Wie sieht Papst Franziskus das Zweite Vatikanische Konzil? – Kardinal Sarah ins Gefängnis?

Der Einfluß der „Schule von Bologna“


Was denkt Papst Franziskus über das Zweite Vatikanische Konzil?
Was denkt Papst Franziskus über das Zweite Vatikanische Konzil?

(Rom) Wie hält es Papst Fran­zis­kus mit dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil? Das war jüngst The­ma bei Il Sis­mo­gra­fo (Der Seis­mo­graph), einem inof­fi­zi­el­len Pres­se­spie­gel des vati­ka­ni­schen Staats­se­kre­ta­ri­ats im Inter­net. Der „Seis­mo­graph“ pro­vo­zie­re „klei­ne Erd­be­ben“ schrieb der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster. Das jüng­ste „Erd­be­ben“ betrifft „nichts gerin­ge­res als die Her­me­neu­tik, mit der Papst Fran­zis­kus das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil inter­pre­tiert und anwendet“.

Anzei­ge

Die han­deln­den Per­so­nen in der Sache sind:
Luis Badil­la Mora­les, der Chef­re­dak­teur von Il Sis­mo­gra­fo, ein Chi­le­ne, der „Mini­ster der Regie­rung Allen­de war und seit 1973 im poli­ti­schen Exil in Euro­pa“ lebt (Terre d’America) und vie­le Jah­re für Radio Vati­kan arbei­te­te;
Mas­si­mo Fag­gio­li, Kir­chen­hi­sto­ri­ker und ein füh­ren­der Ver­tre­ter der pro­gres­si­ven „Schu­le von Bolo­gna“ um Giu­sep­pe Albe­ri­go, für die das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil ein posi­ti­ver „Bruch“ und „Neu­be­ginn“ in der Geschich­te der Kir­che war;
Ago­sti­no Mar­chet­to, Kuri­en­erz­bi­schof und ehe­ma­li­ger Diplo­mat sowie gewich­tig­ster Kri­ti­ker der „Schu­le von Bolo­gna“ – und lang­jäh­ri­ger Freund von Papst Fran­zis­kus. Mar­chet­to ist ein Ver­tre­ter der „Her­me­neu­tik der Kon­ti­nui­tät“ im Sin­ne von Papst Bene­dikt XVI.

„Der Papst kennt keine Unsicherheiten, wie das Konzil zu interpretieren ist“

Luis Badilla Morales
Luis Badil­la Mora­les, Mini­ster unter Allen­de,
seit 1973 im „poli­ti­schen Asyl“ in Rom

Am 14. Janu­ar ver­öf­fent­lich­te Il Sis­mo­gra­fo ein begei­ster­tes Inter­view mit Fag­gio­li, das Badil­la und der Her­aus­ge­ber der Inter­net­sei­te, Fran­ces­co Gaglia­no, führten.

Fag­gio­li behaup­te­te dar­in, Papst Fran­zis­kus „spricht sehr wenig vom Kon­zil“, weil „er es macht, es stän­dig umsetzt, und die fas­zi­nie­rend­ste Sache dabei ist, daß er nie ein Inter­es­se an der Fra­ge der Her­me­neu­tik des Kon­zils gezeigt hat“. Viel­mehr sei Fran­zis­kus „der erste Papst, der kei­ne Unsi­cher­hei­ten dazu hat, wie das Kon­zil zu inter­pre­tie­ren ist“. Das kom­me daher, daß der Papst, laut Fag­gio­li, wie folgt über das Kon­zil den­ke: „Wir haben es jetzt in der Hand und wir inter­pre­tie­ren es, ohne Strei­tig­kei­ten von vor 30 oder 40 Jah­ren wiederaufzumachen“.

Die Begei­ste­rung von Fag­gio­li und sei­ner bei­den Inter­view­er „erklärt sich, weil sie die Inter­pre­ta­ti­on des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils durch Papst Fran­zis­kus mit jener der ‚Schu­le von Bolo­gna‘ gleich­set­zen“, so der Vati­ka­nist San­dro Magister.

„Nicht wahr“, daß Papst Franziskus kein Interesse an der Frage der Konzils-Hermeneutik hat

Prompt reagier­te Kuri­en­erz­bi­schof Mar­chet­to, der die „Schu­le von Bolo­gna“ und ihre Les­art des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils einer syste­ma­ti­schen Kri­tik unter­zo­gen hat­te. Nur drei Stun­den nach der Ver­öf­fent­li­chung des Inter­views ging in der Redak­ti­on des Sis­mo­gra­fo eine Replik von Msgr. Mar­chet­to ein, die kom­men­tar­los ver­öf­fent­licht wurde.

Kurienerzbischof Agostino Marchetto, Hermeneutiker der Kontinuität und Freund von Papst Franziskus
Kuri­en­erz­bi­schof Ago­sti­no Mar­chet­to, Her­me­neu­ti­ker der
Kon­ti­nui­tät und Freund von Papst Franziskus

Deren Ver­tre­ter igno­rie­ren das Schrei­ben jedoch und behaup­ten wei­ter­hin Papst Fran­zis­kus als einen der Ihren und damit in Sachen Kon­zil eine Deckungs­gleich­heit des päpst­li­chen Den­kens mit jenem der „Schu­le“.

Die Inter­net­sei­te Il Sis­mo­gra­fo scheint nicht unter den offi­zi­el­len Medi­en des Hei­li­gen Stuhls auf, ist aber des­sen direk­te Grün­dung. Sie wird von Jour­na­li­sten von Radio Vati­kan gelei­tet und betrie­ben und steht unter der Auf­sicht des Staats­se­kre­ta­ri­ats, bis das neue Kom­mu­ni­ka­ti­ons­se­kre­ta­ri­at unter Prä­fekt Dario Viganò, dem bis­he­ri­gen Direk­tor des vati­ka­ni­schen Fern­seh­sen­der CTV, ein­satz­be­reit sein wird.

Die Neutralität zugunsten der Parteinahme aufgegeben

Auf­ga­be des Ende Janu­ar 2012 gegrün­de­ten Sis­mo­gra­fo ist es, Arti­kel ande­rer Medi­en über Papst Fran­zis­kus und den Hei­li­gen Stuhl voll­in­halt­lich in fünf Spra­chen zu über­neh­men und zu ver­brei­ten. Bis vor kur­zem geschah dies ohne eige­ne Bei­trä­ge und unkommentiert.

„Seit eini­gen Mona­ten aber haben sich die Din­ge geän­dert. Luis Badil­la Mora­les, der Haupt­ver­ant­wort­li­che der Sei­te greift immer häu­fi­ger mit sei­nen Kom­men­ta­ren ein, die alles sind, aber nicht neu­tral“, so Magister.

Er wur­de von Anfang an mit der Lei­tung der Sei­te beauf­tragt und ist seit eini­gen Mona­ten bei TV2000, dem Fern­seh­sen­der der Ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz, omni­prä­sent. Beson­ders inten­siv trat er wäh­rend der Bischofs­syn­ode im ver­gan­ge­nen Okto­ber in Erschei­nung. Auf wel­cher Sei­te der Bar­ri­ka­de er steht, dar­aus mach­te er kein Hehl.

Ohne Kom­men­tar hin­ge­gen, ver­brei­te­te er die „Ent­hül­lung“ des päpst­li­chen Haus­va­ti­ka­ni­sten Andrea Tor­ni­el­li von einer angeb­li­chen „Kon­spi­ra­ti­on“ gegen Papst Fran­zis­kus. Als „Ver­schwö­rer“ mach­te er die „drei­zehn Kar­di­nä­le“ aus, die bei Papst Fran­zis­kus mit einem Brief gegen die Geschäfts­ord­nung der Bischofs­syn­ode pro­te­stier­ten und gegen den Ein­druck, nur mehr „vor­ge­fer­tig­te Ergeb­nis­se“ abwin­ken zu sol­len. Sie hiel­ten dem Kir­chen­ober­haupt vor, daß die Bischofs­syn­ode mani­pu­liert wer­den solle.

Faggioli kann in Vatikan-Medium Gefängnis für Kardinal Sarah fordern

Massimo Faggiolis Buch über Papst Franziskus: Tradition in Transition
Mas­si­mo Fag­gio­lis Buch über
Papst Fran­zis­kus: Tra­di­ti­on in Transition

Als San­dro Magi­ster die behaup­te­te „Ver­schwö­rung“ als Unter­stel­lung ent­larv­te, kam der gan­ze Zorn der Papst-Entou­ra­ge zur Explo­si­on, weil die Kar­di­nä­le den ursprüng­li­chen Syn­oden-Plan zu Fall gebracht hat­ten. Auch Badil­la konn­te sich nicht mehr zurück­hal­ten und schrieb meh­re­re per­sön­li­che, „sehr pole­mi­sche“ Kom­men­ta­re gegen die Kar­di­nä­le, die den Brief an den Papst unter­zeich­net hat­ten und die bei der Syn­ode zu den ent­schei­den­den Syn­oden­vä­tern gehör­ten, die sich der Zulas­sung wie­der­ver­hei­ra­te­ter Geschie­de­ner zur Kom­mu­ni­on und der Aner­ken­nung der Homo­se­xua­li­tät widersetzten.

Schüt­zen­hil­fe erhielt Badil­la dabei von Fag­gio­li, der an der Uni­ver­si­ty of St. Tho­mas in Min­nea­po­lis Geschich­te des Chri­sten­tums und an der Vil­lano­va Uni­ve­si­ty von Phil­adel­phia Theo­lo­gie lehrt. Fag­gio­li griff die Kar­di­nä­le-Syn­oda­len noch schär­fer an und ging soweit, für einen der drei­zehn Unter­zeich­ner, für Kar­di­nal Robert Sarah, den Prä­fek­ten der Got­tes­dienst­kon­gre­ga­ti­on, sogar nach dem Gefäng­nis zu schrei­en. Fag­gio­li gerier­te sich mit Schaum vor dem Mund als Denun­zi­ant und behaup­te­te, der afri­ka­ni­sche Kar­di­nal habe bei sei­nen Wort­mel­dun­gen in der Syn­ode­nau­la Din­ge gesagt, „die in eini­gen west­li­chen Demo­kra­tien straf­recht­lich rele­vant“ seien.

Sei­ne Breit­sei­te feu­er­te Fag­gio­li aus den Spal­ten der Huf­fing­ton Post ab. Badil­la über­nahm die unter­grif­fi­ge For­de­rung, einen Kar­di­nal der Kir­che und Prä­fek­ten der Römi­schen Kurie, für eine nicht­öf­fent­li­che Äuße­rung in Ver­tei­di­gung der kirch­li­chen Moral­leh­re ins Gefäng­nis zu wün­schen, kom­men­tar­los beim Sis­mo­gra­fo, einer inof­fi­zi­el­len Sei­te des Staatssekretariats.

Schlagabtausch: Liturgiker Grillo macht sich über Papst-Briefe lustig

Fag­gio­li, soll­te sich damit eigent­lich für jede Zusam­men­ar­beit mit kirch­li­chen Ein­rich­tun­gen selbst dis­kre­di­tiert haben. Doch bei Badil­la ist er auch wei­ter­hin ein gern gese­he­ner Gast und Inter­view­part­ner, wie jüngst vor weni­gen Tagen. Eine gemein­sa­me Gesin­nung schweißt zusammen.

Durch das Inter­view wur­de das Augen­merk auf das Ver­hält­nis von Papst Fran­zis­kus zum Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil gelenkt. Am Tag nach dem Schlag­ab­tausch zwi­schen Fag­gio­li und Kuri­en­erz­bi­schof Mar­chet­to ver­öf­fent­lich­te der Sis­mo­gra­fo kom­men­tar­los die Stel­lung­nah­me von Andrea Gril­lo, einem bekann­ten Theo­lo­gen und Pro­fes­sor für Lit­ur­gie­wis­sen­schaf­ten an der römi­schen Hoch­schu­le der Bene­dik­ti­ner Sant’Anselmo.

Gril­lo eil­te Fag­gio­li zu Hil­fe und mach­te sich sogar über die bei­den Brie­fe von Papst Fran­zis­kus lustig, die er als blo­ße Kuri­en­pro­duk­te abtat. Papst Fran­zis­kus sei „nicht Tra­di­tio­na­list“, so Gril­lo, son­dern ein „Post-Libe­ra­ler“. Kon­kret mein­te der Lit­ur­gi­ker damit, daß die Her­me­neu­tik der Kon­ti­nui­tät, wie sie Mar­chet­to und Bene­dikt XVI. ver­tre­ten, eine „tra­di­tio­na­li­sti­sche“ Les­art des Kon­zils sei. Fran­zis­kus aber mit „Tra­di­tio­na­lis­mus“ in Ver­bin­dung zu brin­gen, das sei ja schließ­lich wirk­lich lächerlich.

Franziskus: Zweites Vaticanum heißt, „das Evangelium im Licht der zeitgenössischen Kultur neu zu lesen“

„In der Tat ist es leicht, in den Wor­ten und Gesten von Fran­zis­kus Anhalts­punk­te zu fin­den, die ihn viel­mehr in die Nähe zu den The­sen der Schu­le von Bolo­gna rücken“, so Magister.

Einen expli­zi­ten Anhalts­punkt lie­fer­te Fran­zis­kus im Inter­view der Civil­tà  Cat­to­li­ca von Sep­tem­ber 2013. Dar­in bezeich­ne­te er das Kon­zil als „einen Dienst am Volk“, der dar­in bestehe „das Evan­ge­li­um im Licht der zeit­ge­nös­si­schen Kul­tur neu zu lesen“.

„Nach­dem die­ses Inter­view erschie­nen war, wur­de der Papst ver­trau­lich dar­auf hin­ge­wie­sen, daß die Ver­kür­zung des Kon­zils auf ein sol­ches Ver­ständ­nis zumin­dest ‚unprä­zi­se‘, wenn nicht ‚falsch‘ sei“, so Magi­ster. Die­ser Hin­weis für den Papst kam von Kuri­en­erz­bi­schof Mar­chet­to, der frü­her fak­tisch der „Ein­wan­de­rungs­mi­ni­ster“ des Vati­kans war und daher mit Migra­ti­ons­fra­gen zu tun hat­te. Ein The­ma, das schon Jor­ge Mario Berg­o­glio wich­tig war und so lern­te man sich ken­nen. „Die bei­den befreun­de­ten sich in gegen­sei­ti­ger Wert­schät­zung“, so Magi­ster. Mar­chet­to wohnt im römi­schen Kle­rus­haus in der Via del­la Scro­fa auf Zim­mer 204. Berg­o­glio beleg­te frü­her die Num­mer 203, wenn er sich in Rom aufhielt.

Fran­zis­kus ließ sich von sei­nem Freund die Kri­tik an sei­ner Inter­view-Aus­sa­ge erklä­ren. Dar­aus folg­te der Brief an Mar­chet­to, mit dem der Papst sei­ne Sep­tem­ber-Aus­sa­ge kor­ri­gier­te und die Ver­öf­fent­li­chung des Brie­fes erlaub­te, was Mar­chet­to am 13. Novem­ber 2013 tat.

Kampf um die Deutungshoheit des Konzils

Don Dossetti mit dem späteren italienischen Ministerpräsdenten und EU-Kommissionspräsidenten Romano Prodi
Drang nach links: Don Dos­set­ti mit dem spä­te­ren
EU-Kom­mis­si­ons­prä­si­den­ten Roma­no Prodi

Die „Schu­le von Bolo­gna“ läßt aber nicht locker. Immer­hin geht es um die Deu­tungs­ho­heit des Kon­zils, die mit jah­re­lan­ger Ell­bo­gen­tech­nik errun­gen wur­de. Erst durch die Wahl von Papst Bene­dikt XVI. wur­de ihr von höch­ster Stel­le ent­ge­gen­ge­tre­ten und ihr Mono­pol in Fra­ge gestellt. Ein Mono­pol, das nicht unwe­sent­lich mit Unter­stüt­zung der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz zustan­de gekom­men war.

