Rückblick 2015 – Verfälschungen der Weihnachtsgeschichte


Geburt Jesu - Verfälschungen der Weihnachtsgeschichte
Die Geburt Jesu - Verfälschungen der Weihnachtsgeschichte

Man­che Weih­nachts­pre­di­ger redu­zie­ren heu­te das Weih­nachts­er­eig­nis auf den Men­schen und die Mensch­lich­keit Jesu – viel­fach mit aria­ni­schen Folgerungen.

Anzei­ge

Ein Gast­bei­trag von Hubert Hecker.

Bei einer Nach­be­trach­tung von Weih­nachts­pre­dig­ten und ‑Medi­ta­tio­nen fällt Fol­gen­des auf:
Die mit Abstand am mei­sten zitier­te Weih­nachts­aus­sa­ge war: Gott ist Mensch gewor­den. Dann folgt der Satz von der Men­schen­freund­lich­keit Got­tes auf­grund der Mensch­wer­dung. Das sind zwar rich­ti­ge und biblisch fun­dier­te Basis­sät­ze der Weih­nachts­bot­schaft. Gleich­wohl ergibt sich ein Unbe­ha­gen und zwar dadurch,

was die Pre­di­ger nicht zitiert und aus­ge­führt haben – etwa aus dem Lukas-Evangelium:

â–ª Der Engel kün­digt an: Heu­te ist euch der Erlö­ser gebo­ren, der Mes­si­as und Herr.
â–ª Die Engel rüh­men die Ehre Gottes.
â–ª Die Hir­ten loben und prei­sen Gott.
â–ª In die­sem Kind ist das Heil für alle Völ­ker, das Licht zur Offen­ba­rung für die Hei­den erschienen.
â–ª Das Kind ist vom Hei­li­gen Geist gezeugt– so bei Matthäus.
â–ª Jesus wird sein Volk erlö­sen von sei­nen Sünden.
â–ª Wir (die drei Wei­sen) sind gekom­men, um dem neu­ge­bo­re­nen König zu huldigen.
â–ª Der in die Welt kam, durch den ist die Welt gewor­den – heißt es im Johannes-Prolog.
â–ª Wir schau­ten die Herr­lich­keit des Ein­ge­bo­re­nen vom Vater.

Der Über­blick macht klar: Man­che Weih­nachts­pre­di­ger redu­zie­ren heu­te das Weih­nachts­er­eig­nis auf den Men­schen und die Mensch­lich­keit Jesu. Die gleich­zei­tig erschie­ne­ne Herr-lich­keit Got­tes, die Gött­lich­keit des Kin­des, der lang erwar­te­te Mes­si­as und Herr, der Erlö­ser von unse­ren Sün­den, das Heil für alle Völ­ker und das Licht für die Hei­den – alle die­se biblisch geof­fen­bar­ten Bestim­mun­gen des neu­ge­bo­re­nen Kin­des wer­den weit­ge­hend ausgeblendet.

Arianische Folgerungen aus der Reduktion der Weihnachtsgeschichte

Die Fokus­sie­rung der Weih­nachts­bot­schaft auf die Mensch­lich­keit des neu­ge­bo­re­nen Men­schen Jesus zieht ein aria­ni­sches Chri­stus­bild nach sich. So hat es der pro­te­stan­ti­sche Theo­lo­ge Fried­rich W. Graf kürz­lich in einem FAZ-Streit­ge­spräch mit Mar­tin Mose­bach dar­ge­legt: Jesus war nichts als ein Mensch, in sei­nem erwach­se­nen Leben ein jüdi­scher Wan­der­pre­di­ger Und dann haben von ihm beein­druck­te from­me Leu­te ihm den Titel ‚Mes­si­as’ oder ‚Sohn Got­tes’ gege­ben. Alle bibli­schen Glau­bens­aus­sa­gen wer­den von Graf aria­nisch-imma­nent inter­pre­tiert wie etwa die Auf­er­ste­hung: Sie sei eine Sym­bo­li­sie­rung von Frei­heit oder inner­welt­li­cher Tran­szen­denz: Nie­mand geht im Vor­han­de­nen auf. Auch von katho­li­schen Theo­lo­gen und Emi­nen­zen wer­den die bibli­schen Erlö­ser- und Erlö­sungs­aus­sa­gen zu Jesus Chri­stus auf ähn­li­che Imma­nenz-Per­spek­ti­ven heruntergebrochen.

Inkarnation als das Zentrale des Christentums

Dage­gen stellt Mose­bach die Inkar­na­ti­on als das Zen­tra­le des Chri­sten­tums hin. Weih­nach­ten – das ist zunächst der Ein­tritt Got­tes in die Geschich­te, in die „Fül­le der Zei­ten“. Eigent­lich müss­ten wir das gan­ze Jahr über Weih­nach­ten fei­ern, weil es immer um die Mensch­wer­dung Got­tes geht. Tat­säch­lich fei­ern wir in jeder hei­li­gen Mes­se Weih­nach­ten: Chri­stus wird in der Mes­se gebo­ren, stirbt dar­in und steht auf. Dar­in unter­schei­det sich die christ­li­che Auf­fas­sung von Goe­thes Lebens­phi­lo­so­phie.

Nach die­sem Plä­doy­er für eine kon­se­quen­te Inka­na­ti­ons-Theo­lo­gie (und ‑Lit­ur­gie) scheint in der Weih­nachts­aus­sa­ge: Gott ist Mensch gewor­den eben doch die gan­ze christ­li­che Wahr­heit ent­hal­ten zu sein, nach der Jesus, der Chri­stus, wah­rer Gott und wah­rer Mensch ist.

Aus dem Inkarnationsgedanken den Tod Gottes folgern

Doch die Ant­wort vom Theo­lo­gen Graf zer­stört post­wen­dend die­sen schein­ba­ren theo­lo­gi­schen Licht­blick: Ich bin gewiss dafür, den Inkar­na­ti­ons­ge­dan­ken sehr, sehr ernst zu neh­men. Inkar­na­ti­on bedeu­tet immer auch den Gedan­ken des Todes Got­tes zu den­ken, wenn Sie theo­lo­gisch kon­se­quent sind. Inkar­na­ti­on bedeu­tet Aner­ken­nung und Frei­heit: Er wird ein Knecht und ich ein Herr, das mag ein Wech­sel sein.

Wie funk­tio­niert so eine Argu­men­ta­ti­on, aus dem Inkar­na­ti­ons­ge­dan­ken den Tod Got­tes zu fol­gern? Oder wie ist Inkar­na­ti­on als Pro­zess zu den­ken, bei dem Gott ein Knechts­mensch wird und der Mensch sich zum Dominus/​Herr vergöttlicht?

