Papst Franziskus schmeichelt Pekinger Kommunisten und schweigt zur Christenverfolgung


Papst Franziskus beim Interview mit Francesco Sisci von Asia Times im Vatikan
Papst Franziskus beim Interview mit Francesco Sisci von Asia Times

(Rom/​Peking) Am 2. Febru­ar ver­öf­fent­lich­te Asia Times, eine Inter­net-Tages­zei­tung mit Sitz in Hong Kong, ein Inter­view mit Papst Fran­zis­kus. Das Inter­view ist „ein Muster­bei­spiel einer bis ins Extrem getrie­be­nen Real­po­li­tik“, so der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster. Vor dem Inter­view wur­de mit dem Inter­view­er ein „tota­les Schwei­gen“ zu Fra­gen der Reli­gi­on und der Frei­heit vereinbart.

Papst streut roten Christenverfolgern Blumen

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Wäh­rend Bischö­fe, Prie­ster  und Lai­en, Katho­li­ken und ande­re Chri­sten, Regime­geg­ner und Anders­den­ken­de zu Zehn­tau­sen­den in kom­mu­ni­sti­schen Lagern gefan­gen­ge­hal­ten wer­den und die Katho­li­sche Kir­che als Unter­grund­kir­che exi­stie­ren muß, streu­te Papst Fran­zis­kus den kom­mu­ni­sti­schen Macht­ha­bern Blumen.

Nicht nur das Schwei­gen zu den Men­schen­rech­ten und der Reli­gi­ons­frei­heit präg­te das Inter­view, son­dern auch „die unge­zü­gel­te Los­spre­chung“ des kom­mu­ni­sti­schen Regimes von allen Ver­bre­chen der Ver­gan­gen­heit, der Gegen­wart und der Zukunft, so Magister.

Die Volks­re­pu­blik Chi­na sol­le, laut Papst Fran­zis­kus, „barm­her­zig zu sich selbst“ sein und „den eige­nen Weg für das, was war, akzep­tie­ren“, so wie „flie­ßen­des Was­ser“ alles rei­ni­ge. Offen­bar kann sich das Regime auch selbst von den Mil­lio­nen von Opfern „rei­ni­gen“, die der athe­isti­schen Ideo­lo­gie mit Sichel, Ham­mer und rotem Stern zum Opfer gefal­len sind. Dar­un­ter befin­den sich auch Tau­sen­de und Aber­tau­sen­de Chri­sten. Doch Papst Fran­zis­kus erwähnt die­se Opfer mit kei­nem Wort, nicht ein­mal verhüllt.

Interviewer bestens mit Pekinger Regime vernetzt – Zeitung regimenahe

Werbebanner für Papst-Interview bei Asia Times.
Wer­be­ban­ner für Papst-Inter­view bei Asia Times.

Der Inter­view­er von Papst Fran­zis­kus war der ita­lie­ni­sche Sino­lo­ge Fran­ces­co Sisci, der 1988 als erster Aus­län­der zur Aus­bil­dung an der Chi­ne­si­schen Aka­de­mie der Sozi­al­wis­sen­schaf­ten (CASS) zuge­las­sen wur­de und seit­her in der Volks­re­pu­blik Chi­na lebt. Eine Ent­schei­dung, die sich für ihn gelohnt hat. Er ist heu­te Hono­rar­pro­fes­sor an der CASS und hat einen Lehr­auf­trag für Klas­si­sche Sino­lo­gie an der 1950 eröff­ne­ten Chi­ne­si­schen Volks­uni­ver­si­tät in Peking. Sie gilt seit­her als wich­tig­ste sozi­al- und poli­tik­wis­sen­schaft­li­che Ein­rich­tung des kom­mu­ni­sti­schen Staa­tes. Wäh­rend der blu­ti­gen Kul­tur­re­vo­lu­ti­on von 1973–1978 war der Lehr­be­trieb aller­dings eingestellt.

