Andrea Tornielli, der Erfolgs-Vatikanist – Der Wandel vom Ratzingerianer zum Bergoglianer


Andrea Tornielli (Im Hintergrund sein Buch über Pius XII.)
Andrea Tor­ni­el­li (Im Hin­ter­grund sein Buch über Pius XII.)

(Rom) Der katho­li­sche Publi­zist Fran­ces­co Agno­li von Liber­tà  e Per­so­na (Frei­heit und Per­son) befaßt sich in einem Arti­kel mit dem Kol­le­gen und Vati­ka­ni­sten Andrea Tor­ni­el­li. Tor­ni­el­li, bis vor kur­zem „Ratz­in­ge­ria­ner“ wird über Nacht zum „Kas­pe­ria­ner“. Mehr noch, er wird zum per­sön­li­chen Ver­trau­ten von Papst Fran­zis­kus, der häu­fi­ger Gast in San­ta Mar­ta ist. Der­zeit beson­ders inten­siv, um unab­hän­gig von den offi­zi­el­len Vati­kan­me­di­en für die „rich­ti­ge“ media­le Begleit­mu­sik zur Bischofs­syn­ode zu sor­gen. Seit dem Herbst 2013 wird Tor­ni­el­li unter Kol­le­gen als „Haus- und Hof­va­ti­ka­nist“ des Pap­stes bezeichnet.

Anzei­ge

Agno­li the­ma­ti­siert einen Wan­del, der in sei­ner Naht­lo­sig­keit nicht leicht nach­voll­zieh­bar scheint. Eine Wand­lung, die von meh­re­ren katho­li­schen Medi­en­ver­tre­tern in einem mehr oder weni­ger flie­gen­den Wech­sel voll­zo­gen wurde.

Tornielli und der überlieferte Ritus

Zu ergän­zen wäre, was Agno­li nicht erwähnt: Tor­ni­el­li hielt sich lan­ge vom über­lie­fer­ten Ritus fern. Das The­ma mied er, war er doch in einer Zeit kirch­lich sozia­li­siert wor­den, in der die über­lie­fer­te Form des Römi­schen Ritus als „ver­bo­ten“ galt und mit der Pius­bru­der­schaft in Ver­bin­dung gebracht wur­de, die als „Sek­te“ dis­kre­di­tiert wur­de. In papst­treu­en, kon­ser­va­ti­ven Krei­sen spiel­te das The­ma unter Johan­nes Paul II. schlicht­weg kei­ne Rol­le. Vor allem woll­te man sich gegen­über pro­gres­si­ven Krei­sen nicht noch mehr angreif­bar machen, galt man doch schon so als „rück­wärts­ge­wandt“ und „unmög­lich“.

2001 zen­su­rier­te Tor­ni­el­li daher auch lie­ber gleich den Papst, als Johan­nes Paul II. im Sep­tem­ber 2000 in sei­ner Bot­schaft an die Voll­ver­samm­lung der Got­tes­dienst­kon­gre­ga­ti­on die „wun­der­schö­nen Gebe­te“ des Mis­sa­le von Pius V. lobte.

Unter Bene­dikt XVI. dau­er­te die­se „Zurück­hal­tung“ trotz Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum an, so daß es Vor­wür­fe von Lesern gab.  Etwas ver­spä­tet öff­ne­te sich Tor­ni­el­li dann doch der „außer­or­dent­li­chen Form“. Ein per­sön­li­ches Näh­ver­hält­nis wur­de nicht dar­aus, aber eine Ver­tei­di­gung des über­lie­fer­ten Ritus. Tor­ni­el­li tat damit, was selbst­ver­ständ­lich hät­te sein sol­len, jahr­zehn­te­lang aber nicht gesche­hen war.