Der Brief an Mar­chet­to war eine kla­re schrift­li­che Aus­sa­ge, der aber eine Rei­he ande­rer Gesten und Wor­te ent­ge­gen­steht. Damit wur­de die Ambi­va­lenz von Papst Fran­zis­kus im Umgang mit dem Kon­zil nicht auf­ge­löst. Die „Schu­le von Bolo­gna“ kann ihrer­seits auf päpst­li­che Gesten zu ihren Gun­sten ver­wei­sen. Dazu zählt die jüngst erfolg­te Ernen­nung von Cor­ra­do Lore­fice, einem Ver­tre­ter der „Schu­le von Bolo­gna“, zum neu­en Erz­bi­schof von Palermo.

Lore­fice schrieb ein Buch über Don Giu­sep­pe Dos­set­ti und Kar­di­nal Gia­co­mo Ler­ca­ro. Dos­set­ti war ein ehe­ma­li­ger links­ka­tho­li­scher Poli­ti­ker, der dann Prie­ster wur­de und beim Kon­zil als tech­ni­scher Orga­ni­sa­tor der pro­gres­si­ven „Rhei­ni­schen Alli­anz“ galt. Auf­grund sei­ner par­tei­po­li­ti­schen und par­la­men­ta­ri­schen Erfah­rung, ver­such­te er das Kon­zil über die Geschäfts­ord­nung zu steu­ern. Ein Aspekt, der den aller­mei­sten Kon­zils­vä­tern so fremd war, daß er von ihnen nicht ein­mal wahr­ge­nom­men wurde.

Kar­di­nal Ler­ca­ro war Erz­bi­schof von Mai­land und der ita­lie­ni­sche Haupt­ver­tre­ter der „Rhei­ni­schen Alli­anz“. Ler­ca­ro wur­de einer der vier Kon­zils-Mode­ra­to­ren und von 1964–1957 Vor­sit­zen­der des Con­si­li­um ad exse­quen­dam Con­sti­tu­tio­nem de Sacra Lit­ur­gia, des Rats zur Umset­zung der Kon­sti­tu­ti­on über die hei­li­ge Lit­ur­gie. Sekre­tär des Rates, der für die Lit­ur­gie­re­for­men von 1965 und 1969 ver­ant­wort­lich zeich­net, war Pater Anni­ba­le Bug­nini. Ler­ca­ro wur­de zwar 1967 nach einer Rede über den Viet­nam­krieg, wegen inter­na­tio­na­ler diplo­ma­ti­scher Ver­wick­lun­gen mit den USA, von Papst Paul VI. als Vor­sit­zen­der abbe­ru­fen, blieb aber Ratsmitglied.

Paul VI., Giuseppe Dossetti und die „Rheinische Allianz“

Der Kir­chen­hi­sto­ri­ker Alber­to Mel­lo­ni und der­zei­ti­ge Lei­ter der „Schu­le von Bolo­gna“ gab jüngst eine neue Paro­le aus. Auch Papst Paul VI. habe Dos­set­ti geschätzt und sei­ne Art der Abstim­mun­gen bis zur letz­ten Stim­me, um eine neue „syn­oda­le“ Kir­che zu schaf­fen. Bis­her war Paul VI. ein Lieb­lings­haß­ob­jekt der „Schu­le“. Papst Mon­ti­ni wird vor­ge­wor­fen, daß der radi­ka­le Umbau der Kir­che auf hal­bem Weg stecken­ge­blie­ben und eine „restau­ra­ti­ve“ Pha­se unter Johan­nes Paul II. und Bene­dikt XVI. mög­lich gewor­den sei. Mehr noch: Paul VI. habe bereits „restau­ra­ti­ve“ Züge getra­gen, die Refor­men gebremst und mit der Enzy­kli­ka Hum­a­nae vitae einen „Rück­schritt“ vollzogen.

Paul VI. mit Konzilsgeneralsekretär Pericle Felici
Paul VI. mit Kon­zils­ge­ne­ral­se­kre­tär Peri­c­le Felici

Als Mel­lo­ni, zwei Tage nach Abschluß der außer­or­dent­li­chen Bischofs­syn­ode am 21. Okto­ber 2014 im Cor­rie­re del­la Sera die­se The­se auf­stell­te, wider­sprach ihm auch damals Msgr. Mar­chet­to. Der Kuri­en­erz­bi­schof zitier­te aus dem unver­öf­fent­lich­ten Tage­buch von Kuri­en­erz­bi­schof Peri­c­le Feli­ci, dem Gene­ral­se­kre­tär des Kon­zils, aus dem unzwei­fel­haft die Abnei­gung Pauls VI. gegen die Manö­ver Dos­set­tis her­vor­geht. Feli­ci, spä­ter zum Kar­di­nal erho­ben, soll­te am 16. Okto­ber 1978 als Kar­di­nal­pro­to­dia­kon der Welt die Wahl von Papst Johan­nes Paul II. verkünden.

Das Tage­buch wur­de von Mar­chet­to, der bereits dar­an arbei­te­te, im Novem­ber 2015 im Vati­kan­ver­lag ver­öf­fent­licht. Dabei han­delt es sich um eine wich­ti­ge neue Quel­le, um eine umfas­sen­de Geschich­te des Kon­zils schrei­ben zu kön­nen. Magi­ster zitiert zur Unter­strei­chung drei Stellen.

Die Kon­zils­mo­de­ra­to­ren I

„Als die Mode­ra­to­ren aus­ge­wählt wur­den in den Per­so­nen Aga­gia­nan, Ler­ca­ro, Döpf­ner und Sue­n­ens, erlaub­te ich mir den Kar­di­nal­staats­se­kre­tär (Amle­to Cico­gna­ni) dar­auf hin­zu­wei­sen, daß es sich dabei erklär­ter­ma­ßen um par­tei­ische Män­ner hand­le, die daher wenig geeig­net sei­en, zu ‚mode­rie­ren‘. Der Staats­se­kre­tär ant­wor­te­te mir mit einem gewis­sen Groll. Letzt­end­lich und nach schmerz­li­chen Erfah­run­gen war er der erste, der den bei der Aus­wahl der Per­so­nen gemach­ten Feh­ler anerkannte.“

Die Kon­zils­mo­de­ra­to­ren II

„Lei­der sind die Mode­ra­to­ren nicht nur ein­mal wenig klu­ge Wege gegan­gen. Sie haben begon­nen auf eige­ne Faust zu han­deln, indem sie das Gene­ral­se­kre­ta­ri­at über­gin­gen und sich der Arbeit Don Dos­set­tis bedien­ten, den Kar­di­nal Ler­ca­ro als Sekre­tär der Mode­ra­to­ren vor­ge­stellt hat. Ich ließ gewäh­ren, bis die Pro­ble­me sicht­bar wur­den… Dann habe ich bei Kar­di­nal Aga­gia­nan pro­te­stiert und dar­an erin­nert, daß der Sekre­tär der Mode­ra­to­ren laut Geschäfts­ord­nung der Gene­ral­se­kre­tär ist und ich kei­nen Ersatz zulas­se, außer der Papst will es, und daß ich für nich­tig hal­te, was bis­her von Don Dos­set­ti gemacht wor­den war. Das­sel­be sag­te ich auch Kar­di­nal Döpf­ner. Der Papst, von mir dar­über infor­miert, sag­te kate­go­risch, daß er Don Dos­set­ti nicht auf jenem Posten haben will, mehr noch, daß er nach Bolo­gna zurück­keh­ren solle.“

Die Kon­zils­mo­de­ra­to­ren III

„Es lohnt dar­an zu erin­nern, wie­viel ich arbei­ten muß­te, damit in den Appro­ba­ti­ons­for­meln der Dekre­te durch den Papst nicht jene Kon­zep­te der fal­schen Kol­le­gia­li­tät Ein­gang fin­den, die Gegen­stand der Abstim­mung vom 30. Okto­ber waren. Man woll­te den Papst dar­auf redu­zie­ren, mit dem bereits Beschlos­se­nen über­ein­zu­stim­men. Der Papst, dem ich die Sache berich­te­te, bemerk­te dazu: ‚Es sind sie, die in Über­ein­stim­mung mit mir sein müs­sen, nicht ich mit ihnen!‘ Opti­me dictum!“

Die „Schule von Bologna“ in Privataudienz beim Papst

Am 23. Juni 2015 wur­de Alber­to Mel­lo­ni zusam­men mit einer Ver­tre­tung des von ihm gelei­te­ten Insti­tuts in Bolo­gna von Papst Fran­zis­kus in Pri­vat­au­di­enz emp­fan­gen, „der sie erneut glau­ben ließ, auf ihrer Sei­te zu ste­hen“, so Magister.

Eini­ge Mona­te spä­ter, am 9. Novem­ber, schrieb Fran­zis­kus aber einen zwei­ten Brief an Kuri­en­erz­bi­schof Mar­chet­to, der mit einem warm­her­zi­gen Lob für des­sen Edi­ti­on des Kon­zils­ta­ge­bu­ches von Kar­di­nal Peri­c­le Feli­ci beginnt und damit dem „radi­kal­sten Gegen­teil der Theo­rien von einem „Bruch“ und „Neu­be­ginn“ durch das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil“, so Magister.

Um die Sache zu beru­hi­gen, boten Luis Badil­la und Fran­ces­co Gaglia­no auch Erz­bi­schof Mar­chet­to ein Inter­view über die „Inter­pre­ta­ti­on und Umset­zung“ des Kon­zils an. Die fünf Fra­gen und Ant­wor­ten wur­den am 18. Janu­ar von Il Sis­mo­gra­fo veröffentlicht.

Was aber denkt Papst Franziskus wirklich über das Konzil?

Weni­ger klar denn je ist die Hal­tung von Papst Fran­zis­kus zum Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil. Laut den Brie­fen und Aus­sa­gen von Kuri­en­erz­bi­schof Mar­chet­to wür­de Fran­zis­kus die Her­me­neu­tik des Bruchs ent­schie­den ableh­nen und sei viel­mehr auf der Linie der Her­me­neu­tik der Kon­ti­nui­tät von Papst Bene­dikt XVI. Die­ser Ein­druck wird aller­dings nur in den bei­den Brie­fen an Mar­chet­to ver­mit­telt, anson­sten weder durch sei­ne Aus­sa­gen oder Hand­lun­gen noch in sei­nen Beteue­run­gen gegen­über den Ver­tre­tern der „Schu­le von Bolo­gna“ bestätigt.

Letzt­end­lich könn­te man den Ein­druck gewin­nen, der Papst wol­le sei­nen jewei­li­gen Gesprächs­part­nern „gefal­len“ und ihnen eine Freu­de berei­ten. Ist es Erz­bi­schof Mar­chet­to, so lobt er ihn und stellt sich an sei­ne Sei­te. Sind es die Ver­tre­ter der „Schu­le von Bolo­gna“, so lobt er die­se und stellt sich an ihre Sei­te. Ist es nur eine Form, einer als stö­rend emp­fun­de­nen Dis­kus­si­on aus dem Weg zu gehen? Oder ist das Kon­zil für Fran­zis­kus ein­fach „Schnee von gestern“, wie ein pro­gres­si­ver Vati­ka­nist in dem Sin­ne mein­te, daß sich die pro­gres­si­ve Agen­da gar nicht mehr damit auf­hal­ten müsse?

Was also denkt der Papst wirk­lich über eine zen­tra­le Fra­ge der jüng­sten Kir­chen­ge­schich­te, zu der die Mei­nun­gen kaum gegen­sätz­li­cher sein könn­ten. Ein Ereig­nis, das die einen erst „zur Hälf­te“ umge­setzt sehen, ande­re es so als „alter­na­tiv­los“ behaup­ten und von den „Früch­ten des Kon­zils“ spre­chen, die wie­der ande­re trotz Anstren­gung nir­gends fin­den kön­nen und man­che es gar für den Brand­be­schleu­ni­ger der Kir­chen­kri­se halten.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: CR/TV2000/vatican.va/romanoprodi (Screen­shots)

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34 Kommentare

  1. Dazu fällt mir nur ein Stich­wort ein: Zickenkrieg.
    Ist ja ekel­haft. Ein ein­zi­ge Gewim­mel von Schlan­gen und Intri­gan­ten, die im Prin­zip kei­nen ver­nünf­ti­gen Satz aussprechen.
    Wor­um geht es?
    Was ist „Restau­ra­ti­on“? Wo ist denn der hal­be Weg, weiß einer schon den gan­zen? Und was hat Kard. Sarah kon­kret in der Aula gesagt? Und inwie­fern ist es straf­bar und vor allem in wel­chen „west­li­chen“ Staa­ten denn?

    Gott sei Dank, sitzt Jesus im Regi­ment und im zwei­fels­fall NICHT der Papst samt sei­ner desa­strö­sen Hier­ar­chie, die er sich ja nun seit 1917, nach Ein­füh­rung des CIC, immer rück­sichts­lo­ser und her­ri­scher selbst zusam­men­stellt. Seit­her ist die Hier­ar­chie immer ver­kom­me­ner. Auch die­se groß­ar­ti­ge Akti­on – Ver­zei­hung, aber es war wie­der Pius X., der das unbe­dingt als das angeb­lich Gel­be vom Ei initi­ier­te und weit­ge­hend durch­setz­te – ist ein ver­nich­ten­der Schuss in den Ofen gewesen.
    Es war wahr­schein­lich doch viel gesün­der, solan­ge bei der Beset­zung der Bischofs­sit­ze immer auch die regio­na­len welt­li­chen Regie­run­gen und kirch­li­che Reprä­sen­tan­ten mit­re­den oder nach uraltem kirch­li­chem Recht man­cher­orts sogar voll­kom­men eigen­stän­dig ent­schei­den durf­ten… Auch das ist längst kir­chen­ge­schicht­lich auf­ge­klärt, dass das nicht pau­schal lles „Gal­li­ka­nis­mus“ war, son­dern tat­säch­lich gel­ten­des Recht.

    Ange­sichts der Tau­to­lo­gi­sie­rung von Macht in der Kir­che hat es jetzt 100 Jah­re gebraucht, um in der Kir­che flä­chen­deckend Hor­ror­ge­stal­ten auf die Bischos­stüh­le zu brin­gen, die letz­ten Aus­nah­men ver­flucht man nun ins Gefäng­nis. Armer Kar­di­nal Sarah!

    1917 war nicht nur Fati­ma, son­dern eben auch die Besie­ge­lung der tota­li­tä­ren inner­kirch­li­chen Struk­tur durch die ver­öf­fent­li­chung des CIC. Man den­ke doch ein­fach mal etwas breit­flä­chi­ger über wirk­lich ALLE Zusam­men­hän­ge nach. Bitte!

  2. Schon die Debat­te als sol­ches ist gro­tesk wir sehen täg­lich in den Hand­lun­gen des Pap­stes, dass er das Kon­zil klar so sieht, wie in der unmit­tel­ba­ren Nachkonzilszeit

  3. Die­ses 2. Vat. Kon­zil soll­te durch­aus als eine Abkehr von einer teil­wei­se kri­tik­wür­di­gen „Ver­gan­gen­heit“ (die Jahr­zehn­te oder so vor­her) ange­se­hen wer­den. Eine gute Erneue­rung hät­te es wer­den sollen.
    Aber es kam wohl anders: das Kind wur­de mit dem Bade aus­ge­schüt­tet. Und dafür ist der Begriff „Bruch“ wohl nicht geeig­net: man muß hier schon von Ampu­ta­ti­on sprechen.
    Der Begriff „Bruch“ klingt ja irgend­wie noch posi­tiv, aber damit ver­schlei­ert man das gan­ze Aus­maß des­sen, was sich tat­säch­lich zuge­tra­gen hat­te und wei­ter­hin zuträgt. Der „Bruch“, der ein Abbruch war und ist.

