(Rom) Der Jesuit James Schall von der Georgetown Universität in Washington kritisierte den neuen Kurs in Sachen Klimawandel und Erdkult, den der Vatikan unter Papst Franziskus eingeschlagen hat: „Die Kirche macht sich lächerlich, wenn sie pseudowissenschaftliche Theorien über das Klima vertritt“.
Im vergangenen Juni war es Kardinal Peter Turkson, der Vorsitzende des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden, der die Öko-Enzyklika Laudato si von Papst Franziskus der Weltöffentlichkeit vorstellte. Der afrikanische Purpurträger engagiert sich seit Jahren in Sachen Klimawandel nach dem Verständnis der UNO. Sollten von der Weltklimakonferenz in Paris nicht gute Neuigkeiten, also Ergebnisse kommen, drohte der Kardinal noch vergangene Woche mit „einem Kommentar oder einer Erklärung“ von Papst Franziskus. Das Ziel? Den Stillstand zu durchbrechen und die in Paris versammelten Staats- und Regierungschefs zum Handeln zu bewegen.
Natürlich werde der Papst kein Ultimatum stellen, relativierte der Kardinal seine Drohung, denn „das entspricht nicht seinem Stil“. Jedenfalls hätten die Staatsvertreter mit etwas zu rechnen. Überhaupt, so der Kardinal, habe der Papst bereits viel getan. Ausdrücklich betonte er, daß die Öko-Enzyklika mit Blick auf den Klimagipfel von Paris veröffentlicht worden sei. Dann beim Angelus vom 6. Dezember der Appell an Mächtigen, bei der Weltklimakonferenz „mutige Entscheidungen“ zu treffen. Soweit Kardinal Turkson.
Am vergangenen Sonntag forderte Franziskus beim Angelus, das in Paris geschlossene Klimaabkommen nun tatkräftig umzusetzen.
Bedenkliche Ideologie hinter Lichtspektakel Fiat Lux
Gegen diese Haltung meldete sich James Schall, emeritierter Professor für Politische Philosophie an der Georgetown University zu Wort: „Die Kirche darf es sich nicht leisten, pseudowissenschaftlichen Theorien zu unterstützen“, sagte er der Tageszeitung Il Foglio. „Die Kirche läuft auf diese Weise Gefahr, sich lächerlich zu machen, weil sie über ihre Kompetenzen hinausgeht und Wissenschaft mit Fakten verwechselt.“ Das könne nicht die Priorität der Kirche sein.
„Ob die Erderwärmung eine Tatsache ist oder ob die Aufgabe fossiler Brennstoffe ein Vorteil oder ein Nachteil für die Welt ist, ist eine Frage der Beurteilung und muß Gegenstand akkurater Untersuchungen sein. Die Kirche kann sich aber nicht auf diese Schienen begeben. Sie muß sich einer Unterstützung jedweder Ideologie enthalten.“
Pater Schall schaute sich am 8. Dezember kurz die Direktübertragung des Lichtspektakels Fiat Lux auf dem Petersplatz an. Sein Resümee: „Gott sei Dank war ich nicht dort“. Offiziell habe es geheißen, sie diene der „Sensibilisierung der Gläubigen für den Klimawandel“. Nicht die Projektion an sich sei eine Frage der Profanierung eines sakralen Ortes. Der Petersdom sei voll von Tierdarstellungen, auch kleinen und großen Drachen. Problematisch, so Schall, sei die Ideologie hinter dieser Projektion, die keine erkennbaren Verbindungen zur christlichen Theologie aufwies.
„In ihrem natürlichen Habitat sind Schildkröten und Pinguine wirklich niedliche Tiere. Was in Rom gezeigt wurde, war, als würde man ein Bild des Petersdoms auf den römischen Zoo projizieren.“ Das aber sei einfach Nonsens.
