Familiensynode: Pastoraler Neusprech als schleichende Veränderung der kirchlichen Lehre


Kardinal Reinhard Marx
Kar­di­nal Rein­hard Marx

Die deutsch­spra­chi­gen Syn­oden-Kar­di­nä­le Kas­per, Schön­born und Marx haben ihre Maxi­mal­zie­le nicht erreicht. Doch die zwei­deu­ti­ge Spra­che der umstrit­te­nen Syn­oden­be­schlüs­se las­sen „alle Türen offen“. Für die Recht­gläu­big­keit ist die­ses Ergeb­nis ein Desaster. 

Anzei­ge

Ein Gast­bei­trag von Hubert Hecker.

â–ª Schon vor der Bischofs­syn­ode zur Fami­lie hat es Vor­stö­ße gege­ben, die Grund­sät­ze der kirch­li­chen Leh­re umzu­bie­gen. Ein Debat­ten­strang ging um die Fra­ge, ob es gute Hand­lun­gen und Hal­tun­gen unter schlech­ten Bin­dun­gen und Ord­nun­gen gebe. In einer Die­bes­ban­de wer­den Ver­läss­lich­keit, Soli­da­ri­tät, Gerech­tig­keit bei der Beu­te­ver­tei­lung, Kame­rad­schaft und Zusam­men­halt gepflegt, sonst kann sie nicht effek­tiv sein. Ähn­li­ches gilt für die Mafia-Gesell­schaf­ten. Müs­sen nun die oben genann­ten Hal­tun­gen als Wer­te aner­kannt wer­den, auch wenn sie im Kon­text von Unwer­ten ste­hen? Oder noch zuge­spitz­ter gefragt: Bleibt die Gerech­tig­keit beim Beu­te­ver­tei­len nicht etwas Gutes, auch wenn das Beu­te­ma­chen etwas Schlech­tes ist? Kann also nicht doch in einer Situa­ti­on Gutes und Böses zu einem mora­li­schen Grau ver­mischt sein?

Werte sind nicht intrinsisch gut

Sowohl die spon­ta­ne als auch die ethisch reflek­tier­te Ant­wort auf die­se Fra­gen wird lau­ten: Das kann so nicht sein. Aber wo liegt der Feh­ler? Ver­läss­lich­keit, Treue, Soli­da­ri­tät etc. sind tat­säch­lich Wert­hal­tun­gen, die nor­ma­ler­wei­se mit guten oder min­de­stens ethisch neu­tra­len Zie­len ver­bun­den sind. Sie sind aber nicht in sich gut (intrin­sisch), son­dern kön­nen auch zu bösen und ver­bre­che­ri­schen Ziel­set­zun­gen ver­kehrt wer­den. Mit dem SS-Wahl­spruch: „Unse­re Ehre heißt Treue!“ wur­den die KZ-Scher­gen auf die mör­de­ri­schen Befeh­le von Himm­ler und Hit­ler ein­ge­schwo­ren. Im Kon­text der Mafia wech­seln die genann­ten Tugend­hal­tun­gen kom­plett ihre Vor­zei­chen, indem sie als Instru­men­te zu einem ver­bre­che­ri­schen System bei­tra­gen. Sie för­dern sogar die Effek­ti­vie­rung des Bösen.

Somit ergibt sich die Fol­ge­rung: Wert­hal­tun­gen und Tugen­den dür­fen nicht ohne Berück­sich­ti­gung von Ziel­set­zun­gen und Bin­dun­gen ‚gut’ bewer­tet wer­den. Doch eben auf die­se kon­text­lo­se Bewer­tung setz­ten die Neu-Ethi­ker: Wenn etwa in Homo-Part­ner­schaf­ten oder ehe­bre­che­ri­schen Bezie­hun­gen sol­che Hal­tun­gen wie Ver­läss­lich­keit und Ver­ant­wor­tungs­über­nah­me prak­ti­ziert wür­den, dann wür­den die­se intrin­sisch „guten Ele­men­te“ jene Bezie­hun­gen posi­tiv aufwerten.

Gradualität: Gutes und Böses in moralischen Grautönen vermischt

Kardinal Christoph Schönborn
Kar­di­nal Chri­stoph Graf Schönborn

â–ª Der Wie­ner Kar­di­nal Chri­stoph Schön­born hat­te bereits vor der Syn­ode das Prin­zip der Gra­dua­li­tät ins Gespräch gebracht. Gemeint ist mit die­sem Begriff etwas Rich­ti­ges: Bei einem mora­li­schen Urteil sind Abstu­fun­gen im Bereich des Guten wie des Bösen zu berück­sich­ti­gen. Die Theo­lo­gie unter­schei­det zwi­schen läss­li­chen und schwe­ren Sün­den, Tod­sün­den und Sün­den wider den Hei­li­gen Geist. Auch bei guten Taten gibt es Abstu­fun­gen bis hin zur Voll­kom­men­heit und Heiligkeit.

Was es nicht geben kann, ist eine Gra­dua­li­tät des Guten im Bösen. Eine Tat kann nicht in glei­cher Hin­sicht gut und böse sein, das besagt die Logik im Satz vom Wider­spruch. Doch gegen die­sen Grund­satz war Schön­borns Begriffs-Initia­ti­ve gerichtet.