Grafls dialektische Inkarnationstheologie landet bei den Arianern

Mit dem Stich­wort vom Wech­sel zwi­schen Herr und Knecht gibt Graf einen Hin­weis auf eine berühm­te Schrift des deut­schen Phi­lo­so­phen G. W. F. Hegel. An des­sen dia­lek­ti­scher Phi­lo­so­phie – oder was er dafür hält – scheint er sich zu ori­en­tie­ren. Jeden­falls bedient er sich sei­ner Spra­che. Der Gedan­ke vom Tode Got­tes wäre in die­sem Rah­men mit fol­gen­der Argu­men­ta­ti­on zu denken:
Mit der Inkar­na­ti­on ist die Gött­lich­keit im ganz Ande­ren des Men­schen auf­ge­ho­ben und das in zwei­sin­ni­ger Bedeutung:
â–ª Das Gott­sein Got­tes ist mit sei­ner Mensch­wer­dung auf­ge­ho­ben im Sin­ne von ‚zum Ende gekom­men’. Damit wäre der Tod Got­tes angesagt.
â–ª Ande­rer­seits lebt durch die Inkar­na­ti­on das Gött­li­che im Mensch­sein wei­ter. Somit ist in der Mensch­heit das Gött­li­che auf­ge­ho­ben im Sin­ne von aufbewahrt.

Bei die­ser Art von Inkar­na­ti­ons­theo­lo­gie wird viel­fach die Leh­re vom drei­ei­ni­gen Got­tes geleug­net, inso­fern man nicht an die Prä­exi­stenz des Fleisch gewor­de­nen Logos und die Leh­re vom ein­ge­bo­re­nen Sohn des Vaters (Johan­nes-Pro­log) glaubt. Dar­aus folgt die Theo­lo­gie der Aria­ner, die an das wah­re Gott­sein von Jesus Chri­stus nicht wirk­lich glau­ben. Schließ­lich erge­ben sich aus die­sem Gedan­ken­gang Phan­ta­sien über die Ver­gött­li­chung der Mensch­heit im hybri­den Sin­ne, näm­lich zu sein wie Gott.

Alle Theologie auf ewig Anthropologie?

Der katho­li­sche Theo­lo­ge Karl Rah­ner geht einen ande­ren Argu­men­ta­ti­ons­weg, kommt aber zu ähn­li­chen Ergebnissen:
â–ª Wenn Gott selbst Mensch ist und es in Ewig­keit bleibt, dann wird alle Theo­lo­gie auf ewig Anthro­po­lo­gie sein. Hin­ter die­ser anma­ßen­den Aus­sa­ge steht die theo­lo­gi­sche Spe­ku­la­ti­on, dass Gott in der Mensch­lich­keit auf­geht.
â–ª Die Gott­mensch­lich­keit darf nicht so sehr als etwas gese­hen wer­den, was uns von Jesus (nicht Chri­stus!) unter­schei­det. Sie ist der Anfang der Bewe­gung der Selbst­tran­szen­denz zur Nähe Got­tes. Von da aus erscheint die Inkar­na­ti­on als der blei­ben­de Anfang der Ver­gött­li­chung der Welt im Gan­zen (Zita­te aus Rah­ners ‚Kurs­buch des Glaubens’).

Zwei widerstreitende Inkarnationstheologien

Aus die­sem Befund ergibt sich, dass es zwei wider­strei­ten­de Inkar­na­ti­ons­theo­lo­gien gibt: zum einen die klas­sisch-katho­li­sche, die auch Mar­tin Mose­bach ver­tritt, und zum andern die aria­nisch-dia­lek­ti­sche. Die Ver­tre­ter die­ser Phi­lo­so­phie benut­zen die For­mel: Gott ist Mensch gewor­den als Ein­falls­tor für ihre hete­ro­do­xen Wei­ter­füh­run­gen. Manch einer täuscht damit den Gläu­bi­gen Katho­li­zi­tät vor. Um in Zei­ten des Aria­nis­mus’ jeder Miss­deu­tung vor­zu­beu­gen, soll­te der Glau­bens­satz stets in fol­gen­der Form aus­ge­sagt wer­den: Der (ein­ge­bo­re­ne) Got­tes­sohn ist Mensch geworden. 

Die Hand­schrift von Aria­nis­mus und dia­lek­ti­scher Inkar­na­ti­ons­leh­re kann man in man­chen Aus­le­gun­gen der bibli­schen Weih­nachts­ge­schich­te erken­nen. Ein Ele­ment ist die direk­te oder impli­zi­te Bestrei­tung des (histo­ri­schen) Wahr­heits­ge­halts der bei­den Weih­nachts­evan­ge­li­en. Denn Zeu­gung durch den Hei­li­gen Geist sowie Engels­ver­kün­di­gung von Mari­as Kind als Mes­si­as und Erlö­ser, als Herr und Gott haben für moder­ne Theo­lo­gen allen­falls Sym­bol­wert. Der evan­ge­li­sche ‚Lan­des­bi­schof’ in Braun­schweig nann­te kürz­lich die bibli­sche Weih­nachts­ge­schich­te aus­drück­lich eine Legen­de und deren Haupt­aus­sa­gen Meta­phern.

Humanistische Weihnachtspredigten im Rotary-Club

Auch der Kir­chen­ge­schichts­pro­fes­sor und Prie­ster Hubert Wolf betei­ligt sich an die­ser Rela­ti­vie­rung, bei der die Weih­nachts­evan­ge­li­en nicht in erster Linie als histo­ri­sche Berich­te zu ver­ste­hen sei­en – im Gegen­satz zu Papst Bene­dikts Dar­le­gung in sei­nem drit­ten Jesus-Buch. Wolf leg­te kürz­lich sei­ne Schrift Ankunft 24. Dezem­ber vor, in der er Medi­ta­tio­nen zu Weih­nachts­fei­ern sei­nes Rota­ry-Clubs in Mün­ster ver­sam­melt. Dar­in will er vor allem die unge­heue­ren Poten­tia­le der Mensch­wer­dung Jesu Chri­sti für die Mensch­wer­dung des Men­schen von heu­te aus­schöp­fen. Es geht dem Ver­fas­ser aber nicht um die spe­zi­fisch christ­li­che Über­win­dung der Sün­den­knecht­schaft, um die Nach­fol­ge Chri­sti oder die Anglei­chung an Jesus Chri­stus auf dem Weg zur Voll­kom­men­heit wie der Vater. Son­dern Wolf destil­liert aus der Bibel aus­schließ­lich all­ge­mein-huma­ni­sti­sche Rat­schlä­ge: Einem Stern fol­gen soll bedeu­ten, gewohn­te Bah­nen zu ver­las­sen. Oder: So wie Gott Mensch wur­de in Beth­le­hem, … so ste­hen dir, Mensch, vor Gott stets alle unver­bau­ten Mög­lich­kei­ten der Mensch­wer­dung offen. Oder: Die Zukunft als Chan­ce soll hei­ßen, begei­ste­rungs­fä­hig blei­ben und alle Sei­ten zum Klin­gen brin­gen.