Im April 2011 ver­wei­ger­te die Diö­ze­se Tre­vi­so einer Pfarr­ge­mein­de die Bit­te, die Sonn­tags­mes­se im über­lie­fer­ten Ritus zele­brie­ren zu dür­fen. Dies hat­te sich der Orts­pfar­rer zu sei­nem 60. Prie­ster­ju­bi­lä­um und zum 40. Jubi­lä­um als Pfar­rer des Ortes gewünscht und er wur­de dar­in vom Pfarr­ge­mein­de­rat und den Gläu­bi­gen unter­stützt. Tor­ni­el­li schrieb zum Ver­hal­ten der Diö­ze­se: „Was geschieht, ist wirk­lich schwer­wie­gend, wenn sich einer­seits Prie­ster über die Auto­ri­tät des Pap­stes erhe­ben und gleich­zei­tig gläu­bi­ge Lai­en nicht ein­mal einer Ant­wort wür­di­gen, nur weil die­se sich ’schul­dig‘ gemacht haben, im Ein­klang mit den kirch­li­chen Vor­schrif­ten eine Hei­li­ge Mes­se im alten Ritus fei­ern zu wollen.“

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Andrea Tornielli, der Erfolgs-Vatikanist – Von Pius XII. zu Kasper

Tornielli im Flugzeug des Papstes
Tor­ni­el­li im Flug­zeug des Papstes

von Fran­ces­co Agnoli

„Vor weni­gen Jah­ren dach­te er nicht so…“, sagt mir einer jener Mon­signo­ri, die Andrea Tor­ni­el­li, heu­te Koor­di­na­tor von Vati­can Insi­der, zur Zeit von Bene­dikt XVI. anrief, um mit ihnen zu plaudern…

Nein, damals war er nicht so. Gestern war der Vati­ka­nist Tor­ni­el­li ein eiser­ner Ratz­in­ge­ria­ner, heu­te ist er ein biß­chen die Dia­man­ten­spit­ze des Kas­per-Lagers, das eine dok­tri­nel­le Ände­rung will. Kar­dinl Car­lo Maria Mar­ti­ni SJ, damit wir uns ver­ste­hen, ist zum „Pro­phet“ gewor­den, und Kas­per ist sein Nachfolger.

Mit gro­ßer Ver­bis­sen­heit teilt er vir­tu­el­le Hie­be gegen die Kar­di­nä­le aus, die sich im zurück­lie­gen­den Jahr bemüht haben, die Argu­men­te für ihre Posi­ti­on zur Ehe in Büchern darzulegen.

Tor­ni­el­li war frü­her nicht unpar­tei­isch und ist es auch heu­te nicht. Die Rol­le des neu­tra­len Chro­ni­sten ist ihm zu eng. Er zog es immer vor, sie mit jener des Kolum­ni­sten zu mischen. Dar­an ist nichts Schlim­mes, ganz im Gegen­teil. Das setzt aber auch gewis­sen Über­le­gun­gen aus. Wer Kolum­nist ist, endet zwangs­läu­fig im „Krieg“ der Mei­nun­gen. Vor allem, wenn er mäch­ti­ge Kano­nen zur Ver­fü­gung hat, mit denen er abfeu­ern kann. Wenn er sich dann mit gro­ßem Eifer eine Min­der­hei­ten­mei­nung inner­halb der Kir­che zu eigen macht, die aber Mehr­heits­mei­nung in der Welt ist, gerät er unwei­ger­lich in Kon­flikt mit jenen, die weder ver­ste­hen, war­um die Kir­che zu grund­le­gen­den Prin­zi­pi­en, die sie immer bekannt hat, Mei­nung ändern soll­te, noch war­um Tor­ni­el­li selbst – laut man­chen – so stolz und schnell das „Ufer“ gewech­selt hat.

Wiederverheiratete Geschiedene

Vor nicht lan­ger Zeit, als Bene­dikt XVI. noch regier­te, schrieb Tor­ni­el­li zur Kom­mu­ni­on für wie­der­ver­hei­ra­te­te Geschiedene:

„Manch­mal ris­kiert man Ver­all­ge­mei­ne­run­gen wie jene, zu den­ken, daß die Geschie­de­nen als sol­che von der Kom­mu­ni­on aus­ge­schlos­sen sei­en. Das stimmt nicht. Das sind nur jene Geschie­de­nen, die nach­dem sie in der Kir­che gehei­ra­tet haben, nach ihrer Tren­nung stan­des­amt­lich erneut gehei­ra­tet haben oder fest mit einem neu­en Part­ner oder einer neu­en Part­ne­rin zusam­men­le­ben. Obwohl der Aus­schluß in die frü­he­ste Zeit zurück­reicht, ließ die Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on noch in den frü­hen 70er Jah­ren die pro­ba­ta pra­xis in foro inter­no zu, das heißt die Zulas­sung zu den Sakra­men­ten auf­grund einer Gewis­sens­ent­schei­dung, die vom Beicht­va­ter gebil­ligt wur­de. Die der­zei­ti­gen rigo­ro­sen Regeln gehen auf das Apo­sto­li­sche Schrei­ben Fami­lia­ris Con­sor­tio von Johan­nes Paul II. (1981) zurück und wur­den von Bene­dikt XVI. in Sacra­men­tum Cari­ta­tis (2007) bekräf­tigt. Papst Ratz­in­ger, der mehr als ein­mal Auf­merk­sam­keit für das Pro­blem zeig­te, bezeich­ne­te, indem er Hin­wei­se der Bischofs­syn­ode auf­griff, jene „schmerz­li­che Situa­tio­nen“, in denen „sich nicht weni­ge Gläu­bi­ge befin­den, die das Sakra­ment der Ehe geschlos­sen haben, sich schei­den haben las­sen und eine neue Ver­bin­dung ein­ge­gan­gen sind‘, ein ‚dor­ni­ges und kom­ple­xes‘ pasto­ra­les Pro­blem, ‚eine wirk­li­che Pla­ge im heu­ti­gen sozia­len Kon­text, die in wach­sen­dem Maß sogar die katho­li­schen Krei­se befällt‘. Er bekräf­tigt aber die Pra­xis der Kir­che, ‚gegrün­det auf der Hei­li­gen Schrift‘, die wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen nicht zu den Sakra­men­ten zuzu­las­sen. Ratz­in­ger lädt den­noch die wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen ein, ‚trotz ihrer Situa­ti­on‘, der Kir­che zu fol­gen, ‚die sie mit beson­de­rer Auf­merk­sam­keit beglei­tet im Wunsch, daß sie, soweit mög­lich, einen christ­li­chen Lebens­stil durch die Teil­nah­me‘ an der Hei­li­gen Mes­se, ‚pfle­gen‘.“

Das The­ma war für Tor­ni­el­li tat­säch­lich dor­nig: Sein Arbeit­ge­ber war Ber­lus­co­ni, der dar­um ersucht hat­te, die Kom­mu­ni­on emp­fan­gen zu dür­fen, obwohl er wie­der­ver­hei­ra­tet war. Der dama­li­ge Papst, auf den ein Vati­ka­nist natür­lich nicht ohne Sym­pa­thie schau­en kann, sah das aber anders. Es galt sich also aus dem Inter­es­sens­kon­flikt zwi­schen Ber­lus­co­ni und Bene­dikt XVI. her­aus­zu­win­den und Tor­ni­el­li wuß­te es zu tun.

In der katho­li­schen Monats­zeit­schrift Il Timo­ne vom Febru­ar 2012 rede­te Tor­ni­el­li in einem Arti­kel hin­ge­gen Klar­text über die „Rebel­len“ gegen Bene­dikt XVI.: „Durch die Kir­chen Nord- und Mit­tel­eu­ro­pas bla­sen Win­de der Rebel­li­on. Man­che spre­chen von einem ‚still­schwei­gen­den Schis­ma‘, ande­re ver­su­chen abzu­wie­geln. Mit Sicher­heit han­delt es sich um ein besorg­nis­er­re­gen­des Phä­no­men, das Län­der von alter katho­li­scher Tra­di­ti­on betrifft, wie Öster­reich oder Belgien.“

Er schrieb sogar, hört, hört: „In Bel­gi­en zum Bei­spiel for­dern mehr als 200 Prie­ster, unter­stützt von Tau­sen­den Gläu­bi­gen, schrift­lich die Zulas­sung der wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen zur Kom­mu­ni­on, die Prie­ster­wei­he für ver­hei­ra­te­te Män­ner und auch für Frau­en, ja sogar die Mög­lich­keit für Lai­en, wäh­rend der Sonn­tags­mes­se pre­di­gen zu können…“

Was ist gesche­hen, wenn er gestern so dach­te und heu­te das Gegen­teil denkt?

Der Beginn einer Karriere

Es wird gut sein, etwas zurück­zu­blen­den in die Zeit, als Tor­ni­el­li Mit­ar­bei­ter der Monats­zeit­schrift 30Giorni von Comu­nio­ne e Libe­ra­zio­ne (CL) war. CL galt damals als „die Rech­te“ in der Kir­che und Tor­ni­el­li stand fest ver­an­kert „rechts“ und damit ein biß­chen in einer Ecke.

