Beugen und Verbiegen der katholischen Ehelehre – Eine Übersicht vor der Synode


Kasper und Marx die Gesichter des deutschen Modells
Kas­per und Marx – Posi­tio­nen zur Aus­fran­sung und Rela­ti­vie­rung der biblisch-kirch­li­chen Ehelehre

Im Vor­feld der römi­schen Fami­li­en-Syn­ode haben deut­sche und öster­rei­chi­sche Kir­chen­re­prä­sen­tan­ten Posi­tio­nen zur Aus­fran­sung und Rela­ti­vie­rung der biblisch-kirch­li­chen Ehe­leh­re auf­ge­stellt. Auch wenn sie sich in den letz­ten Mona­ten in der Form gemä­ßig­ter gege­ben haben – ihre Kern­the­sen blei­ben bestehen.

Anzei­ge

Eine Über­sicht von Hubert Hecker.

1) Die christlichen Gebote an die gesellschaftlichen Ist-Werte anpassen

Bischof Franz-Josef Bode hat die Gene­ral­ten­denz vie­ler deut­scher Kir­chen­grö­ßen am deut­lich­sten zur Spra­che gebracht – die Anpas­sung der christ­li­chen Leh­re an die unchrist­li­che Lebens­wei­se der west­li­chen Gesell­schaft. Bode stell­te fest, dass sich das „Leben“ vie­ler Chri­sten von der „Leh­re“ Chri­sti ent­fernt habe. Die­se Kluft müs­se über­wun­den wer­den. Er kommt aber nicht auf die Idee, die sei­nem Auf­trag als Bischof ent­sprä­che, den Chri­sten die Leh­re Chri­sti wie­der nahe­zu­brin­gen, son­dern er will das Fak­ti­sche des gesell­schaft­li­chen Lebens zur neu­en Norm erklä­ren. Die Behaup­tung, dass die nor­ma­ti­ve Kraft des Fak­ti­schen die „Kluft zwi­schen Leh­re und Leben“ schlie­ße, ist aber Augen­wi­sche­rei. Denn die Norm des Fak­ti­schen setzt die bibli­schen Nor­men außer Kraft, wie im näch­sten Punkt gezeigt.

2) Relativierung der biblischen Lehre und Gebote

Bischof Bode schließt einen zwei­ten Gedan­ken­gang an: Den biblisch-kirch­li­chen Leh­ren und Gebo­ten zu Ehe und Treue soll­te die heu­ti­ge gesell­schaft­li­che Rea­li­tät als theo­lo­gi­sche Erkennt­nis­quel­le zur Sei­te gestellt wer­den. Heut­zu­ta­ge wird ein Drit­tel aller Ehen geschie­den. Wenn man aus die­ser Tat­sa­che etwas über das Wesen der Ehe erken­nen will, so ergibt sich, dass die Ehe offen­sicht­lich nicht „unauf­lös­lich“ wäre, wie es Bibel und Dog­ma­tik der Kir­che leh­ren. Somit wür­de man das Jesus­wort zu Maku­la­tur erklä­ren, nach dem die Ehe schöp­fungs­mä­ßig von Gott untrenn­bar zusam­men­ge­fügt ist. Die The­se von der „heu­ti­gen Rea­li­tät als theo­lo­gi­sche Erkennt­nis­quel­le“ setzt die unbe­ding­ten Aus­sa­gen und Gebo­te der Bibel ins Unrecht.

3) Sakramentaler Segen für jedwede Beziehung

Einen ähn­li­chen Gedan­ken ver­folgt der Pasto­ral­rat der Diö­ze­se Linz. Das Gre­mi­um spricht in sei­ner Emp­feh­lung für die römi­sche Bischofs­syn­ode zur Ehe und Fami­lie dafür aus, nicht von „Idea­len“ aus­zu­ge­hen, son­dern den „Blick auf die Lebens­wirk­lich­keit von Bezie­hun­gen zu rich­ten“. Die Lebens­rea­li­tät sei gekenn­zeich­net durch Bezie­hun­gen ohne Trau­schein, Zivil­ehen, Zweit­ehen nach Schei­dun­gen und homo­se­xu­el­le Part­ner­schaf­ten. Die Kir­che sol­le aus die­ser Lebens­wirk­lich­keit die Kon­se­quen­zen zie­hen und das Ehe­sa­kra­ment zu einer „nicht wer­ten­den Mehr­stu­fig­keit“ wei­ter­ent­wickeln (ana­log dem Weihesakrament).

Kardinal Schönborn an der Seite von Kasper und Marx
Kar­di­nal Schön­born und die Anwen­dung des „Gra­dua­li­täts­prin­zips“ auf die Sakramente

4) Wertschätzung der Zweit‑, Dritt- und Homo-Ehen

Bischof Hei­ner Koch, Vor­sit­zen­der der DBK-Kom­mis­si­on für Ehe und Fami­lie, unter­mau­ert den mora­li­schen Wert der irre­gu­lä­ren Bezie­hun­gen. Nach sei­ner Ansicht fin­den sich die „Grund­wer­te wie Treue und Ver­läss­lich­keit“ bei der gro­ßen Zahl von wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­nen und den vor­ehe­lich Zusam­men­le­ben­den sowie bei homo­se­xu­el­len Paa­ren. Anschei­nend sol­len mit sol­chen „Wert­schät­zun­gen“ die Zweit- und Dritt-Ehen sowie jeg­li­che Art von sexu­el­len Bezie­hun­gen Erwach­se­ner auf­ge­wer­tet werden.

5) Auch mit graduellen Wahrheiten zufriedengeben

Der Wie­ner Kar­di­nal Chri­stoph Schön­born will unter dem Prin­zip der „Gra­dua­li­tät“ alle sexu­el­len Bezie­hungs­for­men in die kirch­li­che Ehe-Leh­re inte­grie­ren. Danach kön­nen auch in Part­ner­schafts­for­men, die der katho­li­schen Leh­re zuwi­der­lau­fen, „fami­liä­re Wer­te und die Suche nach Wahr­heit gelebt wer­den“. In die­sen Bezie­hun­gen sei­en Gra­de oder Stu­fen des Ide­als der christ­li­chen Ehe erreicht.

6) Ein gewisses subjektives Dafürhalten im Gegensatz zu den objektiven Normen.

Bischof Bode erklär­te, dass für ihn in Sachen Ehe und Fami­lie der Frei­bur­ger Theo­lo­ge Eber­hard Schocken­hoff maß­geb­lich sei. Der ver­tritt die Mei­nung, dass bei Ehe­bruch, Schei­dung und Wie­der­ver­hei­ra­tung die Gewis­sens­ent­schei­dung der Betrof­fe­nen für die „Ein­schät­zung ihrer Lebens­si­tua­ti­on“ rele­vant sei. Gewis­sen steht in die­sem Fall als sub­jek­ti­ves Dafür­hal­ten im Gegen­satz zu den objek­ti­ven Nor­men der Bibel und der Kirche.

7) Barmherziges Zudecken der Sünde

Kar­di­nal Wal­ter Kas­per hat für die Aner­ken­nung einer Zweit­ehe das Motiv der Barm­her­zig­keit ins Spiel gebracht. Wenn jemand für sei­ne sün­di­ge Tat – Schei­dung und Wie­der­ver­hei­ra­tung – ange­mes­se­ne Buße tue, soll­te ihm die Kir­che die Abso­lu­ti­on nicht ver­wei­gern, auch wenn die Per­son nicht die irre­gu­lä­re Situa­ti­on rück­gän­gig macht, das heißt zur Umkehr bereit ist. Die­se Art von Barm­her­zig­keit läuft auf das luthe­ri­sche „Zudecken von Sün­den“ hin­aus und ent­spricht nicht dem katho­li­schen Abso­lu­ti­on von Sün­den unter den Bedin­gun­gen der Beich­te. Kas­per ver­weist auch auf die ortho­do­xen Kir­chen, die unter bestimm­ten Bedin­gun­gen Zweit- oder Dritt-Ehen zulassen.

8) Wir sind keine Filiale von Rom

Kar­di­nal Rein­hard Marx ergänz­te die inhalt­li­che Debat­te über Ehe und Fami­lie mit der kir­chen­po­li­ti­schen Aus­sa­ge: „Wir sind kei­ne Filia­le von Rom.“ Und: „Wir kön­nen nicht auf die Beschlüs­se der römi­schen Bischofs­syn­ode war­ten.“ Damit hat der Vor­sit­zen­de der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz schon vor Abschluss der römi­schen Syn­ode im Okto­ber die­sen Jah­res klar­ge­stellt, dass die welt­kirch­li­chen Beschlüs­se so oder so von der deut­schen Kir­che als irrele­vant ange­se­hen werden.

Kommentar:

„¢ Zu den ersten bei­den Punk­ten hat Kar­di­nal Kurt Koch, Prä­si­dent des Päpst­li­chen Rats zur För­de­rung der Ein­heit der Chri­sten, eine kla­re Stel­lung­nah­me abge­ge­ben. Auf die Inter­view­fra­ge der ‚Tages­post’, wel­che Bedeu­tung die Lebens­wirk­lich­keit der Men­schen für die Kir­che habe, ant­wor­te­te er: Die Kennt­nis­se der mensch­li­chen Lebens­wirk­lich­keit sei­en hilf­reich, um mit den Her­aus­for­de­run­gen der Pasto­ral rich­tig umzu­ge­hen. „Aber sie kann nicht eine drit­te Wirk­lich­keit der Offen­ba­rung neben Schrift und Lehr­amt sein.“ Damit bleibt die bibli­sche Leh­re in der Aus­le­gung der Kir­che die ein­zi­ge Norm für Chri­sten. Allen Bestre­bun­gen, die kla­ren Aus­sa­gen und Wahr­hei­ten Chri­sti zu rela­ti­vie­ren mit Hin­weis auf das abwei­chen­de „Leben“ oder die ein­ge­schlif­fe­nen „Lebens­wirk­lich­keit“ soll­te damit ein Rie­gel vor­ge­scho­ben sein.

„¢ Jesus Chri­stus hat die unlös­ba­re Zusam­men­ge­hö­rig­keit der Ehe­leu­te als Prin­zip der Schöp­fungs­ord­nung erklärt. Der Beginn die­ser Ver­bin­dung ist das gegen­sei­ti­ge Treue­ver­spre­chen durch alle Lebens­hö­hen und –tie­fen bis zum Tode. Zum Gelin­gen die­ser sakra­men­ta­len Ver­bin­dung gibt Gott sei­ne Gna­de und sei­nen Segen. Deut­sche und öster­rei­chi­sche Bischö­fe ver­wei­sen dar­auf, dass auch in Zweit­ehen und nicht-ehe­li­chen Part­ner­schafts­for­men Wer­te wie Ver­läss­lich­keit gelebt wür­den. Die­se Tugen­den sei­en als Stu­fen auf dem Weg zum katho­li­schen Ehe-Ide­al wert­zu­schät­zen. Eine sol­che Stu­fen- Argu­men­ta­ti­on oder Ele­men­te-Leh­re ver­kennt und ver­fehlt aber die katho­li­sche Leh­re, nach der eine sakra­men­ta­le Ehe nur bei voll­stän­di­gem Vor­lie­gen der ehe­li­chen Wer­te-Tri­as – Treue bis zum Tod, Offen­heit für Kin­der und gegen­sei­ti­ge Hil­fe /​ Unter­stüt­zung – gül­tig ist. Ein ein­zi­ger die­ser Wer­te macht kei­ne Ehe, auch kei­ne ‚Ehe light’ – im Gegen­teil: Das Feh­len einer die­ser Grund­wer­te macht eine Ehe nich­tig, auch wenn zwei wei­te­re vor­lie­gen. In die­sem Sin­ne ist ein Wort des Glau­bens­prä­fek­ten Kar­di­nal Ratz­in­ger von 2003 zu deu­ten: Nicht nur bei Homo­part­ner­schaf­ten, son­dern auch bei Zweit- und Dritt-Ehen sowie Zusam­men­le­ben ohne Trau­schein gibt es kei­ne Ana­lo­gie mit der sakra­men­ta­len Ehe.

„¢ Die Idee von Pro­fes­sor Schocken­hoff, dass letzt­lich nur die sub­jek­ti­ve Gewis­sens­ent­schei­dung als Maß­stab für die Bewer­tung von Ehe­bruch, Schei­dung und Wie­der­ver­hei­ra­tung gel­ten kön­ne, hat bei der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz Tra­di­ti­on. Schon in der König­stei­ner Erklä­rung von 1968 erklär­te sie, dass über der biblisch-kirch­li­chen Nor­men­leh­re das sub­jek­ti­ve Gewis­sen ste­he. 25 Jah­re spä­ter unter­stütz­te die Mehr­heit der deut­schen Bischö­fe die staat­li­che Abtrei­bungs­re­ge­lung, nach der eine Schwan­ge­re in „ver­ant­wort­li­chem Gewis­sen­s­ur­teil“ über Leben und Tod ihres unge­bo­re­nen Kin­des ent­schei­den soll­te. Ein sol­cher Gewis­sens­be­griff steht der katho­li­schen Leh­re dia­me­tral ent­ge­gen. Eine legi­ti­me Beru­fung auf das Gewis­sen kann weder gegen objek­ti­ve Nor­men gesche­hen – wie etwa gegen das Natur-Recht auf Leben – noch als deren Über­instanz gel­ten, son­dern aus­schließ­lich mit Bin­dung und durch Bil­dung an die­sen Normen.

