Erzbischof Léonard: „Schlußbericht der Synode zweideutig“ – „Klares Wort“ von Papst Franziskus erwartet


Ein Bild, das die Amtszeit Msgr. Leonards prägte: Femen-Attacke und betender Erzbischof
Ein Bild, das die Amtszeit Msgr. Leonards prägte: Femen-Attacke und betender Erzbischof

(Rom) Zu sei­ner Ver­ab­schie­dung als Erz­bi­schof von Mecheln-Brüs­sel und Pri­mas von Bel­gi­en, kri­ti­sier­te Erz­bi­schof André-Joseph Léo­nard den Schluß­be­richt der Fami­li­en­syn­ode, der „in den heik­len Punk­ten zwei­deu­tig“ geblie­ben sei. Mit einem Appell for­der­te er Fran­zis­kus auf, sein Petrus-Amt der Ein­heit und der Kon­ti­nui­tät in der Tra­di­ti­on wahr­zu­neh­men, und in Sachen Ehe und Fami­lie ein „kla­res Wort“ zu sprechen.

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„Einer der uner­klär­lich­sten unter ande­ren kaum ver­ständ­li­chen Tor­pe­dos, die wäh­rend der Regie­rungs­zeit von Papst Fran­zis­kus abge­schos­sen wur­den, hat den Erz­bi­schof von Mecheln-Brüs­sel, Msgr. André-Joseph Léo­nard getrof­fen“, so der Vati­ka­nist Mar­co Tosat­ti in der heu­ti­gen Aus­ga­be der Tages­zei­tung La Stam­pa. Erz­bi­schof Léo­nard wur­de nach nur fünf Jah­ren an der Spit­ze der euro­päi­schen „Haupt­stadt“ mit Voll­endung des 75. Lebens­jah­res sang- und klang­los ver­ab­schie­det, ohne die Kar­di­nals­wür­de erhal­ten zu haben, die alle sei­ne Vor­gän­ger seit der Schaf­fung des König­reichs Bel­gi­en bekom­men haben.

Erzbischof Léonard übernahm ein leeres Priesterseminar und hinterläßt ein Haus mit 55 Seminaristen

Die Polit­söld­ner­trup­pe Femen attackier­te den Erz­bi­schof zwei­mal vor lau­fen­den Kame­ras. Seit­her hält sich hart­näckig das Gerücht, jemand in Bel­gi­en habe es sich eini­ges Geld kosten las­sen, den Erz­bi­schof öffent­lich der Demü­ti­gung aus­zu­set­zen. Als Erz­bi­schof Léo­nard 2010 sein Erz­bis­tum über­nahm, gab es im Prie­ster­se­mi­nar nur mehr vier Semi­na­ri­sten. Nun über­gibt er sei­nem Nach­fol­ger ein Prie­ster­se­mi­nar mit 55 Semi­na­ri­sten, die sich auf das Prie­ster­tum vorbereiten.

Léo­nard war 20 Jah­re Pro­fes­sor an der Katho­li­schen Uni­ver­si­tät Löwen und drei­zehn Jah­re Bischof von Namür, bevor ihn Papst Bene­dikt XVI. nach Brüs­sel berief. Die fünf Jah­re als Pri­mas von Bel­gi­en wur­den zum Opfer­gang. Die Situa­ti­on war im libe­ra­len Kli­ma des Lan­des schon schwie­rig genug für die Kir­che. Léo­nard wur­de zusätz­lich zum Opfer sei­nes Vor­gän­gers, God­fried Kar­di­nal Dan­neels, der aus der Abnei­gung gegen den von ihm abge­lehn­ten Nach­fol­ger kein Hehl mach­te. Ins­ge­samt blieb Léo­nard unter Bel­gi­ens Bischö­fen weit­ge­hend iso­liert. Léo­nard, damals noch Bischof von Namür, war der ein­zi­ge Bischof des Lan­des, der Bene­dikt XVI. in Schutz nahm, als das bel­gi­sche Par­la­ment das katho­li­sche Kir­chen­ober­haupt wegen der kirch­li­chen Leh­re zur Ver­hü­tung angriff.