    Ob es eine Kon­ti­nui­tät gibt, wie von Papst Bene­dikt behaup­tet, das kann ich nicht beur­tei­len. Kon­ti­nui­tät auf was hin bezogen?
    Kon­ti­nui­tät zum „alten“ und zu über­win­den­den Geist der „vor­kon­zi­lia­ren Kirche“?

    Mei­nes Erach­tens ist der Begriff Bruch unge­eig­net und wird aber als ideo­lo­gi­sche Waf­fe von Zer­stö­rern gehand­habt, da er wie gesagt in unse­rer west­li­chen Welt als etwas Posi­ti­ves begrif­fen und hin­ge­stellt wird. So wird auch der Herr und Erlö­ser als jemand dar­ge­stellt, der einen Bruch mit dem Juden­tum bzw. „Alten Bund“ voll­zo­gen hät­te. So sagen es Theo­lo­gen und Prie­ster- eine plat­te Unwahrheit.

    Aber auch der Begriff Kon­ti­nui­tät ist nicht geeig­net m.Er. Das wäre ja eine Fort­set­zung des pro­ble­ma­ti­schen Gei­stes wie er vor­her (Jahr­zehn­te) war.

  4. Man kann erah­nen wie Fran­zis­kus über das II.Vatikanum denkt. Das Kon­zil dass sich
    unter Johan­nes Paul II. und Bene­dikt XVI. zu erho­len schien, da die Leh­ren der Kir-
    che bekäf­tigt und gefe­stigt wur­den, ist für Fran­zis­kus das Sprung­brett für seine
    soge­nann­ten Refor­men gewor­den. Es ist ja bekannt, dass Fran­zis­kus als Kar­di­nal den
    damals amtie­ren­den Papst Bene­dikt XVI. öffent­lich kri­ti­siert hat. Des­halb ist es
    für Fran­zis­kus jetzt ein leich­tes, das zu tun was er für rich­tig hält. Sein Ponti-
    fikat zeigt jetzt schon, dass er die Kir­che ver­än­dert und glau­bens­los macht. Mit
    sei­ner Vor­ga­be, dass Evan­ge­li­um neu zu lesen, und zwar in zeit­ge­nös­si­scher Kultur !,
    besagt, dass in der Leh­re Ver­än­de­run­gen erfol­gen müs­sen und das nicht zum Vorteil
    eines inten­si­ven Glau­ben. So wird alles ober­fläch­lich und ver­schwom­men. Dadurch
    wird natur­ge­mäß Streit, Zwie­tracht und Unfrie­den wei­ter geför­dert. Aber dadurch
    wird der Riss in der Kir­che sicht­bar werden.

    • Unter JP II und BXVI. sind die „Leh­ren der Kir­che“ kei­nes­wegs „gefe­stigt und bekräf­tigt“ wor­den. das kann man höch­stens für die Sexu­al­mo­ral sgaen, aber selbst da wur­de durch die Umkeh­rung der Ehe­zwecke all das beför­dert, was man dann doch (noch) nicht zuge­ste­hen woll­te. man wich also hier ab von der tra­dier­ten Ehelehre.

      Anson­sten braucht man nicht stän­dig zu wie­der­ho­len, wie sehr ins­be­son­de­re JP II die Tra­di­tio­nen ver­las­sen hat mt sei­nem Öku­me­nis­mus („Assi­si“), sei­ner All­ver­söh­nungs­leh­re, der Zulas­sung schlimm­ster Miss­stän­de in der Hl. Mes­se und sei­nem undurch­sich­ti­gen Glo­bal-Play­er-Geha­be, das ja noch gar nicht wirk­lich erforscht ist. Sei­ne Akten sind noch nicht frei­ge­ge­ben und was sein Pon­ti­fi­kat wirk­lich alles ver­ant­wor­tet, muss erst noch genau erforscht werden.

      Genau­so Bene­dikt: Sei­ne selt­sa­me „Mess­op­fer­theo­rie“ (Einf. i. Chri­sten­tum), das mor­bi­de „Kon­ti­nui­täts­mo­dell“, das auf „Reform der Reform“ setz­te, sei­ne For­de­rung nach einer Welt­re­gie­rung (in Cari­tas in veri­ta­te), sei­ne Abwer­tung der Got­tes­mut­ter (in der Ein­füh­rung ins Chri­sten­tum) – nein:

      F. knüpft in sehr vie­len Punk­ten an die­se bei­den und an Paul VI. an, v.a. aber an JP II.
      Und das sagt er ja auch übri­gens immer ganz klar. Er ver­schweigt sei­ne Quel­le ja nicht.

      • @Zeitschnur
        Ich stim­me Ihnen zu, wenn Sie sagen, dass JPII und BXVI mehr tun hät­ten kön­nen. FI macht es vpr, wie es auch anders geht.

        Ihre Argu­men­ta­ti­on hinkt aber, wenn sie zwei­mal als Beleg Ratz­in­gers „Ein­füh­rung in das Chri­sten­tum“ her­an­zie­hen müs­sen. Das ist nur dann schlüs­sig, wenn das dort Aus­ge­sag­te auch in sei­nem Pon­ti­fi­kat Bestä­ti­gung fin­det. Dann aller­dings bräuch­te man nicht mehr sein Buch zitieren.

        In ande­ren Punk­ten (s.o.) gebe ich Ihnen Recht.

      • @ roma locuta

        Ratz­in­ger hat das Buch halt nach der Papst­wahl noch ein­mal genau­so und unkor­ri­giert auf­le­gen las­sen – das sagt doch an sich alles.
        Er hat die pro­ble­ma­ti­schen und häre­ti­schen Aus­sa­gen dar­in auch nicht zurück­ge­nom­men, als er Papst war, etwa durch eine ande­re Aus­sa­ge zu den Themen.
        Nein: Es blieb dabei.

        Für mich beson­ders schwer­wie­gend sei­ne Behaup­tung, man kön­ne die „Mess­op­fer­theo­rie des 16. Jh (also die dog­ma­ti­schen Aus­sa­gen des Triden­ti­nums) so nicht mehr deu­ten wie bis­her. Das ist wirk­lich star­ker Tobak!

  5. Den­ke am ehe­sten, dass die­ser Papst wirk­lich post-kon­zi­li­ar ist und sich schon von sei­ner per­sön­li­chen Anla­ge her nicht für solch theo­re­ti­sche Fra­gen wie die Her­me­neu­tik von Kon­zils­tex­ten interessiert. 

    Irgend­wie hat­te ja auch Karl-Josef Kar­di­nal Becker SJ der Pius­bru­der­schaft ähn­li­ches emp­foh­len, näm­lich nicht mehr über ein­zel­ne For­mu­lie­run­gen zu strei­ten. Man sol­le das Kon­zil hin­ter sich lassen.

    Dies könn­te man aus tra­di­ti­ons­ori­en­tier­ter Per­spek­ti­ve als Über­win­dung des Kon­zils begrüßen.

    Das wünscht Papst Fran­zis­kus natür­lich nicht. Er will das Kon­zil nicht über­win­den, son­dern über­schrei­ten, um nicht mehr auf Tex­te und deren Inter­pre­ta­ti­on fest­ge­legt wer­den zu können.

    Jetzt hat er wie­der gesagt, wer alle Ver­än­de­rung ableh­ne, wider­set­ze sich dem Hei­li­gen Geist. 

    Also zumin­dest in mei­ner Her­me­neu­tik des Ersten Vati­ca­num bedeu­tet die Unfehl­bar­keit des Pap­stes nicht, dass Papa Berg­o­glio sei­nen Vogel auf kei­nen Fall mit der Tau­be des Hei­li­gen Gei­stes ver­wech­seln kann.

    Das soll­te umso­mehr Pater Niklaus Pfluger FSSPX bezo­gen auf sei­nen Vogel eben­falls nüch­tern in Erwä­gung ziehen.

    • Ja, viel­leicht wird sogar der Vati­kan­af­fe [Pro­jek­ti­on am 8.12.] mit dem Hei­li­gen Geist verwechselt?
      Es wird wohl kaum der voll des Hei­li­gen Gei­stes sein, der ihn immer wie­der aus­drück­lich für sich in Anspruch nimmt. Und es ist ja wohl vor allem Berg­o­glio selbst und sei­nes­glei­chen, die sich nicht ver­än­dern wol­len, son­dern stur ihre jahr­zehn­te­lang geschei­ter­te Agen­da doch noch durch­zu­set­zen trach­ten. Die Unein­sich­tig­keit und Lern­re­si­stenz der Kon­zils­re­vo­luz­zer ist doch das Pro­blem. Die, die sich und ihren Wahn für die Sperr­spit­ze des Fort­schritts anse­hen, sie sind doch längst die in Unrei­fe und Puber­tät völ­lig fest­ge­fah­re­nen Ewiggestrigen.

      • Ris­kan­te Äuße­rung, mein Lie­ber, mir geht das gegen den Strich, das mit dem Affen und dem… ich kann es nicht aus­spre­chen, und mit abso­lu­ter Sicher­heit hat F. das auch gar nicht inten­diert. Er dach­te, er pro­ji­ziert die Schöp­fung auf den Peters­dom. Das mag uns gefal­len oder nicht, aber es war offen­kun­dig, dass er genau das meinte.

        Ich bit­te also um Rück­sicht­nah­me auf mei­ne reli­giö­sen Gefüh­le. Sar­kas­mus, in dem der Hl. Geist vor­kommt, ver­letzt mich.

      • @ Kir­chen-Kater

        So einen noblen Namen kann ich mir, ehr­lich, nicht geben. Die Kir­che ist 200 m weit ent­fernt, jeden Tag ist eine Hl. Mes­se, aber ich schaf­fe es nur am Mitt­woch zusätz­lich. Rent­ner mit Lese-Freßsucht.

        Mir gefällt es nicht, wenn Sie den gewähl­ten Papst ein­fach Berg­o­glio nen­nen, bei­de Namen zusam­men sind ange­mes­sen. Aber -

        wenn wir Fran­zis­kus als Opfer des GdK, „Geist des Kon­zils“, ein­ord­nen und die Revo­luz­zer (mehr oder weni­ger selbst­ver­schul­det) eben­so, dann sind wir auf der Spur, die nie­mand sehen will. Wie eine Ideo­lo­gie wirkt der GdK in der Kir­che mit NEUEN Wahr­hei­ten, Ver­blen­dung bis Wahn.

        Das nen­nen Sie Unein­sich­tig­keit und Lern­re­si­stenz. Und damit haben Sie voll­kom­men recht.

        Um das „Mili­tan­te“ zu dämp­fen, etwas Per­sön­li­ches. Für eine „schö­ne Knie­beu­ge“ habe ich zwei­mal Lohn bekom­men: Ein­mal 50 Pfen­nig, aus einer ande­ren Quel­le aber etwas Gro­ßes, einen unan­greif­ba­ren Glau­ben und Ideo­lo­gie-Resi­stenz. Mit 13 Jah­ren wur­de ich Anti-Kom­mu­nist und UNO-Skep­ti­ker wegen der Nie­der­schla­gung des Ungarn­auf­stan­des [1956] durch die Sowjets. Nur die Taten wirk­ten momen­tan als Leh­re. Immer suche ich die Feh­ler in ande­rer Leu­te Leh­ren. Vor mei­nen eige­nen Fehl­ent­schei­dun­gen hat mich die­se Gna­de aber nicht bewahrt.

  6. Allen zur Erinnerung!
    Papst Bene­dikt XVI. hat in sei­ner ersten Weih­nachts­an­spra­che nach sei­ner Wahl am 22. Dezem­ber 2005 Grund­sätz­li­ches zur Pro­ble­ma­tik einer pro­gres­si­vi­sti­schen Kon­zils­auf­fas­sung gesagt:
    „Ihre Ver­tre­ter behaup­ten, dass die Kon­zils­tex­te als sol­che noch nicht wirk­lich den Kon­zils­geist aus­drück­ten. Nicht in die­sen Kom­pro­mis­sen kom­me jedoch der wah­re Geist des Kon­zils zum Vor­schein, son­dern im Elan auf das Neue hin, das den Tex­ten zugrun­de lie­ge: Nur in die­sem Elan lie­ge der wah­re Kon­zils­geist, und hier müs­se man anset­zen und dem­entspre­chend fort­fah­ren. Eben weil die Tex­te den wah­ren Kon­zils­geist und sei­ne Neu­ar­tig­keit nur unvoll­kom­men zum Aus­druck bräch­ten, sei es not­wen­dig, mutig über die Tex­te hin­aus­zu­ge­hen und dem Neu­en Raum zu ver­schaf­fen, das die tie­fe­re, wenn auch noch nicht scharf umris­se­ne Absicht des Kon­zils zum Aus­druck brin­ge. Mit einem Wort, man sol­le nicht den Kon­zils­tex­ten, son­dern ihrem Geist folgen. 

    Unter die­sen Umstän­den ent­steht natür­lich ein gro­ßer Spiel­raum für die Fra­ge, wie die­ser Geist denn zu umschrei­ben sei, und folg­lich schafft man Raum für Spe­ku­la­tio­nen. Damit miss­ver­steht man jedoch bereits im Ansatz die Natur eines Kon­zils als sol­chem. Es wird so als eine Art ver­fas­sungs­ge­ben­de Ver­samm­lung betrach­tet, die eine alte Ver­fas­sung außer Kraft setzt und eine neue schafft.… Die Kon­zils­vä­ter besa­ßen (aber) kei­nen der­ar­ti­gen Auf­trag, und nie­mand hat­te ihnen jemals einen sol­chen Auf­trag gege­ben; es konn­te ihn auch nie­mand geben, weil die eigent­li­che Kir­chen­ver­fas­sung vom Herrn kommt, und sie uns gege­ben wur­de, damit wir das ewi­ge Leben erlan­gen und aus die­ser Per­spek­ti­ve her­aus auch das Leben in der Zeit und die Zeit selbst erleuch­ten kön­nen. Die Bischö­fe sind durch das Sakra­ment, das sie erhal­ten haben, Treu­hän­der der Gabe des Herrn“.
    Damit wäre eigent­lich alles gesagt – auch für Papst Fran­zis­kus, dem Bischof von Rom.

    • Ich den­ke, das zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil war die Stra­fe für die Mensch­heit nach dem 2. Welt­krieg, weil sie sich nach soviel Leid noch immer nicht bekehrt hatte(obwohl sie durch Fati­ma gewarnt war). Statt­des­sen wur­de von da an noch schlim­mer gesün­digt als vor dem Krieg. Die 60er Jah­re brach­ten zwar Wohl­stand, doch gleich­zei­tig ent­fern­te sich der Mensch durch Ver­gnü­gungs­sucht und Auto­no­mie­wahn von Gott und von da an nahm das heu­te sicht­ba­re Unheil sei­nen Lauf. Ganz zu schwei­gen von den immer weni­ger wer­den­den Mess­be­su­chern ab dem 2. Vati­ka­ni­schen Kon­zil. Die­se sind auf jeden Fall die „Früch­te des Kon­zils“, soviel kann man gewiss sagen. Der kal­te Krieg, Tscher­no­byl, Fuku­shi­ma und zahl­rei­che Natur­ka­ta­stro­phen waren eben­falls War­nun­gen für die Mensch­heit und weil die­se sich noch immer nicht bekehrt hat, hat sie einen sol­chen Papst und einen fina­len drit­ten Welt­krieg auf­grund ihrer Sün­den lei­der ver­dient. Nie­mand will einen Krieg, aber die Wenig­sten sind bereit, sich zu Gott zu bekeh­ren. Es gibt heu­te lau­ter Tho­mas­se, die erst dann glau­ben, wenn sie sehen, doch dann wird es wohl für sie zu spät sein.