Bei der Pres­se­kon­fe­renz nach der Schluss­ab­stim­mung der Bischofs­syn­ode wur­de der Wie­ner Kar­di­nal mit den Wor­ten zitiert: „Es gibt (in mora­li­schen Fra­gen) nicht nur Schwarz und Weiß“ – son­dern auch vie­le Grau­stu­fen, ist zu ergän­zen. Die sug­ge­sti­ve Fol­ge­rung zu die­ser Aus­sa­ge lau­tet: So wie sich die Far­be Grau aus Schwarz und Weiß zusam­men­setzt, so sind im Zwi­schen­be­reich zwi­schen Voll­kom­men­heit und Tod­sün­de Gutes und Sün­di­ges mit­ein­an­der ver­mischt in ver­schie­de­nen Abstufungen.

Doch was für die Far­ben­leh­re gilt, ist für den mora­li­schen Bereich ganz und gar nicht zutref­fend. Wie schon gesagt, gibt es Abstu­fun­gen bei schlech­ten Taten. Gegen­über einem Mord aus nie­de­ren Moti­ven steht ein Tötungs­de­likt aus einem schwie­ri­gen Umfeld oder die fahr­läs­si­ge Tötung. Doch kein Rich­ter oder Ethi­ker wür­de in dem Feh­len eines Tötungs­vor­sat­zes oder den mil­dern­den Umstän­den etwas mora­lisch Gutes sehen, son­dern eben nur eine Abstu­fung in der Schwe­re der bösen Tat.

Die kirch­li­chen Gra­dua­li­sten dage­gen wol­len die gut-böse Hand­lung ein­füh­ren: In einer weni­ger schlech­ten Tat sei schon das gra­du­ell Gute zu erken­nen. Die Kir­che soll­te die­ses Gute im Schlech­ten aner­ken­nen und die Betrof­fe­nen ermu­ti­gen, wei­te­re Schrit­te zum noch weni­ger Schlech­ten zu machen, was sie als ‚mehr Gutes’ hin­stel­len. Als Bei­trag zur Gra­dua­li­tät des Guten im Schlech­ten kür­te der Syn­oden-Son­der­se­kre­tär, Erz­bi­schof Bru­no For­te, das Wort von der „unvoll­ko­me­nen Posi­ti­vi­tät“. Die­ses sich wider­spre­chen­de Wort­kon­strukt drückt die Wider­sprüch­lich­keit der neu­en Syn­oden-Ethik aus.

Von der defizitären zur positiven Positivität

â–ª Auf dem Hin­ter­grund die­ser Gesichts­punk­te sind die Bei­trä­ge zur Bischofs­syn­ode zu betrachten:

Kar­di­nal Schön­born, der Mode­ra­tor des deutsch­spra­chi­gen Zir­kels, erläu­ter­te sei­ne Posi­tio­nen in einem Inter­view mit der Jesui­ten-Zeit­schrift Civil­tà  Cat­to­li­ca am 26. Sep­tem­ber, also einer Woche vor dem Syn­oden­be­ginn: „… Wir soll­ten die zahl­rei­chen Situa­tio­nen des Zusam­men­le­bens nicht nur aus dem Blick­win­kel des­sen betrach­ten, was fehlt, son­dern auch unter dem Blick­win­kel des­sen, was bereits Ver­spre­chen ist, was bereits vor­han­den ist.“ Jene Ehe­paa­re, die in Gna­de und Ver­trau­en in einer sakra­men­ta­len Ehe leben, „wis­sen in einem Paar, in einer ein­ge­tra­ge­nen Part­ner­schaft, in Zusam­men­le­ben­den die Ele­men­te des wah­ren Hel­den­tums, wirk­li­cher Näch­sten­lie­be, wirk­li­cher gegen­sei­ti­ger Hin­ga­be zu sehen und zu unter­schei­den. (…) Wer sind wir, um zu urtei­len und zu sagen, dass es in ihnen kei­ne Ele­men­te der Wahr­heit und der Hei­li­gung gibt? (…) Es gibt Situa­tio­nen, in denen der Prie­ster, der die Per­so­nen inner­lich kennt, dazu kom­men kann zu sagen: Eure Situa­ti­on ist so, dass ich laut Gewis­sen, eurem und mei­nem als Hir­ten, euren Platz im sakra­men­ta­len Leben der Kir­che sehe. (…) Man kann immer etwas ler­nen von Per­so­nen, die objek­tiv in irre­gu­lä­ren Situa­tio­nen leben. Papst Fran­zis­kus will uns dazu erzie­hen. “

Dem­nach sind in allen irre­gu­lä­ren For­men des Zusam­men­le­bens Ele­men­te des Guten zu fin­den. Ent­spre­chend for­der­te Erz­bi­schof For­te die Syn­oden­vä­ter auf, „Sym­pa­thie zu emp­fin­den gegen­über einer unvoll­kom­me­nen Posi­ti­vi­tät im Zusam­men­le­ben, um den Weg der Rei­fung zu beglei­ten“. Die­ser pasto­ra­le Neu­sprech der Syn­ode ist eine Ver­schleie­rungs­spra­che, die die Rea­li­tät der Sün­de und die bibli­sche For­de­rung nach Umkehr der Sün­der den Men­schen nicht mehr zumu­ten will. In der fol­gen­den For­mu­lie­rung wird die Wider­sin­nig­keit der Wen­dung ans Tages­licht gebracht: Von der defi­zi­tä­ren Posi­ti­vi­tät gra­du­ell fort­schrei­ten zur posi­ti­ven Posi­ti­vi­tät. Bei­de Pole die­ses Sat­zes sind unsin­ni­ge Wortkonstrukte.