In der Aus­ga­be von Juni 1992 fin­det man ein Dos­sier von ihm zur Lit­ur­gie. Die Schlag­zei­le auf der Titel­sei­te lau­te­te: „Die Frei­mau­re­rei und die Umset­zung der Lit­ur­gie­re­form“. Der Titel auf der Innen­sei­te lau­te­te: „Das gewoll­te Babel“. Im Arti­kel kam Tor­ni­el­li auch auf die angeb­li­che Logen­mit­glied­schaft von Msgr. Anni­ba­le Bug­nini zu spre­chen und erin­ner­te dar­an, daß des­sen Ver­set­zung in den Iran eine Stra­fe für den frei­mau­re­ri­schen Umgang des Haupt­ur­he­bers der Lit­ur­gie­re­form war. Teil des Dos­siers war zudem ein lan­ger Arti­kel des dama­li­gen Prä­fek­ten der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, Joseph Kar­di­nal Ratz­in­ger mit dem Titel: „Eine zur Show ent­ar­te­te Messe“.

Wie man sieht: sehr star­ke Wor­te und Vor­stel­lun­gen. Tor­ni­el­li ver­trat sie jah­re­lang. Nicht von unge­fähr betrach­te­te ihn die Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. als „befreun­de­ten“ Jour­na­li­sten. Heu­te scheint es, daß sich die Ideen des illu­stren Vati­ka­ni­sten geän­dert haben oder zumin­dest sehr viel zurück­hal­ten­der gewor­den sind.

Die Tageszeitung von Silvio Berlusconi

Wäh­rend sich Tor­ni­el­li bei 30Giorni und der CL-Wochen­zei­tung Saba­to (Sams­tag) die Spo­ren ver­dien­te, gelang­te er nach einer Zusam­men­ar­beit mit der von Giu­lia­no Fer­ra­ra gelei­te­ten Tages­zei­tung Il Foglio, bei der Tages­zei­tung Il Giorn­a­le aus dem Haus Ber­lus­co­ni. Dort bleibt er 15 Jah­re und schrieb, was ein Vati­ka­nist des Giorn­a­le eben schreibt: weder der übli­che Jubel für pau­pe­ri­sti­sche noch links­la­sti­ge Kirchenvertreter.

An der Sei­te Ber­lus­co­nis zu ste­hen und den „rech­ten“ Vati­ka­ni­sten zu machen, ging gut in der Zeit der „nicht ver­han­del­ba­ren Grund­sät­ze“, des Geset­zes 40/​2004 mit sei­ner Ein­schrän­kung der künst­li­chen Befruch­tung und der Ära Rui­ni als Vor­sit­zen­der der Ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz.

So kom­men die Jah­re von Papst Bene­dikt XVI. Tor­ni­el­li kann im Vati­kan auf eine wach­sen­de Zahl von Infor­man­ten zäh­len, die ihm ver­trau­en. Sei­ne Inter­views pri­vi­le­gie­ren nicht die übli­chen Bekann­ten, die Mar­ti­nia­ner oder die Pro­gres­si­sten, son­dern die Kon­ser­va­ti­ven, die Tra­di­tio­na­li­sten, die Ratz­in­ge­ria­ner. Tor­ni­el­li gelin­gen nun auch „Knül­ler“, die zwei­fels­oh­ne mit sei­nen guten Kon­tak­ten im Vati­kan zusammenhängen.

Unter Bene­dikt XVI. tritt Tor­ni­el­li Schritt für Schritt aus dem rech­ten Ghet­to her­aus und wird ein aner­kann­ter Vati­ka­nist und schreibt, zusam­men mit Pao­lo Roda­ri, damals Vati­ka­nist von Il Foglio, der dann mit einem dop­pel­ten Sal­to Mor­ta­le bei La Repubbli­ca lan­den soll­te, ein apo­lo­ge­ti­sches und muti­ges Buch: „Angriff gegen Ratz­in­ger. Vor­wür­fe und Skan­da­le, Pro­phe­zei­un­gen und Kom­plot­te gegen Bene­dikt XVI.“ Ein Buch, das ins Eng­li­sche und Fran­zö­si­sche über­setzt wird.

