(Rom) Der Schriftleiter der katholischen Internetzeitung Nuova Bussola Quotidiana, Riccardo Cascioli, sieht hinter dem Lärm über die Veröffentlichung des Beschwerdeschreibens der dreizehn Kardinäle einen „weiteren“ Versuch, die „Verteidiger des Ehesakraments zum Schweigen zu bringen“.
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Wo sind die Familien?
von Riccardo Cascioli
Der von der großen progressistischen Presse losgetretene Krieg zum Schreiben der dreizehn Kardinäle ist gestern abend endgültig vom Surrealen ins Lächerliche abgerutscht. Doch nichts scheint diese Aggression gegen die Kardinäle, die das Schreiben unterzeichnet haben, und gegen den Vatikanisten Sandro Magister, der das Schreiben veröffentlicht hat, stoppen zu können. Sie werden im besten Fall beschuldigt, Verschwörer zu sein. Magister selbst trat gestern abend den Beweis an, daß die Nachricht über die Beschwerde der dreizehn Kardinäle bereits vier Tage vor ihm vom Verantwortlichen des Nachrichtenportals Vatican Insider, Andrea Tornielli, bekanntgemacht wurde, einem jener, die gerade am lautesten „Verschwörung“ schreien und die angeblichen „Schuldigen“ angreifen.
Was für eine Verschwörung?
Das surreale Element: Eine Verschwörung ist per definitionem etwas, was im Schutz der Dunkelheit ausgeheckt wird, im Verborgenen, hinter dem Rücken anderer, die man treffen will, um Ziele zu erreichen, die bei Tageslicht unmöglich zu erreichen sind. Was also hat das mit einigen Kardinälen zu tun, die dem Papst einen Brief schreiben zu einer Synode deren Synodenväter sie sind, darin ihre Sorgen und Bedenken zum Ausdruck bringen und diesen Brief persönlich dem Papst übergeben, der laut der verqueren Logik einiger Verschwörungstheoretiker ja das angebliche Opfer sein soll?
Die Sorgen und Bedenken, die im Brief geäußert werden, wurden von den Unterzeichnern bereits vorher oder nachher auch in der Synodenaula, in Interviews und Erklärungen vorgebracht.
Abdriften zu protestantischen Positionen
Neu ist nur, daß das Schreiben veröffentlicht wurde und damit erst internationale Beachtung fand und seither erheblich mehr Wirkung entfaltet. Man kann berechtigterweise darüber diskutieren, ob dieser Schritt eine kluge Sache war oder nicht. Mit einer Verschwörung hat auch das nichts gemein. Was hingegen nicht zur Diskussion steht, ist die Loyalität der Unterzeichner. Sie haben die Aufforderung des Papstes, „offen zu sprechen“ befolgt und ihm persönlich ihre Gedanken mitgeteilt. Was seit vergangenem Montag, seit Magister den Brief veröffentlichte, geschieht, ist nur ein weiterer Versuch, mit einem Vorwand – in diesem Fall das Schreiben der Kardinäle – die Synode in eine bestimmte Richtung drängen zu wollen, dorthin wo man sie haben will. Genau diese Sorge haben die dreizehn Kardinäle zum Ausdruck gebracht.
Im übrigen ist offensichtlich, daß sich das verbale Aggressionsniveau in den vergangenen Wochen deutlich gegen jene erhöht hat, die in der Treue zu dem ausharren, was die Kirche immer bekannt hat. Die Barmherzigkeit wird dabei als Knüppel gegen alle eingesetzt, die es wagen, Widerspruch gegen das unübersehbare Abdriften zu protestantischen Positionen zu äußern.
Wer Parrhesia wünscht, muß sie auch ertragen
Der Papst wünscht „Parrhesia“, wie er selbst sagte, Redefreiheit, doch Kardinal Kasper stempelte in seinem jüngsten Interview mit dem Corriere della Sera alle jene als „Fundamentalisten“ ab, die nicht so denken wie er. Und ein Troß folgte im Chor, darunter Stefania Falasca, die ihm aus den Spalten des Avvenire, der Tageszeitung der Italienischen Bischofskonferenz, sofort beipflichtete, indem sie die Verteidiger des Ehesakraments als „fundamentalistische Sektierer“ beschimpfte. Und überhaupt erbrachte sie in den vergangenen anderthalb Jahren den Beweis der Unzuverlässigkeit, wenn es darum geht, zu berichten, was rund und bei der Synode geschieht. Da ist es nur mehr ein kleiner Schritt, nun von „Verschwörung“ und „Feinden des Papstes“ zu zetern. Wobei das noch die wohlwollendsten Urteile sind, die von der großen Presse gebraucht werden.
Der Sinn und Zweck der Übung? Auf diese Weise will man die „Gegner“ durch Einschüchterung zum Schweigen bringen, vor allem mit Blick auf die nächsten Tage, an denen die Synodenväter über den umstrittensten Teil des Instrumentum laboris diskutieren werden, jenen, der mit der Kommunion für die wiederverheirateten Geschiedenen, mit dem außerehelichen Zusammenleben und mit der Homosexualität zu tun hat.
Kein schönes Schauspiel
Das Schauspiel, das sich rund um die Synode bietet, ist alles andere als schön. Das gilt um so mehr, da man sich nach den Ereignissen bei der Synode 2014 und der auch vom Papst geäußerten Selbstkritik etwas anderes erwarten hätte dürfen, vor allem auch, daß den wirklichen Familien, den christlichen Familien mehr Raum eingeräumt würde, um Zeugnis zu geben über die Ehe, die Familie und die Berufung zur Heiligkeit.
Die Heiligsprechung des Ehepaars Martin am kommenden Sonntag ist genau unter diesem Blickwinkel zu sehen. Doch bei der Synode scheinen die anwesenden Familien nur die Rolle eines Beiwerks zu spielen, ein bißchen bunte Verzierung zu sein. Sie sind aber weder Ausgangspunkt noch Bezugspunkt für die Diskussion der Bischöfe und Kardinäle. Das ist nicht den Synodalen anzulasten, wohl aber jenen, die die Spielregeln der Synode bestimmen, allen voran dem Generalsekretariat. Für den von Kardinal Baldisseri geleiteten Regieraum der Synode zählt aber nur das äußerst umstrittene und angefochtene Instrumentum laboris.
Der amerikanische Kardinal Dolan, einer der dreizehn Unterzeichner des Schreibens an den Papst, sagte ironisch, daß in diesem Klima der Inklusion die einzigen ausgeschlossenen die Familien scheinen, die treu inmitten zahlreicher Schwierigkeiten ihre Berufung leben. Und schaut man darauf, was bei den täglichen Pressekonferenzen von der Synode berichtet wird, dann würde man wirklich sagen, daß er recht hat.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Settimo Cielo