Päpstliche Präzisierung zum neuen Ehenichtigkeitsverfahren


(Rom) In der neu­en Aus­ga­be der römi­schen Jesui­ten­zeit­schrift Civil­tà  Cat­to­li­ca leg­te der Schrift­lei­ter und Papst-Ver­trau­te, Pater Anto­nio Spa­da­ro SJ, eine Les­art des Syn­od­en­er­geb­nis­ses vor, das vor­weg­neh­men dürf­te, was Papst Fran­zis­kus in der Sache der wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen ent­schei­den wird. Der Arti­kel geht jedoch weit dar­über hin­aus und bricht radi­kal mit dem bis­he­ri­gen Kir­chen­ver­ständ­nis. Und alles mit der Druck­erlaub­nis aus San­ta Marta.

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Ob Spa­da­ros Syn­oden-Ana­ly­se mit dem bis­her von der Kir­che Gelehr­ten bricht, scheint den Jesui­ten nicht zu beschäf­ti­gen. Er ver­fügt für sei­nen Arti­kel über die Druck­erlaub­nis des Vati­kans. Viel­mehr muß ange­nom­men wer­den, daß Pater Spa­da­ro auf aus­drück­li­chen Wunsch von Papst Fran­zis­kus geschrie­ben hat, des­sen Gedan­ken wie­der­gibt – und das sicher authen­ti­scher als Euge­nio Scal­fa­ri, ein ande­rer „Papst-Spre­cher“ (Rober­to Cascio­li) – und sei­nen Arti­kel vor der Ver­öf­fent­li­chung dem Papst vor­ge­legt hat (sie­he Syn­ode: Fran­zis­kus schweigt, doch Pater Spa­da­ro sagt, wie Papst ent­schei­den wird).

Spadaros „völlig einseitige“ Auslegung des Synodenschlußberichts

„Beson­ders auf­fäl­lig ist, mit wel­cher Sicher­heit Pater Spa­da­ro die Rela­tio fina­lis der Syn­ode – ein Text, der tat­säch­lich offen für meh­re­re Inter­pre­ta­tio­nen ist – völ­lig ein­sei­tig aus­legt: näm­lich zugun­sten der Kom­mu­ni­on für die wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen“, so der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster zum Spadaro-Artikel.

Im Zusam­men­hang mit der Syn­oden-Aus­le­gung sind wei­te­re Ereig­nis­se zu sehen, die der Spa­da­ro-Inter­pre­ta­ti­on des Syn­oden­aus­gangs vorausgingen.

Papst Franziskus und die Rota Romana
Papst Fran­zis­kus und die Rota Romana

An erster Stel­le steht die Äuße­rung füh­ren­der Ver­tre­ter des bun­des­deut­schen, öster­rei­chi­schen und schwei­ze­ri­schen Epi­sko­pats und die­sem nahe­ste­hen­der Theo­lo­gen für die Zulas­sung der wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen zur Kom­mu­ni­on. Laut den Bischö­fen Marx (Mün­chen-Frei­sing), Schön­born (Wien) und Büchel (St. Gal­len) kön­ne es kei­nen Zwei­fel geben, daß sich die Syn­ode für eine „Öff­nung“ in die­ser Fra­ge aus­spro­chen habe, eben­so wie für eine Aner­ken­nung der Homo­se­xua­li­tät, obwohl die­ses The­ma gar nicht Gegen­stand der Syn­oden­ar­bei­ten war. Ver­tre­ter des Epi­sko­pats im deut­schen Sprach­raum lie­ßen eben­falls ver­lau­ten, daß die bereits in Tei­len prak­ti­zier­te Kom­mu­ni­ons­pen­dung an wie­der­ver­hei­ra­te­te Geschie­de­ne – so im Erz­bis­tum Frei­burg im Breis­gau – fort­ge­setzt wer­de, nun aber qua­si mit offi­zi­el­ler Unter­stüt­zung durch die Synode.

Eine zwei­te Nach­richt kommt aus Hong Kong, wo eine Gay Pri­de mit der Teil­nah­me der Kon­suln von Groß­bri­tan­ni­en, Frank­reich, Deutsch­land, der Schweiz, Irland, Schwe­den, Finn­land, der USA, Kana­da und Austra­li­en statt­fand. Pene­tran­ter Homo-Exhi­bi­tio­nis­mus als neu­es Diplo­ma­ten­par­kett? Die auf­mar­schie­ren­den Homo­se­xu­el­len nah­men den Bischof von Hong Kong, Kar­di­nal John Tong Hon ins Visier, weil er die Fami­lie als Lebens­bund von einem Mann und einer Frau ver­tei­digt hat­te und sich von den „Öff­nun­gen“ von Papst Fran­zis­kus und sei­nen Ver­trau­ten gegen­über den Homo­se­xu­el­len distanzierte.