Bene­dikt galt Tor­ni­el­li damals als Licht­ge­stalt. Heu­te scheint er es für drin­gend gebo­ten zu hal­ten, die kla­re Rich­tung, die Bene­dikt auf ethi­schem Feld vor­gab, so schnell als mög­lich umzustoßen.

Il Timone und La Bussola

Es sind die Jah­re, die Jah­re des Pon­ti­fi­kats von Bene­dikt XVI., in denen sich Tor­ni­el­li als lei­den­schaft­li­chen Apo­lo­ge­ten ent­deckt. Die Apo­loge­tik sieht ihn in der ersten Rei­he, vor allem in der Ver­tei­di­gung eines „vor­kon­zi­lia­ren“ Pap­stes wie Pius XII. Tor­ni­el­li schreibt beach­tens­wer­te Bücher zu histo­ri­schen The­men und die Zahl sei­ner Anhän­ger wächst. Es sind die Jah­re, in denen er mit der Monats­zeit­schrift Il Timo­ne zusam­men­ar­bei­tet, das nicht gera­de als Blatt der Kas­pe­ria­ner oder Pro­gres­si­sten bezeich­net wer­den kann. Es ist die Zeit­schrift, die in die­sen Tagen in Rom eine öffent­li­che Kon­fe­renz zur Bischofs­syn­ode mit den Kar­di­nä­len Bur­ke und Caf­farra organisierte.

Tor­ni­el­li wird so gut wie über­all­hin ein­ge­la­den, sei­ne Bücher vor­zu­stel­len. Kaum oder gar nicht von links. Einer, der für die Tages­zei­tung von Ber­lus­co­ni schreibt und Pius XII. ver­tei­digt, der ist in bestimm­ten Krei­sen, auch bestimm­ten inner­kirch­li­chen Krei­sen, nicht gern gesehen.

Aus dem Umfeld von Il Timo­ne ent­steht als neu­es Medi­en­pro­jekt die Inter­net­zei­tung Bus­so­la Quo­ti­dia­na und Tor­ni­el­li wird ihr erster Direk­tor. Chef­re­dak­teur wird Ric­car­do Cascio­li, zu den Mit­ar­bei­tern gehö­ren der Publi­zist Vitto­rio Mess­o­ri, Erz­bi­schof Lui­gi Negri, der Rechts­phi­lo­soph Mario Palmaro.

Heu­te scheint er sich nicht ger­ne dar­an zu erin­nern an die vie­len Inter­views mit den Nicht-Kas­pe­ria­nern unter den Kar­di­nä­len, die von die­ser Inter­net­zei­tung ver­öf­fent­licht wur­den. Heu­te heißt sie Nuo­va Bus­so­la Quo­ti­dia­na, hat aber die­sel­ben Mit­ar­bei­ter und das­sel­be Ide­al. Nicht mehr dabei ist Andrea Tornielli.

Das war auch die Zeit der gro­ßen, aber flüch­ti­gen Freund­schaft zwi­schen Tor­ni­el­li und Vitto­rio Mess­o­ri, Pro­to­typ des angeb­lich „rück­wärts­ge­wand­ten“ Katho­li­ken, des apo­lo­ge­ti­schen Jour­na­li­sten, der dem von so vie­len gehaß­ten Glau­bens­prä­fek­ten Ratz­in­ger, dem „deut­schen Pan­zer“ ein viel­be­ach­te­tes Buch gewid­met hat­te [Zur Lage des Glau­bens, 1985]. Tor­ni­el­li und Mess­o­ri tre­ten fast nur mehr im Duett auf und schrei­ben schließ­lich zusam­men ein Gesprächsbuch.

Mess­o­ri war damals ein von Bene­dikt XVI. geschätz­ter Mann, dem auch zahl­rei­che füh­ren­de Prä­la­ten mit Wohl­wol­len begegneten.

Heu­te ist Mess­o­ri völ­lig drau­ßen, sowohl aus den kirch­li­chen Krei­sen, wie auch aus den Tor­ni­el­li-Inter­views. Der ein­zi­ge Hin­weis, den man bei Tor­ni­el­li noch fin­det, ist eine Kri­tik an Gedan­ken Mess­o­ris, die die­ser Ende 2014 auf Nuo­va Bus­so­la Quo­ti­dia­na veröffentlichte.