Sisci schreibt zudem seit Jah­ren als Chi­na-Kor­re­spon­dent für füh­ren­de ita­lie­ni­sche Tages­zei­tun­gen, half beim Auf­bau chi­ne­sisch-ita­lie­ni­scher Han­dels­be­zie­hun­gen mit, ist Bera­ter des ita­lie­ni­schen Umwelt­mi­ni­ste­ri­ums in Chi­na und unter­rich­tet an der Zen­tra­len Par­tei­hoch­schu­le der Kom­mu­ni­sti­schen Par­tei Chi­nas, der höch­sten Aus­bil­dungs­stät­te für die Spit­zen­ka­der der Par­tei. Mit ande­ren Wor­ten: Sisci ist bestens mit dem Pekin­ger Regime vernetzt.

Ent­spre­chend fällt sein im Westen ver­mit­tel­tes Bild aus: die Kom­mu­ni­sti­sche Par­tei Chi­nas voll­zie­he „eine gro­ße libe­ra­le Reform“ (2013) und betrei­be eine „neue und muti­ge“ Poli­tik (2014). Die erst 2015 gegrün­de­te Inter­net-Tages­zei­tung Asia Times, der Papst Fran­zis­kus das Inter­view gewähr­te, gilt als regi­me­na­he. Damit ist jeden­falls gesi­chert, daß die päpst­li­chen Wor­te in Peking auf­merk­sa­me Ohren finden.

Die Realität sieht anders aus: „Sie haben eine Wüste geschaffen, die sie Ordnung nennen“

Das Bild, das Papst Fran­zis­kus von der Volks­re­pu­blik Chi­na prä­sen­tiert, mag den seit 1949 tota­li­tär herr­schen­den kom­mu­ni­sti­schen Bon­zen schmei­cheln, hat aber mit der Rea­li­tät nichts zu tun. Erst vor weni­gen Tagen über­mit­tel­te der Mis­sio­nar und Sino­lo­ge, Pater Gian­ni Cri­vel­ler PIME, der Nach­rich­ten­sei­te Asia­News ein ganz ande­res Bild. Pater Cri­vel­ler wirkt seit 1991 in Hong Kong, wo er Lei­ter des Holy Spi­rit Stu­dy Cen­ter ist, das auf­merk­sam die Ent­wick­lun­gen im kom­mu­ni­sti­schen Groß­reich beob­ach­tet. Sei­nem Bericht gab der Mis­sio­nar die Über­schrift: „Sie haben eine Wüste geschaf­fen, die sie Ord­nung nennen“.

Chinesische Katholiken 1992Pater Cri­vel­ler ver­tritt seit Jah­ren den Stand­punkt, den auch Kar­di­nal Joseph Zen mit kraft­vol­ler Stim­me ein­for­dert: „Zuerst die Frei­heit, dann die Diplo­ma­tie“. Kar­di­nal Zen warn­te mehr­fach vor einer fal­schen Nach­gie­big­keit gegen­über dem Pekin­ger Regime, die zum Scha­den der chi­ne­si­schen Katho­li­ken sei.

Peking sei kein ver­läß­li­cher Gesprächs­part­ner. Der Son­der­sta­tus von Hong Kong, der unter dem Motto„Ein Land, zwei Syste­me“ zuge­si­chert wor­den war, soll­te min­de­stens 50 Jah­re gel­ten. In Wirk­lich­keit wur­de er von Peking bereits nach 18 Jah­ren kas­siert. Am 30. Dezem­ber 2015 sahen Zeu­gen, wie der Hong Kon­ger Ver­le­ger Lee Bo von Män­nern gezwun­gen wur­de, in einen Lie­fer­wa­gen zu stei­gen. Seit­her fehlt von ihm jede Spur. Die ver­zwei­fel­te Ehe­frau erhielt einen Tele­fon­an­ruf von ihm, bei dem er ganz unge­wöhn­lich Man­da­rin sprach und erklär­te, in Chi­na zu sein, weil er der Poli­zei bei Ermitt­lun­gen „hel­fen“ müsse.