    • Sehr ver­ehr­ter Sophus,ich möch­te mich zuerst zn die­ser Stelle,für Ihren Bei­trag v.18.1.2016,20’29,bedanken.Ich muste sehr nach­den­ken und dann war bereits die Dis­ku­si­on geschlossen.Auch das war ‚den­ke ich,gut.Es wäre schön,mit jeman­dem über den Glau­ben an den Drei­ei­ni­gen Gott,tief glauben,zu sprechen,doch nicht hier.Ich ken­ne den Glau­ben Bene­dikts XVI ‚ohne vor­her darüber,gelesen zu haben,bin jetzt dankbar,für diese,neue Klarheit,die immer wieder,einzelne Sätze,die ich in der Hei­li­gen Mes­se hörte,so leben­dig macht.Ich bin nicht Theologe,(mein Beruf war Arzt),ich ging und gehe kaum zur Kirche,den Glau­ben such­te ich nicht als Krücke,dieser Katho­li­scher Glau­ben kam an mich zu,als Geschenk,ich hör­te nur zu,in Liebe.Danke,sehr ver­ehr­ter Sophus,auch für diesen,obigen,Beitrag,..Und erneut,BenediktXVI.

    • Nichts­dsto­trotz hat Johan­nes XXIII. ein „Neu­es Pfing­sten“ aus­ge­ru­fen und Paul VI. und JP II folg­ten ihm darin.

      Und ich kann nur immer wie­der sagen, der Kon­struk­ti­ons­feh­ler die­ses Kon­zils wur­de 1870 grund­ge­legt, als man den Papst zum gera­de­zu eso­te­ri­schen Idol erhöhte.

      Man soll­te fra­gen, ob vor 1870 ein Papst je gewagt hät­te, ein PFINGSTEN zu initi­ie­ren, also das, was nor­ma­ler­wei­se nur der Hl. Geist auf Gebet hin dann tut, wann er will!

      Man­che wol­len es nicht glau­ben, aber all die­ser Quatsch vom „Kon­zils­geist“ ist tat­säch­lich sehr wohl kon­zi­lia­re Dok­trin, aber mög­lich wur­de sie erst nach dem Papst­dog­ma, auch wenn das Dog­ma das gar nicht direkt sagt, aber sug­ge­stiv eben doch nahelegt.

      Päp­ste hat­ten seit­her den Cha­rak­ter von Hei­lig­geist-Ver­wal­tern – und genau das kann nicht sein! Das Papst­amt beinhal­tet eben weder einen sakra­men­ta­len noch son­sti­gen Automatismus.

      Bene­dikt hat sich die­sem Pro­blem nicht stel­len wol­len und hat auf hal­bem Wege ien biss­chen her­um­la­viert – was soll­te das brin­gen? Noch dazu, wo er dann zurück­trat, um dem näch­sten zau­be­rer Platz zu machen, der sich ein­bil­de­te, stän­dig „neue Pfing­sten“ auszurufen?

      • Die Katho­li­ken hät­ten, vom Kle­rus ange­spornt, mit dem Rosen­kranz den 2. Welt­krieg ver­hin­dern können.

        Das wei­te­re wur­de uns mit dem Gebet von Amster­dam offen­bart? – nein ins Gedächt­nis zurück gerufen.

      • @ zeit­schnur,

        viel­leicht däm­mert Ihnen in ein paar Jah­ren, was es mit dem Geist des Kon­zils auf sich hat, wenn auch noch der Geist der Syn­ode zu gei­stern anfängt.

        Erste­rer erscheint mir als ver­en­det, aber sein Aas­ge­stank wabert noch in all zu vie­len Köpfen.

      • @ Kon­rad Georg

        Und Ihnen däm­mert viel­leicht bei Gele­gen­heit, mein Posting erst mal genau­er zu lesen, bevor Sie sol­che her­ab­las­sen­den und the­ma­ver­feh­len­den Sprü­che klopfen…

  7. Das Pro­blem des 2. Vati­ka­ni­schen Kon­zils hat mit dem Glau­ben zu tun m. Er. In der Kir­che vor dem Kon­zil herrsch­te wohl manch­mal nicht der wah­re christ­li­che Geist, son­dern etwas wie ein kle­ri­ka­ler, pha­ri­säi­scher Ungeist oder so.
    Das Kon­zil soll­te dem ja offen­kun­dig ent­ge­gen­wir­ken, und Glau­ben und Kir­che wirk­lich erneu­ern und Lasten auch abwer­fen. Inwie­fern sich das alles in den Kon­zils­tex­ten spie­gelt, kann ich nicht sagen, weil ich kein Fach­mann bin.
    Offen­bar aber scheint mir, daß das Kon­zil dann vie­le Theo­lo­gen und Lai­en kom­plett über­for­dert hat und genau das ist ein Beweis mei­nes im vori­gen Sat­zes Gesag­ten. Das Kon­zil wirk­te und wirkt als Offen­ba­rung und Trenn­schei­de der Gei­ster so wie sich Spreu vom Wei­zen trennt. Aber ver­mut­lich ist das so ein­fach auch wie­der nicht. 

    Fakt ist doch wohl, daß man­che Tex­te offen­kun­dig revi­si­ons­be­dürf­tig oder noch mehr erläu­te­rungs­wür­dig sind. Ich möch­te mich dabei auf Herrn Weih­bi­schof Atha­na­si­us Schnei­der beru­fen, der sich hier auf Katho​li​sches​.info dazu schon mal geäu­ßert hatte.

    • @ Fran­zel
      Der Geist Mar­tin Luthers lastet auf DEutschland .
      Ich möch­te sie ermun­tern, wei­ter auszuholen.
      Das Ziel der dt. Bischö­fe, der „Rhei­ni­schen Alli­anz“ im Kon­kla­ve war, die Fort­set­zung von 1517, die Refor­ma­ti­on genann­te Revo­lu­ti­on Luthers, zu errei­chen. Aber das allein erklärt nicht die gan­ze Band­brei­te der Ver­wer­fun­gen. Der pro­te­stan­ti­sche Theo­lo­ge Mor­stad aus Nor­we­gen beschreibt die Ent­wick­lung ab etwa 1900 . Die Pro­ble­me wer­den immer von schwach­gläu­bi­gen Theo­lo­gen ange­lei­ert, von eben­sol­chen und daher leicht beein­fluß­ba­ren Kle­ri­kern verbreitet.

  8. Wer­ter @ Methodus!Es freut mich, dass Ihnen der Bericht Kuri­en­kar­di­nal koche über die Theo­lo­gie Papst Bene­dikts XVI. ent­spro­chen hat.Ich neh­me Ihre posi­ti­ve Rück­mel­dung zum Anlass, Sie und ande­re Inter­es­sier­te mit einem wei­te­ren Text, dies­mal über die Exege­se­me­tho­de Papst Bene­dikts XVI. bekannt zu machen, auf deren Basis er sei­ne Jesus-Tri­lo­gie erar­bei­tet hat. Wäh­rend der erste Text die not­wen­di­ge Grund­ein­stel­lung des Theo­lo­gen zum Wort Got­tes beschreibt, lässt der nach­fol­gen­de Text von Fra­ter Mar­cus Hol­den die Arbeits­wei­se Papst Bene­dikts XVI. erken­nen. Es geht im Wesent­li­chen um die Lei­stungs­fä­hig­keit der histo­risch-kri­ti­schen Metho­de und ihre Über­for­de­rung. Die Jesus­bän­de Papst Bene­dikts XVI. haben uns gelehrt, dass die histo­risch-kri­ti­sche Metho­de Gren­zen hat und dass die­se Gren­zen über­schrit­ten wer­den müs­sen. Opti­mi­sten mei­nen sogar, „dass man­che Ver­en­gun­gen der histo­risch-kri­ti­schen Metho­de in der Exege­se mitt­ler­wei­le als über­wun­den ange­se­hen wer­den kön­nen.“ (Micha­el Stickel­br­oek, DT vom 19.5.2011, S.7). So etwa die Auf­spal­tung zwi­schen dem „histo­ri­schen Jesus“ und dem „Chri­stus des Glau­bens“. Die Wor­te hört man wohl, allein Anzei­chen dafür sucht man ver­ge­bens, jeden­falls ist die­se Erkennt­nis, wie es scheint, an der Gemeind­ba­sis noch nicht ange­kom­men. Im Gegen­teil! Hier herrscht über so man­che Pre­digt noch immer blan­kes Ent­set­zen, etwa wenn von der neu­en Pasto­ral­as­si­sten­tin unse­rer Pfar­rei in der Kar­frei­tags­lit­ur­gie 2011 dem vol­len Got­tes­haus in bester histo­risch-kri­ti­scher Manier gepre­digt wird, Jesus sei nicht süh­nend für unse­re Sün­den gestor­ben, denn Gott habe mensch­li­che Süh­ne nicht nötig. Der Kreu­zes­tod Jesu sei nicht in Got­tes Absicht gele­gen, son­dern geschicht­lich eher zufäl­lig pas­siert und den Römern anzu­la­sten, ein Feh­ler, den Gott durch die Auf­er­weckung Jesu wie­der wett­ge­macht habe. Es hör­te sich an, als wür­de die jun­ge Dame aus ihrem Skrip­tum lesen. Und sol­che Skrip­ten lie­gen ton­nen­wei­se bei Uni­ver­si­täts­do­zen­ten, Pfar­rern, Gemein­de-und Pasto­ral­as­si­sten­tin­nen und Reli­gi­ons­leh­rern zum schnel­len Zugriff bereit. Solan­ge an der Mär von der Spät­da­tie­rung der mei­sten NT-Schrif­ten, die für die histo­risch-kri­ti­sche Metho­de „lebens­wich­tig“ ist, fest­ge­hal­ten wird, kann es kei­ne all­ge­mei­ne Wen­de in der Theo­lo­gie weg von der­ar­ti­gen Irr­tü­mern und hin zur Neue­van­ge­li­sa­ti­on geben. Die­sen Weg zurück zu einer Wort-Got­tes-Exege­se hat Papst Bene­dikt XVI. gewiesen.

    Der Auf­satz „Jen­seits der histo­risch-kri­ti­schen Metho­de“ von Fra­ter Mar­cus Hol­den in der Über­set­zung aus dem Eng­li­schen von Kat­rin Krips-Schmidt, im Inter­net unter dem „Por­tal zur katho­li­schen Gei­stes­welt“ ver­füg­bar, umreißt die Posi­ti­on des Exege­ten Joseph Ratzinger/​Papst Bene­dik XVI. zur histo­risch-kri­ti­schen Exege­se. Hol­den schreibt: „Die histo­risch-kri­ti­sche Metho­de der bibli­schen Exege­se domi­niert das Schrift­stu­di­um seit mehr als hun­dert Jah­ren. Trotz des Unbe­ha­gens vie­ler Theo­lo­gen, und ins­be­son­de­re der Gläu­bi­gen, an der Art und Wei­se, wie die­se Metho­de aus­ge­führt wird, haben es nur weni­ge gewagt, ihre Vor­aus­set­zun­gen und Schluss­fol­ge­run­gen sowie ihre Aus­schließ­lich­keit zu hin­ter­fra­gen. Eine der Per­sön­lich­kei­ten, die kon­se­quent eine Neu­be­wer­tung, eine Rei­ni­gung und Erwei­te­rung die­ser vor­herr­schen­den Metho­de der bibli­schen Exege­se ein­for­dert, ist Joseph Ratz­in­ger. Sein Bei­trag als Papst Bene­dikt XVI. in die­sem ent­schei­den­den Bereich der Theo­lo­gie wird nun­mehr umso ein­fluss­rei­cher sein.
    In sei­nem Buch Jesus von Naza­reth for­dert uns Joseph Ratz­in­ger dazu auf, über die blo­ße histo­ri­sche Kri­tik hin­aus­zu­ge­hen und zu einer tie­fer­ge­hen­den theo­lo­gi­schen Lek­tü­re der Schrift zu gelan­gen (1). Er räumt zwar ein, dass ein wirk­lich histo­ri­scher Ansatz von­nö­ten ist, doch wenn die­ser die iso­lier­te Ver­gan­gen­heit als ver­gan­gen behan­delt, „schöpft [sie] den Auf­trag der Aus­le­gung für den nicht aus, der in den bibli­schen Schrif­ten die eine Hei­li­ge Schrift sieht und sie als von Gott inspi­riert glaubt.“ (2).
    Indem Ratz­in­ger die­sen Punkt zur Spra­che bringt, ver­la­gert er geschickt die Debat­te weg von einer Beur­tei­lung dar­über, was die histo­risch-kri­ti­sche Metho­de erreicht hat und was nicht, hin zu einer neu­en Offen­heit gegen­über dem, was viel wei­ter als die­se histo­ri­sche Kri­tik selbst geht.
    Zwei­fel­los hat die kri­tisch-histo­ri­sche Exege­se wäh­rend der ver­gan­ge­nen hun­dert Jah­re zu uner­hör­ten Fort­schrit­ten in unse­rer Bibel­er­kennt­nis bei­getra­gen: in Bezug auf ein bes­se­res Ver­ständ­nis der lite­ra­ri­schen Gat­tun­gen, der Quel­len­ge­schich­te und Text­kom­po­si­ti­on; im Hin­blick auf Ety­mo­lo­gie und Archäo­lo­gie; in der Durch­drin­gung alter Spra­chen und kul­tu­rel­ler Rah­men­be­din­gun­gen. Gleich­wohl hat es zu kei­ner ande­ren Epo­che eine der­ar­ti­ge Kri­se der Glau­bens­re­la­ti­vie­rung gege­ben wie in der heu­ti­gen der moder­nen For­schungs­er­geb­nis­se. Die­ses Pro­blem macht sich ganz beson­ders in Zusam­men­hang mit der Per­son Jesu Chri­sti selbst bemerk­bar. Vie­le Gelehr­te haben den „histo­ri­schen Jesus“ vom „Chri­stus des Glau­bens“ abge­spal­ten und damit Theo­lo­gie und Dok­trin von Ver­nunft und Rea­li­tät abge­trennt. Die poten­ti­el­len Kon­se­quen­zen einer sol­chen Ent­wick­lung sind besorg­nis­er­re­gend. „Die inne­re Freund­schaft mit Jesus, auf die doch alles ankommt, droht ins Lee­re zu greifen“.(3)
    Ange­sichts des vor­han­de­nen Skep­ti­zis­mus über­rascht es nicht, dass die immer wie­der ange­wand­te christ­li­che Metho­de einer theo­lo­gi­schen Wahr­heits- und spi­ri­tu­el­len Bedeu­tungs­su­che in den Hei­li­gen Schrif­ten wäh­rend der zwei­ten Hälf­te des 20.Jahrhunderts nahe­zu in den Hin­ter­grund getre­ten ist. Ratz­in­ger bemerkt, dass die­se, in der tra­di­tio­nel­len christ­li­chen Inter­pre­ta­ti­on auf­ge­fun­de­ne, bedeut­sa­me Syn­the­se „in dem Augen­blick frag­wür­dig wer­den [muss­te], in dem das histo­ri­sche Bewusst­sein Aus­le­gungs­maß­stä­be ent­wickel­te, von denen her die Exege­se der Väter als unhi­sto­risch und daher als sach­lich unhalt­bar erschei­nen muss­te.“ (4) Beim Nach­sin­nen über die­se eigen­ar­ti­ge Sack­gas­se hat Joseph Ratz­in­ger fest­ge­stellt, dass die Kri­se im Bibel­ver­ständ­nis in eine noch viel deut­li­che­re Zwick­müh­le in der theo­lo­gi­schen Her­me­neu­tik hin­ein­führt und die­ses Dilem­ma befeu­ert. Fast zwan­zig Jah­re zuvor beob­ach­te­te Joseph Ratz­in­ger: „Die moder­ne Exege­se ver­wies Gott, wie wir gese­hen haben, voll­stän­dig in das Unbe­greif­li­che, das Außer­welt­li­che und Unaus­sprech­li­che, um den bibli­schen Text als sol­chen als eine gänz­lich welt­li­che Rea­li­tät mit natur­wis­sen­schaft­li­chen Metho­den behan­deln zu kön­nen.“ (5)