Tor­ni­el­li „ver­liert“ auf sei­nem Weg vie­le Freun­de. Als er gera­de bei Vati­can Insi­der begann, das war noch mit­ten im Pon­ti­fi­kat von Bene­dikt XVI., inter­viewt er den Lit­ur­gi­ker und Ratz­in­ge­ria­ner, Msgr. Nico­la Bux (was noch mehr­fach der Fall sein soll­te), um den heu­ti­gen Kar­di­nal Mül­ler gegen tra­di­tio­na­li­sti­sche Kri­tik zu ver­tei­di­gen. Sowohl Mül­ler als auch Bux sind längst aus den Sei­ten von Vati­can Insi­der ver­schwun­den. Ersetzt wur­den sie durch Wal­ter Kas­per, den Grün­der der Gemein­schaft Sant’Egidio Andrea Ric­car­di und den Nicht-Mönch-Mönch Enzo Bianchi …
In der Poli­tik gerät Ber­lus­co­ni in die Kri­se. Er wird jeden Tag von neu­en Schlag­zei­len ein­ge­holt und von Sex-Skan­da­len regel­recht über­schüt­tet. Die­se mögen noch so sehr von sei­nen Geg­nern instru­men­ta­li­siert wor­den sein, doch sie waren da. Und der Vati­ka­nist des Giorn­a­le bot alles auf, um sei­nen Her­aus­ge­ber und Arbeit­ge­ber zu ver­tei­di­gen. Vor allem, indem er jenen Kir­chen­ver­tre­tern Raum bot, die der Lin­ken am ent­schie­den­sten ent­ge­gen­stan­den, und ihre (teils durch­aus berech­tig­ten) Zwei­fel an dem äußern ließ, was sich abspielte.

Dann wechselten die Zeitungseigentümer und die Päpste

Dann wech­sel­ten die Zei­tungs­ei­gen­tü­mer (Tor­ni­el­li wech­selt zur Tages­zei­tung La Stam­pa aus dem Haus Agnel­li-Elkann, Fiat Chrys­ler Auto­mo­bi­les) und die Päp­ste und auch die Ideen und die Krei­se, in denen man ver­kehrt, kön­nen sich, sagen wir es ein­mal so, erneuern …

Tor­ni­el­li wech­selt im März 2011 von Il Giorn­a­le zu La Stam­pa. Am 19. Janu­ar inter­viewt er Vitto­rio Mess­o­ri für Il Giorn­a­le in einem Arti­kel, der letzt­lich der Ver­tei­di­gung Ber­lus­co­nis dient. Tor­ni­el­lis Fra­gen lau­ten bei­spiels­wei­se: „Man­che sagen: Bes­ser ein im Pri­vat­le­ben unge­ord­ne­ter Poli­ti­ker, der aber gute Geset­ze macht, als ein pri­vat tadel­lo­ser Poli­ti­ker, der Geset­ze gegen die ‚nicht ver­han­del­ba­ren Wer­te‘ macht. Was den­ken Sie dar­über?“ Mess­o­ri wur­de offen­sicht­lich aus­ge­wählt, um die erhoff­ten Ant­wor­ten zu erhalten.

Am 20. Febru­ar, nur einen Monat nach dem Mess­o­ri-Inter­view, dem noch ein wei­te­res gefolgt war, hat­te sich Tor­ni­el­lis Hal­tung zu den Skan­da­len sei­nes nun­mehr ehe­ma­li­gen Arbeits­ge­bers grund­le­gend geän­dert. Das wur­de bei den damals noch gewohn­ten Inter­views von Tor­ni­el­li mit Mess­o­ri für die Inter­net­zei­tung Bus­so­la Quo­ti­dia­na deutlich.

Mess­o­ri sag­te damals die­sel­ben Din­ge, die er weni­ge Tage zuvor auch in sei­nem Giorn­a­le-Inter­view gesagt hat­te. Die Fra­gen und Fest­stel­lun­gen Tor­ni­el­lis hin­ge­gen waren nun viel här­ter: „Fin­dest Du es nicht etwas pein­lich, daß es Katho­li­ken gibt, die bereit sind, den Cava­lie­re [Ber­lus­co­ni] immer und in jedem Fall zu recht­fer­ti­gen? Die­se Situa­ti­on scha­det Ita­li­en objek­tiv auf inter­na­tio­na­ler Ebe­ne. Ich hal­te das, was zum Vor­schein gekom­men ist, für trau­rig und trost­los ohne Ende …“

Bis weni­ge Tage zuvor hat­te Tor­ni­el­li selbst noch zu den Recht­fer­ti­gern gehört, und wie!