Letzt­lich gibt es in die­sem Kon­zept über­haupt kei­nen Bereich des Bösen oder der Sün­de mehr: Auch im schlech­te­sten Men­schen und sei­nem Ver­hal­ten wol­len die Gra­dua­li­sten noch Ele­men­te von „Wahr­heit und Hei­li­gung“ hin­ein­se­hen – so der Wie­ner Kar­di­nal -, etwa im Wunsch nach Sta­bi­li­tät und Ver­läss­lich­keit. Von die­sem Punkt aus erstreckt sich dann die Gra­dua­li­tät des mehr oder weni­ger unvoll­kom­me­nen Guten bis hin zum „Ide­al“ des Guten – etwa in einer sakra­men­ta­len Ehe.

Damit hat Schön­born sei­ne ethi­sche Far­ben­leh­re noch ein­mal modi­fi­ziert: In sei­ner mora­li­schen Schwarz-Grau-Weiß-Ska­la soll das tie­fe Schwarz weg­fal­len, also die schwe­re Sün­de. Die Gra­dua­li­tät fängt bei einem dunk­len Grau an. Das wären Men­schen in gro­ßer Unvoll­kom­men­heit, aber mit einem Ansatz von Positivität.

Liebe in Zeiten der Vielfalt sexueller Lebensformen

Kardinal Walter Kasper
Kar­di­nal Wal­ter Kasper

â–ª Bei die­ser Argu­men­ta­ti­on wird allein auf die sub­jek­ti­ven Hal­tun­gen und Absich­ten der Zusam­men­le­ben­den abge­ho­ben. Es ist aller­dings bezeich­nend, auf wel­che Ein­stel­lun­gen Schön­born fokus­siert und wel­che er selek­tiert: Er hebt die hel­di­sche Näch­sten­lie­be und die gegen­sei­ti­ge Hin­ga­be her­vor. Die Treue bis zum Tod und die Offen­heit für das Leben, zwei der drei wesent­li­chen Güter der sakra­men­ta­len Ehe, lässt er unter den Tisch fallen.

Die­se Unter­schla­gung der kirch­li­chen Ehe­leh­re geschieht nicht zufäl­lig. Denn Schön­born sucht den klein­sten gemein­sa­men Nen­ner in den heu­te ver­brei­te­ten For­men sexu­el­len Zusam­men­le­bens. Da fin­det er aller­dings wenig lebens­lan­ge Treue oder die Offen­heit für Kin­der. Letzt­lich wird mit die­sem Kon­zept auch der Sta­tus der sakra­men­ta­len Ehe degra­diert. Schön­born schiebt dazu einen Wer­te­wan­del von Ehe und Fami­lie in „geschicht­li­chen und sozia­len Dimen­sio­nen“ nach. Auf der ande­ren Sei­te ord­net er die neu­en For­men des Zusam­men­le­bens „den posi­ti­ven Ent­wick­lun­gen der Gesell­schaft“ zu, die von der Kir­che auf­zu­grei­fen im Kon­zils­do­ku­ment Gau­di­um et Spes gefor­dert würde.

Als Ergeb­nis von Schön­borns Aus­sa­gen bleibt fest­zu­hal­ten: Für ihn haben die jewei­li­gen Kon­tex­te einer Hal­tung kei­ne ethi­sche Rele­vanz. Auch die bibli­schen Wei­sun­gen, die objek­ti­ven Nor­men des Sit­ten­ge­set­zes oder des Natur­rechts blei­ben in die­ser Per­spek­ti­ve aus­ge­blen­det. Für die Bewer­tung der Zusam­men­le­ben­den wäre es dem­nach gleich­gül­tig, ob sie in einer sakra­men­ta­len Ehe, Homo-Part­ner­schaft, dem unge­bun­de­nen Zusam­men­le­ben vor und neben der Ehe oder in einer Zweit- und Dritte­he lebten.

Die Sän­ge­rin Zarah Lean­der hat­te in einem Lied die rhe­to­ri­sche Fra­ge gestellt: „Kann denn Lie­be Sün­de sein?“ – gemeint war Sex in allen Lebens­la­gen und –for­men. Im posi­ti­ven Neu­sprech der Syn­ode will man auf jeden Fall das Wort „Sün­de“ ver­mei­den. Daher wür­de die ent­spre­chend posi­ti­ve Neu­for­mu­lie­rung hei­ßen: Lie­be ist in allen Lebens­for­men etwas Gutes!

Kar­di­nal Schön­born för­dert mit sei­nem Ansatz ein Sche­ma der Viel­falt von sexu­el­len Lebens­for­men, wie es die Gen­der- und Homo-Lob­by pro­pa­giert: Die lebens­lan­ge Ehe mit Kin­dern als „tra­di­tio­nel­le Fami­lie“ wäre dabei nur eine von vie­len gleich­wer­ti­gen Lebens- und Fami­li­en­for­men neben der Zweit-Ehe, Patch­work­fa­mi­lie, den Sin­gles und Allein-Erzie­hen­den, Homo-Paa­ren ohne und mit Kin­dern etc.

Heldische Nächstenliebe in Homo-Partnerschaften?