    Die Säku­la­ri­sie­rung der Exege­se hat ihre Ursa­che in einem gegen das Über­na­tür­li­che gerich­te­ten Ratio­na­lis­mus, der seit der „Auf­klä­rung“ gegen­wär­tig ist und zunimmt. Wenn man die Wirk­lich­keit Got­tes und sei­ne akti­ve Len­kung der Schöp­fung leug­net, dann folgt dar­aus, dass man die Vor­stel­lung einer inspi­rier­ten Schrift ver­neint, die uns die objek­ti­ve gött­li­che Offen­ba­rung zuteil wer­den lässt sowie den Schlüs­sel zum Ver­ständ­nis der Geschich­te. Eine theo­lo­gi­sche und über­na­tür­li­che Sicht der Exege­se wird dann auto­ma­tisch ver­wor­fen, einer seriö­sen Wis­sen­schaft für unwür­dig gehal­ten oder ein­fach auf eine Fuß­no­te in der Ideen­ge­schich­te reduziert.
    Die von Ratz­in­ger auf­ge­grif­fe­ne Fra­ge­stel­lung hat nichts damit zu tun, die bibli­sche Histo­ri­zi­tät zu ver­tei­di­gen oder anzu­grei­fen, son­dern ist viel­mehr fun­da­men­ta­ler Art. Was der Ratio­na­list mit sei­ner spe­zi­el­len Phi­lo­so­phie nicht hin­neh­men konn­te, war der – der tra­di­tio­nel­len Exege­se inhä­ren­te – Anspruch, dass es hin­sicht­lich der Bedeu­tung von Geschich­te eine pri­vi­le­gier­te Erkennt­nis gibt, die vom tran­szen­den­ten Gott selbst kommt. Der genau rich­ti­ge theo­lo­gi­sche und offen­ba­ren­de Sinn­ge­halt der Hei­li­gen Schrift, der schon immer ein essen­ti­el­ler Bestand­teil der tra­di­tio­nel­len Exege­se war, konn­te noch nie als „Reli­gi­on inner­halb der Gren­zen der rei­nen Ver­nunft“ betrach­tet wer­den und war des­halb unzu­mut­bar. Wenn die histo­ri­sche Bibel­kri­tik, deren „eigent­li­cher Gegen­stand (…) das Men­schen­wort als mensch­li­ches“ (6) ist, von einem ratio­na­li­sti­schen Gelehr­ten als aus­schließ­li­che Her­an­ge­hens­wei­se an die Hei­li­ge Schrift ein­ge­setzt wird, ver­bannt man den Glau­ben zwangs­läu­fig aus der Exege­se. Wenn über­dies die dog­ma­ti­sche Glau­bens­über­zeu­gung an einen ein­heit­li­chen Kor­pus der Schrift aus­ge­schlos­sen wird, dann erweist sich jeg­li­cher Zusam­men­hang zwi­schen dem Alten und dem Neu­en Testa­ment als äußerst dürf­tig. Ratz­in­ger stell­te fest:
    „Inso­fern schien mit dem Sieg der histo­risch-kri­ti­schen Exege­se die vom Neu­en Testa­ment selbst initi­ier­te christ­li­che Aus­le­gung des Alten Testa­ments geschei­tert. Dies ist, wie wir sahen, nicht eine histo­ri­sche Ein­zel­fra­ge, son­dern die Grund­la­gen des Chri­sten­tums selbst ste­hen dabei zur Debat­te.“ (7)
    Selbst die her­aus­ra­gend­sten Hilfs­mit­tel bei der Auf­deckung der Ober­flä­chen­be­deu­tung eines iso­lier­ten Tex­tes der Hei­li­gen Schrift sind nur von gerin­ger Trag­wei­te, wenn die Bedeu­tung und die Schluss­fol­ge­run­gen die­ser buch­stäb­li­chen Pas­sa­ge weder inner­halb des gesam­ten bibli­schen Kor­pus kon­tex­tua­li­siert noch für die offen­bar­te theo­lo­gi­sche Wahr­heit genutzt wer­den kön­nen. Die histo­ri­sche Bibel­kri­tik befasst sich mit der Hei­li­gen Schrift stets so, als bestehe die­se aus einer Rei­he frag­men­tier­ter Wer­ke aus unter­schied­li­chen Epo­chen, und damit bleibt sie per defi­ni­tio­nem auf der ein­fa­chen Stu­fe mensch­li­cher Hypo­the­sen ste­hen. Wenn dies nun­mehr das exklu­si­ve Bemü­hen des bibli­schen Wis­sen­schaft­lers gewor­den ist, dann ist die Theo­lo­gie kate­go­risch aus­ge­schlos­sen und durch eine weit­ge­hend säku­la­re Phi­lo­so­phie und Welt­sicht ersetzt worden.

    Ratz­in­gers Lösung des Problems

    Joseph Ratz­in­ger zeigt zwei kla­re Wege auf, durch die wir zu einer Lösung der exege­ti­schen Kri­se bei­tra­gen können:

    1. Eine Neu­kon­zen­trie­rung durch Glau­be und Vernunft
    Als erstes muss die histo­risch-kri­ti­sche Metho­de selbst berei­nigt wer­den. Eine sol­che Läu­te­rung der histo­risch-kri­ti­schen Metho­de kann durch das Abwer­fen phi­lo­so­phi­schen Bal­la­stes erfol­gen, der sie dadurch bela­ste­te, dass sie den Glau­ben unter Gene­ral­ver­dacht stell­te. Es gibt über­haupt kei­nen Grund dafür, wes­halb wir kei­ne exak­te und objek­ti­ve histo­ri­sche For­schung über die Geschich­te anti­ker Völ­ker und Tex­te betrei­ben könn­ten, wäh­rend wir gleich­zei­tig an Gott, Vor­se­hung und gött­li­che Inspi­ra­ti­on glau­ben. In Jesus von Naza­reth begeg­net Ratz­in­ger dem dürf­ti­gen Skep­ti­zis­mus der Kri­ti­ker sowohl mit über­zeu­gen­den Argu­men­ten als auch vor allem mit jener umwer­fend simp­len Alter­na­ti­ve, die sich jedem Fra­ge­stel­ler eröff­net: „Ich ver­traue den Evan­ge­li­en.“ (8) Durch die­sen mei­ster­haf­ten Schach­zug wird die phi­lo­so­phisch auf­ge­la­de­ne Her­me­neu­tik des Miss­trau­ens durch eine Her­me­neu­tik des Ver­trau­ens ersetzt.
    Joseph Ratz­in­ger hat die Theo­lo­gen und Exege­ten schon oft dazu auf­ge­ru­fen, wach­sam gegen­über impli­zi­ten phi­lo­so­phi­schen Annah­men zu sein, die bereits eine gewis­se Vor­ein­ge­nom­men­heit gegen dem Glau­ben und die über­na­tür­li­che Dimen­si­on der Offen­ba­rung in sich tra­gen. Sehr deut­lich stellt er fest, dass „die Debat­te über die moder­ne Exege­se in ihrem Kern nicht eine Debat­te unter Histo­ri­kern [ist], son­dern eine phi­lo­so­phi­sche Debat­te.“ (9) In Wirk­lich­keit ruft er uns dazu auf, die Her­me­neu­tik des Miss­trau­ens gegen­über der Hei­li­gen Schrift durch die Exege­ten selbst rück­gän­gig zu machen. In sei­nem Werk Schau­en auf den Durch­bohr­ten stellt er die The­se auf: „Die histo­risch-kri­ti­sche Metho­de wie auch ande­re neue­re wis­sen­schaft­li­che Metho­den sind wich­tig zum Ver­ständ­nis der Hei­li­gen Schrift wie der Über­lie­fe­rung. Ihr Wert hängt aller­dings an dem her­me­neu­ti­schen (phi­lo­so­phi­schen) Kon­text, in dem sie ange­wandt wer­den.“ (Schau­en auf den Durch­bohr­ten, Johan­nes Ver­lag Ein­sie­deln, 2. Auf­la­ge 1990, S. 37.) Vor­be­hal­te hin­sicht­lich mini­ma­li­sti­scher Vor­aus­set­zun­gen müs­sen nicht als ein Angriff auf die histo­risch-kri­ti­sche Metho­de selbst ange­se­hen wer­den. Womit dazu auf­ge­ru­fen wer­den soll, dass die Kri­ti­ker ein wenig mehr Selbst­kri­tik und Selbst­be­schrän­kung mit grö­ße­rer her­me­neu­ti­scher Red­lich­keit und einem stär­ke­ren phi­lo­so­phi­schen Bewusst­sein üben. (10)

    Eine der­art berei­nig­te histo­risch-kri­ti­sche Metho­de kann, Ratz­in­ger zufol­ge, einem wirk­lich theo­lo­gi­schen Ver­ständ­nis der Hei­li­gen Schrift zugäng­lich sein und damit arbei­ten. Die­se Offen­heit ent­spricht der Emp­fäng­lich­keit der Ver­nunft, bevor man glaubt. Von einem rein mensch­li­chen Stand­punkt aus betrach­tet „[ver­wei­sen] die ein­zel­nen Schrif­ten … irgend­wie auf den leben­di­gen Pro­zess der einen Schrift, der sich in ihnen zuträgt.“ (11) Wir fan­gen an, selbst ohne theo­lo­gi­schen Glau­ben, den erstaun­li­chen inne­ren Zusam­men­hang die­ser Doku­men­te und der dar­in beschrie­be­nen Ereig­nis­se zu erken­nen. (12) Wenn der Glau­be dann die­sen inne­ren Zusam­men­hang als von Chri­stus stam­mend und als über­na­tür­lich begrün­det zu begrei­fen beginnt, dann betre­ten wir den Bereich der eigent­li­chen Theo­lo­gie. „Aber die­ser Glau­bens­ent­scheid trägt Ver­nunft – histo­ri­sche Ver­nunft – in sich und ermög­licht es, die inne­re Ein­heit der Schrift zu sehen“. (13)

    In sei­nem gesam­ten Werk Jesus von Naza­reth legt uns Papst Bene­dikt ein prak­ti­sches exege­ti­sches Bei­spiel für eine berei­nig­te histo­ri­sche Annä­he­rung an die Schrift vor. Er liest den hei­li­gen Text mit Glau­ben und Ehr­furcht, ange­trie­ben durch das Auf­spü­ren-Wol­len des wah­ren „Ant­lit­zes Chri­sti“, im Rah­men der von der Kir­che gött­lich ver­bürg­ten Leh­re, wäh­rend er sich gleich­zei­tig des voll­stän­di­gen moder­nen histo­ri­schen Instru­men­ta­ri­ums bedient, um die Ursprungs­spra­chen sowie den ursprüng­li­chen Kon­text und Auf­bau des bibli­schen Tex­tes zu ver­ste­hen. So wie uns Jesus den Schrift­ge­lehr­ten des Him­mel­rei­ches im Mat­thä­us-Evan­ge­li­um vor­stellt, so holt Ratz­in­ger aus sei­nen Schät­zen „Neu­es und Altes“ her­vor (Mt 13, 52). In einer .… Gene­ral­au­di­enz sag­te Papst Bene­dikt: „Wir dür­fen nie ver­ges­sen, dass das Wort Got­tes über die Zei­ten hin­aus­geht. Die Mei­nun­gen der Men­schen kom­men und gehen. Was heu­te sehr modern ist, wird mor­gen sehr alt sein. Das Wort Got­tes hin­ge­gen ist Wort des ewi­gen Lebens, es trägt die Ewig­keit in sich, das, was für immer gilt. Indem wir in uns das Wort Got­tes tra­gen, tra­gen wir also in uns das Ewi­ge, das ewi­ge Leben.“ (14)

    2. Eine Rück­kehr zum spi­ri­tu­el­len Sinn der Schrift
    Vor dem Hin­ter­grund einer neu­en theo­lo­gi­schen Offen­heit führt Joseph Ratz­in­ger eine zwei­te Mög­lich­keit an, unse­re exege­ti­sche Kri­se zu lösen, näm­lich durch die Wie­der­be­le­bung einer wahr­haft theo­lo­gi­schen Exege­se, wie sie die Kir­chen­vä­ter vor­le­gen. In sei­nem bedeu­ten­den Geleit­wort zum Doku­ment der Päpst­li­chen Bibel­kom­mis­si­on von 1993 Die Inter­pre­ta­ti­on der Bibel in der Kir­che lobt er „neue Ver­su­che (…), die Metho­den der Väter­ex­ege­se wie­der­zu­ge­win­nen und erneu­er­te For­men geist­li­cher Aus­le­gung der Hei­li­gen Schrift zu erschlie­ßen.“ (15) Man muss sich nur einen Über­blick über sei­ne vie­len theo­lo­gi­schen Schrif­ten ver­schaf­fen, um klar zu erken­nen, wie durch­drun­gen er von der patri­sti­schen Theo­lo­gie ist. Er selbst hat sei­ne Lie­be zu den Kir­chen­vä­tern und den theo­lo­gi­schen Ein­fluss, den die­se auf ihn aus­ge­übt haben, sehr aus­führ­lich geschil­dert. Hin­sicht­lich einer Erneue­rung der Exege­se spricht er daher von der Not­wen­dig­keit „die groß­ar­ti­gen Ent­wür­fe patri­sti­schen und mit­tel­al­ter­li­chen Den­kens in die Dis­kus­si­on mit­ein­zu­be­zie­hen.“ (16) In sei­nem Werk Jesus von Naza­reth sowie sei­nen bei­spiel­lo­sen Vor­trä­gen über die Kir­chen­vä­ter hat er sei­ne Ide­al­vor­stel­lung in die Tat umge­setzt. So gut wie alle Kir­chen­vä­ter ver­wand­ten in ihren Schrif­ten mehr oder weni­ger eine beson­de­re Metho­de der Schrift­ex­ege­se, von der sie glaub­ten, dass sie vom Herrn selbst ein­ge­setzt und durch die Apo­stel über­lie­fert wor­den sei. (17) Die­se Metho­de legt eine „mysti­sche Bedeu­tung“ der hei­li­gen Schrif­ten frei, die auf Got­tes per­fek­tem Plan mit der Geschich­te und der Erlö­sung der Welt grün­det. Die­se „mysti­sche Bedeu­tung“ wur­de dann als spi­ri­tu­el­ler Schrift­s­inn bezeich­net. Er wur­de in Homi­li­en, Kom­men­ta­ren, theo­lo­gi­schen Abhand­lun­gen und im Katechu­me­nen­un­ter­richt prak­ti­ziert. Die­se exege­ti­sche Metho­de wur­de in spä­te­ren Jahr­hun­der­ten als gemein­sa­mes Erbe dem Osten wie dem Westen ver­macht und befand sich wäh­rend des gesam­ten Mit­tel­al­ters im Zen­trum der Theologie.