Dekan der Rota Romana „präzisiert“ im Namen des Papstes neues Ehenichtigkeitsverfahren

Die drit­te Nach­richt betrifft das neue Ehe­nich­tig­keits­ver­fah­ren, das Papst Fran­zis­kus ange­ord­net hat und das am kom­men­den 8. Dezem­ber in Kraft tre­ten wird. Am 4. Novem­ber las Msgr. Pio Vito Pin­to, der Dekan der Sacra Rota Roma­na bei der Eröff­nung des neu­en Gerichts­jah­res fol­gen­de Erklä­rung vor, die drei Tage spä­ter im Osser­va­to­re Roma­no abge­druckt wurde.

„Der Hei­li­ge Vater hat zum Zweck, völ­li­ge Klar­heit bezüg­lich der Anwen­dung der päpst­li­chen Doku­men­te zur Ehe­r­e­form zu schaf­fen, den Dekan der Rota Roma­na gebe­ten, daß ein­deu­tig die ‚mens‘ des ober­sten Gesetz­ge­bers der Kir­che zu den bei­den am 8. Sep­tem­ber 2015 erlas­se­nen Motu­pro­ri­en bekun­det wird:

  1. Der Diö­ze­san­bi­schof hat das ange­bo­re­ne und freie Recht kraft die­ses päpst­li­chen Geset­zes per­sön­lich die Funk­ti­on der Rich­ters aus­zu­üben und sein Diö­ze­san­ge­richt zu errichten;
  2. Die Bischö­fe kön­nen inner­halb der Kir­chen­pro­vinz für den Fall, daß sie nicht die Mög­lich­keit sehen, in abseh­ba­rer Zukunft ein eige­nes Gericht zu errich­ten, frei ent­schei­den, ein inter­diö­ze­sa­nes Gericht zu schaf­fen; davon unbe­rührt bleibt gemäß gel­ten­der Bestim­mung, das heißt, mit Lizenz des Hei­li­gen Stuhls, die Fähig­keit, daß Metro­po­li­ten von zwei oder meh­re­ren Kir­chen­pro­vin­zen ein inter­diö­ze­sa­nes Gericht sowohl erster als auch zwei­ter Instanz schaf­fen können.“

Kirchengerichte für schnelle, verkürzte Eheannichtigkeitsverfahren auf Staatsebene?

Papst Franziskus Eherecht
Papst Fran­zis­kus und das neue Eherecht

Die Erklä­rung reagiert auf eine gleich nach Erlaß der Motu­pro­prien durch Papst Fran­zis­kus auf­ge­wor­fe­ne Fra­ge: laut Motu pro­prio soll­te jede Diö­ze­se ein eige­nes Ehe­ge­richt für ver­kürz­te, schnel­le Ver­fah­ren ein­rich­ten, des­sen Vor­sit­zen­der der Diö­ze­san­bi­schof ist. Das warf in eini­gen Diö­ze­sen orga­ni­sa­to­ri­sche Pro­ble­me auf. Nun erlaub­te der Papst, daß auf der Ebe­ne von Kir­chen­pro­vin­zen Gerich­te errich­tet wer­den können.

Die Erklä­rung kann noch wei­ter­ge­hend gele­sen wer­den. Punkt 2 läßt anklin­gen, daß der Papst zwar den ein­zel­nen Bischö­fen als eigent­li­chen Auto­ri­täts­trä­gern neue Zustän­dig­kei­ten über­tra­gen hat, daß die­se aber durch Zusam­men­schluß auf der Ebe­ne der Kir­chen­pro­vinz und durch Zusam­men­schluß meh­re­rer Kir­chen­pro­vin­zen eigent­lich auf Lan­des­ebe­ne, also auf der Zustän­dig­keits­ebe­ne einer Bischofs­kon­fe­renz das neue Ehe­ge­richt errich­ten könnten.

Damit könn­te, ohne daß dies expli­zit gesagt oder emp­foh­len wird, für die neu­en ver­kürz­ten und schnel­len Ehe­nich­tig­keits­ver­fah­ren, die auch schon katho­li­sche Schei­dun­gen genannt wer­den, ein Gericht für Öster­reich, eines für Deutsch­land, eines für die Schweiz usw. errich­tet wer­den. Damit wür­de sich eine ein­heit­li­che Ehe­nich­tig­keits­pra­xis für einen gan­zen Staat durch­set­zen. Das wäre letzt­lich das, was Papst Fran­zis­kus in sei­ner Schluß­an­spra­che vor der Bischofs­syn­ode sag­te und sein Adla­tus Pater Anto­nio Spa­da­ro in der Civil­tà  Cat­to­li­ca mit Nach­druck her­vor­hob: Was in einem Land eines Kon­ti­nents abge­lehnt wird, kann in einem Land eines ande­ren Kon­ti­nents als selbst­ver­ständ­lich akezptiert wer­den. Es wäre der Weg in die Frag­men­tie­rung und Frak­tio­nie­rung der kirch­li­chen Leh­re nach gesell­schaft­li­chen und kul­tu­rel­len Wün­schen. Was der „mün­di­ge Christ“ in Euro­pa will, muß nicht mehr ent­spre­chen, was der Katho­lik in Ost­afri­ka will. Um bei­de nach ihrem „Wil­len“ und „Wol­len“ zufrie­den­zu­stel­len, fle­xi­bi­li­siert die Kir­che die Wahr­heit Chri­sti in Wahrheitsvariationen.