„¢ Für die Aus­le­gung der Schrift sowie die Aus­fal­tung der kirch­li­chen Nor­men gel­ten die Prin­zi­pi­en Wahr­heit, Gerech­tig­keit und Barm­her­zig­keit in Ver­schrän­kung. Kar­di­nal Kas­per will dage­gen die Barm­her­zig­keit zum her­me­neu­ti­schen Prin­zip für die Aus­le­gung der Wahr­heit machen. Damit stellt er sich in Gegen­satz ins­be­son­de­re zur jesu­a­ni­schen Ehe­leh­re, wie Chri­stoph Blath gezeigt hat: Jesus wen­det sich gegen die Aus­nah­me­re­ge­lun­gen der Tho­ra zu Schei­dung und Wie­der­ver­hei­ra­tung. Er nennt die­ses Drän­gen auf Aus­nah­me­re­geln nicht barm­her­zig, son­dern im Gegen­teil „Hart­her­zig­keit“, wegen der Moses die Aus­nah­men zug­las­sen habe. Jesus dage­gen will die Schöp­fungs­wahr­heit der unauf­lös­li­chen Ehe wie­der zur Gel­tung brin­gen. Somit ist die Wahr­heit das her­me­neu­ti­sche Prin­zip für die Barmherzigkeit.

„¢ Kar­di­nal Kas­per ver­weist auf die Locke­run­gen und Aus­nah­me­re­ge­lun­gen zur Ehe­leh­re bei den ortho­do­xen Ost­kir­chen. In die­ser Hin­sicht wür­de er auch bei Luther fün­dig wer­den. Eine der fürst­li­chen Stüt­zen der Refor­ma­ti­on, Land­graf Phil­ipp von Hes­sen, ver­lang­te von Luther, sei­ne zwei­te Ehe mit einem jun­gen Hof­fräu­lein abzu­seg­nen. Luther argu­men­tier­te mit der alt­te­sta­ment­li­chen Poly­ga­mie und dann direkt gegen Jesu Ehe­leh­re: Was im Gesetz Mose zuge­las­sen, sei im Evan­ge­lio nicht ver­bo­ten. Schließ­lich erlaub­te er die Zweit­ehe des Land­gra­fen wegen des­sen „Not­h­durft sei­nes Gewis­sens“ und auch mit Beru­fung auf sein eige­nes Gewissen.

„¢ Das Ärger­nis durch Kar­di­nal Mar­xens Wort, nach dem die deut­sche Kir­che kei­ne Filia­le von Rom sei, besteht in zwei Dimen­sio­nen: Einer­seits in der Schnodd­rig­keit des Ver­gleichs der Kir­che mit einem Wirt­schafts­kon­zern, ande­rer­seits in der brüs­ken Infra­ge­stel­lung der dog­ma­ti­schen Ein­heit mit der Weltkirche.

Text: Hubert Hecker
Bild: Set­ti­mo Cielo/​Herder Kor­re­spon­denz (Screen­shot)

Print Friendly, PDF & Email
Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!

 




 

52 Kommentare

  1. Und wie­der sind sie publik, die­se Glau­bens­zer­stö­rer : Kar­di­nal Marx, Kas­per, Bischof Bode und
    und, und… Man kann nur immer wie­der auf La Salet­te hin­wei­sen, dass der Dämon, hier sind es
    vie­le Dämo­nen, ihren Ver­stand ver­dun­kelt hat. Wie kann es sonst sein, dass die Nach­fol­ger der
    Apo­stel dabei sind, die Sün­de, laut dem Völ­ker­apo­stel Pau­lus, zu rech­fer­ti­gen und so dem Zeit-
    geist ent­ge­gen zu kom­men. Him­mel tue dich auf, muss man da sagen. Nie­mand, außer einer
    nicht gerin­gen Zahl von treu­en Kir­chen­män­nern, gebie­tet die­sen wild gewor­de­nen Kirchenzer-
    stö­rern Ein­halt. Wer die Hoff­nung auf Fran­zis­kus setzt, wird ent­täuscht sein, denn der Papst
    scheint zu die­sen The­sen auch zu liebäugeln.

  2. Bereits im Jah­re 1837 wur­de in der Zeit­schrift „Der Katho­lik“ vor den eigen­mäch­ti­gen Machen­schaf­ten der „zeit­ge­mä­ssen“ Glau­bens­ver­zer­rern gewarnt:
    -
    „Las­set Euch nicht ver­füh­ren durch die täu­schen­den Reden der­je­ni­gen, die, vor­ge­bend, daß sie in Glau­bens­sa­chen an der Kir­che fest­hal­ten und daß nur die­se zum Wesen der Kir­che und der katho­li­schen Reli­gi­on gehö­ren, über ihre wesent­li­che, weil ihr von Gott gege­be­ne, äuße­re Ver­fas­sung die irrig­sten, ganz den Zeit­be­grif­fen ent­spre­chen­den Mei­nun­gen auf­stel­len,  die ihre hei­lig­sten, ganz in den wesent­li­chen Glau­bens­sät­zen­be­grün­de­ten, sie äußer­lich dar­stel­len­den und bele­ben­den, durch das Alter­thum und das Anse­hen der Kir­che gehei­lig­ten Anstal­ten, Gewohn­hei­ten, Geset­ze und Andachts­übun­gen ver­höh­nen, und mit neu­en, wie sie vor­ge­ben, dem Gei­ste des Evan­ge­li­ums mehr ange­mes­se­nen und den Fort­schrit­ten des mensch­li­chen Gei­stes in unsern Zei­ten mehr ange­paß­ten, For­men eigen­mäch­tig zu ver­täu­schen suchen.“
    -

    Pater Biff­art von der Petrus-Bru­der­schaft sprach bez. den Ver­su­chen der Aus­he­be­lung der Leh­re der Kir­che von „teuf­li­schen Win­kel­zü­gen“. Wie zu sehen ist, bedient man sich heu­te auch einer Ver­schwom­men­heit der Begrif­fe. Im Jah­re 1902 mahn­te der dama­li­ge Bischof von Rot­ten­burg – Paul Wil­helm von Kepp­ler – vor dem Auf­kom­men der­ar­ti­ger Wühlarbeit:
    -
    „Allen „moder­nen“ Reform­be­stre­bun­gen (ich kann die katho­li­schen nicht aus­neh­men) ist gemein­sam eine gro­ße Ver­schwom­men­heit aller Begrif­fe und Zie­le, eine erstaun­li­che Unklar­heit über das eige­ne Wol­len und Kön­nen, ein plan­lo­ses Her­um­fah­ren im Nebel.
    Dar­in liegt ihre Schwä­che, aber auch ihre Gefahr für die vie­len Unrei­fen und Urteilslosen.
    [.…]
    Ein untrüg­li­ches Sym­ptom fal­scher Reform­be­stre­bun­gen ist es daher, wenn die­sel­ben nicht im Namen des Hei­li­gen Gei­stes, son­dern im Namen des „Gei­stes der Zeit“ ans Werk gehen.“
    -

  3. Drit­te Fra­ge des Kon­se­kran­ten an den Wei­he­kan­di­da­ten wäh­rend der Bischofs­wei­he (im neu­en Ritus)
    „Bist du bereit, das von den Apo­steln über­lie­fer­te Glau­bens­gut, das immer und über­all in der Kir­che bewahrt wur­de, REIN und UNVERKÜRZT weiterzugeben?“

    Eini­ge Kar­di­nä­le und Bischö­fe haben die­se Fra­ge wohl anschei­nend ver­ges­sen zu haben…

  4. Gera­de Kas­pers Vor­schlag ist völ­lig absurd, denn wenn eine Sün­de vor­liegt und der Sün­der kei­ne Bereit­schaft zur Reue zeigt, wie­so vor­aus­ei­len­de Barmherzigkeit ?
    Eine Beich­te ist nur gül­tig, wenn Bereit­schaft zur Reue und Umkehr vor­liegt, wenn nicht dann ist die Beich­te Makulatur.
    Inso­fern bil­ligt die­ser Herr die Qua­si Abschaf­fung des Beicht­sa­kra­men­tes, denn wenn das eine ( Ehe ) nicht gilt, dann kann das ande­re (Beich­te) ja auch kei­ne Bedeu­tung haben, oder ?
    Der gröss­te Witz für mich, ist die­sen Mann auch noch als gro­ssen Theo­lo­gen dar­zu­stel­len, es darf gefragt wer­den in wel­cher Reli­gi­on er zuhau­se ist, die Katho­li­sche kann es nicht sein.
    Aber das Pro­blem ist der Bischof von Rom, wenn er alles demo­kra­tisch ent­schei­den lässt dann muss es ja so enden, hier geht es um die Grund­fe­sten des Glau­bens ohne Wenn und Aber, hier ist eine grund­sätz­li­che Ent­schei­dung gebo­ten, nach der alle sich richten.
    Wir ver­kom­men sonst voll­ends zur Hans­wurst Veranstaltung.

  5. „Rebel­li­on gegen Gott“ 

    So nennt Kuri­en­kar­di­nal Sarah die Ver­su­che, die Leh­re der Kir­che, ins­be­son­de­re in Bezug auf die Ehe­leh­re, zu rela­ti­ve­ren und die Rebel­li­on nimmt kon­kre­te Gestalt an. Die Rebel­len haben sich mitt­ler­wei­le so klar posi­tio­niert, dass sie nicht zu über­se­hen sind, selbst wenn man es woll­te. Ja sie schei­nen in ihrem Hoch­mut noch stolz auf ihre Rebel­li­on gegen Gott zu sein. Der zer­set­zen­de Pro­te­stan­tis­mus in der katho­li­schen Kir­che hier­zu­lan­de wird, soll­te er sich wei­ter unter Dul­dung des Pap­stes ent­fal­ten kön­nen, unwei­ger­lich zu einem Schis­ma füh­ren, wovor der Prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, Kar­di­nal Mül­ler, schon ein­dring­lich warn­te. Die Wahr­heit ste­he nicht in der Inter­pre­ta­ti­ons­macht des Men­schen, son­dern sei allei­ni­ger Besitz Gottes. 

    Das Erset­zen von Theo­lo­gie durch Anthro­po­lo­gie, wie es beson­ders Kar­di­nal Kas­per vor­ex­er­ziert, der in der Tra­di­ti­on von Leu­ten wie Hans Küng steht, führt nicht zu einem bes­se­ren Ver­ständ­nis der gött­li­chen Wahr­heit, son­dern ledig­lich dazu, dass an ihre Stel­le die Ideo­lo­gie tritt. Es ist ein modi­fi­zier­ter Hege­lia­nis­mus mit Ein­spreng­seln Marx­scher Hegel­kri­tik, den Kar­di­nal Kas­per als aus­ge­wie­se­ner Ken­ner Hegels hier theo­lo­gisch in Stel­lung bringt. Alle „Argu­men­te“, die Kas­per gegen die Leh­re der Kir­che auf­bie­tet, las­sen sich bei Hegel in sei­nen Reli­gi­ons­phi­lo­so­phi­schen Schrif­ten fin­den und somit bele­gen. Hegel hat die katho­li­sche Kir­che gehasst. Er woll­te Theo­lo­gie in Phi­lo­so­phie auf­lö­sen. Die­ses Pro­jekt der Auf­klä­rung hat heu­te in die Theo­lo­gie Ein­zug gehal­ten und stützt sich auf eine histo­risch-kri­ti­sche Bibel­ex­ege­se, die zur Vor­aus­set­zung ihres Wis­sen­schafts­an­spru­ches hat, dass Gott nicht exi­stie­re, Offen­ba­rung also bloß ein Pro­dukt mensch­li­chen Gei­stes und Han­delns sei.

    Kar­di­nal Kas­per und sei­ne Anhän­ger­schaft stel­len die Wahr­heit auf den Kopf. Dann ist aber Glau­be eine blo­ße Fik­ti­on, ein Mär­chen, das sich der Mensch aus­ge­dacht hat, um die grau­en­haf­te Wirk­lich­keit, sei­ne sinn­lo­se Exi­stenz über­haupt ertra­gen zu kön­nen. Es ist eine Art theo­lo­gi­scher Nihi­lis­mus – eigent­lich eine Apo­rie – die sich hier arti­ku­liert. Wenn die­ser theo­lo­gi­sche Nihi­lis­mus die Wahr­heit wäre, dann hät­te Kir­che kein Exi­stenz­recht mehr, dann wäre sie sinn­los. Im Grun­de kämpft hier die säku­la­re Auf­klä­rung mit ver­deck­tem Visier in der Kir­che und stif­tet, wie immer, nur Cha­os und Ver­wir­rung. Wer genau auf Kas­pers The­sen hin­schaut, der erkennt sofort, dass das alles ohne ech­te Sub­stanz bleibt, ein blo­ßes Gedan­ken­spiel, mehr nicht. Der Pro­te­stan­tis­mus wirkt eben in unse­ren Lan­den wei­ter fort, auch in der katho­li­schen Kir­che. Er hat nie etwas Gutes her­vor­ge­bracht, was Bestand hät­te und er wird es auch nicht.