    Der spi­ri­tu­el­le Sinn betrifft die chri­sto­lo­gi­sche Bedeu­tung von Per­so­nen, Din­gen, Ereig­nis­sen, Bil­dern und Sym­bo­len, auf die sich die mensch­li­chen Autoren der Bibel bezie­hen. Die­se Bedeu­tun­gen wer­den ihnen nicht von außen oder im Nach­hin­ein zuge­legt, im Gegen­teil, Gott selbst hat sie in sei­ner weit vor­aus­schau­en­den Vor­se­hung eta­bliert. Wör­ter bezeich­nen Din­ge, doch wenn Gott inspi­riert, dann bezeich­nen die Din­ge, die durch die­se Wör­ter bezeich­net wer­den, auch ande­re wich­ti­ge und unsicht­ba­re Din­ge. Der hl. Tho­mas von Aquin schreibt: „Wenn also schon in allen Wis­sen­schaf­ten die Wor­te ihren bestimm­ten Sinn haben, so hat unse­re Wis­sen­schaft das Eigen­tüm­li­che, dass die durch die Wor­te bezeich­ne­ten Din­ge selbst wie­der etwas bezeich­nen.“ (18) Der Kate­chis­mus der Katho­li­schen Kir­che, der unter Ratz­in­gers Auf­sicht zusam­men­ge­stellt wur­de, legt dar: „Dank der Ein­heit des Pla­nes Got­tes kön­nen nicht nur der Schrift­text, son­dern auch die Wirk­lich­kei­ten und Ereig­nis­se, von denen er spricht, Zei­chen sein.“ (19) Die­se Bedeu­tungs­fül­le offen­bart die Ein­zig­ar­tig­keit der Bibel: Kein ande­res Buch könn­te eine sol­che Art von Sinn zwei­ter Ord­nung aufweisen.

    Bei einer Gene­ral­au­di­enz im April 2007 hob Papst Bene­dikt, als er über den theo­lo­gi­schen Bei­trag des Gelehr­ten Orig­e­nes aus dem drit­ten Jahr­hun­dert sprach, noch ein­mal her­vor, dass der wört­li­che Sinn zwar unab­ding­bar sei, sich aber selbst auf mehr hin eröff­ne. Er schrieb: „Die­ser Sinn aber tran­szen­diert uns auf Chri­stus hin, im Licht des Hei­li­gen Gei­stes, und zeigt uns den Weg, wie man leben soll. Dies wird zum Bei­spiel in der neun­ten Homi­lie über das Buch Nume­ri ange­deu­tet, in der Orig­e­nes die Schrift mit Nüs­sen ver­gleicht: ‚So ist die Leh­re des Geset­zes und der Pro­phe­ten in der Nach­fol­ge der Leh­re Chri­sti‘, so sagt der Pre­di­ger. ‚Bit­ter ist der Buch­sta­be, der wie die grü­ne Nuss­scha­le ist; nach­her wirst du zur har­ten Scha­le vor­sto­ßen, die die Moral­leh­re ist; an drit­ter Stel­le wirst du den Sinn der Geheim­nis­se fin­den, von dem sich die See­len der Hei­li­gen in die­sem und im zukünf­ti­gen Leben näh­ren‘“ (Hom. Num. 9,7). (20)
    Da Gott den Wort­laut der hei­li­gen Schrift inspi­rier­te, ent­hüll­te er auch in Typen und Bil­dern die vol­le Bedeu­tung der Geschich­te und Erlö­sung in Jesus Chri­stus. Die bedeu­tungs­vol­len Din­ge, die Gott erwählt hat, sind dar­auf abge­stimmt, Wahr­hei­ten zu unter­mau­ern und Unwahr­hei­ten zu wider­le­gen. (21) Über­dies sind sie Gegen­stand der Betrach­tung, durch die Gott die vie­len Facet­ten der Glau­bens­ge­heim­nis­se ver­deut­licht. Die Bedeu­tun­gen des spi­ri­tu­el­len Sinns neh­men Bezug auf Ange­le­gen­hei­ten des offen­bar­ten Glau­bens, der Moral und der Ver­herr­li­chung Got­tes (und fal­len somit in die drei unter­schied­li­chen Kate­go­rien Alle­go­rie, Tro­po­lo­gie und Anago­gie). (22)
    Wenn der wört­li­che Sinn neben die drei spi­ri­tu­el­len Sin­ne gesetzt wird, spre­chen wir von der Qua­dri­ga. Die viel­leicht bekann­te­ste Zusam­men­fas­sung davon stammt von Augu­sti­nus von Däne­mark, wie sie im Kate­chis­mus der Katho­li­schen Kir­che zitiert wird: „Der Buch­sta­be lehrt die Ereig­nis­se; was du zu glau­ben hast, die Alle­go­rie; die Moral, was du zu tun hast; wohin du stre­ben sollst, die Anago­gie.“ (23) Ein gutes und klas­si­sches Bei­spiel für die unter­schied­li­chen Sin­ne im Zusam­men­hang mit dem bibli­schen Bezug „Jeru­sa­lem“ in Psalm 137 ist dem hl. Johan­nes Cas­sia­nus ent­nom­men. Er beschreibt, dass sich die­se vier erwähn­ten Figu­ren, wenn wir so wol­len, zu einem Gegen­stand ver­bin­den, so dass ein- und das­sel­be Jeru­sa­lem in vier unter­schied­li­chen Bedeu­tun­gen auf­ge­fasst wer­den kann: „… Histo­risch die Stadt der Juden, alle­go­risch die Kir­che Chri­sti, anago­gisch die himm­li­sche Stadt Got­tes, die unser aller Mut­ter ist (vgl. Gal 4,26), tro­po­lo­gisch die See­le des Men­schen, die häu­fig als Jeru­sa­lem vom Herrn geta­delt oder gelobt wird.“ (24) Gott selbst, der Herr der Geschich­te, kann allein die­se ein­zig­ar­ti­ge Form der Bedeu­tung garan­tie­ren. Durch sei­ne außer­or­dent­li­che Vor­se­hung und Inspi­ra­ti­on sichert Gott zu, dass die bei­den gro­ßen Testa­men­te in einem beson­de­ren Zusam­men­hang zum Kom­men Chri­sti und zu sei­ner Erlö­sungs­hand­lung ste­hen. Tat­säch­lich hat Gott gewähr­lei­stet, dass die hei­li­gen Schrif­ten den Akzent auf radi­ka­le Wei­se ein­stim­mig auf Chri­stus legen. In Jesus von Naza­reth lesen wir: „Das gan­ze Johan­nes-Evan­ge­li­um, aber dar­über hin­aus auch die syn­op­ti­schen Evan­ge­li­en und die gan­ze neu­te­sta­ment­li­che Lite­ra­tur weist den Glau­ben an Jesus dadurch aus, dass in ihm alle Strö­me der Schrift zusam­men­flie­ßen, dass von ihm her der zusam­men­hän­gen­de Sinn der Schrift erscheint – das, wor­auf alles war­tet, wor­auf alles zugeht.“ (25) Wenn die­se grund­le­gen­den Prin­zi­pi­en a prio­ri abge­lehnt wer­den, wie es in der nach­auf­klä­re­ri­schen Exege­se geschah, dann bleibt ein spi­ri­tu­el­les Ver­ständ­nis offen­sicht­lich verschlossen.

    Das Ent­decken des spi­ri­tu­el­len Sinns der Schrift ist theo­lo­gi­sche Exege­se par excel­lence. Eine sol­che eröff­net uns umfang­rei­che Bän­de ver­nach­läs­sig­ter patri­sti­scher und mit­tel­al­ter­li­cher Schrif­ten und lässt uns ganz neu wür­di­gen, wes­halb wir eine solch über­rei­che Gabe wie eine inspi­rier­te Schrift über­haupt besit­zen. Die Metho­de kommt aus dem Neu­en Testa­ment selbst und ist kei­ne Erfin­dung einer spä­te­ren Theo­lo­gie. Ratz­in­ger schreibt: „Inso­fern haben die Kir­chen­vä­ter mit ihrer chri­sto­lo­gi­schen Deu­tung des Alten Testa­ments nichts Neu­es geschaf­fen, son­dern nur ent­wickelt und syste­ma­ti­siert, was sie im Neu­en Testa­ment selbst vor­fan­den.“ (26) Obwohl das Neue Testa­ment selbst die for­ma­le Ein­heit und die gemein­sa­me Grund­la­ge des spi­ri­tu­el­len Sin­nes anführ­te – vor allem durch den hei­li­gen Pau­lus – muss sich ein Bibel­theo­lo­ge für spe­zi­el­le­re Richt­li­ni­en an die gro­ßen Aus­ar­bei­ter und Fach­leu­te die­ser Metho­de wen­den. Orig­e­nes, der hl. Augu­sti­nus, der hl. Gre­gor der Gro­ße und der hl. Beda müs­sen hier­bei unter vie­len ande­ren die Haupt­rol­len bei jed­we­der Unter­su­chung spie­len, jedoch stets im Zusam­men­hang mit der gesam­ten katho­li­schen theo­lo­gi­schen Tra­di­ti­on betrach­tet wer­den. (27) Die­se Rück­kehr zu den Quel­len ist ein inte­gra­ler Bestand­teil der Vor­stel­lung Joseph Ratz­in­gers über eine breit­ge­fä­cher­te Her­me­neu­tik der Kontinuität.

    Schluss­fol­ge­rung
    Wenn Papst Bene­dikt XVI. Recht hat, dann besteht der hoff­nungs­vol­le Weg für die moder­ne Exege­se dar­in, an der Geschich­te und an einer authen­ti­schen histo­ri­schen For­schung fest­zu­hal­ten, bei gleich­zei­ti­ger Wahr­neh­mung der theo­lo­gi­schen Trag­wei­te eben­die­ser durch die Vor­se­hung Got­tes offen­bar­ten Geschich­te. Oder anders aus­ge­drückt: Katho­li­sche Exege­ten und Theo­lo­gen müs­sen sowohl dem genau­en wört­li­chen Sinn nach­ge­hen als auch die drei spi­ri­tu­el­len Sin­ne der hei­li­gen Schrift erkun­den. Der Hei­li­ge Vater bringt die­sen Punkt ganz klar 2006 in sei­ner Anspra­che vor den Schwei­zer Bischö­fen zum Aus­druck : „…mir liegt sehr dar­an, dass die Theo­lo­gen die Schrift auch so lie­ben und lesen ler­nen, wie das Kon­zil es woll­te nach Dei Ver­bum: dass sie die inne­re Ein­heit der Schrift sehen, wozu heu­te die ‚Kano­ni­sche Exege­se‘ ja hilft (die frei­lich immer noch in schüch­ter­nen Ansät­zen ist) und dann eine geist­li­che Lesung der Schrift üben, die nicht äuße­re Erbau­lich­keit ist, son­dern das inne­re Ein­tre­ten in die Prä­senz des Wor­tes. Da etwas zu tun, dazu bei­zu­tra­gen, dass neben und mit und in der histo­risch-kri­ti­schen Exege­se wirk­lich Ein­füh­rung in die leben­di­ge Schrift als heu­ti­ges Wort Got­tes geschieht, erscheint mir eine sehr wich­ti­ge Auf­ga­be.“ (28)
    Bei der XII. Ordent­li­chen Gene­ral­ver­samm­lung der Bischofs­syn­ode wur­de die The­ma­tik guter exege­ti­scher Ver­fah­rens­wei­sen, wie sie dem Her­zen des Hei­li­gen Vaters doch so nahe kom­men, deut­lich aus­ge­spro­chen. In dem Vor­wort zum Vor­be­rei­tungs­do­ku­ment Instru­men­tum Labo­ris lesen wir einen aus­drück­li­chen Auf­ruf zu einer „doppelte[n] und komplementäre[n] Zuge­hens­wei­se zum Wort Got­tes“ (29), zu der sowohl ein kri­ti­scher Umgang mit dem Text als auch eine wahr­haft chri­sto­lo­gi­sche Exege­se gehö­ren. Die Auf­ga­be für den Bibel­theo­lo­gen besteht dar­in, „vom Buch­sta­ben zum Geist, von den Wor­ten zum Wort Got­tes auf­zu­stei­gen.“ (30)
    Es scheint, dass die müh­sa­me Arbeit und die tie­fen Ein­sich­ten des Theo­lo­gen Joseph Ratz­in­ger durch die Vor­se­hung Got­tes zum Podi­um der Reform und Erneue­rung einer gesamt­theo­lo­gi­schen Mis­si­on der Kir­che wer­den, jen­seits der Ära des her­me­neu­ti­schen Skeptizismus.
    Die­ses Nach­den­ken wur­de vom Hei­li­gen Vater Papst Bene­dikt XVI., dem uni­ver­sa­len Hir­ten der Kir­che, gelei­tet, der sich in zahl­rei­chen Anspra­chen zum The­ma der Syn­oden­ver­samm­lung geäu­ßert und sich unter ande­rem gewünscht hat, dass die Kir­che sich durch die Wie­der­ent­deckung des Wor­tes Got­tes, das immer aktu­ell ist und nie ver­al­tet, erneu­ert und einen neu­en Früh­ling erlebt. Auf die­se Wei­se könn­te sie in der Welt von heu­te, die nach Gott und sei­nem Wort des Glau­bens, der Hoff­nung und der Lie­be hun­gert, mit neu­er Dyna­mik ihre Sen­dung der Evan­ge­li­sie­rung und der För­de­rung des Men­schen erfül­len.“ (31)
    Mit sei­ner Jesus von Naza­reth-Tri­lo­gie (2007/​2012) zeigt Joseph Ratzinger/​Papst Bene­dikt XVI., wie mit der sog. kano­ni­schen Metho­de die Schwä­chen der histo­risch-kri­ti­schen Metho­de über­wun­den wer­den kön­nen – sehr zum Leid­we­sen der moder­ni­sti­schen Exegeten.

    • Ver­ehr­ter Sophus,erneut mein Dank,für Ihren wert­vol­len und weg­wei­sen­den Beitrag.Ich muss­te sehr lan­ge lesen und nachschlagen.Papst Bene­dikt XVI scheu­te nicht,für den christ­li­chen Glauben,alles,was Ihm durch Got­tes Gnade,Gottes Vorsehung,geschenkt wurde,weiterzugeben.Er schöpf­te sei­ne Wor­te aus der tiefer,unerschöpflicher Quel­le des eines,fleischgewordenes Gottes.Als,ob er das Was­ser des Lebens,immer wie­der und neu,zu den Menschen,im Jetzt,tragen würde,immer mit wah­rem Dreieinigem,lebendigem Gott verbunden,gab er die­se Gna­de an die Menschen,mit gan­zer Kraft ‚die Ihm gege­ben wor­den ist,Nur so,kann ein Prie­ster das Zeug­niss der Erlö­sungs­ge­schich­te ver​kun​den​.So auch Sie,lieber Sophus,geben alles,um die­ses ‚in den Hei­li­gen Evangelien,von den Aposteln,mit Wir­kung des Hei­li­gen Geistes,niederschrieben wor­den ist.Erschreckend ist,was in Fra­ge gestellt wer­den soll und,mächtig und schlau,listig und gebildet,mit Lüge,Betrug und Manipulation,bereits im Gan­ge ist.Erschreckend,dass so viele,an der Zer­stö­rung und Ver­nei­nung der ewi­gen Wahrheit,mitarbeiten.Doch,die ver­lie­ren die Macht,indem sie die Ver­bin­dung zum leben­di­gem Gott,nicht wol­len und verlieren.Diese glau­ben doch lan­ge nicht mehr an den mensch­ge­wor­de­nen Gott,Jesus Chri­stus und an die Wir­kung des Hei­li­gen Geistes.Daran müs­sen sie scheitern.Doch,Der Drei­ei­ni­ger Gott,Er ent​schei​det​.Es wird versucht,die „Wurzel„des Lebens,des Seins an der Stel­le des mensch­ge­wor­de­nen Gottes,durchzutrennen…falls ich mir ein Baum vor­stel­len darf..diese Reli­gi­on zu verletzen,zu ver­nich­ten. Doch,die „Mäch­ti­gen“ kön­nen nicht zerstören,woran Sie nicht glauben,auch mit Hil­fe des Lucifers,nicht.Mein unge­len­kes Schreiben,bitte ich zu entschuldigen,anders geht es nicht mehr.