Reimt sich neue Kollegialität auf Bischofskonferenz statt auf Bischof?

Gleich­zei­tig deu­tet die Prä­zi­sie­rung des Dekans der Rota Roma­na an, daß die Auf­wer­tung des Diö­ze­san­bi­schofs in Wirk­lich­keit im Hand­um­dre­hen zu einer Auf­wer­tung der Bischofs­kon­fe­ren­zen füh­ren könn­te. Damit wäre wie­der­um jene Ebe­ne und jenes Gre­mi­um gestärkt, dem kirch­lich eigent­lich weder eine Bedeu­tung noch eine Auto­ri­tät zu kommt. Die Auto­ri­tät liegt in der Kir­che allein beim Diö­ze­san­bi­schof für sei­ne Diö­ze­se, nicht aber bei Bischofs­kon­fe­ren­zen. Die Wirk­lich­keit sieht frei­lich anders aus. Jene Mehr­heit, sprich jene füh­ren­den Bischö­fe, die eine Bischofs­kon­fe­renz kon­trol­lie­ren, wei­ten durch die Bischofs­kon­fe­renz ihre Auto­ri­tät auf einen gan­zen Staat aus. In der Regel sind nur weni­ge Bischö­fe bereit, ihre Auto­ri­tät im Zwei­fel gegen die Bischofs­kon­fe­renz durch­zu­set­zen und deren Auto­ri­tät in ihrer Diö­ze­se ein­zu­schrän­ken. Nicht weni­ge Bischö­fe zei­gen eine Bereit­schaft, der anony­men Bischofs­kon­fe­renz den Vor­tritt zu las­sen und sich dahin­ter zu verstecken.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Osser­va­to­re Roma­no (Screen­shots)

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3 Kommentare

  1. „An erster Stel­le steht die Äuße­rung füh­ren­der Ver­tre­ter des bun­des­deut­schen, öster­rei­chi­schen und schwei­ze­ri­schen Epi­sko­pats und die­sem nahe­ste­hen­der Theo­lo­gen für die Zulas­sung der wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen zur Kommunion.“
    Sind das nicht beson­ders die Epi­sko­pa­te die mit der Kir­chen­steu­er ange­lockt und gefüt­tert werden?
    Das könn­te eine der Ursa­chen sein war­um sie in Rom immer so auf den Putz hau­en. Den Reich­tum macht stolz und anma­ßend und man fühlt sich klü­ger und grö­ßer als der Rest der Welt. Es könn­te aber auch noch ande­re Ursa­chen geben. Wir aber wis­sen das unser jet­zi­ge Bischof von Rom die Armut auf sei­ne Fah­nen geschrie­ben hat und wir kön­nen bestimmt davon aus­ge­hen das er die rei­chen Epi­sko­pa­te mit­samt ihren Schrei­ber­lin­gen ( Theo­lo­gen ) bald in ihre Schran­ken ver­wei­sen wird und dann wer­den sie auch klein­laut ihren Mund hal­ten wie sich das gehört.
    Oder sehe ich das zu optimistisch?
    Per Mari­am ad Christum.

    • Shu­ca @ Es mag sein, dass Fran­zis­kus die Armut auf sei­ne Fah­ne geschrie­ben hat,
      aber mit dem glei­chen Anspruch wie sei­ne gro­ße Barm­her­zig­keit. In die Schran­ken wer-
      den nur die ver­wie­sen, die dem Papst nicht gefal­len, zum Bei­spiel die Orden der Fran-
      zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta. Mit Wohl­wol­len wer­den nur jene behan­delt, die sich hinter
      Kar­di­nal Kas­per ver­schan­zen. Es wird sich wei­ter auch nichts ändern, und deswegen
      kann man vor­erst nicht opti­mi­stisch sein. 

      Gott befoh­len !

      • @fredius
        “ Mit Wohl­wol­len wer­den nur jene behan­delt, die sich hinter
        Kar­di­nal Kas­per verschanzen.“
        Und hin­ter Karl Rah­ner. Mir scheint das die­se Figur sowie­so der neue Erlö­ser der Jesui­ten ist. Aber davon soll­te sich ein gläu­bi­ger Katho­lik nicht beein­drucken las­sen. Wenn die­ser durch­ge­knall­te Orden Krieg mit Chri­stus haben will dann wird er ihn kriegen.
        Per Mari­am ad Christum.

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