  6. Wis­sen sie, was ich für ein Pro­blem habe?
    Soll­te bei die­ser Syn­ode tat­säch­lich eini­ges auf­ge­weicht oder gar ganz dem Zeit­geist unter­wor­fen wer­den, stecke ich in einer Zwick­müh­le: Nach mei­nem Gewis­sen müss­te ich mich von die­ser Kir­che tren­nen. Alter­na­ti­ve? Ich weiß es nicht!! Und das macht mich wirk­lich krank. Ich weiß nicht, wie ich reagie­ren soll. Wer hat eine Ant­wort für mich???????

    • Auch ich kann Ihnen nur ant­wor­ten, wie es schon @Severib dan­kens­wer­ter­wei­se getan hat.
      Mein Rat:
      Sich aus dem augen­schein­li­chen Cha­os inner­lich aus­klin­ken, dies soll jetzt aber nicht bedeu­ten, dass Ihnen alles gleich­gül­tig wäre.
      Und dann gedul­dig aus­har­ren und dabei Jesus Chri­stus und Sei­ner Kir­che treu bleiben.
      Viel­leicht die Mög­lich­keit wahr­neh­men, die Triden­ti­ni­sche Mes­se zu besuchen,
      sich guter katho­li­scher Lite­ra­tur widmen,
      Gleich­ge­sinn­te suchen, um so die­se schmerz­li­che Zeit zu überbrücken.
      Wür­den Sie sich von der Kir­che tren­nen – wohin woll­ten Sie denn gehen?
      Zu den Frei­kir­chen – und damit auf die Sakra­men­te verzichten?
      Wenn die Ehe ein Abbild der Lie­be Jesu Chri­sti zu Sei­ner Kir­che ist und Sie wür­den die­se Kir­che ‑Sei­ne Kir­che also- ver­las­sen, wäre es dann nicht ein biss­chen so, als wür­den Sie Ihre Frau verlassen?
      Die­ser Ver­gleich mag hin­ken, zugegeben.
      Aber beden­ken Sie bit­te, lie­ber Josef:
      Im Taber­na­kel war­tet Chri­stus auf Sie, gera­de auf Sie!

      • „Wür­den Sie sich von der Kir­che tren­nen – wohin woll­ten Sie denn gehen?“ – ja, eben: „Herr, zu wem sol­len wir gehen?“ – Da ist, wie Kar­di­nal Sarah schreibt, nur … ‚Gott oder Nichts‘! Sehr ein­dring­lich, die­ser Dia­log zwi­schen Jesus und den Jün­gern nach Sei­ner eucha­ri­sti­schen Rede am See Gene­za­reth (Joh 6,22 & fol­gen­de; hier ab Vers 64): 

        „Aber es gibt unter euch eini­ge, die nicht glau­ben.“ Jesus wuß­te näm­lich von Anfang an, wel­che es waren, die nicht glaub­ten, und wer ihn ver­ra­ten wür­de. Und Er sag­te: „Des­halb habe Ich zu euch gesagt: Nie­mand kann zu Mir kom­men, wenn es ihm nicht vom Vater gege­ben ist.“ Dar­auf­hin zogen sich vie­le Jün­ger zurück und wan­der­ten nicht mehr mit ihm umher. Da frag­te Jesus die Zwölf: „Wollt auch ihr weg­ge­hen?“ Simon Petrus ant­wor­te­te ihm: „Herr, zu wem sol­len wir gehen? Du hast Wor­te des ewi­gen Lebens. Wir sind zum Glau­ben gekom­men und haben erkannt: Du bist der Hei­li­ge Gottes!“ 

        Die Kir­che ver­las­sen – nie­mals! Aber … es ist extrem schwer …: in wie­weit gehö­ren bestimm­te Insti­tu­tio­nen … eine ‚Kör­per­schaft des öffent­li­chen Rechts‘ über­haupt (noch? & wesens­mä­ßig, jetzt nicht in einem welt­li­chen, rein for­mal-juri­sti­schen Sin­ne mein‘ ich) zur Kir­che Chri­sti? Wann wäre def. ein Punkt über­schrit­ten, wo man vor sei­nem Gewis­sen nicht mehr ver­ein­ba­ren kann, eine sol­che Insti­tu­ti­on (ja auch finan­zi­ell) mit­zu­tra­gen? Und zwar gera­de um Chri­sti, um Sei­ner Kir­che wil­len, und ihrer (und ja auch der eige­nen) Glaub­wür­dig­keit & Kon­se­quenz (den­ke da auch, aber bei wei­tem nicht nur, an so Sachen wie die­se Fristen-„Lösung“ oder jetzt die­se „Pil­le danach“, also Nida­ti­ons­hem­mer; oder PID oder „Eutha­na­sie“, von der akt. „WvG“-Debatte mal ganz zu schwei­gen … – wie äußern sich „unse­re Hir­ten“ dazu [wenn über­haupt]; was schreibt z.B. unser offi­ziö­ses Bis­tums­blätt­chen so, kann ich da wenig­stens hin & wie­der mal noch so einen zumin­dest klit­ze­klei­nen Reflex mei­nes eige­nen Glau­bens wie­der­fin­den … – oder eher: was & wor­über schreibt besag­tes Blätt­chen alles NICHT, son­dern schweigt …!?) … – wir SIND im Not­stand, im aller­schwer­sten, manch­mal wirk­lich phy­sisch übel­kei­ter­re­gen­den … – stim­me ‚im Befund‘ völ­lig z.B. mit dem geehr­ten Sua­rez über­ein, in sei­nem Text von (vor-?) gestern; aber dann frag ich wei­ter, „wie kann das eigent­lich sein, wo hat sich da der dia­bo­li­sche Feh­ler, der Wider­spruch, ins System geschli­chen – das dann aber doch nicht mehr iden­tisch sein kann mit Sei­ner Kir­che?“ … [tief­stes Seuf­zen] … – die ein­zig logi­sche Ant­wort scheint mir halt zu sein, was ich wei­ter unten & an ande­rer Stel­le ver­sucht habe, dar­zu­le­gen (SSPX und all die vie­len ande­ren scharf­sin­ni­gen Kri­ti­ker „von Anfang an“, wie auch der gute Pfr. Milch & al., haben grund­sätzl. Recht – bis auf die eine Fra­ge; da haben Erz­bi­schof Thuc, Bischof San­born, Pfr. Scho­on­broodt & al. Recht). – Es bleibt:
        „[G]eduldig aus[zu]harren und dabei Jesus Chri­stus und Sei­ner Kir­che treu [zu] blei­ben“ – Glau­ben, Lie­ben, Hof­fen, Beten, Die­nen, Durchhalten!

      • Hey, ich hab’s … wenn grad mal kei­ne Apfel­si­nen im Auge; Sua­rez schrieb das o.G. hier in die­sem Strang, prä­zi­se am 2. Okto­ber 2015 um 11:30, sowie unter dem Arti­kel ‚800.000 Unter­schrif­ten im Vati­kan über­ge­ben‘ am 30. Sept. um 16:56. – Unglaub­lich star­ke Wor­te, auch mir aus der See­le (das heh­re Wort „Auf­klä­rung“ z.B. kann man doch echt nur noch in bei­ßen­dem Sar­kas­mus in den Mund neh­men, wenn man sich das alles mal so über­legt …); Zitat Sua­rez:

        „Die histo­risch-kri­ti­sche Metho­de, das Lieb­lings­kind der heu­ti­gen „katho­li­schen“ Theo­lo­gie, gebo­ren aus der säku­la­ren Auf­klä­rung, hat Gott schon aus syste­ma­ti­schen Grün­den aus der Theo­lo­gie eli­mi­niert, wodurch die Wahr­heit des Glau­bens völ­lig ver­lo­ren ging. Der Rela­ti­vis­mus einer Moder­ne, die zu ihren größ­ten Errun­gen­schaf­ten den tech­ni­sier­ten Mas­sen­mord in unter­schied­lich­ster Gestalt zählt, hat das Ver­trau­en in die­se Kir­che und ihre Kraft zur Ver­kün­di­gung nahe­zu zer­trüm­mert. Nir­gends fin­det man eine sol­che Gehäs­sig­keit, eine sol­che Heu­che­lei, wie gera­de heu­te in der Kir­che. Aus der Fro­hen Bot­schaft wur­de die Phra­se, das hoh­le Geschwätz des Zeit­gei­stes, der bemüht ist, sei­ne all­sei­ti­ge Ver­kom­men­heit zu ver­decken. […] Das Übel hat schon so weit Ein­zug gehal­ten, dass man Gott und das Nichts nicht mehr zu unter­schei­den weiß.“

      • Geehr­ter GW,

        Sie umrei­ßen die Pro­ble­ma­tik sehr ein­drück­lich. Mir scheint ein Aspekt noch sehr wich­tig. Wenn die Ein­heit der Leh­re, die ja immer eine über­zeit­li­che Ein­heit sein muss, zer­stört wür­de, weil die Leh­re von der Schöp­fungs­ord­nung und die Ehe­leh­re rela­ti­viert und somit auf­ge­ho­ben wür­de, dann stün­de die Kir­che fak­tisch in einem Schis­ma und zwar mit dem frü­he­ren Kir­chen­volk, also sich selbst. Wir dür­fen ja nicht immer von dem Gedan­ken aus­ge­hen, dass das Volk Got­tes allein von den jetzt Leben­den reprä­sen­tiert wird, son­dern Volk Got­tes meint die Glau­ben­den aller(!) Zei­ten. Kir­che ist nicht nur im Jetzt, son­dern auch im Ver­gan­ge­nen und in der Zukunft ver­an­kert. Nur das macht ihre Wahr­heit aus! Wenn sich also die Kir­che heu­te gegen den Glau­ben der Väter stell­te, dann stell­te sie sich gegen sich selbst. Und was sag­te Jesus Chri­stus über ein Reich, das in sich gespal­ten ist ? Es wird kei­nen Bestand haben (Mk 3,24)!

        Die kaspersche/​danneelsche Kir­che wird immer in sich zer­fal­len, weil sie kei­ne Ein­heit mehr hat mit der Kir­che aller Zei­ten. Das ist ein Fak­tum an dem nicht ein­mal der Papst etwas ändern kann, denn auch er wür­de in Wider­spruch zu sei­nen Vor­gän­gern gera­ten und damit zu sich selbst als apo­sto­li­scher Nach­fol­ger Petrus. Jesus Chri­stus hat die­se War­nung der Kir­che mit auf den Weg gege­ben, aber wo das Wort des Herrn nicht mehr ver­nom­men wird, herrscht eben baby­lo­ni­sche Sprach­ver­wir­rung und tie­fe Gaubensfinsternis.

        Wenn es also wirk­lich zu die­sem Bruch in der Kon­ti­nui­tät der Leh­re kommt – auch wenn man die­sen Bruch zu ver­decken ver­such­te – wäre das Schis­ma ein­ge­tre­ten. Was dann kommt, wis­sen wir nicht, jeden­falls wäre es ein Vor­gang, der die Kir­che grund­le­gend ver­än­der­te, eine Rebel­li­on gegen Gott, wie Kuri­en­kar­di­nal Sarah sagt. Hier kann dann nur noch Gott wei­ter­hel­fen und er wird sicher denen bei­ste­hen, die um sei­nen Bei­stand bitten.

    • Es wird immer glau­bens­treue Prie­ster /​ Bischö­fe /​ Kar­di­nä­le geben, also ein­fach gemein­sam mit ihnen treu bleiben!

      Eine echt katho­li­sche Rest­kir­che wird es immer geben, auch wenn man dazu in Zukunft eini­gen Weg zurück­le­gen wird müs­sen – aber dies ist in ande­ren Mis­si­ons­län­dern die Regel, und nicht die Aus­nah­me. Und wenn die­se es bis jetzt geschafft haben, dann soll­te es auch bei uns mög­lich sein!