Die Abneigung seines Vorgängers

2010 war die Ernen­nung Léo­nards auch als Ver­such gese­hen wor­den, eine Kurs­kor­rek­tur in der Kir­che Bel­gi­ens ein­zu­lei­ten. Mit dem Amts­ver­zicht von Bene­dikt XVI. und der Wahl von Papst Fran­zis­kus ent­pupp­te sich der Ansatz als Illu­si­on. Kar­di­nal Dan­neels sah die Chan­ce zur Revan­che. Wäh­rend Léo­nard von Papst Fran­zis­kus demon­stra­tiv über­gan­gen wur­de, ging Dan­neels, der zu den Fran­zis­kus-Wäh­lern zählt, in Rom ein und aus. Trotz sei­ner zwie­lich­ti­gen Rol­le im homo-kle­ri­ka­len Milieu Flan­derns wur­de Dan­neels von Papst Fran­zis­kus per­sön­lich und an erster Stel­le zum Syn­oda­len der bei­den Fami­li­en­s­syn­oden ernannt. An sei­nem direk­ten Zugang zum Papst änder­te sich auch nichts, als ver­gan­ge­nes Jahr eine auto­ri­sier­te Dan­neels-Bio­gra­phie vor­ge­stellt wur­de, und der Kar­di­nal ent­hüll­te, daß es seit den 1990er Jah­ren auf höch­ster Ebe­ne in der Kir­che unter Kar­di­nä­len und Bischö­fen einen Geheim­zir­kel gab, der nach dem Ver­samm­lungs­ort „Grup­pe Sankt Gal­len“ genannt wur­de. Unter­ein­an­der hät­ten sich die Mit­glie­der des Geheim­zir­kels als „Mafia“ bezeich­net. Ziel des pro­gres­siv gestimm­ten Krei­ses höch­ster Wür­den­trä­ger sei die „Aus­söh­nung“ der Kir­che mit Frei­heit, Gleich­heit und Brü­der­lich­keit und die, aller­dings miß­glück­te, Ver­hin­de­rung der Wahl von Papst Bene­dikt XVI. gewe­sen. Mit der Wahl von Papst Fran­zis­kus sei bei­des nach­ge­holt wor­den, die von Kar­di­nal Dan­neels ver­mit­tel­te Ein­schät­zung, an der er kei­nen Zwei­fel auf­kom­men läßt.

Schlußbericht der Bischofssynode blieb „zweideutig“ – „Klares Wort“ des Papstes erwartet

Kurz nach sei­ner Eme­ri­tie­rung beant­wor­te­te Léo­nard eini­ge Fra­gen der fran­zö­si­schen Wochen­zeit­schrift Famil­le Chreti­en­ne.

Zunächst bekun­det Léo­nard, vom Schluß­be­richt der Syn­ode „ent­täuscht“ zu sein. Der Schluß­re­dak­ti­on stellt er kein gutes Zeug­nis aus. Aus­ge­rech­net zu den hei­kel­sten Punk­ten sei das Doku­ment mehr­deu­tig geblie­ben. „Eini­ge Bischö­fe haben mir gesagt, daß die Tex­te absicht­lich zwei­deu­tig for­mu­liert wur­den, damit man sie in unter­schied­li­che Rich­tun­gen inter­pre­tie­ren kann“, so der Erz­bi­schof wörtlich.

Aus die­sem Grund rich­tet Msgr. Léo­nard einen Appell an Papst Fran­zis­kus: „Ich hof­fe des­halb, daß wir ein nuan­cier­tes und wohl­wol­len­des, aber kla­res Wort zu Leh­re und Ord­nung der katho­li­schen Kir­che in Sachen Ehe und Fami­lie erhal­ten wer­den. Es ist der Augen­blick für ihn, sei­nen Petri­ni­schen Auf­trag für die Ein­heit und die Kon­ti­nui­tät in der Tra­di­ti­on aus­zu­üben, wie er es in sei­ner Rede zum Abschluß der ersten Fami­li­en­syn­ode ange­kün­digt hat.“

Text: Giu­sep­pe Nardi
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