter­zu­ge­ben. War­um haben Eure Bischö­fe Angst zu reden? Sicher wür­de man sie kri­ti­sie­ren, dafür hät­ten sie aber die Gele­gen­heit, sich selbst und die Wahr­heit zu ver­tei­di­gen. Wir soll­ten nicht ver­ges­sen, daß Schwei­gen manch­mal ein Zei­chen der Zustim­mung ist.“

Wört­lich sag­te der grie­chisch-mel­ki­ti­sche Erz­bi­schof: „Zwi­schen dem Isla­mi­schen Staat und der Regie­rung fällt die Ent­schei­dung nicht schwer. Wir wol­len kei­ne sun­ni­ti­sche Theo­kra­tie.“ Und an die Euro­pä­er gewandt: „Ihr müßt end­lich die Augen öffnen.“

Der Erz­bi­schof von Alep­po rekon­stru­ier­te in Nan­cy die ver­gan­ge­nen fünf Kriegs­jah­re, die sei­ne Stadt ver­wü­stet haben. Alep­po ist die zweit­größ­te Stadt Syri­ens und war das Wirt­schafts- und Finanz­zen­trum des Landes.

Einseitige Berichterstattung im Westen

Msgr. Jean­bart warf den west­li­chen Medi­en vor, dem euro­päi­schen Publi­kum aus­schließ­lich die The­sen und Anga­ben der Syri­schen Beob­ach­tungs­stel­le für Men­schen­rech­te ser­viert zu haben. Die syri­sche Regie­rung kön­ne kri­ti­siert wer­den, doch habe man sich im Westen „wenig Mühe gemacht, objek­tiv zu sein“.

„Der Westen hat die Ver­bre­chen der Oppo­si­ti­ons­kräf­te immer ver­tuscht, wäh­rend er gleich­zei­tig unab­läs­sig die syri­sche Regie­rung und ihren Prä­si­den­ten ver­ur­teilt. Merkt Euch: Wenn wir es vor­zie­hen, die Regie­rung zu unter­stüt­zen  dann, weil wir die Errich­tung einer sun­ni­ti­schen Theo­kra­tie fürch­ten, die uns sogar des Rechts berau­ben will, in unse­rem Land zu leben.“ Nie­mand aber kön­ne dar­über ver­fü­gen, wer von den Syrern in ihrem Land leben dür­fe und wer nicht, „nicht ein­mal Lau­rent Fabi­us, der sich für Gott­va­ter selbst hält, wenn er meint, ent­schei­den zu kön­nen, wer auf die­sem Pla­ne­ten leben darf.“ Laut Mei­nung des fran­zö­si­schen Außen­mi­ni­ster der syri­sche Staats­prä­si­dent Baschar al-Assad jeden­falls nicht.

Kritik an undifferenzierter europäischer Einwanderungspolitik

Vom Islamischen Staat "umgefärbte" Kirche
Im Som­mer 2013 besetz­ten die Isla­mi­sten die bedeu­tend­ste Kir­che von ar-Raq­qa und „färb­ten“ sie um.

Die Aus­füh­run­gen von Erz­bi­schof Jean­bart mach­ten einen tie­fen Bruch zwi­schen dem hohen Kle­rus des Westens und des Ostens sicht­bar in der Fra­ge, wel­che Ant­wor­ten auf die Bedro­hung durch den Isla­mi­schen Staat (IS) zu geben sind. Erst vor weni­gen Wochen hat­te der Patri­arch von Antio­chi­en, der eben­falls mit Rom unier­ten Syrisch-katho­li­schen Kir­che, Msgr. Igna­ti­us Joseph III. Youn­an, gegen­über der Tages­zei­tung Il Foglio den „gerin­gen Mut“ beklagt, den „man­cher west­li­che Mann, ob welt­lich oder kirch­lich“ habe, wenn es dar­um geht, den „Geno­zid an den Chri­sten“ des Nahen Ostens beim Namen zu nennen.

Erz­bi­schof Jean­bart kri­ti­sier­te auch die euro­päi­sche Ein­wan­de­rungs­po­li­tik, die undif­fe­ren­ziert in gro­ßer Zahl Mos­lems nach Euro­pa las­se: „Wacht end­lich auf. Habt Ihr nicht gese­hen, was in Paris pas­siert ist?“

„Kann nicht mitansehen, wie zweitausend Jahre alte Kirchen ausgelöscht werden“

Sei­ne Aus­füh­run­gen ende­te Jean­bart mit einem Hil­fe­ruf, dem er die Wor­te anfüg­te: „Ich kann nicht zuse­hen, wie unse­re zwei­tau­send Jah­re alten Kir­chen aus­ge­löscht wer­den. Ich will lie­ber ster­ben, als das mit­an­se­hen zu müssen.“

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Il Foglio (Screen­shot)

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