Banalisierung der Weihnachtsgeschichte versus …

Mensch­wer­dung des Men­schen heißt für Wolf ein­fach, Ent­fal­tung der mensch­li­chen Fähig­kei­ten. Die Anre­gun­gen des Autors mögen ja sinn­vol­le Lebens­rat­schlä­ge sein. Aber hat dazu Gott sei­nen Sohn in die Welt geschickt, damit die Men­schen alle mensch­li­chen Sei­ten ihrer Anla­gen zum Klin­gen brin­gen kön­nen? Braucht man für sol­che huma­ni­sti­sche Rat­ge­ber-Pre­dig­ten eigent­lich noch die Bibel?

… Weihnachtsfrömmigkeit in alten Liedern

Die Bana­li­sie­rung man­cher Evan­ge­li­ums-Aus­le­gung und beson­ders der Weih­nachts­ge­schich­te wird im Ver­gleich mit der Krip­pen­fröm­mig­keit der Chri­sten frü­he­rer Jahr­hun­der­te deut­lich, wie sie in den alten Weih­nachts­lie­dern aufscheint.

â–ª Sehet auf, der Ret­ter kommt. Denn der Herr erlöst sein Volk.
â–ª Christ, der Ret­ter, stieg her­nie­der, der sein Volk von Schuld befreit..
â–ª Wahr’ Mensch und wah­rer Gott, hilft uns aus allem Lei­de, ret­tet von Sünd’ und Tod
â–ª Der Abglanz des Vaters, Herr der Her­ren alle, ist heu­te erschie­nen in unserm Fleisch…
â–ª Oh gött­li­ches Kind, was lei­dest du alles für unse­re Sünd’.
â–ª Es ist der Herr Christ, unser Gott, der will euch führ’n aus aller Not; er will euer Hei­land sel­ber sein, von allen Sün­den machen rein.

Die Ant­wor­ten der Chri­sten auf das Geheim­nis der Mensch­wer­dung des Gottessohnes:
â–ª Sei uns will­kom­men, Her­re Christ, der du unser aller Her­re bist (11./13. Jh.)
â–ª Dich wah­ren Gott ich fin­de in mei­nem Fleisch und Blut, dar­um ich fest mich bin­de an dich mein höch­stes Gut, eja, eja, an dich mein höch­stes Gut (Fried­rich Spee, 1637)
â–ª Oh lasst uns ihn lie­bend emp­fan­gen, die Her­zen ihm öff­nen all­hier … (1781)
â–ª Kommt las­set uns anbe­ten den König, den Herrn (Ade­ste, fide­les, 1790)
â–ª Lasst uns vor ihm nie­der­fal­len, ihm soll unser Dank erschal­len: Ehre sei Gott in der Höhe!
â–ª Oh beugt wie die Hir­ten anbe­tend die Knie… (1811)

Text: Hubert Hecker
Bild: Lucas Cra­nach (1515)

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17 Kommentare

  1. Das ist ein guter Artikel!

    Wie sehr aber selbst die Ein­heits­über­set­zung hier regel­rech­te Über­set­zungs­feh­ler ein­ge­baut hat, um die­se Häre­sie zu recht­fer­ti­gen, habe ich gera­de neu­lich schon mal verhandelt:

    https://​cha​ris​ma​tis​mus​.word​press​.com/​2​0​1​6​/​0​1​/​1​0​/​m​e​s​s​i​a​n​i​s​c​h​e​-​v​e​r​h​e​i​s​s​u​n​g​-​d​e​s​-​p​r​o​p​h​e​t​e​n​-​j​e​s​a​j​a​/​#​c​o​m​m​e​n​t​-​3​8​734

    Das wird in der Jesa­ja­stel­le in die­ser Über­set­zung der EÜ tat­säch­lich der Pas­sus, wo es heißt, Gott habe den Mes­si­as „bewahrt“ über­setzt, Gott habe ihn „geschaf­fen“ – den Sohn Got­tes „geschaf­fen“. Und das, wo wir beken­nen, dass er gezeugt und gebo­ren ist 8schon aus Gott) und dann in der Inkar­na­ti­on eben nicht wie bei Fleisch und Blut durch natür­li­che Zeu­gung durch einen Mann, son­dern durch über­na­tür­li­che Zeu­gung sei­tens Got­tes und die natür­li­che „Zeu­gung“ einer Frau, die aber dem gesche­hen nicht – wie bei einer mensch­li­chen zeu­gung – „par­al­lel“ gedacht wer­den darf. Mari­as zeu­gungs- und Geburts­tä­tig­keit muss von ihrer Sünd­lo­sig­keit her gese­hen wer­den und ist daher nur bedingt par­al­le zu set­zen zu einer natür­lich müt­ter­li­chen Zeu­gungs­tä­tig­keit, die in unse­rem hOri­zont ja ver­dun­kelt ist durch die Sün­de nach gen. 3, 15,16, eben­so wie die des man­ne sso­wie­so, der hier­für offen­bar unter Sün­de GAR nicht in Fra­ge kom­men konnte.

    Inter­es­san­ter­wei­se wird die­ser Punkt in der mit­tel­al­ter­li­chen Mari­en­min­ne aus­fürhr­lich theo­lo­gisch medi­tiert und soll­te von uns wie­der rezi­piert wer­den. Es geht in die­sen Mari­en­dich­tun­gen um die Inklu­si­on des Men­schen in die Gott­heit, die sich durch Maria und in Chri­stus voll­zieht für immer.

    Da „stirbt“ Gott nicht, andern­falls ver­fie­le auch der Mensch dem ewi­gen Tod.

    Ich sehe aber, dass wir alle­samt, auch im kon­ser­va­ti­ven Lager, sehr aria­nisch den­ken, oft auch ist eine Art Kryp­to-Aria­nis­mus, der über die „Ver­recht­li­chung“ Jesu und eine Über­be­to­nung der irdi­schen Hier­ar­chie läuft. Unbe­merkt führt näm­lich auch die Über­hö­hung der Hier­ar­chie zum sel­ben Ergeb­nis wie das, was Herr Hecker da referiert. 

    Sehen Sie sich das mal an!

    • O Ver­zei­hung für die vie­len Tipp­feh­ler, irgend­wie schluckt ent­we­der mei­ne Tasta­tur Befeh­le oder ich bin schnel­ler als der Appa­rat über­haupt reagie­ren kann…
      Bit­te Ver­zei­hung, ich gebe mir Mühe, das zu verbessern.