Einleitung/​Übersetzung: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Liber­tà  e Persona/​Twitter (Screen­shot)

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10 Kommentare

  1. Es ist gut, wenn auch Din­ge wie um den Vati­ka­ni­sten Andrea Tor­nel­li ange­spro­chen wer­den. Es gibt immer wie­der Men­schen die bei gewis­sen Umstän­den ihre Mei­nun­gen wech­seln, wie ande­re ihre Hem­den. Tor­nel­li scheint so ein Mensch zu sein. Zur Zeit Bene­dikt XVI.war er ein Verteidiger
    des Pap­stes mit sei­nen Schrei­ben und Büchern. Auf ein­mal ent­puppt er sich als Kas­pe­ria­ner und
    Ver­trau­ter Fran­zis­kus. Was soll man dazu sagen, dass ein Mann prak­tisch sei­ne See­le verkauft,
    um auf den neu­en Zug auf­zu­sprin­gen. Dass das unlau­ter ist, kommt ihm bestimmt nicht in den
    Sinn. Ähn­lich geht es so man­chen Pur­pur­trä­gern, die schnell ihre Ansich­ten und Mei­nun­gen in
    den Wind hän­gen und sich so Vor­tei­le erhoffen.

    • die Kar­di­nä­le Marx und Schön­born sind auch sol­che Wen­de­häl­se, die gal­ten unterm letz­ten Pon­ti­fi­kat noch als kon­ser­va­tiv (i.S.v. neo-con natür­lich, nicht tradi)

      sogar die deut­sche Pres­se hielt Marx mal für kon­ser­va­tiv, als er damals als Bischof von Trier den Herrn Hasen­hüttl sus­pen­dier­te, aber okay, tem­po­ra mutan­tur und pecu­nia non olet, wenn mich mei­ne letz­ten Latei­n­erin­ne­run­gen nicht täuschen 😀

  2. Sieh mal an:
    Da schreibt Andrea Tor­ni­el­li tat­säch­lich über die bel­gi­sche Pro­test­ak­ti­on mit „200 Prie­stern und tau­sen­den Gläubigen…“:
    die Akti­on „Gelo­vi­gen neh­men het woord“ („Gläu­bi­gen neh­men das Wort“) in 2009 hat­te nach mei­nem Kennt­nis­stand nur etwas mehr als tau­send Unter­schrif­ten, mit sehr wenig Schwe­stern und Non­nen, haupt­säch­lich mit­tel­al­te Prie­ster und sehr viel Reli­gi­ons­leh­rer und-Lehrerinnen.
    Nach­dem zum ersten Mal in Flan­dern nen­nens­wer­ter Wider­stand von treu­en Katho­li­ken auf­trat, sack­te die Akti­on der Moder­ni­sten wie ein schlech­ter Pud­ding ineinander.
    Die Unter­schrif­ten­li­ste stand erst breit öffent­lich im Netz und wur­de dann plötz­lich still­ge­legt- zu spät, läßt sie sich noch immer bei den „Katho­lie­ke Kru­is­toch­ten“ durchlesen.
    Nicht weni­ge der Sub­skri­ben­ten wur­den hin­ter­her als Sex­ma­niak­ken ent­mas­kert und gestraft.
    Die mei­sten bereu­en inzwi­schen sehr unter­schrie­ben zu haben (wahr­schein­lich weni­ger aus con­tri­stio gegen den Glau­bens­ab­fall als wohl aus Angst vor der Tra­di­ti­on in Flandern).
    Kar­rie­ri­sten hat es schon immer gege­ben; sehr erhe­bend ist es nicht.