â–ª Aber der Wie­ner Kar­di­nal geht noch einen Schritt wei­ter. Er stellt aus­drück­lich die Hal­tun­gen von Homo­se­xu­el­len in „ein­ge­tra­ge­nen Part­ner­schaf­ten“ als Vor­bil­der für Ehe­gat­ten in der sakra­men­ta­len Ehe hin. Bei Homo­paa­ren wür­den „Ele­men­te des wah­ren Hel­den­tums“ ver­wirk­licht als „wirk­li­che Näch­sten­lie­be und Hin­ga­be“. Er fügt hin­zu: Man kön­ne immer etwas ler­nen von sol­chen Per­so­nen in objek­tiv irre­gu­lä­ren Situa­tio­nen, also in defi­zi­tä­rer Posi­ti­vi­tät. Leben in Homo-Part­ner­schaf­ten die bes­se­ren Christen?

Sei­nen Kri­ti­kern schleu­dert der Kar­di­nal das abge­münz­te Zitat von Papst Fran­zis­kus ent­ge­gen: „Wer sind wir, um zu urtei­len und zu sagen, dass es in ihnen (den ein­ge­tra­ge­nen Part­ner­schaf­ten) kei­ne Ele­men­te der Wahr­heit und der Hei­li­gung gibt?“ Doch Schön­born miss­braucht das Papst-Zitat, indem er den fal­schen Bezug zu Homo­part­ner­schaf­ten her­stellt. Papst Fran­zis­kus dage­gen woll­te homo­se­xu­ell ver­an­lag­te Ein­zel­per­so­nen nicht rich­ten, wenn sie Gott suchen wür­den und guten Wil­lens seien.

Zwischen Homopartnerschaft und Ehe gibt es keinerlei Ähnlichkeiten…

â–ª Mit sol­chen fre­chen Behaup­tun­gen und Ver­dre­hun­gen konn­te Kar­di­nal Schön­born jedoch bei der Syn­ode nicht durch­kom­men. Was Papst Fran­zis­kus von Homo-Part­ner­schaf­ten hält, hat­te er nach dem iri­schen Homo-Refe­ren­dum durch sei­nen Staats­se­kre­tär ver­lau­ten las­sen: Die Ein­füh­rung der Homo-Ehe sei eine „Nie­der­la­ge für die Mensch­heit“. Die Bischofs­syn­ode hat­te schon bei der ersten Sit­zungs­pe­ri­ode die Ein­schät­zung vom dama­li­gen Kar­di­nal Ratz­in­ger fest­ge­hal­ten und wie­der­hol­te die kirch­li­che Leh­re im Schluss­do­ku­ment: Es gibt „kein Fun­da­ment dafür, zwi­schen homo­se­xu­el­len Lebens­ge­mein­schaf­ten und dem Schöp­fungs­plan Got­tes für Ehe und Fami­lie Ähn­lich­kei­ten oder Ana­lo­gien her­zu­stel­len“. Daher sei es „nicht hin­nehm­bar“, die Kir­che in Rich­tung Ein­füh­rung und Akzep­tanz der ver­meint­li­chen „Homo-Ehe“ unter Druck zu setzen.

… auch nicht bei unvollkommener Positivität

Ent­schei­dend ist an die­ser kirch­li­chen Lehr­aus­sa­ge, dass der insti­tu­tio­nel­le Kon­text christ­li­cher Hal­tun­gen her­vor­ge­ho­ben wird, also Form und Inhalt des Ehe-Ver­spre­chens und der Ehe-Güter in der Bipo­la­ri­tät von Mann und Frau. Erst in die­sem Rah­men der sakra­men­ta­len Ehe wer­den Lie­be, Treue und Offen­heit für Kin­der natur­recht­lich fun­diert zu erfül­len­den Wer­ten für die Ehe­gat­ten. Ver­läss­lich­keit und Ver­ant­wor­tung, womit die Homo-Part­ner­schaf­ten ange­prie­sen wer­den, ste­hen dazu in kei­ner Ana­lo­gie, „auch nicht im wei­te­sten Sin­ne“, wie Kar­di­nal Ratz­in­ger betont hat. Mit die­ser Lehr­aus­sa­ge wird somit das Kon­zept der Gra­dua­li­sten von der „unvoll­kom­me­ne Posi­ti­vi­tät“ zurückgewiesen.

Den Synodentext auf Optimismus trimmen – christliche Abgrenzung nur implizit

Die Kardinäle Marx und Kasper in Rom
Die Kar­di­nä­le Marx und Kas­per in Rom

â–ª Mit sei­nen The­sen zu den Berei­chen des vor‑, neben- und nacheh­li­chen Zusam­men­le­bens konn­te der Wie­ner Kar­di­nal aller­dings eher Ein­fluss neh­men auf die Syn­ode. Als Lei­ter des deutsch­spra­chi­gen Zir­kels tra­gen die drei Berich­te sei­ne Hand­schrift, wenn­gleich auch ande­re deut­sche Bischö­fe ihre Posi­tio­nen ein­ge­bracht haben.