  2. Theo­lo­gen als Aria­ner und Zweif­ler wird es immer wie­der geben, solan­ge die Welt
    besteht. Ange­fan­gen von dem Jesui­ten Rah­ner, der gro­ßen Ein­fluss bei dem II. Vati-
    kanum hat­te, sein Sich­ten wur­den als weg­wei­send und fast gött­lich gese­hen, und der
    pro­gres­si­ven Theo­lo­gen von heu­te, wird das Weih­nachts-Gesche­hen rein ratio­nell und
    nicht als histo­risch betrach­tet. So wird alles auf das rein Mensch­li­che bezo­gen und
    die gött­li­che Wirk­lich­keit ver­deckt und rela­ti­viert. Mit die­sem fal­schen Menschen-
    bild erhebt sich der Mensch über sei­nen Schöp­fer. Wie anders kann es sein, wenn
    Fran­zis­kus davon spricht, dass Jesus durch unse­re Sün­den, zum gro­ßen Sün­der wurde.
    Wenn so wei­ter gespon­nen, von Dämo­nen geführt, die Drei­ei­nig­keit Got­tes anders aus-
    legt oder bezwei­felt wird, dann ist es nur ein klei­ner Schritt in Rich­tung Allah,
    dem Alleinigen.

  3. Was übri­gens Hubert Wolf betrifft, bin ich immer wie­der über­rascht, dass sei­ne unbe­streit­bar hohe wis­sen­schaft­li­che Intel­li­genz offen­bar den Trans­fer in eine Sicht des Glau­bens nicht schafft.

    Ich schät­ze ihn als Wis­sen­schaft­ler sehr, aber ich bin jedes­mal bestürzt, wenn ich sei­ne bana­len spi­ri­tu­el­len Schluss­fo­ge­run­gen lese. Er ist wie unter einer aka­de­mi­schen Dunst­glocke: er sieht bril­lant durch ihr geschlif­fe­nes Glas hin­durch, kann sich aber aus ihrer Hau­be nicht befreien.

  4. Pater Alex­an­der Metz von der Petrus-Bru­der­schaft über die unver­fälsch­te Bedeu­tung des Weihnachtsfestes:
    -

    Weih­nach­ten heisst, 
    dass GOTT 
    in einer KONKRETEN PERSON, 
    an einem BESTIMMTEN ORT, 
    zu einer BESTIMMTEN ZEIT 
    in unse­re Welt gekom­men ist.
    Sicht­bar, hör­bar, fass­bar, in mensch­li­scher Gestalt: 
    In Gestalt eines Kindes.
    „Der Ein­zi­ge, der Gott ist und am Her­zen des Vaters ruht, 
    er hat Kun­de gebracht“
    ( Joh 1,7)

    Dabei wohnt Gott nicht nur in Bethlehem.
    Sondern 
    die­ses Kind IST GOTT.

    Kein Gleich­nis, 
    kein Bild, 
    kein Symbol, 

    son­dern WIRKLICHKEIT.

    Gleich­nis­se Bil­der und Sym­bo­le kön­nen uns 
    nicht 
    erlösen.
    All das hat­ten die Men­schen auch schon vor Christus.

    ERLÖSEN KANN UNS NUR 
    DER WIRKLICH UND WAHRHAFT IM FLEISCH ERSCHIENENE GOTT.
    Das Gebet des Herrn 
    erin­nert uns nicht nur täg­lich an die­ses Geheimnis, 
    son­dern es ver­mehrt in uns zugleich den Glauben.“
    -

    Der Engel des Herrn sprach:
    -
    Lk 2,11
    Heu­te ist euch in der Stadt Davids der 
    Ret­ter (Hei­land) 
    geboren; 
    er ist (Chri­stus) der Mes­si­as, der Herr.
    – 

    Unser Herr und Gott Jesus Christus

    Ret­ter /​ Hei­land

    Mes­si­as /​ Gesalb­ter /​ Chri­stus 

    Herr

    Ret­ter /​ Hei­land  bezeich­net Sein Tun, 

    Der zwei­te Name 
    – Chri­stus der Mes­si­as ( Gesalb­ter )- bezeichnet 
    das Sein als Gott-Mensch.

    Der drit­te Name schliess­lich – Herr – weist auf  Sei­ne Maje­stät hin.

  5. Der von uns täg­lich gedul­de­te Arianismus:
    Nach­dem in der For­ma ordi­na­ria des latei­ni­schen Mess­ri­tus das Niz­ä­no-Kon­stan­ti­no­po­li­ta­ni­sche Glau­bens­be­kennt­nis nicht ver­pflich­tend weil ersetz­bar ist, bleibt in der gan­zen Mess­lit­ur­gie nur ein ein­zi­ger ver­pflich­ten­der Pas­sus, der die Gott­heit Chri­sti bekennt, näm­lich jene Schluss­for­mel zum Tages­ge­bet, die jeder Gläu­bi­ge, der das Stun­den­ge­bet der Kir­che betet, aus­wen­dig kennt:
    „… (Dar­um bit­ten wir) durch Jesus Chri­stus, dei­nen Sohn, unse­ren Herrn und Gott, der in der Ein­heit des Hei­li­gen Gei­stes mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit.“
    Nach mei­ner Erfah­rung wird seit Jah­ren die­ses ein­zig ver­blie­be­ne Bekennt­nis zur Gott­heit Jesu in der hl. Mess­lit­ur­gie von 40 – 60 % der Zele­bran­ten durch Abän­de­rung der For­mel unter­schla­gen. Wie sind die Erfah­run­gen ande­rer Leser?

    • „durch Jesus Chri­stus, unse­ren Freund und Bru­der, der mit dir lebt und uns liebt“… oft so gehört in Zürich, z.B. Liebfrauen

      was folgt dar­aus für Zürich? Per­so­nal­pfar­rei der FSSP in Zürich

      nie so gehört in mei­ner bay­ri­schen Heimat

  6. Hal­lo,

    Eure Hegel-Aus­le­gung ist ein­fach grauenhaft!

    Es mag gut sein, dass Graf Hegel nicht ver­steht, aber es geht Euch wohl auch nicht besser.

    Aus­ge­rech­net Hegel, der als ein­zi­ger Phi­lo­soph die Drei­ei­nig­keit Got­tes über­haupt je logisch gedacht hat, vor­zu­wer­fen, dass sie „die Leug­nung des drei­ei­ni­gen Got­tes zur Vor­aus­set­zung“ hät­te, das ist schon gera­de­zu grotesk!

    Hegel denkt nicht nur die 1. Nega­ti­on, d. i. der Tod Got­tes, son­dern aus­drück­lich auch die 2. Nega­ti­on, d. i. die Nega­ti­on die­ser ersten Nega­ti­on, d. i. die Auf­er­ste­hung Chri­sti bzw. Gottes!