      • Geehr­te® @ Metho­dus! Sie haben das Pro­blem der moder­nen libe­ra­len Theo­lo­gie sehr rich­tig erfasst und sehr ein­dring­lich beschrie­ben. Mein Dank geht auch an Sie für die­sen wun­der­ba­ren Text.
        Sie haben, abge­se­hen von den klei­nen Kor­rek­tu­ren mei­ner­seits, geschrieben:
        „Papst Bene­dikt XVI scheu­te sich nicht,für den christ­li­chen Glau­ben alles,was Ihm durch Got­tes Gna­de und Got­tes Vor­se­hung geschenkt wor­den ist,weiterzugeben. Er schöpf­te sei­ne Wor­te aus der tiefen,unerschöpflichen Quel­le des einen, fleisch­ge­wor­de­nen Got­tes, als ob er das Was­ser des Lebens immer wie­der und neu zu den Men­schen im Jetzt tra­gen müss­te – immer mit dem wah­ren, leben­di­gen Drei­ei­ni­gen Gott ver­bun­den. So gab er die­se Gna­de an die Men­schen mit gan­zer Kraft wei­ter, die Ihm gege­ben wor­den war.
        Nur so kann ein Prie­ster das Zeug­nis der Erlö­sungs­ge­schich­te .…das, was in den Hei­li­gen Evan­ge­li­en von den Apo­steln mit Wir­kung des Hei­li­gen Gei­stes nie­der­schrie­ben wor­den ist, verkünden.Erschreckend ist,was in Fra­ge gestellt wer­den soll und was mäch­tig und schlau,listig und gebildet,mit Lüge,Betrug und Mani­pu­la­ti­on bereits im Gan­ge ist.Erschreckend, dass so vie­le an der Ver­nei­nung und Zer­stö­rung der ewi­gen Wahr­heit mitarbeiten.Doch sie ver­lie­ren die Macht,indem sie die Ver­bin­dung zum leben­di­gem Gott nicht wol­len und ver­lie­ren. Die glau­ben doch lan­ge nicht mehr an den mensch­ge­wor­de­nen Gott,Jesus Chri­stus und an die Wir­kung des Hei­li­gen Geistes.Daran müs­sen sie schei­tern, denn der Drei­ei­ni­ge Gott: Er ent­schei­det! Es wird versucht,die „Wur­zel“ des Lebens,des Seins an der Stel­le des mensch­ge­wor­de­nen Got­tes zu durch­tren­nen – falls ich mir einen Baum vor­stel­len darf – um die­se Reli­gi­on zu verletzen,zu ver­nich­ten. Doch die „Mäch­ti­gen“ kön­nen nicht zerstören,woran Sie nicht glauben,auch nicht mit Hil­fe Lucifers!

  9. Sehr geehr­ter @Sophus: es gibt wohl weni­ge Theo­lo­gen, die einen sol­chen Durch­blick haben wie Sie und dem Lai­en, wie mir, den Glau­ben, die Schrift und die eigent­lich Auf­ga­be von Theo­lo­gen so gut und wahr ver­an­schau­li­chen kön­nen. Dan­ke Ihnen.
    Wie wün­schens­wert wäre es, wenn sich Prie­ster und Theo­lo­gen Ihre Wor­te zu Her­zen näh­men und umkeh­ren könnten.
    Ich bin der Ansicht, daß das fast nicht anders mög­lich ist als durch Schmerz, Leid und Kreuz. Und das gilt ent­spre­chend für die Laien.
    Durch die hohe Zahl von mos­le­mi­schen Zuwan­de­rern stellt sich eh jedem Chri­sten die Fra­ge nach dem eige­nen Glau­ben und der eige­nen Hoff­nung und Lie­be. Jeder muß sich nun so oder so ent­schei­den und kann die ele­men­ta­ren Fra­gen nicht mehr ver­drän­gen durch Arbeit und „Frei­zeit“ und Kon­sum usw. Ein Wei­ter­so ist wohl wenig rea­li­stisch, denn der Islam ist offen­kun­dig eine Total­her­aus­for­de­rung für Glau­be und Leben jedes ein­zel­nen wie für Kir­che und Staat.

    Papst Bene­dikt XVI., der nicht Papst wer­den woll­te, hat alles rich­tig und gut gesagt, hat­te sich ver­aus­gabt und mehr ging nicht mehr- aber er wirkt ja wei­ter. Sein frei­wil­li­ger Rück­tritt von den „Amts­ge­schäf­ten“ in Demut war und ist da auf­rich­tig kon­se­quent. Es hät­te nie­man­dem mehr etwas genützt, aber nun, in sei­ner Zurück­ge­zo­gen­heit, nützt er wei­ter­hin der Kir­che und den Gläu­bi­gen als Vor­bild der Erneuerung. 

    Viel­leicht ist die „gro­ße Zeit“ der Theo­lo­gen zunächst ein­mal vor­bei. Viel­leicht muß oder soll die Kir­che ins­ge­samt nun „klei­ne Bröt­chen“ backen. Und damit mei­ne ich die Erneue­rung mehr bzw. eher durch inni­ges Gebet, Buße und wür­dig gefei­er­ter hl. Mes­se, um dadurch auch wie­der den guten Geist zu erwecken als Vor­aus­set­zung für wahr­haft gute und gro­ße Theo­lo­gie zum Heil aller Mnecshen.

    • Sehr geehr­ter @ Franzel!
      Ich bin kein Theo­lo­ge! Viel­mehr mische ich mich als Laie ein, was einen kon­kre­ten Anlass hatte:
      Aus Ver­är­ge­rung über Rudolf Aug­steins Leit­ar­ti­kel im „Spie­gel“ Nr. 21 (25. Mai 1999) mit dem Titel: „2000 Jah­re danach – Was bleibt von Jesus Chri­stus? Über den Mythos, der die Welt präg­te“ befas­se ich mich als gelern­ter Histo­ri­ker, Ger­ma­nist und Geo­graph seit­dem mit der Datie­rungs­fra­ge der neu­te­sta­ment­li­chen Schrif­ten, um die Rich­tig­keit der apo­sto­li­schen Früh­da­tie­rung gegen die von Kar­di­nal Kas­per über­nom­me­ne evan­ge­lisch-luthe­ri­sche Hypo­the­se von der Spät­da­tie­rung nach­zu­wei­sen. Das ist mir mit einer an Sicher­heit gren­zen­den Wahr­schein­lich­keit gelungen.
      Da mein Buch nicht bis zur Ordent­li­chen Welt­bi­schofs­syn­ode 2015 fer­tig­ge­stellt wer­den konn­te, habe ich mich im Früh­jahr 2015 in einem Rund­brief an den Hei­li­gen Vater, die Mit­glie­der der Kurie, hoch­ran­gi­ge Kar­di­nä­le der Kir­che, alle Bischö­fe im deutsch­spra­chi­gen Raum und diver­se wei­te­re Geist­li­che, Lai­en­grup­pie­run­gen und Ein­zel­per­so­nen sowie katho­li­sche Medi­en gewandt, um auf der Basis mei­ner For­schungs­er­geb­nis­se zur apo­sto­li­schen Chro­no­lo­gie der neu­te­sta­ment­li­chen Schrif­ten eine Denkal­ter­na­ti­ve zur Spät­da­tie­rungs­theo­lo­gie Kar­di­nal Kas­pers vor­le­gen und jene bestä­ti­gen zu kön­nen, die auf dem Boden der Hei­li­gen Schrift und der Leh­re der Kir­che mit Recht des­sen rela­ti­vi­sti­schen Ansich­ten ent­ge­gen­tre­ten. Denn die apo­sto­li­sche Früh­da­tie­rung ist rich­tig und die evan­ge­lisch-luthe­ri­sche Spät­da­tie­rung der histo­risch-kri­ti­schen Bibel­wis­sen­schaft, auf deren Basis sich alle Wor­te Jesu rela­ti­vie­ren las­sen, ist falsch. 

      Schon ein kur­zer Blick auf die Zeit­ta­fel des pro­te­stan­ti­schen Spät­da­tie­rers Edu­ard Loh­se (Die Ent­ste­hung des Neu­en Testa­men­tes, 1991, 5.Auflage) lässt den refor­ma­to­ri­schen Ansatz der Spät­da­tie­rung erken­nen: Die sie­ben, zwi­schen 50 und 62 datier­ba­ren und als echt dekla­rier­ten Pau­lus­brie­fe, davon fünf mit Bezug zur Recht­fer­ti­gungs­leh­re, sol­len als ein­zig siche­re Grund­la­ge des christ­li­chen Glau­bens übrig blei­ben. Nach Auf­fas­sung der Spät­da­tie­rer sind sie älter als alle Evan­ge­li­en und alle ande­ren Schrif­ten des NT. Was Pau­lus nicht kennt, wird damit als Grund­la­ge des Glau­bens der Kir­che frag­wür­dig. Auf die­se Wei­se lässt sich alles bezwei­feln, was nicht ins refor­ma­to­ri­sche oder pro­gres­si­sti­sche Denk­mu­ster passt. Die Hypo­the­se, dass die Evan­ge­li­en, von Men­schen­hand ver­fasst, erst nach der Tem­pel­zer­stö­rung 70 durch Gemein­de­theo­lo­gen ent­stan­den sind, also vier­zig bis sieb­zig Jah­re nach dem Tod Jesu, beruht im wesent­li­chen auf dem pro­te­stan­ti­schen Wil­len, das heu­ti­ge Chri­sten­tum in Pau­lus zu ver­an­kern und nicht in der Leh­re Jesu Chri­sti, wie sie von den apo­sto­li­schen Augen- und Ohren­zeu­gen schon früh im Neu­en Testa­ment über­lie­fert, in der inspi­rier­ten Tra­di­ti­on der Kir­che ver­tieft und im römi­schen Lehr­amt nie­der­ge­legt wor­den ist.

      Zeit­ta­fel des evang.-luth. Spät­da­tie­rers Edu­ard Loh­se (1991)
      Schrift Verfasser
      um 50: 1. Brief an die Tes­sa­lo­ni­ker Paulus
      53–55: Brief an die Gala­ter Paulus
      um 55: 1. Brief an die Korin­ther Paulus
      um 55: Brief an die Phil­ip­per Paulus
      um 55: Brief an Phi­le­mon Paulus
      um 55: 2. Brief an die Korin­ther Paulus
      um 55: Brief an die Römer Paulus

      um 70: Evan­ge­li­um nach Mar­kus unbekannt
      um 80: Brief an die Kolos­ser unbekannt
      80–90: Brief an die Hebrä­er unbekannt
      um 90 Evan­ge­li­um nach Mat­thä­us unbekannt
      um 90: Evan­ge­li­um nach Lukas unbekannt
      vor 100: Apo­stel­ge­schich­te unbekannt
      vor 100: Offen­ba­rung des Johan­nes unbekannt
      vor 100: Brief an die Ephe­ser unbekannt
      vor 100: 2. Brief an die Tes­sa­lo­ni­ker unbekannt
      vor 100: 1. Petrus-Brief unbekannt
      vor 100: Jako­bus-Brief unbekannt
      um 100: Evan­ge­li­um nach Johan­nes unbekannt
      Anf. 2.Jhdt.: 1., 2. Brief an Tim unbekannt
      Anf. 2.Jhdt.: 1.,2.,3. Johan­nes-Brief unbekannt
      Anf. 2.Jhdt.: Brief an Titus unbekannt
      Anf. 2.Jhdt.: Judas-Brief: unbekannt
      Mit­te 2.Jhdt.: 2. Petrus-Brief unbekannt

      Einer sol­chen Datie­rung der neu­te­sta­ment­li­chen Schrif­ten kann kein Katho­lik Glau­ben schen­ken, der nicht im Mal­strom der Hoch­schul­theo­lo­gie sei­nen Glau­ben ver­lo­ren hat. Erst 1999 erkann­te ich die gan­ze Trag­wei­te der Spät­da­tie­rung der Evan­ge­li­en, denn mit ihr war es einer auf Mar­tin Luthers Recht­fer­ti­gungs­leh­re fixier­ten Bibel­wis­sen­schaft gelun­gen, aus dem vier­ge­stal­tig über­lie­fer­ten Zeug­nis der Apo­stel über die Selbst­of­fen­ba­rung Got­tes in Jesus Chri­stus, eine post­a­po­sto­lisch auf­zu­fas­sen­de Kom­pi­la­ti­on unbe­kann­ter hel­le­ni­sti­scher Autoren zu machen und so Got­tes Wort zum unver­bind­li­chen Men­schen­wort zu erklären. 

      Anstatt die Wahr­heit über den leben­di­gen Gott in den apo­sto­lisch bezeug­ten Schrif­ten zu ver­tie­fen und erfahr­bar wer­den zu las­sen, wird das in die Welt gespro­che­ne Wort Got­tes durch Spät­da­tie­rung rela­ti­vier­bar und kann nach Belie­ben gegen die Kir­che instru­men­ta­li­siert wer­den. Die katho­li­sche Kir­che sieht sich von der ver­stö­ren­den Auf­fas­sung bedrängt, Jesus habe kei­ne Kir­che grün­den wol­len, und die seit fast 2000 Jah­ren bestehen­de, die es so gar nicht geben dürf­te, sei das Pro­dukt der Tra­di­ti­on – der früh­ka­tho­li­schen Kirche!Aus die­ser Erkennt­nis her­aus mach­te ich mich 1999 an die Arbeit.