    • Geehr­ter Josef,
      ich kann ver­su­chen, dar­zu­le­gen, wie ich per­sön­lich über die­se ent­schei­den­de Fra­ge den­ke, und nur jeden, der dies liest, bit­ten, das für sich sel­ber noch­mal genau durch­zu­den­ken (weil eben auch eine zutiefst per­sön­li­che Gewis­sens­fra­ge). – Also, von der Kir­che Chri­sti trennt man sich, indem man bewußt ins Schis­ma geht, bei gleich­zei­ti­ger Aner­ken­nung von Papst und Hier­ar­chie, d.h. man hält die der­zei­ti­gen Bean­spruch­er die­ser Ämter tat­säch­lich für legi­ti­me Amts­trä­ger, unter­stellt sich die­sen aber nicht. Oder man trennt sich durch Abfall vom katho­li­schen Glau­ben. Bei­des kommt (für mich) nie­mals in Fra­ge, mein Glau­be ist das Fun­da­ment mei­nes Lebens (ein Satz Fried­richs II. von Preu­ßen: „Es ist nicht nötig, daß ich lebe, wohl aber, daß ich mei­ne Pflicht tue und für das Vater­land kämp­fe, um es zu ret­ten, wenn es noch zu ret­ten ist“ – abge­wan­delt: es ist nicht not­wen­dig, daß ich lebe; wohl aber, daß ich, wenn ich schon lebe, mei­nem Schöp­fer & König, mei­nem Herrn & Gott, glau­be und danach lebe und mei­ne Pflicht tue – in jeder Hin­sicht & bedin­gungs­los). – Inten­ti­on also: Mit­glied­schaft in der einen, hei­li­gen, katho­li­schen und apo­sto­li­schen Kir­che, der einen Kir­che Chri­sti. Die­se ist per def. die Gemein­schaft der­je­ni­gen, die den vol­len katho­li­schen Glau­ben beken­nen. Befund, mei­nes Erach­tens: sehr vie­le (schein­ba­re) Amts­trä­ger, ins­bes. der­je­ni­ge, der z.Z. das Petrus­amt für sich bean­sprucht, beken­nen, gemes­sen an ihren Reden und Taten bzw. Äuße­run­gen und (schein­ba­ren Amts-) Hand­lun­gen, die­sen Glau­ben durch­gän­gig nicht (J.M.B. etwa dif­fa­miert einen kla­ren, wohl­de­fi­nier­ten Glau­ben sogar als ‚Ideo­lo­gie‘, die Jesus so nicht gewollt habe …). Sie beken­nen letzt­lich einen völ­lig ande­ren Glau­ben (ein unkla­res, all­ge­mei­nes, eher emo­tio­na­les, „han­deln­des“, nicht den­ken­des öku­me­ni­sti­sches pseu­do-Chri­sten­tum letzt­lich – besten­falls [aber selbst Luther müß­te sich ange­sichts des­sen im Gra­be dre­hen]; schlimm­sten­falls: eine ganz ande­re, neue Reli­gi­on, im Grun­de eine Art ‚Kult des Men­schen und der Erde‘, pseu­do-huma­ni­stisch, syn­kre­ti­stisch, fak­tisch agno­stisch & a.d. „besten“ Wege zur ‚Welt-Ein­heits­re­li­gi­on‘); gehö­ren somit einer Glau­bens­ge­mein­schaft an, mit wel­cher ich selbst abso­lut nichts zu tun haben will, da die­se nicht (mehr) iden­tisch ist mit der einen Kir­che Chri­sti. Die­se Men­schen haben sich also selbst von der einen Kir­che abge­spal­ten, beset­zen aber wei­ter­hin deren Insti­tu­tio­nen und – schein­bar – deren Ämter. Da die­se Ämter, allen vor­an das Petrus­amt, jedoch nicht gül­ti­ger­wei­se von sol­chen besetzt wer­den kön­nen, die gar nicht Glie­der der Kir­che Chri­sti sind („sicht­ba­res Haupt des Lei­bes Chri­sti auf Erden kann nicht sein, wer nicht ein­mal Glied die­ses Lei­bes ist“, sinn­gem. nach St. Robert Bell­ar­min), ist ins­bes. der Apo­sto­li­sche Stuhl, die Kathe­dra des hl. Apo­stels Petrus, nicht (gül­tig) besetzt – m.a.W.: es besteht m.E. tat­säch­lich Sedis­va­kanz. – Pro­blem: der der­zei­ti­ge – also nur schein­ba­re – Amts­trä­ger wird von einer …

    • … über­wäl­ti­gen Mehr­heit von Men­schen als Papst aner­kannt. Fra­ge jedoch: wie­vie­le die­ser Men­schen haben über­haupt noch wirk­lich den vol­len katho­li­schen Glau­ben (beken­nen also ins­bes. die Aller­hei­lig­ste Drei­fal­tig­keit & die Gott­heit Jesu Chri­sti, unse­res Herrn und Erlö­sers; Sein Opfer am Kreuz; das damit onto­lo­gisch iden­ti­sche hl. Meß­op­fer – Kon­se­kra­ti­on, Trans­sub­stan­tia­ti­on, Real­prä­senz; Sei­ne glor­rei­che Auf­er­ste­hung und Him­mel­fahrt, sub­stan­ti­ell, nicht nur „irgend­wie gei­stig“; das ohne Erb­sün­de Emp­fan­gen­sein der Aller­se­lig­sten Jung­frau und Got­tes­mut­ter Maria; Ihre leib­li­che Auf­nah­me in den Him­mel; daß Sie dem wirk­lich exsi­stie­ren­den Teu­fel, der ‚alten Schlan­ge‘, „das Haupt zer­tritt“ und für uns Men­schen bei Ihrem Sohn inter­ze­diert, wenn wir Sie gläu­big & demü­tig dar­um bit­ten; daß unser Herr zu Kana wirk­lich Was­ser in Wein ver­wan­delt, also ein ech­tes, supra­na­tu­ra­les Wun­der gewirkt hat; die Sakra­men­ta­li­tät und abso­lu­te Unauf­lös­lich­keit der Ehe nach gött­li­chem Recht; die Unmög­lich­keit[!] der Wei­he einer Frau; das ‚Extra eccle­si­am nulla salus – außer­halb der Kir­che [objek­tiv] kein Heil‘, d.h. die Heils­not­wen­dig­keit des vol­len kath. Glau­bens, der Tau­fe sowie der Mit­glied­schaft in der hl. Kir­che; den voll­stän­di­gen Ver­lust die­ses Glau­bens bei bewuß­ter Leug­nung [auch „nur“] eines Glau­bens­sat­zes; die Unfehl­bar­keit des Pap­stes, wenn er ex cathe­dra spricht; die Tat­sa­che, daß die eine hl. Kir­che kei­nes­wegs „gespal­ten“ ist, weil dies schlicht unmög­lich ist [mög­lich ist immer nur Abspal­tung, nicht Spal­tung], also Ein­heit, Ein­zig­keit, Unfehl­bar­keit und Hei­lig­keit der Kir­che Chri­sti, uvm.)? Wie­vie­le von den Men­schen z.B. hier bei uns in Mit­tel­eu­ro­pa, die sich selbst ‚katho­lisch‘ nen­nen, beken­nen denn über­haupt noch wirk­lich die­sen Glau­ben, und zwar „kom­plett“? Vor allem von den sog. ‚kri­tisch-mün­dig-auf­ge­klär­ten Enga­gier­ten‘ in den schier unend­lich vie­len ‚Grup­pen, Arbeits­krei­sen, Kom­mis­sio­nen, Räten & Gre­mi­en‘ (um nicht zu sagen, ‚Sowjets‘ auf allen Ebe­nen; „Sowje­ti­sie­rung der Kir­che“, isdoch­so … – man sehe sich doch nur mal all die­se „Pasto­ra­len Pro­zes­se“ an, habe da Erschrecken­des üb. d. Bis­tum Aachen gele­sen, aber „bei uns“, Ebm. Pader­born, sieht’s nicht viel anders aus …); was tie­fer, im besten Sin­ne kind­lich-ver­trau­ens­vol­ler Glau­be ist, wird von jenen ach-so-„Aufgeklärten“ doch nur­mehr in uner­träg­li­chem Hoch­mut & pseu­do-intel­lek­tu­el­ler Arro­ganz als „kin­disch-unkri­tisch-unmün­dig-unauf­ge­klärt“ (oder gar – immer häu­fi­ger gera­de in der letz­ten Zeit, echt auf­fäl­lig, gera­de­zu kon­zer­tiert[?], etwa durch Clin­ton, Oba­ma, Berg­o­glio, glau­be auch Marx und Gauck[?]! – als „gefähr­li­che fun­da­men­ta­li­sti­sche Ideo­lo­gie“!) run­ter­ge­macht (bis inkri­mi­niert), als habe uns unser Herr nicht ein­dring­lich gewarnt, „wenn ihr nicht wer­det wie die Kin­der …“ und „selig sind, die da geist­lich arm sind, denn ihrer ist das Him­mel­reich“ und „bis der Him­mel und die Erde ver­ge­hen, soll auch nicht ein Jota oder ein Strich­lein von dem Gesetz ver­ge­hen, bis alles …

      • … gesche­hen ist“ … – Also: obwohl es, etwa, in der vom Kol­lek­tiv der DBK (im Ver­ein mit dem ZdK usw. – fak­tisch) gelei­te­ten ‚Kör­per­schaft öffent­li­chen Rechts‘ abso­lut gese­hen noch vie­le Katho­li­ken nach Defi­ni­ti­on gibt, kann ich per­sön­lich die (gro­ße?) Mehr­heit der Mit­glie­der jener Kör­per­schaft nicht mehr als Teil der Kir­che Chri­sti betrach­ten, bzw. als die­je­ni­ge Glau­bens­ge­mein­schaft, der ich selbst aus tief­stem Her­zen ange­hö­ren möch­te – ich müß­te denn mei­nen Herrn und Gott schmäh­lich ver­ra­ten. Ein Aus­tritt aus der­sel­ben bedeu­tet also nicht eo ipso eine defec­tio a fide vel a com­mu­nio­ne catho­li­ca (Glau­bens­ab­fall /​ ech­ter Aus­tritt aus der hl. Kir­che) – eher im Gegen­teil … ich selbst muß mich fra­gen, ob mei­ne (for­ma­le) Mit­glied­schaft über­haupt noch ver­ein­bar ist mit mei­nem Glau­ben … – denn, wie gesagt, vie­le Mit­glie­der der ‚katho­li­schen Kir­che in Deutsch­land‘ sind Mit­glie­der der Kir­che Chri­sti; vie­le aber – nach ihrem öffent­li­chen Zeug­nis! – nicht (mehr). Und vie­le von denen, die nicht (mehr) Mit­glie­der der ‚katho­li­schen Kir­che in Deutsch­land‘ sind, sind Glie­der der Kir­che Chri­sti. Schwie­ri­ges Pro­blem … berührt das Gewis­sen des Ein­zel­nen. Wür­de ich über die ‚Kir­chen­steu­er‘ am Ende gar Din­ge mit­fi­nan­zie­ren, die dem Wesen und dem Auf­tra­ge der hl. Kir­che gar dia­me­tral ent­ge­gen­ge­setzt sind? Die Fra­gen muß sich halt jeder selbst beantworten … 

        _​_​_​_​_​_​_​_​
        Anm.: Kei­nes­falls möch­te ich „da oben“ all die vie­len wirk­lich glau­bens­treu­en Men­schen dif­fa­mie­ren, die sich tat­säch­lich aus Lie­be zu Chri­stus und Sei­ner Kir­che im besten Sin­ne ‚enga­gie­ren‘ (mag die­ses Wort selbst jedoch nicht … mehr), d.h. ihre Kraft & freie Zeit bewußt ein­set­zen, um wirk­lich zu hel­fen; im Gegen­teil – vor die­sen hab ich höch­ste Ach­tung, Respekt; könn­te … müß­te mir „man­ches Scheib­chen von abschnei­den“, wie man so sagt …! – Aber aus eige­ner Erfah­rung weiß ich … oder habe ich den Ein­druck gewon­nen, daß „in jenen Krei­sen“ lei­der viel­fach etwas vor­zu­herr­schen scheint, das man wohl als extrin­si­sche Reli­gio­si­tät bezeich­net; Moti­ve wären dann nicht mehr pri­mär ein unauf­fäl­li­ges, demü­ti­ges Die­nen­wol­len, son­dern viel­mehr sowas wie „Selbst­ver­wirk­li­chung“, „Selbst­dar­stel­le­rei“ und „Mit­be­stim­men­wol­len“, also auch Aus­übung von Macht – nicht als Dienst an ande­ren, son­dern als „Dienst“ am eige­nen Ego /​ für das eige­ne Selbst­wert­ge­fühl; letzt­lich also … sowas wie ‚Kom­ple­xe, Neu­ro­sen, Äng­ste & Zwän­ge‘. Den Betrof­fe­nen tut man somit über­haupt kei­nen Gefal­len, indem man ihnen auch noch bereit­wil­lig eine Büh­ne zur (im Extrem­fall zumin­dest) „Zele­bra­ti­on des eige­nen Ichs“ zur Ver­fü­gung stellt; eher ver­sün­digt man sich an ihnen, wenn man ihnen will­fährt und ihnen gar noch mehr „Macht & Ein­fluß“ zuge­steht … – die­se „Ent­kle­ri­ka­li­sie­rung /​ Ent­sa­kra­li­sie­rung“ birgt also auch in die­ser Hin­sicht Gefah­ren & gro­ße Ver­su­chun­gen (von denen aller­dings jeder Mensch betrof­fen ist, klar!): Hoch­mut, Ehr­geiz, Eitel­keit, Stolz, Selbst­sucht, Neid, Eifer­sucht, Mißgunst …

      • Kor­rek­tur, es muß hei­ßen: „[…] habe ich den Ein­druck gewon­nen, daß „in jenen oben skiz­zier­ten bzw. im Fol­gen­den defi­nier­ten Krei­sen“ lei­der […]“ – damit mei­ne ich eben genau die­je­ni­gen, und nur die­je­ni­gen, auf wel­che das Genann­te eben zutrifft, also ihr Reden & Han­deln in der Öffent­lich­keit als extrin­sisch reli­gi­ös zu cha­rak­te­ri­sie­ren ist. Genaue­res dazu fin­det man, indem man eben nach dem Begriff ‚extrin­si­sche Reli­gio­si­tät‘ sucht; ist also kei­ne „Erfin­dung von mir“.