    Ich bin in vie­len Inhalt­li­chen Punk­ten eigent­lich sehr ein­ver­stan­den mit die­sem Forum, aber bit­te nicht auf einer so bar­ba­ri­schen phi­lo­so­phi­schen Grund­la­ge, und bit­te nicht mit dem Ver­leum­den von Phi­lo­so­phen, nur weil man sie nicht ver­stan­den hat.

    Das „Pro­blem“ mit Hegel ist sehr kom­plex, so dass ich es hier nicht aus­rei­chend dar­stel­len kann. Dabei geht es pri­mär um den Punkt der Paru­sie Jesu, den Hegel nicht kon­kret ent­wickelt hat. Es fehlt aber grund­sätz­lich jeder Aus­blick auf die Zukunft in der Hegel­schen Phi­lo­so­phie. Doch wen soll dies im Jah­re 2016 dar­an hin­dern, d. h. nun ein­mal in einer Zeit 200 Jah­re nach Hegel, sozu­sa­gen von ihm aus gese­hen und damit phi­lo­so­phisch imma­nent nicht nun auch die­sen Punkt zu ent­wickeln. Ich habe jeden­falls gefun­den, dass sich dies ganz logisch aus dem Hegel­schen Den­ken ergibt, wenn man also Hegel mit Hegel, da auch die Geschich­te nun ein­mal fort­ge­schrit­ten ist, weiterführt.

    Ich weiß, das war jetzt schon zuviel, zu kom­pli­ziert. Aber es ist nicht ganz unwich­tig fest­zu­hal­ten, dass die­je­ni­gen, die heu­te die Glau­bens­sub­stanz der Kir­che zer­stö­ren, sich dabei zu 100% n i c h t auf Hegel beru­fen kön­nen. Denn Hegels Anlie­gen war es viel­mehr genau umge­kehrt, die Wahr­heit der christ­li­chen Glau­bens­sub­stanz, wenn sie schon wenig­stens in der Rea­li­tät offen­sicht­lich kon­ti­nu­ier­lich zer­stört wird, wenig­stens noch in der Ver­nunft und in der Phi­lo­so­phie fest­zu­hal­ten. Wenn er nun aber damit nicht zum Abschluss gekom­men ist, war­um soll­ten wir nicht selbst anfan­gen zu den­ken und nicht selbst auch noch etwas tun?

    Es ist aber offen­bar nicht jeder zum Phi­lo­so­phen beru­fen, und die Mehr­heit unse­rer katho­li­schen Theo­lo­gen von heu­te offen­sicht­lich schon gar nicht! Und auch das Bild, das die Gesell­schaft Jesu, die eigent­lich ein­mal als die intel­lek­tu­el­le Speer­spit­ze der Kir­che gedacht war, in die­sen Zei­ten abgibt, erscheint mir nur noch grauenhaft.

    Dr. phil. Rapha­el Wild

    • Dan­ke für den Hin­weis, dass das nicht so ein­fach ist. Ich den­ke, der Autor woll­te aller­dings eher den gän­gi­gen „Vul­gär­he­ge­lia­nis­mus“ beschrei­ben als hegels kom­ple­xe Gedan­ken­füh­rung selbst.

      Hegel hat die kirch­li­che Leh­re von der Tri­ni­tät grund­sätz­lich sogar gegen ihre damals sehr ver­brei­te­ten Kri­ti­ker verteidigt.

      Aller­dings sah er in ihr reli­gi­ös-sinn­li­ches ver­mengt mit dem Gedank­li­chen (Gei­sti­gen) und wer­tet das als „Unvoll­kom­men­heit“ der Leh­re. Ich dach­te immer, ohne dafür Spe­zia­list zu sein (!), er stößt sich an den all­zu natur­haf­ten begrif­fen wie „Vater“ oder „Sohn“, die eben doch ein bestimm­tes natür­li­ches Phä­no­men evo­zie­ren und dem Ver­stand den Weg zu einer gei­sti­gen Auf­fas­sung ver­sperrt. Denn wenn der Ver­stand sich dar­an ver­sucht, endet erschnell im Wide­sprüch­li­chen oder rein For­ma­len, das an der Vita­li­tät des­sen, von dem hier doch die rede ist, abrutscht wie ein Klet­te­rer an einer stei­len Wand, weiß er eben doch, dass er mit ratio­na­len Metho­den dem Myste­ri­um nicht auf die Spur kom­men kann.

      Ich habe die­se Kri­tik nie über­prüft – stimmt das? Etwa wenn man die Wer­ke des Augu­sti­nus oder Tho­mas unter­sucht und dar­auf­hin abklopft?
      Wäre eine gigan­ti­sche Auf­ga­be… Die for­ma­le Logik kommt jeden­falls die­sem Myste­ri­um nicht bei und inso­fern sind die Väter­re­fle­xio­nen sehr begrenzt und klä­ren v.a. for­ma­le Bedin­gun­gen, also etwa anhand der Fra­ge nach dem Filioque.

      In der Tat sind die frucht­ba­re­ren, also wirk­lich „gei­sti­gen“ Ansät­ze in der Mystik zu finden.

      Es liegt in der Tra­gik der Din­ge, dass heu­te katho­li­sche Theo­lo­gen sich aus Hegel auch das aus­bre­chen, was ihnen passt und den Rest ein­fach ver­ges­sen. Nicht anders betrei­ben es die Neu­scho­la­sti­ker, die sich aus ihrem Idol Tho­mas auch nur das zu Her­zen neh­men, was sie brau­chen können…

      Ob die SJ da wirk­lich je eine ech­te intel­lek­tu­el­le Speer­spit­ze war?

      Immer­hin ist Igna­ti­us der­je­ni­ge, der die scho­la­sti­sche Ver­kru­stung über­haupt als erster pro­pa­giert hat (in den Exerzitien)und die SJ hat nach ihrer Wie­der­zu­las­sung Anfang des 19. Jh mit allen ban­da­gen die­se gei­sti­ge ver­en­nung u.a. gegen Kant und Hegel durch­ge­boxt und dabei eben­falls eine Ver­kür­zung und Ver­zer­rung von deren Anlie­gen in katho­li­schen Köp­fen produziert.

      Es ist alles sehr wirr! Und man müss­te enorm viel recher­chie­ren, um mit all die­sen Urtei­len und Vor­ur­tei­len ange­mes­sen umzugehen.

