(Rom) Im Februar 2016 wird Papst Franziskus Mexiko besuchen. Dabei wird das katholische Kirchenoberhaupt in der mexikanischen Stadt Ciudad Juarez eine Heilige Messe am Sperrzaun zelebrieren, den die USA entlang der Grenze zu Mexiko errichtet haben, um illegale Grenzübertritte zu verhindern. Von einer „grenzüberschreitenden Messe am Sperrzaun“ spricht kath.ch das Medienzentrum der Schweizer Bischofskonferenz.
Ciudad Juarez ist für Papst Franziskus ein zweites Lampedusa. Die Stadt steht als Symbol für die illegale Einwanderung aus Lateinamerika in die USA, für den blutigen Machtkampf mexikanischer Drogenkartelle, als zentraler Umschlagplatz für die in den USA konsumierten Drogen und für ein große Zahl ungeklärter Frauenmorde. Der Migrationsfrage schenkt Papst Franziskus in seinem Pontifikat besondere Aufmerksamkeit. Im vergangenen September hatte er Europa aufgefordert, uneingeschränkt aufzunehmen: „Nehmt alle auf, Gute und Schlechte“. Die Wahl von Ciudad Juarez signalisiert, daß das katholische Kirchenoberhaupt seine migrationsfreundliche Linie fortsetzen will. Der Papst trifft sich darin mit bestimmten politischen Kreisen, die Globalisierung und „Multikulturalität“ fördern. Selbst die deutsche Ausgabe von Wikipedia schreibt zum Eintrag „Einwanderung in die Vereinigten Staaten von Amerika“:
„Die Einwanderung in die Vereinigten Staaten beeinflusst maßgeblich die Demografie und Kultur des Landes.“
Eine Feststellung, die nicht nur für die USA gilt und eine Binsenweisheit scheint, in der europäischen Einwanderungsdebatte allerdings unterschlagen wird. Auch Papst Franziskus thematisierte die verschiedenen Aspekte dieser Feststellung bisher nicht.
Die „Messe am Sperrzaun“ ist für den 17. Februar vorgesehen. Ciudad Juarez im mexikanischen Staat Chiahuahua ist die Nachbarstadt von El Paso in Texas. Als Anfang der 1990er Jahre die illegale Einwanderung aus Mittelamerika in die USA stark zunahm, wurden 1993 durch den Staat Texas erste Maßnahmen zur Grenzsicherung gesetzt. Bald darauf folgten auch die Staaten Kalifornien und Arizona. Ein systematischer Ausbau einer Grenzsperre erfolgte allerdings erst nach den Attentaten vom 11. September 2001, als die US-Bundesregierung entsprechende Finanzmittel zur Verfügung stellte.
Wahlkampfthema Einwanderung bei US-Präsidentschaftswahlen 2016
Mit 250 Millionen legalen Grenzübertritten im Jahr gilt die mexikanisch-amerikanische Grenze als die meistüberschrittene der Welt. Geschätzte 350.000 Lateinamerikaner wandern hier jährlich illegal in die USA ein. Zum Vergleich: laut aktuellen Medienangaben werden 2015 allein 1,5 Millionen Menschen als „Flüchtlinge“ nach Deutschland gekommen sein. Ein Drittel davon nannte Syrien als Herkunftsland. Hinzu kommen weitere 1,2 Millionen durch legale Zuwanderung.
Laut Angaben der US-Polizei wird seit der Errichtung des Grenzzaunes die Hälfte der illegalen Grenzgänger aufgegriffen.
Keine neun Monate nach der Papst-Geste finden in den USA Präsidentschafts- und Parlamentswahlen statt. Die Einwanderungsfrage wird ein Wahlkampfthema sein, wie die Diskussionen über die Aussage des republikanischen Bewerbers Donald Trump zeigen, der die Zuwanderung von Moslems unterbinden will.
Insgesamt wird Papst Franziskus sechs Orte in Mexiko besuchen. Er wolle dorthin, wo Johannes Paul II. und Benedikt XVI. nicht hingekommen sind, sagte Franziskus auf dem Rückflug aus Afrika. Nach Mexiko-Stadt komme er wegen Unserer Lieben Frau von Guadalupe. „Aber wenn es nicht zu Ehren Mariens wäre, würde ich nicht in die Stadt kommen“, so der Papst.
Besuch im Gefängnis Cereso Nr. 3
Ciudad Juarez wurde nicht nur wegen der illegalen Einwanderung bekannt, sondern vor allem auch wegen blutiger Kämpfe zwischen Drogenkartellen. Auch im Drogenhandel kommt der Grenze eine zentrale Rolle zu. Der Papst wird in der Stadt das berüchtigte Staatsgefängnis Cereso Nr. 3 besuchen. Cereso steht für Centro de Readaptación Social (Zentrum für soziale Rehabilitation), wie Staatsgefängnisse in Mexiko genannt werden. Das Gefängnis ist nicht mit dem von der Bundesregierung geführten Hochsicherheitsgefängnis Cefereso Nr. 9 zu verwechseln, das sich auch in Ciudad Juarez befindet.
Auch im Cereso Nr. 3 gehören zahlreiche Gefangene den Drogenkartellen an. Mit der Stadt ist das Jaurez-Kartell verbunden. Ihre Machtkämpfe tragen die Kartelle auch hinter Gefängnismauern aus. 2009 und 2011 gab es in Ciudad Juarez bei Unruhen zwischen verfeindeten Häftlingsgruppen zahlreiche Tote. 2012 kam es zu einem spektakulären Massenausbruch von 113 Gefangenen. Im selben Jahr auch zu einer aufsehenerregenden Massenhochzeit von hundert Gefangenen, begünstigt durch die Regierung, die darin eine Maßnahme zu Resozialisierung sieht, aber auch zum Spannungsabbau in den Gefängnissen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Tucson Citizen (Screenshot)