      • “ …; was tie­fer, im besten Sin­ne kind­lich-ver­trau­ens­vol­ler Glau­be ist, …“

        Lie­ber G.W., dies ist genau der Glau­be, dem ich anhange:
        Lie­be und die treue Hin­ga­be zu unse­rem Herrn, die Gewiss­heit, dass ER es gut mit uns meint.
        Und wenn das in den Augen der ande­ren bedeu­ten soll­te, „kin­disch-unkri­tisch-unmün­dig-unauf­ge­klärt“ zu sein, nun, dann sei es eben so.
        Es gibt Schlimmeres!
        Neu­lich habe ich Exer­zi­ti­en gemacht und dabei an ihrem Ende „gewusst“, dass ich stär­ker gewor­den bin.
        Einen geseg­ne­ten Sonn­tag für Sie, lie­ber G.W.

      • Mer­ci, lie­be Mari­en­zweig & Mit­kom­men­ta­to­ren – auch Ihnen & allen einen geseg­ne­ten Sonn­tag (und f.d. kom­men­den Tage der Syn­ode & die Berich­te dar­über: „star­ke Ner­ven!“ 🙂 – und noch ein xtra-Gruß @ hicest­ho­die, da län­ger nicht gese­hen, also „vir­tu­ell“, mein‘ ich^^). – Noch zur ‚Ergrif­fen­heit mei­ner Wor­te‘ oder vlt. bes­ser ‚Ein­dring­lich­keit /​ Deut­lich­keit des Bekennt­nis­ses‘, z.B. die Wor­te des Alten Fritz‘ über die Pflicht­er­fül­lung usw. – bit­te nicht glau­ben, ich sei wirk­lich (schon) so; die­se Wor­te sol­len eher ‚Anspruch, festen Wil­len und Ziel‘ aus­drücken, also … will mich damit wohl auch sel­ber bestär­ken, „befeu­ern“ und „unter Druck set­zen“, durch ent­schie­de­nes öffent­li­ches Bekennt­nis (zumin­dest schon mal hier in die­sem Forum). Aber, natür­lich: eine Sache ist ein ultra-beque­mes Schreib­tisch-Bekennt­nis auf einem Forum im Inter­net; eine ganz ande­re Sache ist noch­mal das ‚Bekennt­nis unter Gefechts­be­din­gun­gen‘, sozu­sa­gen. Wenn man etwa an unse­rer Brü­der und Schwe­stern in der Ver­fol­gung denkt … und selbst noch hier bei uns, in den Erst­auf­nah­me-Ein­rich­tun­gen, wo Chri­sten mas­siv bedrängt wer­den, grau­en­haft … wir (also jetzt nicht „wir hier“ kon­kret, Ihr wißt schon …!) müß­ten uns wirk­lich schä­men – wenn ich etwa von einer ira­ki­schen christl. Fami­lie lese, die aus dem „siche­ren“ Deutsch­land zurück in ihre Hei­mat geflo­hen sind, weil sie da, wie sie sagen, siche­rer leben kön­nen, als „bei uns“ …
        … aus uns selbst her­aus kön­nen wir gar nichts (Joh 15,5). Wir kön­nen nur die Barm­her­zig­keit Got­tes anfle­hen, daß wir immer in der Wahr­heit blei­ben, daß wir stark wer­den & blei­ben und nicht zu Fall kom­men – gera­de dann, wenn’s wirk­lich drauf ankommt und es durch­aus „unbe­quem“ wird … – mögen auch die 21 ägyp­ti­schen Mär­ty­rer von der liby­schen Küste bei Ihm für uns bitten!

        http://​tinyurl​.com/​n​t​c​a​rnd [offiz. Iko­ne ‚der 21‘ von com​mu​nio​.stblogs​.org]

      • Anm.: Das mit der ‚Ein­dring­lich­keit‘ (oder wie man das nennt?) usw. bezieht sich natürl. a.d. Kom­men­tar v. hicest­ho­die ein Stück­chen wei­ter oben. Soll­te nicht absichtl. ‚ergrei­fend‘ geschrie­ben sein, aber … wenn’s denn ein biß­chen so rüber­kommt – auch nicht schlimm^^

    • @Josef

      Nicht nur Sie steck­ten dann in einer „Zwick­müh­le“ son­dern das gespal­te­ne Kir­chen­volk als Ganzes!

      Man soll­te nicht über­se­he­ne, dass die afri­ka­ni­schen Bischö­fe schon ihren ent­schie­de­nen Wider­stand gegen die „Rebel­li­on gegen Gott“ ange­kün­digt haben. Man wird sich dort nicht ein­fach kolo­nia­li­sie­ren las­sen, ins­be­son­de­re wenn die Ein­heit der Kir­che, die ja immer auch eine über­zeit­li­che ist, zer­stört wür­de. Erschreckend ist, dass mitt­ler­wei­le die zer­set­zen­den Kräf­te in der Kir­che eine der­ar­ti­ge Macht gewon­nen haben, dass zu befürch­ten steht, dass sie eine tie­fe Fin­ster­nis über die Kir­che brin­gen könnten.

      Wir kön­nen da wohl nichts tun als fest am Glau­ben und damit am Wort Jesu Chri­sti fest­zu­hal­ten. Wir sind immer in Got­tes Hand!

      • Zunächst ein­mal – ganz herz­li­chen Dank für all die Ant­wor­ten, Hin­wei­se und Tips bezüg­lich mei­ner „Zwick­müh­le“.
        Es lässt sich ganz ein­fach zusam­men­fas­sen: Der katho­li­schen Kir­che trotz allem treu blei­ben, was auch immer kom­men mag, auch wenns noch so schwer fällt.
        „Wir sind immer in Got­tes Hand“, das haben sie wun­der­bar geschrie­ben und wird für die Zukunft eine Kraft­quel­le sein.
        Der Teu­fel ist lei­der flei­ßig, ja, ich habe den Ein­druck, er kennt kei­nen 8 Stun­den Tag. Er ist mei­ner Mei­nung nach 24 Stun­den im Ein­satz – ohne Urlaub.
        Wir müs­sen uns immer wie­der bewusst machen, das es nicht so ein­fach ist, die Kro­ne des Lebens zu erhal­ten. Gott bür­det uns viel auf, aber er hilft auch immer wie­der beim tragen.

  7. Der Kir­che Chri­sti treu blei­ben, der Einen, Hei­li­gen, Katho­li­schen und Apo­sto­li­schen Kir­che Jesu Chri­sti. Chri­stus ist das Haupt der Kir­che. Ihm gilt unse­re Treue, ob unter einem wür­di­gen oder einem unwür­di­gen Prie­ster, Bischof oder Papst. Sich ein­fach nicht irre­ma­chen las­sen. Chri­stus ist treu, wir sol­len es auch sein.
    Gott befohlen.

    • Ja, aber – s.o.! Ein Papst kann natür­lich unwür­dig sein, ein schwe­rer Sün­der oder Heuch­ler, was auch immer; aber, wie schon Papst Inno­zenz III. fest­stellt (scha­de, fin­de das Zitat auf die Schnel­le nicht, muß sinn­ge­mäß zitie­ren): „Ihr (Kar­di­nä­le, Bischö­fe oder Köni­ge, Kai­ser) könn­tet mich in kei­ner Sache rich­ten, was auch immer ich für Unta­ten voll­brin­gen wür­de, denn es gibt in die­ser Welt kei­nen Rich­ter über mir; nur in einer Sache wür­de ich bereits gerich­tet sein – wenn ich den Glau­ben ver­lö­re!“ – Ein unwür­di­ger Papst wäre ein Ärger­nis; ein ungläu­bi­ger dage­gen ein Wider­spruch in sich. Oder: Papa hae­re­ti­cus – papa nul­lus. Dies ist im Grun­de sogar biblisch, direkt aus dem Mat­thä­us-Evan­ge­li­um, „her­leit­bar“; Chri­stus kün­digt die Über­tra­gung des Pri­mats und der Schlüs­sel­ge­walt auf Simon Petrus ja erst an (incl. Namens­än­de­rung bzw. Ver­lei­hung des Titels), nach­dem Simon Bar Jona sei­nen Glau­ben bekannt hat: „Für wen hal­tet ihr Mich?“ – „Du bist der Mes­si­as, der Sohn des leben­di­gen Got­tes!“ – „Selig bist du, Simon Bar Jona …“
      Bekennt­nis des vol­len Glau­bens und Mit­glied­schaft in der Kir­che Chri­sti als not­wen­di­ge Vor­aus­set­zung für das Inne­ha­ben des Petrus­amts ist nicht bloß kirch­li­che Set­zung (wie etwa die genaue Kon­kla­ve-Ord­nung usw.), son­dern ist gött­li­chen Rechts.

      • So ist es. Und des­we­gen setzt sich jeder Papst selbst ab, der der über­lie­fer­ten Leh­re auch nur ein Jota raubt. Ihm muss kein Gläu­bi­ger gehor­chen oder fol­gen, son­dern ihm viel­mehr ins Ange­sicht wider­ste­hen, denn die recht­mä­ssi­ge Leh­re vom Pri­mat des Pap­stes, so wie sie vom I. Vati­ka­num wahr­heits­ge­mäß ver­kün­det wur­de, hat den rech­ten Glau­ben des Amts­in­ha­bers zur Voraussetzung!

  8. Hier­mit möch­te ich auch in die­sem Forum mei­nen Rund­brief zur Fami­li­en­syn­ode , wenn auch in stark gekürz­ter Form, zur Kennt­nis brin­gen, der zwi­schen März und August 2015 an den Hei­li­gen Vater, die Mit­glie­der der Kurie im Vati­kan, hoch­ran­gi­ge Kar­di­nä­le der Kir­che, alle Bischö­fe im deutsch­spra­chi­gen Raum und diver­se wei­te­re Geist­li­che, Lai­en­grup­pie­run­gen und Ein­zel­per­so­nen sowie katho­li­sche Medi­en gerich­tet gewe­sen ist, um auf der Basis mei­ner For­schungs­er­geb­nis­se zur apo­sto­li­schen Chro­no­lo­gie der neu­te­sta­ment­li­chen Schrif­ten eine Denkal­ter­na­ti­ve zur Spät­da­tie­rungs­theo­lo­gie Kar­di­nal Kas­pers vor­le­gen und jene bestä­ti­gen zu kön­nen, die auf dem Boden der Hei­li­gen Schrift und der Leh­re der Kir­che mit Recht des­sen rela­ti­vi­sti­schen Ansich­ten ent­ge­gen­tre­ten. Denn die apo­sto­li­sche Früh­da­tie­rung ist rich­tig und die evan­ge­lisch-luthe­ri­sche Spät­da­tie­rung, auf deren Basis sich alle Wor­te Jesu rela­ti­vie­ren las­sen, ist falsch! Damit müs­sen auch Jesu Wor­te zu Ehe und Ehe­bruch nach wie vor als apo­sto­lisch authen­tisch über­lie­fer­tes und damit als ver­bind­li­ches Wort Got­tes von allen begrif­fen und geglaubt wer­den, die ein Leben in römisch-katho­lisch rech­ter Wei­se füh­ren wollen.
    Infol­ge des­sen sind auch Wal­ter Kar­di­nal Kas­pers theo­lo­gi­sche Ablei­tun­gen zum The­ma „Ehe und Fami­lie, die er in ver­schie­de­nen „Vor­schlä­gen“ vor­ge­tra­gen hat, mit einer an Sicher­heit gren­zen­der Wahr­schein­lich­keit falsch. Die­sen „Vor­schlä­gen“ müs­sen alle widerstehen,
    – die sich in der Sache Fami­li­en­syn­ode 2015 nicht zum Anwalt der Barm­her­zig­keits­ideo­lo­gie Kar­di­nal Kas­pers und sei­ner geweih­ten und unge­weih­ten Gefolgs­leu­te machen wollen,
    – die nicht bereit sind, die auf Jesus Chri­stus bau­en­de Leh­re der katho­li­schen Kir­che zu Ehe und Fami­lie rela­ti­vie­ren zu lassen,
    – die mit einem am Lehr­amt geschul­ten Gewis­sen der Mei­nung der Refor­mer ent­ge­gen­tre­ten, die das indi­vi­du­el­le Gewis­sen, das irren kann und in einer säku­la­ren Lebens­wirk­lich­keit mei­stens irrt, für die letz­te Ent­schei­dungs­in­stanz halten,
    – die über­zeugt sind, dass fort­ge­setzt im Ehe­bruch leben­de zivil wie­der­ver­hei­ra­te­te Geschie­de­ne aus Ehr­furcht vor Gott ohne vor­he­ri­ge Umkehr den Leib Chri­sti in der hl. Kom­mu­ni­on nicht emp­fan­gen dür­fen und
    – die mit Moses und Pau­lus prak­ti­zie­ren­de Homo­se­xu­el­le in Gefahr sehen, ohne recht­zei­ti­ge Umkehr vom Him­mel­reich aus­ge­schlos­sen zu sein. 