      Dass sich im Tra­di­la­ger aller­dings ein paar selbst­er­nann­te Spe­zia­li­sten tum­meln, die mit ein paar Hand­strei­chen die Phi­lo­so­phie­ge­schich­te der letz­ten 500 Jah­re abkan­zeln, lei­der nach römi­schem Vor­bild, ist auch wahr. ich hat­te aber den Autor hier bis­lang nicht als einen sol­chen gei­stes­wis­sen­schaft­li­chen Quack­sal­ber im Verdacht.

      • Sie spre­chen genau die rich­ti­gen Punk­te an! Der schwie­rig­ste ist auch genau der, den Sie zuerst anfüh­ren, näm­lich war­um Hegel, nach­dem er einen Got­tes­be­griff auf­wei­sen kann, der die Struk­tur von „Drei Per­so­nen eines Wesens“ zeigt, sich dann doch mit den tra­di­tio­nel­len, nicht aus der Phi­lo­so­phie gewon­ne­nen und halt auch nicht zu gewin­nen­den Namen und Bezeich­nun­gen die­ser drei Per­so­nen „Vater“, „Sohn“ und „Hei­li­ger Geist“ so schwer tut, und die­se als „naiv“ oder gar „kind­lich“, oder im besten Fall als „glück­lich“ abtut oder im Grun­de abwer­tet. Und das, obwohl es bei ihm nie außer Zwei­fel steht, dass er mit sei­ner Got­tes­struk­tur nicht irgend einen, dem christ­li­chen Gott viel­leicht etwas ähn­li­chen „Gott der Phi­lo­so­phen“ meint, son­dern den christ­li­chen Gott selbst.

        Das ist nach mei­ner Auf­fas­sung der ein­zi­ge Punkt, der für die Pas­sa­gen, in denen Hegel die Drei­ei­nig­keit Got­tes abhan­delt, der Klä­rung bedarf, alles ande­re lässt sich aus mei­ner Sicht leicht ablei­ten. Doch kann manch­mal auch nur ein Punkt ein gan­zes Kar­ten­haus zum Ein­sturz brin­gen oder zumin­dest eine Revi­si­on der bis­he­ri­gen Sicht­wei­se erfordern.

        Nun könn­te ich hier einen Anlauf unter­neh­men und ver­su­chen Ihnen eine Erklä­rung dazu anzu­bie­ten, doch wür­de dies wohl eine sei­ten­lan­ge Aus­füh­rung von mir erfor­dern, und das wäre den ande­ren Lesern gegen­über nicht fair. Denn es han­delt sich hier nicht um ein Hegel-Forum. Fol­gen­des aber kann ich in Kür­ze sagen:

        Der „histo­ri­sche Hegel“ ist für uns heu­te nicht mehr von abso­lu­tem Inter­es­se. Es kann uns egal sein, inwie­weit Hegel in sei­nem eige­nen Bewusst­sein selbst die „Sub­jekt-Objekt-Spal­tung“ auf­ge­ho­ben und sich ent­spre­chend der Objek­ti­vi­tät Got­tes genä­hert hat. Das ist und war sei­ne eige­ne Sache. Eben­so ist von uns auch nicht mehr von abso­lu­tem Wert, was er z. B. in den Vor­le­sun­gen über die Phi­lo­so­phie der Reli­gi­on 1821, was dann 1824 oder dann 1827 usw. gesagt hat und wie sich das eine aus dem ande­ren ent­wickelt hat. Denn dass Hegel nicht ein­fach ein Ent­wick­lungs­den­ken pro­pa­giert hat, son­dern stets auch in eige­ner stän­di­ger Ent­wick­lung begrif­fen war, steht außer Zweifel.

        Anders ver­hält es sich dage­gen mit dem „syste­ma­ti­schen Hegel“. Der „histo­ri­sche Hegel“ ist schließ­lich 1841 von Feu­er­bach wider­legt wor­den. Doch schaut man sich an, wie Feu­er­bach Hegel wider­legt, so wider­legt er Hegel allein – mit Hegel. Schließ­lich war es Hegel auch selbst, der immer wie­der betont hat, dass man sei­ne Phi­lo­so­phie nur dann begrei­fen kön­ne, wenn man sich zuvör­derst anhand der „Phä­no­me­no­lo­gie des Gei­stes“ über­haupt erst ein­mal auf den Stand­punkt des „abso­lu­ten Gei­stes“ erhebt. Anders kann man einen syste­ma­ti­schen Stand­punkt nicht einnehmen.

        Und anhand ins­be­son­de­re der abschlie­ßen­den Kapi­tel der „Phä­no­me­no­lo­gie des Gei­stes“ kann ich Ihnen nach ins­ge­samt etwa 15-jäh­ri­ger inten­siv­ster Arbeit (zwi­schen 1990 und 2005) ver­si­chern, dass am Ende der „Erfah­rung des Bewusst­seins“, d. h. auf sei­nem Wege zur Erkennt­nis des „Abso­lu­ten“, also zur Selbst- und zur Got­tes­er­kennt­nis, tat­säch­lich eine mysti­sche Erfah­rung steht. Wie Sie sagen, dass die wirk­lich gei­sti­gen Ansät­ze in der Mystik zu fin­den sind.

        D. h. ganz am Ende die­ses lan­gen und nicht enden wol­len­den dia­lek­ti­schen intel­lek­tu­el­len Geflechts auch alle Gegen­sät­ze hin­durch kippt das Gan­ze am schließ­lich – dia­lek­tisch – in sein genau­es Gegen­teil um, und das ist die Mystik. Doch die­se Mystik ist damit auch in kei­ner Wei­se irra­tio­nal, son­dern eben durch und durch dia­lek­tisch-ratio­nal gerechtfertigt.

        Hegel hat es eigent­lich selbst in sei­nen „Vor­le­sun­gen über die Phi­lo­so­phie der Reli­gi­on“ zum Aus­druck gebracht, indem er sich aus­drück­lich auf Mei­ster Eck­hart beruft, und dabei die – ganz unge­wöhn­lich für ihn – die älte­re katho­li­sche Theo­lo­gie der pro­te­stan­ti­schen vor­zieht: „Das Auge, mit dem mich Gott sieht, ist das Auge, mit dem ich ihn sehe; mein Auge und sein Auge ist eins. …“ In sei­ner Vor­re­de zur „Phä­no­me­no­lo­gie des Gei­stes“, die Hegel nach­weis­lich erst nach der Abfas­sung des Wer­kes geschrie­ben hat, for­mu­liert er: „Das Wah­re ist so der bac­chan­ti­sche Tau­mel, an dem kein Glied nicht trun­ken ist …“ Und das soll nicht die Begei­ste­rung über den Durch­bruch der Sub­jek­ti­vi­tät (des Bewusst­seins) in die Objek­ti­vi­tät (Got­tes) zum Aus­druck brin­gen, son­dern etwa dem Rot­wein­kon­sum geschul­det sein? Kaum glaub­haft. Aber das kann uns auch egal sein. Denn ent­schei­dend ist nur zu wis­sen, dass es funktioniert.