      Mein eige­ner chro­no­lo­gi­scher Auf­riss der apo­sto­li­schen Schrif­ten des Neu­en Testa­ments ein­schließ­lich des 1. Kle­mens­brie­fes, der alle von den Ver­tre­tern der Spät­da­tie­rung not­ge­drun­ge­nen offen­ge­las­se­nen Fra­gen beant­wor­tet, sieht so aus:

      43 606 Ver­se Mar­kus – Nie­der­schrift der Petruspredigt/​ Rom
      50 1. Brief an die Thessaloniker/​ Korinth
      51 2. Brief an die Thessaloniker/​ Korinth
      54 Gala­ter­brief /​Ephesus
      55 Jakobusbrief/​Jerusalem
      55 Matthäusevangelium/​Jerusalem 54/​55
      56 Lukas­evan­ge­li­um /​Troas/​
      56 Korin­ther­brief /​Ephesus /​Frühjahr 56
      56 2. Korin­ther­brief /​ Make­do­ni­en /​Herbst 56
      57 Römer­brief /​Korinth/​ Win­ter 56/​57
      57 Titus­brief /​ Rei­se­brief vor Caesarea
      57 1. Timo­theus­brief /​ Rei­se­brief vor Caesarea
      58 1. Petrusbrief/​ Rom/​ 57/​58
      59 Hebrä­er­brief /​1. Teil: Caesarea/​ 58/​59/​; 2. Teil: /​Rom/​60
      60 Epheserbrief/​ Rom /​Gefangenenbrief
      60 2. Timotheusbrief/​ Rom /​Gefangenenbrief
      61 Kolos­s­erbrief /​Rom /​Gefangenenbrief
      61. Philemonbrief/​ Rom /​Gefangenenbrief
      62 Philipperbrief/​ Rom/​ letz­ter Gefangenenbrief
      63 Petrus­brief aus Rom/​ 62/​63 (vor dem Tod von Paulus)
      63 Abschluss Apostelgeschichte/​Rom
      63 Abschluss Markusevangelium/​Rom
      63 2. Johannesbrief/​Ephesus
      63 3. Johannesbrief/​Ephesus
      65 1. Johannesbrief/​Ephesus
      65 Abschluss Johannesevangelium/​Ephesus
      69 1. Klemensbrief
      70+ Gehei­me Offen­ba­rung des Johannes/​Patmos (nach 70)

      Unmit­tel­ba­rer Anlass zu mei­ner 33-sei­ti­gen Rund­brief-Akti­on, zu der ich mich durch die Außer­or­dent­li­che Welt­bi­schofs­syn­ode zu Ehe und Fami­lie 2014 und die Früh­jahrs­kon­fe­renz der deut­schen Bischö­fe in Hil­des­heim gezwun­gen gese­hen habe, war die Nach­richt, dass sich die deut­schen Bischö­fe in Hil­des­heim in Sachen „Ehe und Fami­lie“ mit einer Zwei­drit­tel­mehr­heit hin­ter Wal­ter Kar­di­nal Kas­pers „Vor­schlä­ge“ gestellt hat­ten. Denn ich wuss­te, dass die Grund­la­ge von Wal­ter Kar­di­nal Kas­pers „Vor­schlä­gen“ die fal­sche Spät­da­tie­rung der Evan­ge­li­en war. Damit war die Syn­oden-Agen­da klar: Die bekann­ten Wor­te Jesu zu Ehe und Fami­lie soll­ten in Zwei­fel gezo­gen und nicht als apo­sto­lisch authen­tisch über­lie­fer­tes und damit als ver­bind­li­ches Wort Got­tes – etwa in der Sache der Wie­der­ver­hei­ra­te­ten-Geschie­de­nen- von allen begrif­fen wer­den. Daher muss­te die Denkal­ter­na­ti­ve zu Kar­di­nal Kas­pers „Vor­schlä­gen“ vor der Ordent­li­chen Syn­ode im Her­bat 2015 jedem Syn­oda­len wie­der klar vor Augen gestellt wer­den, denn die apo­sto­li­sche Her­kunft des NT, vor allem der Evan­ge­li­en, ist noch immer die gel­ten­de Leh­re der Kirche.

      • Sehr geehr­ter @ Sophus, 

        die Zeit­schrift Tren­ta gior­ni = 30 Tage hat­te mich schon in den 90ern für die­ses The­ma scharf gemacht. So erkann­te ich den Wahn, einer­seits „sola scrip­tu­ra“, gleich­zei­tig die Spät­da­tie­rung als ver­nünf­tig sehen zu wollen.

        Bei Ihrer Auf­zäh­lung zu anno 43 fiel mir sofort die Über­schrift ein: Mar­kus hör­te und schrieb sofort.

        Ich bin dem so früh ver­stor­be­nen Micha­el Mül­ler dank­bar, daß er die­ses Wag­nis auf sich genom­men hat.

      • Sehr geehr­ter Sophus,
        für Ihre detail­lier­ten Aus­füh­run­gen dan­ke ich Ihnen ausdrücklich.
        Ich wer­de sie mei­nem „gei­sti­gen „Sohn“ zukom­men las­sen, der kom­men­den Herbst ins Prie­ster­se­mi­nar Frei­burg ein­tre­ten wird.
        Er soll gerü­stet sein!
        Viel­leicht noch eine Fra­ge: Haben Sie inzwi­schen eine Reak­ti­on bzw. Rück­mel­dung der von Ihnen ange­schrie­be­nen Per­so­nen­grup­pen erhalten?

      • @ Mari­en­zweig
        Ich hat­te mein Rund­schrei­ben mit dem Ver­merk “ Mit der Bit­te um Kennt­nis­nah­me“ ver­se­hen, und damit bewusst signa­li­siert, dass ich kei­ne Rück­ant­wort erwar­te­te. Die­sen Ball hat S.Em. Kar­di­nal Marx in der Rück­ant­wort auf­ge­nom­men und damit den Ver­zicht auf eine Stel­lung­nah­me begrün­det. Eine sehr posi­ti­ve Replik erhielt ich von S.Em. Erz­bi­schof Haas von Liech­ten­stein. Die „Rück­ant­wor­ten“ erfolg­ten für mich indi­rekt: Kar­di­nal Kas­per hat m.E. nicht mehr auf sei­ne bis­he­ri­gen Argu­men­ta­ti­ons­strän­ge auf der Basis der Spät­da­tie­rung im Vor­feld der Ordent­li­chen Syn­ode Herbst 2015 gebaut: Von einer ersten Anpas­sung der Leh­re Jesu an die hel­le­ni­sti­sche Wirk­lich­keit gegen Ende des ersten Jahr­hun­derts und deren moder­ner Adap­ti­on, die sog. Lebens­wirk­lich­keit als wei­te­re Offen­ba­runs­quel­le anse­hen zu kön­nen, war kei­ne Rede mehr. Statt des­sen hat er sei­ne Barm­her­zig­kei­te­theo­lo­gie in den Vor­der­grund gerückt, die nun­mehr von einer neu­en (jesui­ti­schen) „Theo­lo­gie der Lie­be“, erst­mals öffent­lich pro­pa­giert im Mai 2015 in der „Geheim­kon­fe­renz“ in der Gre­go­ria­na, flan­kiert wird. Jeden­falls wuss­te Papst Fran­zis­kus recht­zei­tig, dass er sich gegen das apo­sto­lisch authen­tisch über­lie­fer­te Wort Got­tes stel­len wür­de, wenn er im Gefol­ge Kar­di­nal Kas­pers der histo­risch-kri­ti­schen Men­schen­wort-Theo­rie der Spät­da­tie­rer fol­gen würde.

  10. Übri­gens:
    Sehr geehr­te @Marienzweig!
    Sehr geehr­ter @ Kon­rad Georg!
    Dan­ke für Ihr Inter­es­se. Falls Sie mei­nen ver­kürz­ten Rund­brief, erwei­tert durch ent­spre­chen­de Erläu­te­run­gen in der Dis­kus­si­on mit @ Sua­rez und @ GW, lesen wol­len, haben Sie die Mög­lich­keit, den ent­spre­chen­den Thread im Archiv von katho​li​sches​.info nach­zu­le­sen: unter dem 2.Oktober 2015 und dem Titel „Beu­gen und Ver­bie­gen der Ehe­leh­re“. Mein Bei­trag beginnt etwa in der Mit­te der zahl­rei­chen Kom­men­ta­re. Im Ver­lauf fin­den Sie auch die Liste der Adres­sa­ten mei­nes unver­kürz­ten Rundbriefes.

  11. Sehr geehr­ter @Sophus: vie­len Dank für all Ihre Infor­ma­tio­nen. Ich wer­de mir Ihre Zeit­an­ga­ben auf­schrei­ben bzw. herauskopieren.

    Da haben Sie ja schon vie­le Kämp­fe gefoch­ten, aber man­che Theo­lo­gen sind das eher nicht aus Beru­fung wie es aus­sieht, son­dern wg. Beruf/​Karriere, dem Welt­li­chen. Vie­le den­ken welt­lich-klü­gelnd und ihnen kön­nen sich somit die Geheim­nis­se und vie­les ande­re nicht erschlie­ßen. Lei­der aber sit­zen sie an den „Schalt­he­beln der Macht“, ver­wir­ren die Men­schen und arbei­ten bewußt oder nicht für die Anti-Kirche.
    Vie­le Theo­lo­gen sind offen­kun­dig bar jeder Ver­nunft, was die Datie­rung der Schrif­ten anbe­langt. Es sind Wöl­fe im Schafs­pelz, die die Kir­che zer­stö­ren möch­ten und kei­nen Glau­ben an den Gott­men­schen Jesus Chri­stus haben.

    Wenn man sich über­legt mit wel­cher Kraft und wel­chem Frei­mut die Apo­stel nach Pfing­sten auf­ge­tre­ten sind und gelehrt haben und mit wel­cher Kraft der Dia­kon Ste­pha­nus Chri­stus Jesus ver­kün­dig­te und die Schrift­ge­lehr­ten wider­leg­te, ist es ein Zei­chen völ­li­ger Deka­denz und Bos­heit, offen oder unter­schwel­lig zu behaup­ten, die Apo­stel wären eigent­lich nicht ganz klar im Kopf gewe­sen: „voll von süßem Wein“. 

    Kla­rer als die Apo­stel nach Pfing­sten war kaum jemand- und die Mut­ter­got­tes, der Sitz der Weis­heit, hat­te ihnen immer gera­ten und sie auch andau­ernd vor den dämo­ni­schen Angrif­fen durch Gebet und Opfer geschützt.
    Die Apo­stel als die Augen- und Ohren­zeu­gen nicht als „frü­he“ Ver­fas­ser der Evan­ge­li­en zu rüh­men, ist eine sata­ni­sche Marotte.
    Es steht fest, daß die Apo­stel etwa 12 Jah­re nach dem Kreu­zi­gungs­tod Chri­sti sich dar­an mach­ten, alle Ereig­nis­se und Bege­ben­hei­ten auf­zu­zeich­nen, weil es ein­fach auch der Not­wen­dig­keit ent­sprach, die inzwi­schen zahl­rei­chen Gemein­den umfas­send zu infor­mie­ren und zu beleh­ren über die Heils­ge­schich­te und Heils­ta­ten des Erlö­sers Jesus Chri­stus. Etwas anders anzu­neh­men und zu behaup­ten ist unver­nünf­tig sowie rea­li­täts­fremd und böswillig.

    Über den Zeit­punkt der Ent­ste­hung der Evan­ge­li­en habe ich Wahr­haf­tes und Schlüs­si­ges in den Nie­der­schrif­ten der Maria von Agre­da aus dem „Leben der jung­fräu­li­chen Got­tes­mut­ter Maria“ gele­sen (Her­aus­ge­ber Albert Dre­xel, 1982). Da wird die Nie­der­schrift der Evan­ge­li­en sogar noch frü­her datiert, als Sie es ange­ben, geehr­ter @Sophus.
    Man­che Theo­lo­gen und ande­re aber wer­den die­ses Werk nicht lesen kön­nen, weil eini­ges abver­langt wird vom Leser- ganz vor­ab-: Lie­be, Glau­ben sowie Ver­nunf­t­ein­falt und Demut und Hör­wil­lig­keit. Das Werk ist versiegelt.

  12. @ sophus
    Ich fin­de es sehr wert­voll, dass Sie die Früh­da­tie­rung der neu­te­sta­ment­li­chen Schrif­ten, beson­ders der Evan­ge­li­en, histo­risch unter­mau­ern und den katho­li­schen Ober­hir­ten in Erin­ne­rung rufen.
    Ein wenig ärger­lich fin­de ich, wenn Sie dabei die refor­ma­to­ri­sche Bibel­wis­sen­schaft ein­sei­tig aufs Korn neh­men. Ich habe eine Rei­he von Bibeln zuhau­se, gewiss eine eher zufäl­li­ge Aus­wahl. Aber wenn katho­li­sche Bibeln seit dem 2. Vati­ka­num gera­de­zu pene­trant Spät­da­tie­run­gen in den Ein­lei­tungs­ka­pi­teln auf­drän­gen, dann ist das den Her­aus­ge­bern und Impri­matur ertei­len­den katho­li­schen Bischofs­kon­fe­ren­zen anzu­la­sten, nicht den Luthe­ra­nern und Refor­mier­ten. Sowohl in Aus­ga­ben der Jeru­sa­le­mer Bibel wie der Ein­heits­über­set­zung wie der Über­set­zung aus Her­ders Bibel­kom­men­tar z.B. wer­den die Evan­ge­li­en von 70 bis 90, jeden­falls n a c h der Zer­stö­rung Jeru­sa­lems, datiert (still­schwei­gend unter­stel­lend, dass die von den Evan­ge­li­sten berich­te­ten Pro­phe­zei­un­gen des Herrn nur vati­ci­nia ex even­tu wären). In mei­nen pro­te­stan­ti­schen Bibel­aus­ga­ben hin­ge­gen wird die Ent­ste­hung der Evan­ge­li­en stets vor der Zer­stö­rung Jeru­sa­lems ange­setzt, meist zwi­schen 50 und 70, wobei man sich auf die früh­christ­li­chen katho­li­schen Zeu­gen beruft! Mei­ne 1964 gedruck­te Luther­bi­bel von 1912 nennt kein Datum (über­nahm also gera­de nicht die aktu­el­len bibel­kri­ti­schen For­schungs­re­sul­ta­te). Mei­ne Schlach­ter-2000-Bibel (4. Aufl. 2013) nennt, um ein Bei­spiel zu neh­men, als Autor des Mat­thä­us­evan­ge­li­ums den Augen­zeu­gen Matthäus/​Levi (was die moder­nen katho­li­schen Aus­ga­ben auch nicht tun) und als Zeit der Nie­der­schrift 40 bis 60! Mei­ne eng­li­sche Sco­field-Bibel mit dem Text der King James Ver­si­on nennt als Jahr der Abfas­sung des Mat­thä­us­evan­ge­li­ums das Jahr 37 !
    Mei­ne beschei­de­ne Bit­te ist ein­fach die nach dif­fe­ren­zier­te­rer Sicht­wei­se. Prü­geln Sie bit­te nicht die Fal­schen! Unstrei­tig hat die libe­ra­le pro­te­stan­ti­sche (und jüdi­sche) Bibel­kri­tik viel Unheil ange­rich­tet. Aber nie haben alle Pro­te­stan­ten sie über­nom­men, noch tun sie das heu­te. Wenn katho­li­sche Pro­fes­so­ren die libe­ra­le Bibel­kri­tik rezi­pier­ten und die Bischö­fe und der Vati­kan deren teils rich­ti­gen teils fal­schen Ergeb­nis­se in die Bibel­aus­ga­ben über­nah­men und dadurch die Glaub­wür­dig­keit unse­rer wich­tig­sten Glau­bens­ur­kun­den unter­gra­ben und die Gläu­bi­gen in Ver­wir­rung füh­ren, dann sind allein sie selbst dafür verantwortlich.

    • @ Leo Laemmlein
      Sie mei­nen: „Ein wenig ärger­lich fin­de ich, wenn Sie dabei die refor­ma­to­ri­sche Bibel­wis­sen­schaft ein­sei­tig aufs Korn neh­men“. Ihren Ärger müs­sen Sie schon bei der evan­ge­lisch-luthe­ri­schen Bibel­wis­sen­schaft abla­den. Denn von Luther führt eine Spur der ein­sei­ti­gen Ver­ein­nah­mung der neu­te­sta­ment­li­chen Schrif­ten durch die evan­ge­lisch-luthe­ri­sche Bibel­wis­sen­schaft über Sem­ler, Rei­ma­rus, die Tübin­ger Schu­le, der Leben-Jesu-For­schung, Robert Bult­manns bis in die Gegen­wart, auch zu den libe­ra­len Neu­te­sta­ment­lern im katho­li­schen Lager. Die katho­li­sche Kir­che hat sich viel zu spät mit der Bri­sanz der Datie­rungs­fra­ge befasst. Erst mit Papst Leo XIII. erkann­te man die exi­sten­ti­el­le Gefahr für die eige­ne Leh­re, die von die­ser Falsch­da­tie­rung aus­ging. Papst Pius X. woll­te die­se Gefahr mit restrik­ti­ven Maß­nah­men gegen Per­so­nen ein­däm­men, die von Papst Johan­nes XXIII. in sei­ner Eröff­nungs­re­de zum VII zurück­ge­wie­sen wor­den sind. Damit stand der Adap­ti­on der Spät­da­tie­rungs­theo­lo­gie in der katho­li­schen Kir­che bis zur Spal­tungs­ge­fahr in der Gegen­wart wenig mehr entgegen.

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