    Der Not gehor­chend, wen­de ich mich mit die­sem State­ment an eine rele­van­te katho­li­sche Öffent­lich­keit, denn unse­rer Kir­che droht auf der anste­hen­den Welt­bi­schofs­syn­ode 2015 die Spal­tung, wenn es nicht unter Bei­stand des Hei­li­gen Gei­stes gelingt, die­se durch Rück­be­sin­nung auf den apo­sto­li­schen Glau­ben der Kir­che abzuwenden. 

    Wort Got­tes gegen Menschenwort

    State­ment
    zur Ordent­li­chen Welt­bi­schofs­syn­ode 2015
    zu Ehe und Familie

    Hoch­wür­dig­ster Hei­li­ger Vater!
    Emi­nen­zen! Exzel­len­zen! Magnifizenzen!
    Hoch­wür­dig­ste Her­ren Pfar­rer und Diakone!
    Lie­be Patres!
    Sehr geehr­te Damen und Herren!

    I

    Unmit­tel­ba­rer Anlass zu die­sem Rund­brief war die Nach­richt, dass sich die deut­schen Bischö­fe auf ihrer Früh­jahrs­ta­gung in Hil­des­heim in Sachen „Ehe und Fami­lie“ mit einer Zwei­drit­tel­mehr­heit hin­ter Wal­ter Kar­di­nal Kas­pers „Vor­schlä­ge“ gestellt haben, die gegen den von Jesus Chri­stus geof­fen­bar­ten Wil­len Got­tes gerich­tet sind, der nicht schon vor dem End­ge­richt durch einen all­zu nach­sich­ti­gen Vor­griff auf die gött­li­che Barm­her­zig­keit rela­ti­viert wer­den darf.
    Da nun Wal­ter Kar­di­nal Kas­per sei­ne rela­ti­vi­sti­sche Theo­lo­gie zu Ehe und Fami­lie aus der Spät­da­tie­rung ablei­tet und Rein­hard Kar­di­nal Marx ihm dar­in folgt, was schon in Hil­des­heim zu irri­tie­ren­den Aus­sa­gen und Fest­le­gun­gen geführt hat, habe ich mich ange­sichts der zu erwar­ten­den kata­stro­pha­len Fol­gen für die Kir­che zu die­sem State­ment ent­schlos­sen, zumal ich der Pres­se nicht ent­neh­men konn­te, dass die deut­schen Bischö­fe in Hil­des­heim auch nur mit einem ein­zi­gen Gedan­ken die Mög­lich­keit in Erwä­gung gezo­gen hät­ten, dass die Apo­stel tat­säch­lich als Augen- und Ohren­zeu­gen der Wor­te und Taten Jesu von sei­ner geof­fen­bar­ten Wahr­heit authen­tisch Zeug­nis abge­legt haben könn­ten, wie es die Kir­che fast 2000 Jah­re lehrt. Eher glaubt man mit Kar­di­nal Kas­per der fal­schen Spät­da­tie­rung, um die Anpas­sung der Leh­re der Kir­che an die herr­schen­den Lebens­rea­li­tä­ten betrei­ben und unter einem gedehn­ten Barm­her­zig­keits­be­griff stän­dig im Ehe­bruch leben­de wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­ne zu den Sakra­men­ten zuzu­las­sen und Lebens­part­ner­schaf­ten Homo­se­xu­el­ler kir­chen­recht­lich akzep­tie­ren zu können.

    Daher sind alle Bischö­fe auf der Welt­bi­schofs­syn­ode 2015 zu allen Fra­gen zu Ehe und Fami­lie 2015, beson­ders aber in Sachen „Wie­der­ver­hei­ra­te­te Geschie­de­ne“ und „homo­se­xu­el­le Part­ner­schaf­ten“, auf­ge­ru­fen, den ein­zig beleuch­te­ten Weg zu gehen, den das Zeug­nis der Zeu­gen und die dar­aus her­vor­ge­gan­ge­ne Ehe­leh­re der Kir­che weist, denn für einen rela­ti­vi­sti­schen Weg in eine „gro­ße“ Zukunft hat die römisch-katho­li­sche Kir­che nach Jesu authen­ti­schem Wort kein Man­dat: „Ich bin der Weg und die Wahr­heit und das Leben; kei­ner kommt zum Vater, außer durch mich“ (Joh 14,6). Die­ses Wort, gespro­chen von Jesus kurz vor sei­nem Tod am Kreuz, über­lie­fert vom Evan­ge­li­sten Johan­nes Zebedä­us, ist ewi­ges Wort Got­tes und kein spä­tes, jeder­zeit rela­ti­vier­ba­res Men­schen­wort, das von Gemein­de­theo­lo­gen am Ende des 1.Jhdts. einer zeit­gei­stig-hel­le­ni­sti­schen Lebens­wirk­lich­keit ange­passt wor­den ist, denn die von moder­ni­sti­schen Bibel­for­schern postu­lier­ten, unbe­kann­ten Autoren hat es nie gege­ben. Es sind Phan­ta­sie­ge­stal­ten einer seit der zwei­ten Hälf­te des 19. Jhdts. gegen die katho­li­sche Kir­che gerich­te­ten, refor­ma­to­ri­schen Bibel­po­li­tik, um für die luthe­ri­sche Recht­fer­ti­gungs­leh­re, allein auf Pau­lus gestützt, die Deu­tungs­ho­heit über das Chri­sten­tum durchzusetzen.

    II
    Auf der Außer­or­dent­li­chen Welt­bi­schofs­syn­ode zu Ehe und Fami­lie im Okto­ber 2014 ist die Fra­ge dis­ku­tiert wor­den, ob Wie­der­ver­hei­ra­te­te Geschie­de­ne unter bestimm­ten Umstän­den zur hl. Kom­mu­ni­on zuge­las­sen wer­den soll­ten – ein Vor­schlag, der von Wal­ter Kar­di­nal Kas­per ein­ge­bracht wor­den war. Daher war die Bemer­kung des Prä­si­den­ten des ZdK , Alo­is Glück, dass die in Hil­des­heim ver­sam­mel­ten deut­schen Bischö­fe mit Zwei­drit­tel­mehr­heit für einen Weg votier­ten, „der dem Vor­schlag von Kar­di­nal Wal­ter Kas­per sehr ähn­lich ist“ (Kon­rads­blatt 4/​2015) für vie­le Katho­li­ken kein wirk­li­cher Anlass zur Freu­de, denn Kar­di­nal Kas­per ist ein aus­ge­wie­se­ner „Spät­da­tie­rer“ und damit in sei­nen rela­ti­vi­sti­schen Refle­xio­nen wesent­lich von der evan­ge­lisch-luthe­ri­schen Leben-Jesu-For­schung beein­flusst, die auf der spä­ten Datie­rung von 20 der 27 neu­te­sta­ment­li­chen Schrif­ten beruht.
    Bereits in sei­ner „Ein­füh­rung in den Glau­ben“ (1972) geht er von der Tat­sa­che der Spät­da­tie­rung aus und ver­strick­te sich in Irr­tü­mern, denen bereits von Papst Johan­nes Paul II. wider­spro­chen wor­den ist. Doch Kar­di­nal Kas­per hat nicht auf­ge­ge­ben und nach eige­nem Bekun­den dazu­ge­lernt, aber sei­ne Schluss­fol­ge­run­gen nie bestrit­ten: Wenn vom histo­ri­schen Jesus in den spä­ten, nicht authen­ti­schen Evan­ge­li­en kei­ne end­gül­ti­ge Wahr­heit Got­tes, son­dern nur Rela­ti­ves von Men­schen über­lie­fert ist, kann die Kir­che kei­ne abso­lu­te Wahr­heit leh­ren. Daher ist Wahr­heit für ihn nichts Abso­lu­tes, son­dern ein lau­fen­des „Gesche­hen“, das man nicht fest­hal­ten kön­ne – auch nicht in Dogmen.

    Die­se Auf­fas­sung Kar­di­nal Kas­pers haben sich in Hil­des­heim 2/​3 der deut­schen Bischö­fe zu Eigen gemacht, wonach zur Fest­stel­lung der jeweils gül­ti­gen Wahr­heit die Ori­en­tie­rung am jewei­li­gen Zeit­geist oder den Zei­chen der Zeit erfol­gen und immer wie­der am „Glau­bens­sinn“ oder zumin­dest an der Glau­bens­pra­xis und nach Bischof Bode ersatz­wei­se auch an den jewei­li­gen Lebens­rea­li­tä­ten gemes­sen, nach­ju­stiert und neu defi­niert wer­den muss Es gehe heu­te nicht dar­um, eine schein­bar ewig gül­ti­ge Wahr­heit gegen eine über­hol­te, weil nicht mehr leb­ba­re Leh­re der Kir­che zu ver­tei­di­gen, viel­mehr müss­ten die über­lie­fer­ten, höchst unsi­che­ren und damit unver­bind­li­chen Wor­te Jesu an die jewei­li­gen Lebens­rea­li­tä­ten der Men­schen ange­passt wer­den, ein Vor­gang, der bei Bedarf jeder­zeit wie­der­hol­bar sei. Auf­ga­be der Kir­che sei es, den Men­schen zu hel­fen, die für sie jeweils gül­ti­ge Wahr­heit zu fin­den. Im Ein­zel­fall sei es legi­tim, der momen­ta­nen Leh­re der Kir­che zu wider­spre­chen, da sich Dog­men ent­wickeln wür­den. Neben Schrift und Tra­di­ti­on müs­se eben auch die kon­kre­te Rea­li­tät der Men­schen als Quel­le theo­lo­gi­scher Erkennt­nis aner­kannt wer­den. Da heu­te Glau­bens­wirk­lich­keit und Glau­bens­leh­re stark aus­ein­an­der­klaff­ten, müss­te ana­log zum Ende des 1. Jahr­hun­derts die Leh­re den Ver­hält­nis­sen ange­passt werden.

    Auf der abschlie­ßen­den Pres­se­kon­fe­renz in Hil­des­heim sind im Zusam­men­hang mit der The­ma­tik Sakra­men­ten­emp­fang für wie­der­ver­hei­ra­te­te Geschie­de­ne Aus­sa­gen gemacht wor­den, die inner­halb der Kir­che neben Zustim­mung auch erheb­li­chen Wider­spruch erfah­ren haben, ohne dass die tie­fe­re Ursa­che der öffent­lich gewor­de­nen Kon­tro­ver­se auch öffent­lich dis­ku­tiert wor­den wäre. Die Ursa­che des Kon­flikts ist viel­mehr in unter­schied­li­chen theo­lo­gi­schen Ori­en­tie­run­gen, bedingt durch abwei­chen­de Datie­run­gen der neu­te­sta­ment­li­chen Schrif­ten, begrün­det. Die seit lan­gem bestehen­den Dif­fe­ren­zen zwi­schen katho­li­schen und pro­te­stan­ti­schen Bibel­wis­sen­schaft­lern haben sich in den letz­ten 50 Jah­ren auch im Inne­ren der katho­li­schen Kir­che breit­ge­macht, so dass sich heu­te nach außen hin libe­ra­le Refor­mer und kon­ser­va­ti­ve Tra­di­tio­na­li­sten, in Wirk­lich­keit aber „Spät­da­tie­rer“ und „Früh­da­tie­rer“ im Rin­gen um die Zukunft der katho­li­schen Kir­che gegen­über­ste­hen. Die einen hal­ten an der apo­sto­li­schen Her­kunft der Evan­ge­li­en und damit am Wort Got­tes in inspi­rier­ter mensch­li­cher Spra­che fest, die ande­ren sehen in den Schrif­ten erst nach der Tem­pel­zer­stö­rung (70) ent­stan­de­ne und damit rela­ti­vier­ba­re Schrif­ten von Men­schen­hand. Nach­dem die­ser Streit inner­halb der Kir­che erst­mals im Moder­ni­sten­streit um 1910 aus­ge­bro­chen wor­den war, schien durch das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil in der Dog­ma­ti­schen Kon­sti­tu­ti­on „Dei Ver­bum – Über die gött­li­che Offen­ba­rung“ mit dem Bekennt­nis zur frü­hen, apo­sto­li­schen Her­kunft der Evan­ge­li­en bei­gelegt zu sein. Nun ist die Kon­tro­ver­se unter Papst Fran­zis­kus im Zusam­men­hang mit der Welt­bi­schofs­syn­ode zu Ehe und Fami­lie 2015 erneut viru­lent gewor­den. Es geht im Kern um die Glaub­wür­dig­keit und Ver­bind­lich­keit der in den Evan­ge­li­en über­lie­fer­ten Wor­te Jesu und damit um die Fra­ge, wel­ches Offen­ba­rungs­ge­wicht sie in der heu­ti­gen Zeit noch haben – ange­sichts der Ergeb­nis­se der histo­risch-kri­ti­schen Leben-Jesu-For­schung, die die Echt­heit fast aller Wor­te Jesu bestreitet.