Im ersten Text stellt die deut­sche Sprach­grup­pe die For­de­rung auf, im Syn­oden­do­ku­ment soll­te die kirch­li­che Leh­re in einer „posi­ti­ven, die christ­li­che Posi­ti­on ent­fal­ten­den Spra­che“ dar­ge­stellt wer­den. Außer­dem bit­tet der deut­sche Zir­kel die Syn­oden-End­re­dak­ti­on, „nicht zu sehr in eine Über­be­wer­tung der eher pes­si­mi­sti­schen Wahr­neh­mung unse­rer Gesell­schaft zu ver­fal­len“. Soso, die Syn­ode soll auf bedin­gungs­lo­sen Opti­mis­mus getrimmt wer­den und auch die katho­li­sche Leh­re nur in posi­ti­ver Form aus­sa­gen, kei­nes­falls in „nor­ma­ti­ver und nega­tiv abgren­zen­der Spra­che“. Schön­borns Gra­dua­li­tät des Posi­ti­ven scheint hier im Text durch; auch vor dem Wort und der Rea­li­tät der (nega­ti­ven) „Sün­de“ sol­len die Katho­li­ken abge­schirmt wer­den; es sol­len kei­ne kla­ren Abgren­zun­gen der katho­li­schen Posi­tio­nen gesetzt wer­den. Nur „impli­zit“ könn­te die „christ­lich inkom­pa­ti­blen Posi­tio­nen“ zur Spra­che gebracht – d. h. ver­steckt – wer­den. Der bischöf­li­che Welt-Opti­mis­mus soll nicht durch die Erwäh­nung der häss­li­chen Fehl­for­men mensch­li­cher Sexua­li­tät gestört wer­den – wie Por­no­gra­phie, Pro­sti­tu­ti­on, Pädo­phi­lie, Sado-Maso­chis­mus, Feti­schis­mus, Ver­ge­wal­ti­gun­gen und auch die unge­ord­ne­te Homosexualität.

Die­ser Ansatz der „posi­ti­ven Sicht­wei­se“ ist in das End­do­ku­ment der Syn­ode in den Kapi­teln 69 bis 71 über­nom­men wor­den – ein Erfolg von Schön­borns Gra­dua­lis­mus: In jeder Form des Zusam­men­le­bens sei­en die „posi­ti­ven Ele­men­te“ zu ent­decken, die zwar noch nicht die „Fül­le“ ent­hiel­ten, aber auf dem Weg dort­hin gese­hen und geführt wer­den soll­ten – dem Weg von der unvoll­kom­me­nen zur voll­kom­me­nen Positivität!

Entschuldigung für die Verkündigung der kirchlichen Lehre

â–ª Im drit­ten Text des deut­schen Zir­kels wird die­ser Faden wie­der auf­ge­nom­men. Die Bischö­fe ent­schul­di­gen sich zunächst für die angeb­li­che Unbarm­her­zig­keit ihrer Vor-Vor­gän­ger. Sie kla­gen sie gleich­zei­tig an, dass sie mit der (abgren­zen­den) Ver­kün­di­gung der kirch­li­chen Leh­re viel Leid über die Men­schen gebracht hät­ten – z. B. über vor- und nicht-ehe­li­che Lebens­ge­mein­schaf­ten, geschie­de­ne Wie­der­ver­hei­ra­te­te oder Homo-Part­nern, bei denen doch so viel vor­bild­lich Posi­ti­ves zu ent­decken sei.

Nach­dem sich die heu­ti­gen Bischö­fe von der unbarm­her­zi­gen kirch­li­chen Leh­re wie auch von der Ver­kün­di­gung der­sel­ben distan­ziert haben, wen­den sie sich wie­der opti­mi­stisch-posi­tiv der mensch­li­chen Sexua­li­tät zu, nun­mehr in rein sozio­lo­gi­scher Dik­ti­on: Sie stel­len die „huma­ne Gestal­tung der mensch­li­chen Sexua­li­tät“ in den Vor­der­grund. Eine „sach­ge­rech­te und erneu­er­te Spra­che“ (noch ein Neu­sprech!) soll ins­be­son­de­re Her­an­wach­sen­de „zu einer gereif­ten mensch­li­chen Sexua­li­tät“ her­an­füh­ren. Die­se Neu-Spra­che müss­ten die Eltern, Seel­sor­ger und Schul­leh­rer selbst erst noch lernen.

Obwohl damit der Bereich von Pre­digt und Kate­che­se ange­spro­chen ist, äußern sich die deut­schen Syn­oden­bi­schö­fe an kei­ner Stel­le von der Hin­füh­rung zur katho­li­schen Ehe­leh­re und der sakra­men­ta­len Ehe . Wie soll sich bei einer sol­chen Pra­xis der beklag­te Zustand ändern, dass hei­rats­wil­li­ge Katho­li­ken kaum Grund­wis­sen über Wert und Bedeu­tung des Ehe­sa­kra­ments haben?

Ein Freibrief zur sakramentalen Beliebigkeit mit subjektiven Gewissensentscheidungen

