(Rom) „Non s’inginocchia.“ „Er kniet nicht nieder.“ Verbunden mit einem leichten Achselzucken signalisierten die Worte des Prälaten am vergangenen Dienstag eine gewisse Hilflosigkeit.
Im ordentlichen Heiligen Jahr 2000 war Papst Johannes Paul II. bereits sichtlich von schwerer Krankheit gezeichnet. Dennoch kniete er an der Schwelle der Heiligen Pforte. Das Knien ist Ausdruck der persönlichen Haltung des gnadebedürftigen Papstes. Es ist aber auch Vorbild für die Gläubigen und Zeugnis vor den Menschen, daß die göttlichen Gnadenmittel, die von der Kirche angeboten werden, keinen Automatismus bedeuten, sondern innere Sammlung und Umkehr erfordern. Die Körperhaltung weist auf die Haltung des Menschen gegenüber Gott hin, bringt seinen Status zum Ausdruck, seine Bedürftigkeit nach Vergebung, Barmherzigkeit, Gnade und Erlösung.
Das Durchschreiten der Heiligen Pforte, das singend oder betend geschieht, bedeutet den Übergang von der Schuld zur Gnade. Es erinnert daran, daß in frühchristlicher Zeit nur Getaufte Zugang zur Heiligen Liturgie hatten. Noch lange wurde nach schwerer Schuld der Zutritt zur Kirche erst wieder erlaubt, wenn Sühne geleistet worden war und der Schuldige die Lossprechung erhalten hatte.
Zum ordentlichen Jubeljahr 1400 schrieb Papst Bonifatius IX. „Wer dreimal durch diese Pforte schreitet, dem werden die Schuld und Sündenstrafen nachgelassen. Es ist ein Wunder, das die Menschen erleben.“
Das Kreuz mit dem Knien
Das Knien ist mit der kirchlichen 68er-Revolte für manche außer Mode geraten. Der „mündige“ Christ steht „auf Augenhöhe“ mit seinem Schöpfer. Tut er das wirklich?
Seit 2013 wird die Kirche auf Erden von einem Nachfolger des Apostels Petrus geleitet, der keine Kniebeuge macht. Auch nicht bei der Wandlung. Gesundheitliche Gründe werden genannt. Der Vatikan äußerte sich allerdings nie offiziell dazu. Einen knienden Papst zeigen die Bilder vom Gründonnerstag, wenn Franziskus vor Menschen kniet, um ihnen die Füße zu waschen. Ein umstrittener Kontrast.
Papst Franziskus verzichtete bei der Öffnung der Heiligen Pforte auch auf die Sprache der Kirche, das Latein. Durch den Gebrauch der italienischen Sprache setzte er jene auch im Vatikan zwiespältig empfundene Spannung zwischen seinem Handeln als Oberhaupt der Weltkirche und seiner Selbstbescheidung als Bischof von Rom fort.
Einige Bilder und Videos von der Öffnung der Heiligen Pforte durch die Päpste veranschaulichen das Gesagte.
Text: Giuseppe Nardi
Bild/Video: MiL/Youtube