Den Initiatoren der Licht-Show sei es aber ernst. Es sei ihnen nicht nur um schöne Bilder an einem besonderen Ort und gute Unterhaltung gegangen. „Sie wollten eine Botschaft vermitteln.“
Es wird behauptet, der Mensch mißbrauche die Erde allein durch seine Existenz
Worum geht es dann? Das Lichtspektakel wurde vom Verantwortlichen Travis Threlkel als „visuelle Symphonie“ präsentiert. „Bei so viel Gerede über die globale Erwärmung und über Umweltfragen drängt sich die Frage auf, was denn hier geschieht“, so Schall.
„Es wird die öffentliche Meinung erzeugt, der Mensch mißbrauche die Erde allein schon durch seine bloße Existenz. Die Erde wird als wichtiger eingestuft als der Mensch. Dahinter steht die Vorstellung, daß in einem Kontext von so vielen Milliarden Menschen, jedes Leben bedeutungslos ist und ersetzt werden kann. Daraus entwickelt sich eine neue Moral, die nicht vom Menschen ausgeht, sondern von der Erde. Der Mensch steht nicht mehr an erster Stelle. Er kommt später, irgendwann.“
Die These von der „Ausbeutung der Erde“ scheine im Konflikt mit der biblischen Sicht zu stehen, laut der der Mensch die „Herrschaft“ über alle Güter der Erde habe. Güter, die „dem Menschen zu seinen Zwecken zur Verfügung“ stehen, wie Pater Schall vergangenen Monat im Catholic World Report schrieb.
Die ganze Debatte „gehe ins Absurde, wenn man bedenkt, wieviel Milliarden Menschen im Laufe der Jahrtausende die Erde bewohnten und vom Überfluß der Erde ernährt wurden“, so Schall. Es werde eine Katastrophenstimmung erzeugt, indem ein Zusammenhang zwischen der Anzahl künftiger Generationen und dem Verbrauch bestimmter Ressourcen behauptet wird. Laut dieser Theorie werde der Mensch verschwinden, sobald diese Ressourcen aufgebraucht sind oder er müsse auf einen anderen Planeten ausweichen.
Weltlicher Ersatz für das christliche Verständnis vom ewigen Leben
„Ein solches Denken ist vermessen. Wir haben nämlich keine Ahnung, wie viele Generationen noch in den nächsten Jahrhunderten oder Jahrtausenden nach uns kommen werden. Und wir haben keine Ahnung, wie sich das Leben künftiger Generationen gestalten wird. Unsere Aufgabe ist es nicht, diese Erde am Leben zu erhalten, sondern den Menschen am Leben zu erhalten. Das ist eine sehr ernste Aufgabe, zu der die Menschheit berufen ist. Im Vergleich dazu sind alle anderen Zwecke und Zielsetzungen unbedeutend. In der genannten irrigen These wird die intergalaktische Kolonisation oder der Erhalt einer vom Menschen unberührten Erde zum Ersatz für den Himmel.“ Das sei nichts anderes als „eine säkulare eschatologische Hypothese, die zum Ersatz für das christliche Verständnis vom ewigen Leben wird“, wie bereits Papst Benedikt XVI. in der Enzyklika Spe salvi geschrieben habe.
Die Ideologie hinter dem Lichtspektakel von Rom gehe daher weit über die bloße Frage der behaupteten, aber nicht bewiesenen menschenverschuldeten Erderwärmung hinaus. Was dabei als „Fortschritt“ angepriesen werde, sei in Wirklichkeit ein Rückschritt, eine Wiederbelebung eines überwunden geglaubten Erdkultes. „Mit anderen Worten: Die empirische Grundlage der ganzen Theorie ist reine Vermutung.“
Pater Schall nennt auch einen Grund, warum auf die Klimahysterie der Erdkult folgt. Das liege an der Hartnäckigkeit der Klimaskeptiker, die die pseudowissenschaftliche Grundlage des angeblich menschenverursachten Klimawandels aufgezeigt haben. Wörtlich sagte. James Schall: „Weil manche Dickköpfe draufgekommen sind, daß sich die Erde gar nicht so sehr erwärmt.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Intermatrix/Youtube (Screenshot)