    Schwer wiegt gegen­wär­tig die Bezweif­lung der Histo­ri­zi­tät der Wor­te Jesu zu Ehe, Ehe­bruch und Ehe­schei­dung. Vor allem die Beant­wor­tung der Fra­ge nach der Zulas­sung von Wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen zur hei­li­gen Kom­mu­ni­on, sowie nach der inner­kirch­li­chen Bewer­tung von part­ner­schaft­lich leben­den Homo­se­xu­el­len hängt davon ab, ob sich auf der Syn­ode unter Papst Fran­zis­kus die spät­da­tie­ren­den Pro­gres­si­vi­sten im Gefol­ge Kar­di­nal Kas­pers durch­set­zen, wel­che bereit sind, die Evan­ge­li­en „von Men­schen­hand“ zugun­sten einer gewis­sen Barm­her­zig­keits­pa­sto­ral zu rela­ti­vie­ren, oder ob Kuri­en­kar­di­nal Mül­ler, der Prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, der in den apo­sto­li­schen Schrif­ten und in der Tra­di­ti­on der Kir­che über­lie­fer­ten gött­li­chen Wahr­heit ver­traut und an der kirch­li­chen Ehe­leh­re fest­hält, wie sie im Apo­sto­li­schem Schrei­ben „Fami­lia­ris Con­sor­tio“ (1981) von Papst Johan­nes Pauls II. ver­bind­lich ent­schie­den wor­den ist.

    III

    Schon ein kur­zer Blick auf die Zeit­ta­fel des pro­te­stan­ti­schen Spät­da­tie­rers Edu­ard Loh­se (Die Ent­ste­hung des Neu­en Testa­men­tes, 1991, 5.Auflage) lässt den refor­ma­to­ri­schen Ansatz der Spät­da­tie­rung erken­nen: Die sie­ben, zwi­schen 50 und 62 datier­ba­ren und als echt dekla­rier­ten Pau­lus­brie­fe, davon fünf mit Bezug zur Recht­fer­ti­gungs­leh­re, blei­ben als apo­sto­li­sche und damit als ein­zig siche­re Grund­la­ge des christ­li­chen Glau­bens übrig. Nach Auf­fas­sung der Spät­da­tie­rer sind sie älter als alle Evan­ge­li­en und alle ande­ren Schrif­ten des NT. Was Pau­lus nicht kennt, wird damit als Grund­la­ge des Glau­bens der Kir­che frag­wür­dig. Auf die­se Wei­se lässt sich alles bezwei­feln, was nicht ins luthe­risch-refor­ma­to­ri­sche oder katho­lisch-pro­gres­si­sti­sche Denk­mu­ster passt. Die Hypo­the­se, dass die Evan­ge­li­en, von Men­schen­hand ver­fasst, erst nach der Tem­pel­zer­stö­rung 70 durch Gemein­de­theo­lo­gen ent­stan­den sind, also vier­zig bis sieb­zig Jah­re nach dem Tod Jesu, beruht im wesent­li­chen auf dem pro­te­stan­ti­schen Wil­len, das heu­ti­ge Chri­sten­tum in Pau­lus zu ver­an­kern und nicht in der Leh­re Jesu Chri­sti, wie sie von den apo­sto­li­schen Augen- und Ohren­zeu­gen schon früh im Neu­en Testa­ment über­lie­fert, in der inspi­rier­ten Tra­di­ti­on der Kir­che ver­tieft und im römi­schen Lehr­amt nie­der­ge­legt wor­den ist.

    Rein aus Ver­nunft­grün­den scheint die Wahr­schein­lich­keit der Spät­da­tie­rung sehr gering zu sein, wenn ihre Ver­tre­ter behaup­ten, dass erst nach der Tem­pel­zer­stö­rung zwi­schen 70 und 100 münd­lich umher­ir­ren­des, dabei bereits ver­än­der­tes Jesus­ma­te­ri­al von unbe­kann­ten Ver­fas­sern, zu unbe­kann­ten Zei­ten, unter fal­schem Namen, in unbe­kann­ten Gemein­den, unab­hän­gig von­ein­an­der, gesam­melt, geord­net, erwei­tert, zum Teil aus dem Alten Testa­ment her­aus­ge­spon­nen, mytho­lo­gisch über­formt, an den Zeit­geist ange­passt und end­lich zu den vier Evan­ge­li­en ver­schrif­tet wor­den ist, in Gesell­schaft mit wei­te­ren 16 Schrif­ten eben­so unbe­kann­ter Her­kunft, alles geschrie­ben von Gemein­de­theo­lo­gen, die nie­mand gese­hen und gekannt hat und die unre­flek­tiert von Juden und Hei­den, wie­der spur­los im Dun­kel der Geschich­te ver­schwun­den sind. 

    Berech­net man die mathe­ma­ti­sche Wahr­schein­lich­keit des gleich­zei­ti­gen Ein­tref­fens all die­ser Fak­to­ren zwi­schen den Jah­ren 70 und 100, so erhält man einen Wert von 1:1000000000 (in Wor­ten: eins zu 1 Mil­li­ar­de) Das heißt: Wenn die Spät­da­tie­rung der Evan­ge­li­en nur zu einem Mil­li­ard­stel rich­tig sein kann, muss aus histo­risch-kri­ti­scher Sicht die kon­fes­si­ons­ideo­lo­gi­sche Hypo­the­se von der Spät­da­tie­rung falsch sein und damit alles, was aus ihr abge­lei­tet wird. Damit bleibt auch mit einer an Sicher­heit gren­zen­den Wahr­schein­lich­keit alles falsch, was der Dog­ma­ti­ker Kar­di­nal Kas­per bis heu­te an rela­ti­vi­sti­schen Reform­vor­schlä­gen aus der fal­schen Spät­da­tie­rung wie­der­auf­be­rei­tet hat. Rich­tig bleibt, dass die von Jesus Chri­stus geof­fen­bar­te und in den Evan­ge­li­en apo­sto­lisch bezeug­te Wahr­heit Got­tes, gesi­chert im geist­ge­lei­te­ten Lehr­amt der Kir­che, nicht aus rela­ti­vier­ba­ren Men­schen­wor­ten besteht, son­dern unre­la­ti­vier­ba­re Ver­bind­lich­keit besitzt – bezeugt durch die Mar­ty­ri­en der Augenzeugen.

    Die Begrün­dung der Spät­da­tie­rung, die von einer Ver­schrif­tung der Evan­ge­li­en nach der Tem­pel­zer­stö­rung (70) aus­geht, wel­che Jesus ange­sichts der makel­lo­sen Tem­pel­mau­ern pro­phe­zeit hat, ist rein inner­welt­lich Da es nach den Prä­mis­sen der histo­risch-kri­ti­schen Ver­nunft kei­ne Pro­phe­ti­en geben kön­ne, auch von Jesus nicht, müs­sen die in den Evan­ge­li­en über­lie­fer­ten Tem­pel­pro­phe­ti­en „ex even­tu“ (nach dem Ereig­nis) Jesus in den Mund gelegt wor­den sein. Da eine alter­na­ti­ve, mensch­li­che Erklä­rung für Jesu Vor­her­sa­ge (z.B. Vor­her­seh­bar­keit durch kom­bi­na­to­ri­sches Denk­ver­mö­gen, Pro­gno­sen, Pro­jek­tio­nen oder gar Prä­ko­gni­ti­on) nicht in Erwä­gung gezo­gen wird, kann die Ver­schrif­tung der Evan­ge­li­en nur nach der Tem­pel­zer­stö­rung im Jahr 70 erfolgt sein, von Leu­ten. Der wis­sen­schaft­li­che Kon­sens über die Spät­da­tie­rung grün­det im gemein­sa­men Inter­es­se, die über­lie­fer­ten apo­sto­li­schen Evan­ge­li­sten als authen­ti­sche Zeu­gen von einer Autoren­schaft aus­schlie­ßen und 20 der 27 Schrif­ten des NT als nach­apo­sto­li­sche Kon­struk­te von Men­schen­hand dekla­rie­ren zu können.

    An der Hypo­the­se von der Spät­da­tie­rung hal­ten die pro­te­stan­ti­schen Exege­ten eisern fest, weil sie mei­nen, damit der katho­li­schen Kir­che ihre in den Evan­ge­li­en grün­den­de Glau­bens­ba­sis unter­mi­nie­ren zu kön­nen. Doch an die­sem Fun­da­ment zu rüt­teln, liegt seit eini­gen Jahr­zehn­ten auch im Inter­es­se von katho­li­schen Reform­theo­lo­gen, die, von einem ima­gi­nä­ren „Geist des Kon­zils“ gebeu­telt, eine ande­re Kir­che wol­len, weil sie glau­ben, die exi­stie­ren­de sei nicht gött­li­chen, son­dern mensch­li­chen Ursprungs und damit ver­han­del­bar. Deren Ver­tre­ter for­dern, end­lich die theo­lo­gi­schen Fol­ge­run­gen aus den Ergeb­nis­sen die­ser Exege­se in das offi­zi­el­le Glau­bens­gut der Kir­che auf­zu­neh­men, was die Päp­ste Johan­nes Paul II. und Bene­dikt XVI. in der Tra­di­ti­on der Päp­ste seit Pius X. mit Erfolg abge­wehrt und nur im Rah­men des gelehr­ten Fach­dis­kur­ses zuge­las­sen zu haben. Vor allem Papst Bene­dikt XVI. hat die von der libe­ra­len Bibel­wis­sen­schaft aus­ge­hen­de Gefahr sehr kri­tisch ein­ge­stuft: »Aus schein­ba­ren Ergeb­nis­sen der wis­sen­schaft­li­chen Exege­se sind die schlimm­sten Bücher der Zer­stö­rung der Gestalt Jesu, der Demon­ta­ge des Glau­bens gefloch­ten worden«.

    IV

    Es ist abzu­se­hen, wenn nicht Außer­or­dent­li­ches geschieht, dass sich auf der Ordent­li­chen Welt­bi­schofs­syn­ode zu Ehe und Fami­lie im Herbst 2015 in Rom zwei Posi­tio­nen im offe­nen Kon­flikt gegen­über­ste­hen wer­den: Men­schen­wort gegen Got­tes­wort, per­so­na­li­siert in den Spät­da­tie­rern Kas­per, Marx, Bal­dis­se­ri samt Anhang im deutsch­spra­chi­gen Epi­sko­pat einer­seits – und ander­seits den apo­sto­li­schen Früh­da­tie­rern Mül­ler, Bur­ke, Napier, Sarah und vie­len ande­ren, die all jenen eine Stim­me geben, die im Ein­klang mit der Leh­re der Kir­che am inspi­rier­ten Zeug­nis der apo­sto­li­schen Zeu­gen und damit am Wort Got­tes in mensch­li­cher Spra­che fest­hal­ten. Schon im Vor­feld der Syn­ode ist es zu befremd­li­chen Aus­sa­gen, Vor­gän­gen und Machen­schaf­ten gekom­men, die zei­gen, dass es orts­kirch­li­chen und kuria­len Pro­gres­si­vi­sten nicht an Win­kel­zü­gen man­gelt, um das Lehr­amt unter Papst Fran­zis­kus als Hüter des apo­sto­lisch über­lie­fer­ten Wor­tes Got­tes zu einer Locke­rung der bis­he­ri­gen Ehe­leh­re zu bewegen.
    Bis­her ist kaum erkenn­bar, wel­cher Rich­tung sich Papst Fran­zis­kus zunei­gen oder beu­gen wird, oder ob er sich ein Macht­wort im Sin­ne der Kas­per-Linie abrin­gen lässt. In sei­ner Rede zu Abschluss der Außer­or­dent­li­chen Syn­ode 2014 soll Papst Fran­zis­kus in etwa gesagt haben, er wer­de sich die Dis­kus­sio­nen anhö­ren, die Abstim­mung abwar­ten und dann entscheiden.
    Dabei wur­de die Hoff­nung pro­gres­si­vi­sti­scher Krei­se genährt, der Papst kön­ne die Libe­ra­li­sie­rung des Ehe­sa­kra­ments im Sin­ne Kar­di­nal Kas­pers aus päpst­li­cher Macht­voll­kom­men­heit durch­set­zen. Daher wird der­zeit der Prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on Ger­hard Lud­wig Mül­ler, der die Voll­macht des Pap­stes an die Über­lie­fe­rung des Glau­bens gebun­den sieht und wohl bereit ist, Papst Fran­zis­kus not­falls vor der Gefahr einer Über­deh­nung päpst­li­cher Auto­ri­tät zu war­nen und ihn zu erin­nern, dass der Hand­lungs­spiel­raum der päpst­li­chen Voll­macht an die dog­ma­ti­schen Rea­li­tä­ten gebun­den blei­ben muss, wird des­we­gen in aller Öffent­lich­keit mas­sivst angegriffen.
    Josef Kar­di­nal Ratz­in­gers Klar­text dazu lau­tet: „Nach dem II. Vati­ka­num ent­stand der Ein­druck, der Papst kön­ne eigent­lich alles (…), vor allem wenn er im Auf­trag eines öku­me­ni­schen Kon­zils hand­le. (…) Tat­säch­lich hat aber das I. Vati­ka­num den Papst kei­nes­falls als abso­lu­ten Mon­ar­chen defi­niert, son­dern ganz im Gegen­teil als Garan­ten des Gehor­sams gegen­über dem ergan­ge­nen Wort: Sei­ne Voll­macht ist an die Über­lie­fe­rung des Glau­bens gebun­den (…) Die Voll­macht des Pap­stes ist nicht unbe­schränkt; sie steht im Dienst der hei­li­gen Über­lie­fe­rung.“ (Der Geist der Lit­ur­gie, S. 142–143).
    Dazu hat­te sich Kar­di­nal Ratz­in­ger in einem Bei­trag für „30 gior­ni“ im Dezem­ber 2004 wie folgt geäu­ßert: „Es scheint mir sehr wich­tig, dass der KKK mit der Begren­zung der Voll­mach­ten der höch­sten kirch­li­chen Auto­ri­tät in Sachen Reform genau das Wesen von Pri­mat wie­der ins Gedächt­nis ruft, wie es vom I. und II. Vati­ka­num gezeich­net wor­den war: Der Papst ist nicht ein abso­lu­ter Mon­arch, des­sen Wil­le Gesetz ist, son­dern er ist der Hüter der authen­ti­schen Tra­di­ti­on und damit der erste Garant des Gehor­sams. Er kann nicht machen, was er will und kann daher auch jenen ent­ge­gen­tre­ten, die ihrer­seits machen wol­len, was ihnen im Sinn steht. Sein Gesetz ist nicht die Belie­big­keit, son­dern der Glaubensgehorsam.“