  3. Mit Andrea Tor­ni­el­li war ich über 20 Jah­ren befreun­det. Ken­nen­ge­lernt haben wir uns beim Pro­zess gegen den slo­wa­ki­schen Bischof Pavel Hni­li­ca, der zu Unrecht in die Finanz­af­fä­re um die Vatik­an­bank hin­ein­ge­zo­gen wor­den war. Wir haben zusam­men kri­ti­sche Arti­kel publi­ziert, über Miss­stän­de in der vati­ka­ni­schen Kurie. Sein Arti­kel über einen hoch­ran­gi­gen Vati­kan­mit­ar­bei­ter, der in der Schweiz an der Publi­ka­ti­on eines Hefts über Sado-Maso-Prak­ti­ken für Homo­se­xu­el­le betei­ligt war, in der Zeit­schrift EPOCA, hat im Vati­kan und in Ita­li­en hef­ti­ge Reak­tio­nen her­vor­ge­ru­fen und mir als recher­chie­ren­der Jour­na­list eine beding­te Gefäng­nis­stra­fe eingebracht.
    Dann kam jener Erfolg, der in Ihrem Arti­kel beschrie­ben wur­de. Mir ist es schlei­er­haft, wes­halb Tor­ni­el­li den jet­zi­gen Weg beschrit­ten hat. Ich betrach­te ihn immer noch als her­aus­ra­gen­den Schrei­ber­ling, aber lei­der auf der fal­schen Seite.

  4. Ist der Vati­kan noch Katholisch?

    Der frei­mau­re­ri­sche Plan zur Zer­stö­rung der katho­li­schen Kirche

    Richt­li­ni­en vom Groß­mei­ster der Frei­mau­rer an die katho­li­schen Frei­mau­rer-Bischö­fe. – Effek­ti­ve März 1962 – (the Aggior­no­men­to of Vati­can II) – Alle Frei­mau­rer­brü­der sol­len über den Fort­schritt die­ser ent­schei­den­den Anwei­sun­gen berich­ten. – Über­ar­bei­tet im Okto­ber 1993 als fort­schrei­ten­der Plan für das End­sta­di­um. – Alle Frei­mau­rer, die in der Kir­che arbei­ten, müs­sen Fol­gen­des in die Hand neh­men und durchsetzen

    Wie vie­le Kar­di­nä­le müss­ten als Frei­mau­rer sofort Exkom­mu­ni­ziert werden?

    http://​kath​-zdw​.ch/​m​a​r​i​a​/​s​c​h​a​t​t​e​n​m​a​c​h​t​/​f​r​e​i​m​a​.​k​i​r​c​h​e​.​h​tml

    • Ich bin etwas skep­tisch wenn behaup­tet wird, dass der Vati­kan von Frei­mau­rern unter­wan­dert ist. In lan­gen Gesprä­chen mit Kar­di­nal Edouard Gagnon erfuhr ich, dass es im Vati­kan tat­säch­lich Frei­mau­rer gibt. Sei­ner Erfah­rung nach, waren die­se damals in den mitt­le­ren Rän­gen der Kurie zu fin­den. In jenen Jah­ren hat­te Papst Johan­nes Paul II. die­sen Kar­di­nal beauf­tragt das The­ma zu ana­ly­sie­ren. Die Frei­mau­re­rei ist wirk­lich eine Seu­che. Sie aber für all die Feh­ler unse­rer Kir­chen­lei­tung ver­ant­wort­lich zu machen, erscheint mir falsch zu sein. Der Teu­fel bedient sich mehr der Macht­ge­lü­ste und auch der sexu­el­len Schwä­chen der Kir­chen­die­ner, um die heu­ti­ge Situa­ti­on zu erreichen.

      • Aber wür­den das die Hohen Rän­ge auch zugeben?

        Doch vie­le der Ergeb­nis­se pas­sen mit den Richt­li­ni­en der ober­sten Frei­mau­rern zusammen!

        Natür­lich ist das ein Minen­feld, doch…

        An ihren Taten sollt ihr sie erken­nen! (1. Johan­nes 2,1–6)

      • Es ist doch offen­sicht­lich, dass wir den heu­ti­gen Zustand der Kir­che einer sorg­fäl­ti­gen mau­re­ri­schen Arbeit zu ver­dan­ken haben: Natür­lich ist die­se erst abge­schlos­sen, wenn das Blut Chri­sti nicht mehr auf den Altä­ren flie­ßen wird. Es wird nicht mehr lan­ge dau­ern, bis es soweit ist!

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