        Was aber ist nun das Syste­ma­ti­sche bei Hegel, das bis heu­te nicht über­holt ist? Es ist ganz kurz und ein­fach: das logi­sche Prin­zip der „Nega­ti­on der Nega­ti­on“. Die­ses ist bis heu­te nicht wider­legt, nicht „über­holt“, nicht „geknackt“ wor­den, und daher bis heu­te logisch gültig.

        Was aber soll das sein, so ein logi­sches Prin­zip, der „Nega­ti­on der Nega­ti­on“ oder kurz, der „zwei­ten Nega­ti­on“. Eigent­lich ganz ein­fach. Denn ver­las­sen wir ein­mal die Sphä­re des Logi­schen und gehen ganz prak­tisch die des Glau­bens, so bezeich­net die 1. Nega­ti­on das Fal­len, den „Sün­den­fall“, und dage­gen die Nega­ti­on die­ser Nega­ti­on oder die 2. Nega­ti­on das Sich wie­der Auf­rich­ten vom Fall. So ein­fach? Oder doch so schwer? Denn die­se 2. Nega­ti­on fin­det offen­bar kaum irgend­wo statt. Statt­des­sen stürzt sich alles auf die 1. Nega­ti­on, und will uns eitel erzäh­len, dass das schon der gan­ze Hegel sei. So gesche­hen ja auch am obi­gen Bei­spiel, „dass alle Theo­lo­gie auf ewig Anthro­po­lo­gie sei“. Ein Satz im übri­gen dem Sinn nach von Feu­er­bach. Offen­bar ist also der „Vul­gär­he­ge­lia­nis­mus“ gar kein Hege­lia­nis­mus, son­dern ein Feu­er­ba­che­ria­nis­mus. Dabei kann man aller­dings 100 Nega­tio­nen anein­an­der­rei­hen, durch eine sol­che im Prin­zip quan­ti­ta­ti­ve Unend­lich­keit kommt man in kei­ner Wei­se zu der „qua­li­ta­ti­ven 2. Nega­ti­on“, wie sie hier gefor­dert ist.

        Man bricht sich also, wie Sie völ­lig rich­tig sagen, immer nur die 1. Nega­ti­on aus Hegel her­aus, und unter­schlägt die 2. Oder man täuscht, in erster Linie wohl sich selbst, und dann aber auch das Publi­kum, dass man hier­mit schon Hegels 2. Nega­ti­on prä­sen­tie­re, und reiht doch nur eine zwei­te 1. Nega­ti­on einer ersten hint­an. Das ist wohl schon der gan­ze Zustand der gegen­wär­ti­gen Theo­lo­gie. Und wie es scheint, ist es wohl auch der Fluch einer gan­zen Gene­ra­ti­on, genannt die 68-Gene­ra­ti­on, die­se 1. Nega­ti­on bis zum Äußer­sten aus­wal­zen und reprä­sen­tie­ren zu müs­sen. Dabei hat sie selbst Hegel aus der Kla­mot­ten­ki­ste wie­der aus­ge­kramt, wohl nicht rea­li­sie­rend, dass Hegels 2. Nega­ti­on ihr eigent­lich das Grab schau­felt. Und jetzt ist die­ser Geist sogar – oder end­lich – auch im höch­sten geist­li­chen und mora­li­schen Amt, das die Gesell­schaf­ten zu ver­ge­ben haben, ange­kom­men, d. i. dem Papstamt.

        Ich selbst bin in Frank­furt am Main auf­ge­wach­sen und zur Schu­le gegan­gen. Ich bin immer davon aus­ge­gan­gen, dass in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land in Frank­furt sich die Avant­gar­de der 68-Bewe­gung abge­bil­det hat, und nicht etwa in Ber­lin. Aber wie dem auch sei, in mei­ner Schul­zeit hat sich im Gym­na­si­um die Gene­ra­tio­nen­gren­ze gezeigt. Zwei Klas­sen über mir tob­te noch die Aus­ein­an­der­set­zung, wäh­rend wir selbst nicht mehr davon berührt waren. Wir konn­ten im Grun­de, ohne das auch rich­tig zu begrei­fen, die­se Gene­ra­ti­on vor uns instink­tiv oder intui­tiv nicht aus­ste­hen. Irgend etwas muss uns zuwi­der gewe­sen sein. Wir klei­de­ten uns auch bewusst anders, und ver­hiel­ten uns anders. Wir woll­ten defi­ni­tiv nicht so sein wie die Gene­ra­ti­on vor uns.

        Somit ist es also viel­leicht auch noch nicht ein­mal mein eige­nes Ver­dienst, dass mich auf der Ebe­ne des Bewusst­seins oder des Logi­schen die Stu­fe der 1. Nega­ti­on nicht mehr beson­ders inter­es­siert, son­dern für mich die Fas­zi­na­ti­on erst in der näch­sten Stu­fe der Nega­ti­on die­ser Nega­ti­on liegt. Wie dem auch sei. Ich bete jeden­falls und hof­fe, dass die­se Gene­ra­ti­on dann end­lich die Löf­fel von den Hebeln der Macht abgibt. Ihre stän­di­ge Fall­sucht, ihre stän­di­ge „Dekon­struk­ti­on“, ihre per­ma­nen­te inne­re Wider­sprüch­lich­keit, die sie offen­bar auf­zu­he­ben nicht imstan­de ist, ist nicht mehr zu ertragen.

        Dr. phil. Rapha­el Wild

      • @ Rapha­el Wild

        Vie­len Dank für Ihre aus­führ­li­che, inter­es­san­te und anschau­li­che Ant­wort! Ich habe sie gera­de erst ent­deckt. Ich dan­ke auch aus­drück­lich für die­ses wirk­lich anre­gen­de Posting – ein ech­tes Highlight.

        Wie ich sag­te, bin ich kein Spe­zia­list für Hegel, muss aber geste­hen, dass mich Ihre Über­le­gun­gen „anschub­sen“, mich damit etwas mehr zu beschäf­ti­gen. Es wirkt auf mich plau­si­bel, und auch fas­zi­nie­rend, was Sie als „histo­ri­sche Ent­wick­lung“ im Umgang mit Hegel im kul­tu­rel­len Kon­text dar­le­gen, an Ihrer eige­nen Lebens­span­ne und Bio­gra­fie ausgerichtet!

        Sie bie­ten ja damit immer­hin eine Per­spek­ti­ve auf einen „Aus­weg“. Und das ist auch das eigent­lich Bri­san­te an Ihren Gedan­ken, das, was auf­mer­ken lässt.