â–ª Der umstrit­ten­ste Punkt wird am Schluss des drit­ten Zir­kel-Doku­ments ver­han­delt. Die Bischö­fe stel­len zu Anfang aus­drück­lich ihr Ziel vor, die nach erster blei­ben­der Ehe getrennt Leben­den und in zwei­ter Ehe Wie­der­ver­hei­ra­te­ten „unter bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen zu den Sakra­men­ten der Buße und der Eucha­ri­stie“ zulas­sen zu wol­len. Die­ser Ansatz ist von Papst Paul II. in sei­ner Enzy­kli­ka „Fami­lia­ris con­sor­tio“ grund­sätz­lich ver­neint worden:
„Die Kir­che bekräf­tigt jedoch ihre auf die Hei­li­ge Schrift gestütz­te Pra­xis, wie­der­ver­hei­ra­te­te Geschie­de­ne nicht zum eucha­ri­sti­schen Mahl zuzu­las­sen. Sie kön­nen nicht zuge­las­sen wer­den; denn ihr Lebens­stand und ihre Lebens­ver­hält­nis­se ste­hen in objek­ti­vem Wider­spruch zu jenem Bund der Lie­be zwi­schen Chri­stus und der Kir­che, den die Eucha­ri­stie sicht­bar und gegen­wär­tig macht.“
Auf die­sem Hin­ter­grund war es ein geschick­ter Schach­zug, den Angriff gegen die auf­ge­zeig­te Posi­ti­on der päpst­li­chen Enzy­kli­ka mit einem unver­fäng­li­chen Zitat der­sel­ben ein­zu­lei­ten: Der Papst hat­te dar­in von der Unter­schei­dung gespro­chen, dass es bei Tren­nun­gen oft­mals schul­di­ge und unschul­di­ge Ehe­gat­ten gebe. Die­se ethi­sche Unter­schei­dung ist zutref­fend, kann aber nicht die objek­ti­ve Gül­tig­keit der ein­ge­gan­ge­nen Ehe auf­he­ben oder einen sub­jek­ti­ven Anspruch auf eine zwei­te Ehe und den Kom­mu­nion­emp­fang legitimieren.

Doch eben zu jener Ziel­set­zung soll­te die­ses Zitat hin­füh­ren. Der Weg dazu wird mit dem „forum inter­num“ ange­ge­ben. Damit ist die per­sön­li­che Gewis­sens­prü­fung nach einem Bera­tungs­ge­spräch mit dem Beicht­va­ter gemeint. Mit dem Wort: „Jeder muss sich selbst prü­fen“, wird der Zugang zum Sakra­men­ten­emp­fang der Eucha­ri­stie der sub­jek­ti­ven Ent­schei­dung über­las­sen. Das wür­de auf einen Frei­brief der sakra­men­ta­len Belie­big­keit hin­aus­lau­fen, denn das Gewis­sen der mei­sten Katho­li­ken ist nicht mehr an dem Wis­sen über die bibli­sche und kirch­li­che Nor­men­leh­re orientiert.

Schön­born bzw. der deut­sche Zir­kel argu­men­tier­ten zum Gewis­sen ähn­lich wie Mar­tin Luther, als er vor der Fra­ge stand, ob er dem pro­te­stan­ti­schen Land­gra­fen Phil­ipp I. von Hes­sen eine Zweit­ehe erlau­ben soll­te. Der hat­te „auf Gott und sein Gewis­sen genom­men“, dass er ohne sei­ne Kon­ku­bi­ne nicht leben könn­te. Dar­auf­hin gab Luther dem Kur­für­sten „beicht­wei­se die Erlaub­nis zur Biga­mie, um das Gewis­sen zu retten“.

Kar­di­nal Schön­born hat­te in sei­nem vor-syn­oda­len Inter­view aus­drück­lich Fäl­le kon­stru­iert, in denen er wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­nen bei gül­ti­ger Erst-Ehe emp­fahl, den Leib des Herrn zu emp­fan­gen. Damit hat­te er pro­vo­ka­tiv gegen die Lehr­aus­sa­gen von Papst Johan­nes Paul II. ver­sto­ßen. Auch bei einem nach-syn­oda­len Gespräch schlug er in die glei­che Ker­be: Für den Kom­mu­nion­emp­fang von Katho­li­ken in ungül­ti­ger Zweit­ehe sei die Bedin­gung der Ent­halt­sam­keit, wie sie in „Fami­lia­ris con­sor­tio“ auf­ge­stellt wird, nicht mehr notwendig.

Die Reformer haben den Fuß in der Tür – für ihre progressive Agenda

Die kardinäle Marx und Schönborn bei der Synode
Die Kar­di­nä­le Marx und Schön­born bei der Synode

â–ª Das End­do­ku­ment der Syn­ode hat in den Kapi­teln 85 und 86 die auf­ge­führ­ten Über­le­gun­gen und For­mu­lie­run­gen des deutsch­spra­chi­gen Zir­kels weit­ge­hend über­nom­men. Es sind aller­dings eini­ge Abschwä­chun­gen vor­ge­nom­men wor­den. So wird von dem „recht gebil­de­ten Gewis­sen“ statt dem unge­bun­de­nen „per­sön­li­chen Gewis­sen“ gespro­chen. Die sub­jek­ti­ve Gewis­sens­ent­schei­dung kön­ne auch nicht von den Erfor­der­nis­sen der Wahr­heit und den evan­ge­li­ums­fun­dier­ten Vor­ga­ben der Kir­che abse­hen. Statt „Zugang zu den Sakra­men­ten“ sol­len die Mög­lich­kei­ten „einer vol­len Teil­nah­me am Leben der Kir­che“ aus­ge­lo­tet werden.