Im ver­gan­ge­nen Okto­ber sind drei klei­ne­re Hong Kon­ger Ver­le­ger ver­schwun­den. Eine wei­te­re Per­son aus Hong Kong ver­schwand wäh­rend eines Auf­ent­halts in Thai­land. „Fünf Ver­le­ger aus Hong Kong, die inner­halb kur­zer Zeit wie vom Erd­bo­den ver­schluckt sind. Sie hat­ten alle etwas gemein­sam: Sie publi­zier­ten Bücher, die sich kri­tisch mit der kom­mu­ni­sti­schen Herr­schaft in Chi­na aus­ein­an­der­set­zen. Bücher die in hohen Stück­zah­len ver­kauft wur­den und vor allem unter Besu­chern aus der Volks­re­pu­blik in Hong­kong begehrt sind“, so Pater Criveller.

„In der Ver­gan­gen­heit habe ich vie­le Male geschrie­ben, daß es in Hong Kong kei­ne Demo­kra­tie, aber zumin­dest Frei­heit gibt. Heu­te kann ich das nicht mehr sagen.“ Unter den kri­ti­schen Stim­men Hong Kongs mache sich Unru­he breit. Eini­ge wür­den die Aus­wan­de­rung vor­be­rei­ten, ande­re wol­len aus­har­ren. Die Stim­mung sei gedrückt.

2013 baten Chinas Untergrundkatholiken Franziskus: „Keine Kompromisse mit dem Pekinger Regime“

Damit ist noch nichts über die Situa­ti­on in der eigent­li­chen Volks­re­pu­blik Chi­na gesagt mit ihrer katho­li­schen Unter­grund­kir­che, mit den regi­me­hö­ri­gen Bischö­fen, mit den ver­folg­ten Christen.

Gleich nach sei­ner Wahl hat­ten die Unter­grund­ka­tho­li­ken Papst Fran­zis­kus ihre Bit­ten zukom­men las­sen. Sie lie­ßen den neu­en Papst wis­sen: „Kom­pro­mis­se mit dem athe­isti­schen, kom­mu­ni­sti­schen Regime schwä­chen die Kir­che“. Wie Asia­News damals berich­te­te, erhoff­ten sich Chi­nas Prie­ster und Lai­en, daß der neue Papst „in der Glau­bens­leh­re und in den Grund­sät­zen der Katho­li­schen Kir­che ein­deu­tig sein wird“, und daß „er sich der Unter­grund­kir­che annimmt, die seit Jahr­zehn­ten ver­folgt wird und vor allem Bischö­fe braucht. Vie­le sind tot, im Gefäng­nis, in Umer­zie­hungs­la­gern oder hoch­be­tagt“ (zur Lage der Unter­grund­ka­tho­li­ken sie­he unten unter „Wei­te­re Artikel“).

Der Papst sol­le die Arbeit der beim Hei­li­gen Stuhl für Chi­na zustän­di­gen Stel­len genau kon­trol­lie­ren, denn die­se wür­den zu Kom­pro­mis­sen mit dem Pekin­ger Regime nei­gen. „Kom­pro­mis­se wür­den nur die Wun­den der Katho­li­ken ver­schär­fen und noch mehr Cha­os unter uns ver­ur­sa­chen“, zitier­te Asia­News im März 2013 einen katho­li­schen Unter­grund­prie­ster der Pro­vinz Hebei.

„Ich hof­fe wirk­lich, daß sich der Hei­li­ge Vater sei­ner Her­de in Chi­na annimmt. Der­zeit sind wir wie ein hin­ken­der Fuß am Leib Chri­sti“, so eine chi­ne­si­sche Unter­grund­ka­tho­li­kin damals.

Papst Fran­zis­kus scheint einen ande­ren Weg zu gehen und an ande­ren Alli­an­zen zu schmieden.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Set­ti­mo Cielo/​Asia Times/​Secretum meum mihi (Screen­shots)

 

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