(Rom) Das Gerücht von der Existenz einer Homo-Lobby im Vatikan erhält neue Nahrung. Der im Vatikan tätige polnische Priester und Theologe Krzysztof Charamsa bekannte in einem Interview mit der italienischen Tageszeitung Corriere della Sera homosexuell zu sein. Er habe einen schwulen Lebensgefährten, und beide seien „glücklich und stolz“ darauf. Er sei bereit, nun die Folgen dafür zu tragen, von seiner Homosexualität wolle er aber nicht ablassen. „Die Kirche soll die Augen öffnen“, denn „totale Abstinenz ist unmenschlich“. Das „Outing“ Charamsa erfolgte einen Tag vor Beginn der Bischofssynode über die Familie und hat diese zum Adressaten.
LGBT-Katholiken tagen in Rom
Charamsa ist kein Bischof, wie manche Medien fälschlich behaupten, darunter auch der Österreichische Rundfunk, er ist aber an der Römischen Kurie tätig. Der Corriere della Sera, die bedeutendste Tageszeitung Italiens, setzte sein Bekenntnis auf die Titelseite der heutigen Ausgabe.
Heute findet im Vorfeld der morgen beginnenden Bischofssynode in Rom auch eine „Internationale Versammlung homosexueller Katholiken“ statt, die vom Global Network of Rainbow Catholics organisiert wird. Der 43jährige Msgr. Charamsa ist einer der Teilnehmer, sein „Outing“ die Begleitmusik zur Tagung.
Breits in der ersten Synoden-Session, versuchte ein Teil der Kirche, eine Anerkennung der Homosexualität in den Synodendokumenten zu verankern. Entsprechende umstrittene Passagen wurden in den Zwischenbericht der Synode 2014 eingebaut. Autor derselben ist Kurienerzbischof Vincenzo Paglia, der Vorsitzendes des Päpstlichen Familienrates und damit vatikanischer „Familienminister“. Die Mehrheit der Synodalen lehnte den entsprechenden Paragraphen des Schlußdokuments ab. Papst Franziskus ordnete dennoch an, auch die abgelehnten Paragraphen (zu Homosexualität und Kommunion für wiederverheiratet Geschiedene) als integralen Bestandteil des Dokuments zu betrachten. Der Schlußbericht der Synode 2014 hat jedoch keine Verbindlichkeit.
Charamsa: Abstinenz ist „unmenschlich“ – „Kirche soll ihr Denken ändern“
Der polnische Homo-Theologe bezeichnete „totale Abstinenz von Liebesleben“ als „unmenschlich“. Charamsa will trotz seines Lebenswandels im Widerspruch zur katholischen Lehre an Funktion und Priestertum festhalten. Denn nicht er, sondern die katholische Kirche solle sich ändern.
Krzysztof Olaf Charamsa wurde 1972 in Gdingen (polnisch Gdynia) geboren. Er ist Assistenzsekretär der Internationalen Theologischen Kommission, die bei der Glaubenskongregation angesiedelt ist. 1997 zum Priester geweiht, promovierte er 2002 an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom, wo er seit 2009 einen Lehrauftrag hat. Seit 2011 ist er für die Internationale Theologische Kommission tätig.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: wprost (Screenshot)