        Sie wer­den es mir nach­se­hen, dass ich dar­auf im Moment nicht mehr sagen kann – ich arbei­te v.a. künst­le­risch und kann mich mit Ihren lang­jäh­ri­gen Stu­di­en zu dem The­ma ein­fach nicht messen.

        Ich bin jeden­falls in stän­di­ger Refle­xi­on über das Myste­ri­um der Tri­ni­tät und bin über­zeugt, das die­ses Dog­ma die Grund­la­ge jeder ande­ren Defi­ni­ti­on dar­stellt und ein uner­schöpf­li­cher Quell der Got­tes­er­kennt­nis. Gera­de weil es kein ein­fa­cher Mono­the­is­mus ist, hat sich Gott erkenn­bar gemacht für den Men­schen und bezieht ihn sogar – „abbild­lich“ – in sei­ne drei­per­sön­lich-wesens­eine Struk­tur mit ein. Ich erschaue­re vor der Grö­ße die­ses Gedan­kens, des blo­ßen Gedan­kens schon, wie viel mehr vor der gei­sti­gen, gött­li­chen Rea­li­tät, die dahin­ter steht und unse­rem schwa­chen Ver­ste­hen einen wir­kich unver­dien­ten Adel ver­leiht, dess­sen ich mich so ger­ne wür­dig erwei­sen wür­de und dem ich auf­grund mei­ner End­lich­keit nur tap­send nach­stre­ben kann…

        Noch­mals vie­len Dank und alles Gute für Ihre Arbeit!

  7. wenn hin­ter den Zita­ten nicht Rah­ner gestan­den wäre, hät­te ich es für Dalai Lama gehalten 😉

  8. @Damian. War­um gehen Sie denn in einen Got­tes­dienst, in dem die Gott­heit Chri­sti geflis­sent­lich igno­riert wird?

  9. Die zitier­ten Aus­sa­gen Prof. Grafs und ande­rer erschei­nen mir eher adop­tia­ni­stisch als arianisch.
    Ari­us und Nach­fol­ger bestrit­ten die Gott­heit des Soh­nes (bzw. Logos) über­haupt nicht. Sie sahen ihn aber eher als Gott­heit zwei­ter Klas­se. „Geschaf­fen in der Zeit und vor der Schöp­fung“. Das Pro­blem war ein chri­sto­lo­gi­sches. Wer hing am Kreuz? Nach Ari­us war die See­le der Logos und der konn­te lei­den, weil Geschöpf.
    Die gan­ze Idee setzt den Sohn zwar an zwei­te Stel­le, aber nicht auf die ver­nied­lich­te Gut­mensch-Ebe­ne, die oben zitier­te Herr­schaf­ten ger­ne hätten.
    Kein Aria­ner hat­te je ein Pro­blem mit der Weih­nachts­ge­schich­te. Im Gegen­teil, Ari­us argu­men­tier­te mehr mit der Bibel als sei­ne Gegner.

    Mei­ne Fra­ge an Prof. Graf: Wenn das so ist, wie sie sagen, war­um soll­te das dann für mich rele­vant sein? Was gehen mich jüdi­sche Wan­der­pre­di­ger der Zeit des Tibe­ri­us an? Und war­um soll ich dann mit mei­nen Steu­er­gel­dern ihren Lehr­stuhl finanzieren?

    • Die Tri­ni­tät als abso­lut wesens­glei­che Ein­heit steht nach wie vor in Fra­ge, und man merkt an immer neu auf­bre­chen­den Debat­ten, wie schwan­kend der Boden hier ist.

      Mir fiel spon­tan auch die Debat­te um das Engels­ge­bet von Fati­ma ein, bei dem ja gesagt wird, der Beter opfe­re nicht nur Fleisch und Blut (also die mensch­li­che Sei­te Jesu), son­dern auch die Gott­heit auf.
      das Trdi­en­ti­num hat in der Tat defi­niert, dass im Taber­na­kel Fleisch, Blut UND Gott­heit Jesu Chri­sti auf­be­wahrt würden.

      Nun kommt bis heu­te der Ein­wadn, die Gotthiet habe aber doch weder lei­den noch ster­ben können.
      das ist wahr – um lei­den zu kön­nen, wur­de Gott Mensch. Am kreuz hing also … der Mesnch? NUR der Mensch?

      Nach der Leh­re, wie ich sie schlie­ße, wenn der röm. Kate­chis­mus etwa sagt, im Grab sei die Gott­heit bei dem Leich­nam Chri­sti ver­weilt bis er wie­der­auf­er­stand, den­ke ich, dass die Zwei-Natu­renLeh­re ja nicht sagt, es ahn­d­le sich um zwei Per­so­nen. Die ein Per­son ist Gott UND Mensch, dies aber kann nie­mand tren­nen, obwohl die­se bei­den Natu­ren in der Per­son unver­mischt sind, ein myste­ri­um, aber auch in Gren­zen logisch auffassbar.

      Die Zwei-Natu­ren-Leh­re knüpft direkt an die Tri­ni­täts­leh­re in der „Kon­struk­ti­on“ an: Eben­so wie ich in der Gott­heit nicht eine Hier­ar­chie dekla­rie­ren darf, ohne häre­tisch zu argu­men­tie­ren, eben­so darf ich das nicht in der Per­son Jesu Chri­sti. In sei­ner Per­son ist der Mensch Chri­stus dem Gott Chri­stus nicht unter­ge­ord­net – das wäre unlo­gisch, weil ja eben von einer Ein­heit in der Zwei­heit gespro­chen wurde.
      Wenn das falsch ist, bit­te ich um Nach­wei­se aus der Leh­re. Das wäre ganz wichtig.

      Wenn also immer wie­der gesagt wird, es sei ja „nur“ der Mensch Jesus geop­fert wor­den, nicht aber sei­ne Gott­heit, dann ist das unlo­gisch, denn Gott hat sich so sehr mit dem Fleisch ver­bun­den, dass er zwar nicht starb wie Fleisch und Blut, aber in der eng­sten Bin­dung ans Fleisch förm­lich mit ihm den Weg in den Tod ging, also in die­sem Sin­ne sehr wohl litt und starb (aber bit­te: in die­sem Sinn).

      Die vul­gä­re moder­ne Theo­lo­gie aber macht sich nicht mehr die Mühe, die­se sub­ti­len Fra­gen über­haupt ins Visier zu neh­men. Mit einer besi­pi­el­lo­sen Ober­fläch­lich­keit wird ein­fach dar­über weggesegelt.
      Wie geagt steht aber auch die kon­ser­va­ti­ve Theo­lo­gie in der Gefahr hier durch die Vor­nah­me einer „Tren­nung“ zwi­schen der Gott­heit und Mensch­heit in Chri­stus eben doch auch auf die­sem Weg abzugleiten.

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