Trotz­dem äußer­ten sich die Kas­pe­ria­ner zum Syn­od­en­er­geb­nis im Abschluss­pa­pier mit vor­sich­ti­gem Opti­mis­mus. Die Kar­di­nä­le Kas­per, Schön­born und Marx konn­ten mit den Kapi­teln 69 bis 71 sowie 85 und 86 den „Fuß in die Tür“ set­zen, um nach der Syn­ode gra­dua­li­ter ihre pro­gres­si­ve Agen­da zu voll­enden. Denn die abge­schwäch­ten Inhal­te jener Kapi­tel ver­wei­sen auf das wei­ter­ge­hen­de Ori­gi­nal der Beschlüs­se aus dem deutsch­spra­chi­gen Zir­kel. Dar­in aber wur­de unter der Hand (des pasto­ra­len Ansat­zes) die Leh­re der Kir­che zu dem Bereich Sexua­li­tät und Ehe ver­än­dert. Zusam­men­fas­send ergibt sich aus den fol­gen­de Eck­punk­ten ein neu­es Para­dig­ma für die kirch­li­che Ehelehre:

- Es soll nicht mehr in nega­tiv-abgren­zen­der Spra­che von Sün­de, Ver­bo­ten und Schlech­tem gespro­chen wer­den – etwa dem 6. Gebot: Du sollst nicht ehe­bre­chen, dem Jesus-Wort von Wie­der­ver­hei­ra­tung als Ehe­bruch oder der Nicht-Erlaubt­heit von Geschlechts­ver­kehr außer­halb der Ehe. Der kirch­li­che Rea­lis­mus zu Sün­de und Ver­ge­hen wird als „pes­si­mi­sti­sche Welt­sicht“ denunziert.
– Dar­über hin­aus soll das moral­theo­lo­gi­sche Prin­zip des intrin­sisch Schlech­ten gekappt wer­den. Dem­nach sol­len Abtrei­bung, Ehe­bruch etc. nicht mehr als in sich schlech­te Hand­lun­gen gel­ten, son­dern nach Situa­ti­on, Motiv, Umstän­den und Kon­se­quen­zen auch posi­tiv gedeu­tet wer­den können.
– Gegen­über der bis­he­ri­gen Unter­schei­dung von gut und schlecht soll die Kir­che ganz auf eine posi­tiv-opti­mi­sti­sche Sicht der Men­schen umge­polt wer­den. In allen schlech­ten Hal­tun­gen und Hand­lun­gen hät­te man immer schon eine Bei­mi­schung von guten Absich­ten und Ansät­zen zu sehen. Daher bräuch­te es kei­ne Umkehr der Sün­der mehr. Es gäbe nur ein gutes Fort­schrei­ten vom Aus­gangs­punkt der unvoll­kom­me­nen Posi­ti­vi­tät zur posi­ti­ve­ren Posi­ti­vi­tät. Die bis­he­ri­ge Norm der sakra­men­ta­len Ehe wird dabei zu einem kaum erreich­ba­ren „Ide­al“ für die From­men marginalisiert.
– Die Anwen­dung die­ses neu­en Para­dig­mas bedeu­tet eine sub­stan­ti­el­le Ver­än­de­rung der kirch­li­che Leh­re zu Sexua­li­tät und Ehe: Alle sexu­el­len Bezie­hun­gen vor, neben und außer­halb der Ehe sol­len grund­sätz­lich als Viel­falt der Lebens- und Lie­bes­for­men akzep­tiert sowie von ihren posi­ti­ven Ele­men­ten her gesich­tet und bewer­tet wer­den. Ins­be­son­de­re wird die Ver­ant­wor­tungs­über­nah­me in einer Zweit-Ehe als in sich gut und unum­kehr­bar hingestellt.
– Die kirch­lich-dis­zi­pli­na­ri­schen Fol­gen die­ser Lehr-Ände­rung skiz­zier­te Kar­di­nal Schön­born so: Der Ein­tritt in die Zweit­ehe bei gül­ti­ger Erst-Ehe könn­te als Ver­ge­hen der Ver­gan­gen­heit im Beicht­ge­spräch bereut und ver­ge­ben wer­den. Die ein­ge­gan­ge­nen Ver­pflich­tun­gen und Ver­ant­wor­tungs­über­nah­me in der Zweit­ehe (beson­ders bei Kin­dern) wären aber grund­sätz­lich posi­ti­ve Ele­men­te, die nach per­sön­li­cher Gewis­sens­prü­fung den Zugang zur Kom­mu­ni­on ermög­li­chen soll­ten. Aus­drück­lich wen­det sich der Wie­ner Kar­di­nal gegen die Aus­nah­me­for­mel von „Fami­lia­ris con­sor­tio“, wonach Kom­mu­ni­ons­emp­fang nur bei Ent­halt­sam­keit in der Zweit­ehe zu erlau­ben sei.

In die­sem Sin­ne betrach­ten die Kas­pe­ria­ner den Syn­oden­be­schluss als Anfang einer Agen­da, die sich nicht an den Wort­laut hält, son­dern – ana­log zum Kon­zil – den Geist der Syn­ode fort­füh­ren will und die Tür zur Akzep­tanz der Viel­falt von Zusam­men­lie­ben­den ganz auf­sto­ßen sowie deren vol­le „Inte­gra­ti­on“ in die sakra­men­ta­le Kir­che betrei­ben soll. Der schwa­che Trost für die Ver­tei­di­ger der Recht­gläu­big­keit, dass im Syn­oden-End­do­ku­ment nichts ent­ge­gen der Leh­re der Kir­che drin­ste­he, ist prak­tisch schon überholt

Die kirchliche Ehelehre ist bei den Gläubigen schon lange verdunstet

â–ª Doch auch noch die defen­si­ve The­se, dass kein Ver­stoß gegen die Kir­chen­leh­re vor­lie­ge, hat für die Klar­heit und Bin­nen­wir­kung der kirch­li­chen Ver­kün­di­gung desa­strö­se Aus­wir­kun­gen ange­sichts der bis­he­ri­gen Ver­dun­stung der kirch­li­chen Leh­re über Ehe und Familie:

In einem Bei­trag der Lim­bur­ger Kir­chen­zei­tung vom 20.09.2015 unter der Über­schrift: „Geschie­de­nen eine zwei­te Chan­ce geben“ berich­te­te Der Sonn­tag über eine Umfra­ge unter Ehe­ju­bi­la­ren zu der Fra­ge, wie die Kir­che sich zur Wie­der­ver­hei­ra­tung von Geschie­de­nen ver­hal­ten sol­le. Alle drei befrag­ten Paa­re stell­ten die Tren­nung von Ehe­leu­ten unter die Gesichts­punk­te: Der Mensch irrt sich. Es pas­siert halt, dass man bei der Wahl des Part­ners dane­ben liegt. Dann macht man es eben beim zwei­ten Mal bes­ser. Auf jeden Fall soll­ten Geschie­den eine zwei­te Chan­ce erhal­ten und wie­der kirch­lich hei­ra­ten dür­fen.

In einer sol­chen säku­la­ren Ehe­auf­fas­sung nach dem Muster von Ver­such, Irr­tum und zwei­ter Chan­ce hat sich die kirch­li­che Ehe­leh­re voll­stän­dig ver­flüch­tigt. Wenn bei ver­meint­lich gut-katho­li­schen Gold­hoch­zeits­paa­ren schon die­se Ver­dun­stung der Glau­bens­leh­re vor­herrscht, wird man bei Her­an­wach­sen­den und jun­gen Paa­ren erst recht kei­nen Ansatz mehr fin­den für die Ansprü­che und Gaben des Ehe­sa­kra­ments. Dass die Katho­li­ken von alt bis jung viel­fach kei­ne Kennt­nis­se mehr haben von den christ­li­chen Glau­bens­grund­sät­zen, müss­te Bischö­fe und Pfar­rer, Reli­gi­ons­leh­rer und auch die kirch­li­che Publi­zi­stik auf­schrecken. Denn sie sind offen­sicht­lich ihrer Pflicht zur Dar­le­gung der biblisch-kirch­li­chen Ehe­leh­re bis­her nicht genü­gend nach­ge­kom­men. In die­ser Situa­ti­on wäre eine Kehrt­wen­de auf allen Ebe­nen der Ver­kün­di­gung not-wen­dig. Inso­fern ist die Fest­stel­lung, die Syn­ode hat nichts gegen die Leh­re der Kir­che geäu­ßert, eine Bank­rott-Erklä­rung des Wei­ter so mit den kirch­li­chen Defi­zi­ten bei der Glau­bens­ver­kün­di­gung, ins­be­son­de­re zur Ehelehre.

Die Lehre von der defizitären Positivität ist in der Provinz angekommen

â–ª Das zeigt ein Tref­fen des der­zei­ti­gen Bis­tums­lei­ters in Lim­burg, Weih­bi­schof Man­fred Gro­the, mit „zwan­zig Prak­ti­kern aus der Fami­li­en­pa­sto­ral und ‑bera­tung, von der Fami­li­en­bil­dung und den Kin­der­ta­ges­stät­ten“. Erstaun­lich schnell wur­den dabei die pro­gres­si­ven Ten­den­zen der Kape­ria­ner-Frak­ti­on der Syn­ode auf­ge­nom­men. Wenn Bischof Bode im Früh­jahr die Kluft zwi­schen Leh­re und Lebens­wirk­lich­keit beklag­te, so lau­tet heu­te die Sprach­re­ge­lung: „Span­nungs­feld von (Ehe-)Ideal und Wirk­lich­keit“ – so Gro­the laut Lim­bur­ger Kir­chen­zei­tung vom 1. Nov. Es gebe nun mal eine „Viel­falt von Lebens­for­men, in denen nur Ele­men­te die­ses Ide­als ver­wirk­licht“ wür­den. Man sieht, die aus Rom ver­brei­te­te Leh­re von der Gra­dua­li­tät einer defi­zi­tä­ren Posi­ti­vi­tät ist in der Pro­vinz angekommen.

Auch Kar­di­nal Schön­borns Theo­rie, dass sol­che Hal­tun­gen wie „Ver­ant­wor­tung über­neh­men“ kon­text­los, also unter allen Umstän­den (intrin­sisch) gut zu hei­ßen sei­en, sogar evan­ge­li­en­ge­mäß, fand die Zustim­mung des Lim­bur­ger Weih­bi­schofs. Ver­rä­te­risch war aller­dings, wie die katho­li­schen Berater/​innen in ihren Pra­xis­be­rich­ten dazu stan­den: „Die Paa­re, egal in wel­cher Lebens­form, wol­len, dass ihr Mit­ein­an­der gelingt“. Die Men­schen wür­de die pro­fes­sio­nel­le Bera­tung schät­zen. Dabei sei „die Mar­ke Katho­lisch kein Hemm­nis (!) und kein Pro­blem“. Die­se Aus­sa­ge ist ent­lar­vend: Das ‚Katho­li­sche’ wird als äußer­li­che Mar­ke ange­se­hen, die dann nicht als hem­mend und hin­der­lich für die Bera­tung ange­se­hen wird, wenn das Inhalt­lich-Katho­li­sche hint­an steht.

Text: Hubert Hecker
Bild: NBQ/​MiL/​LifeSiteNews

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