    Papst Fran­zis­kus mein­te vor eini­gen Mona­ten, dass das kirch­li­che Lehr­amt stets auch die Glau­bens­pra­xis der ein­fa­chen Katho­li­ken im Auge haben müs­se. Es habe die Pflicht, auf­merk­sam zu regi­strie­ren, was der Hei­li­ge Geist den Kir­chen durch authen­ti­sche Aus­drucks­for­men des Sinns der Gläu­bi­gen kundtue.
    Dass neu­er­dings „der Hei­li­ge Geist den Kir­chen“ (Plu­ral!) etwas kund­tue, war mir erst ein­mal neu. Hat­te nicht Jesus vor­ge­se­hen, durch den Hei­li­gen Geist der einen, hei­li­gen, katho­li­schen und apo­sto­li­schen Kir­che bei­zu­ste­hen, den Glau­ben an die Selbst­of­fen­ba­rung Got­tes in sei­ner eige­nen Bot­schaft immer tie­fer zu erfas­sen? Oder meint man auf­grund der Obstruk­ti­on der afri­ka­ni­schen Bischö­fe gegen den Zwi­schen­be­richt der Vor­syn­ode 2014 der Hei­li­ge Geist könn­te für Jesu Wor­te zu Ehe und Fami­lie in unter­schied­li­chen katho­li­schen Regio­nen der Welt­kir­che auf Grund unter­schied­li­cher „Glau­bens­sin­ne“ oder unter­schied­li­cher „Glau­bens­prak­ti­ken“ oder gar nur unter­schied­li­cher „Rea­li­tä­ten von Mensch und Welt“ unter­schied­li­che pasto­ra­le „Lösun­gen“ parat halten?
    Der Papst Fran­zis­kus bezog sich dabei auf eine drit­te lehr­amt­li­che Erkennt­nis­quel­le zur Wahr­heits­fin­dung, die von der Aus­sa­ge des II. Vati­ka­nums her­ge­lei­tet wird, nach wel­cher der „Glau­bens­sinn“ der Gesamt­heit der Gläu­bi­gen nicht fehl­ge­hen kön­ne. Doch mit nie­der­gra­di­gen Par­al­lel­for­mu­lie­run­gen wie „Glau­bens­pra­xis des geleb­ten Glau­bens“ oder gar „Rea­li­tä­ten von Mensch und Welt, kann der Begriff „Glau­bens­sinn“ im Sin­ne des II. Vati­ka­nums nicht umschrie­ben wer­den. Denn die Hür­den für eine Glau­bens­inn-Befra­gung sind hoch: Unter dem Titel „Sen­sus fidei im Leben der Kir­che“ hat die Inter­na­tio­na­le Theo­lo­gen­kom­mis­si­on in Rom 2014 eine Hil­fe­stel­lung her­aus­ge­ge­ben, um ech­te christ­li­che Leh­re und Pra­xis zu erkennen.
    Das Kapi­tel 4 erläu­tert, wie ech­te Erschei­nungs­for­men des „Sen­sus fidei“ zu erken­nen sind und zählt fol­gen­de not­wen­di­ge Dis­po­si­tio­nen für authen­ti­sche Teil­ha­be am „Sen­sus fidei“ auf:

    a) Teil­ha­be am kirch­li­chen Leben;
    b) Das Wort Got­tes hören;
    c) Offen­heit gegen­über der Vernunft;
    d) Fest­hal­ten am Lehramt;
    e) Hei­lig­keit, Demut, Frei­heit und Freude,
    f) Sich um die Erbau­ung der Kir­che bemühen.

    Die Instruk­ti­on über die kirch­li­che Beru­fung des Theo­lo­gen, Donum Veri­ta­tis (1990) hat davor gewarnt, „die Mei­nung einer gro­ßen Zahl von Chri­sten“ mit dem „Sen­sus fidei“ gleich­zu­set­zen: der „Sen­sus fidei“ ist „eine Eigen­art des theo­lo­galen Glau­bens“ und eine Gabe Got­tes, die den Chri­sten befä­higt, „das per­sön­li­che Ja zur Wahr­heit“ zu sagen, sodass das, was er oder sie glaubt, das ist, was die Kir­che glaubt. Da nicht alle Mei­nun­gen der Gläu­bi­gen vom Glau­ben her­kom­men und da vie­le Men­schen von einer öffent­li­chen Mei­nung beein­flusst wer­den kön­nen, ist es not­wen­dig, die „unauf­lös­li­che Bezie­hung zwi­schen dem „Sen­sus fidei“ und der Anlei­tung des Vol­kes Got­tes durch das Lehr­amt der Hir­ten“ her­vor­zu­he­ben, wie das Kon­zil es getan hat. (Nr. 35). Der „Sen­sus fidei fide­lis“ set­ze im Gläu­bi­gen die Tugend des Glau­bens vor­aus. Tat­säch­lich sei es die leben­di­ge Erfah­rung des Glau­bens, die den Gläu­bi­gen befä­hi­ge zu unter­schei­den, ob eine Leh­re zum Depo­si­tum des Glau­bens gehö­re oder nicht. Daher kön­ne die für den anfäng­li­chen Glau­bens­akt not­wen­di­ge Unter­schei­dungs­fin­dung nur in all­ge­mei­ner und abge­lei­te­ter Form dem „Sen­sus fidei fide­lis“ zuge­ord­net wer­den“. Doch der „Glau­bens­inn“ dürf­te ange­sichts fol­gen­der Glau­bens­pra­xis, mit wel­chem Fra­ge­bo­gen auch immer, ohne­hin nicht fest­stell­bar sein:

    Kurt Kar­di­nal Koch, der Prä­si­dent des Päpst­li­chen Rats zur För­de­rung der Ein­heit der Chri­sten, hat sich kri­tisch zu Bemer­kun­gen von deut­schen Bischö­fen unter ande­rem vom Osna­brücker Bischof Franz-Josef Bode über „Lebens­wirk­lich­keit“ als „Quel­le theo­lo­gi­scher Wahr­heits­fin­dung“ geäu­ßert: „Die Art und Wei­se, wie die Men­schen den Glau­ben leben, wahr­zu­neh­men, ist natür­lich hilf­reich und wich­tig, um zu erken­nen, vor wel­chen Her­aus­for­de­run­gen die Pasto­ral der Kir­che steht. Aber sie kann nicht eine drit­te Wirk­lich­keit der Offen­ba­rung neben Schrift und Lehr­amt sein“.
    Der Ver­such, aus einer Fra­ge­bo­gen­ak­ti­on den „Glau­bens­sinn“ aller Gläu­bi­gen zu erfas­sen muss im Hin­blick auf die vom II. Vati­ka­num gefor­der­ten Vor­aus­set­zun­gen als geschei­tert ange­se­hen wer­den. Am „Glau­bens­sinn“ der ein­fa­chen Gläu­bi­gen schien kein Inter­es­se zu bestehen. Schon der Fra­ge­bo­gen aus Rom war nicht auf „ein­fa­che Katho­li­ken“, geschwei­ge denn auf „ein­fa­che Gläu­bi­ge“ aus­ge­rich­tet, denn deren zah­len­mä­ßi­ge Ant­wor­ten blei­ben im Pro­mil­le­be­reich. Für die Aus­wer­tung maß­geb­lich waren offen­sicht­lich die Fra­ge­bö­gen geweih­ter und unge­weih­ter Berufs­ka­tho­li­ken. Bei der Auf­be­rei­tung der ein­ge­gan­ge­nen Ant­wor­ten für den Vati­kan hat die DBK ver­sucht, mit einer Objek­ti­vi­tät vor­schüt­zen­den Gene­ra­li­sie­rung von Min­der­mei­nun­gen die schwei­gen­de oder durch die vati­ka­ni­sche Fra­ge­stel­lung zum Schwei­gen gebrach­te Mehr­heit zu domi­nie­ren, wie der Text zu Fra­ge 40 belegt:
    „Homo­se­xu­el­le Lebens­part­ner­schaf­ten haben in Deutsch­land einen von der Ehe unter­schie­de­nen recht­li­chen Sta­tus („ein­ge­tra­ge­ne Lebens­part­ner­schaft“). Ihre Aner­ken­nung beruht auf einem brei­ten gesell­schaft­li­chen Kon­sens, der – wie u.a. die Ant­wor­ten auf den ersten Fra­ge­bo­gen zur Vor­be­rei­tung der außer­or­dent­li­chen Syn­ode zeig­ten – auch von der Mehr­heit der Katho­li­ken getra­gen wird. Grund­sätz­lich erwar­ten die Gläu­bi­gen, dass jeder Mensch, unab­hän­gig von sei­ner sexu­el­len Ori­en­tie­rung, in der Kir­che eben­so wie in der Gesell­schaft akzep­tiert wird und in den Gemein­den ein Kli­ma der Wert­schät­zung gegen­über jedem Men­schen geför­dert wird. Fast alle Ant­wor­ten stim­men der in den Human­wis­sen­schaf­ten (Medi­zin, Psy­cho­lo­gie) ver­tre­te­nen Ein­sicht zu, dass die sexu­el­le Ori­en­tie­rung eine vom ein­zel­nen nicht gewähl­te und unver­än­der­li­che Dis­po­si­ti­on ist. Daher irri­tiert die Rede von „homo­se­xu­el­len Ten­den­zen“ im Fra­ge­bo­gen und wird als dis­kri­mi­nie­rend wahr­ge­nom­men. Nur ein­zel­ne Stim­men leh­nen homo­se­xu­el­le Bezie­hun­gen grund­sätz­lich als schwer sünd­haft ab. Die gro­ße Mehr­heit erwar­tet von der Kir­che eine dif­fe­ren­zier­te­re moral­theo­lo­gi­sche Bewer­tung, die die pasto­ra­len Erfah­run­gen und die human­wis­sen­schaft­li­chen Erkennt­nis­se berück­sich­tigt. Die mei­sten Katho­li­ken akzep­tie­ren homo­se­xu­el­le Bezie­hun­gen, wenn die Part­ner Wer­te wie Lie­be, Treue, gegen­sei­ti­ge Ver­ant­wor­tung und Ver­läss­lich­keit leben, ohne des­halb homo­se­xu­el­le Part­ner­schaf­ten mit der Ehe gleich­zu­set­zen. Es geht um eine Wür­di­gung bei gleich­zei­ti­ger Beto­nung der Ver­schie­den­heit. Eini­ge Stel­lung­nah­men spre­chen sich auch für eine – von der Ehe­schlie­ßung unter­schie­de­ne – Seg­nung die­ser Part­ner­schaf­ten aus. Eine homo­se­xu­el­le Per­so­nen akzep­tie­ren­de Pasto­ral erfor­dert eine Wei­ter­ent­wick­lung der kirch­li­chen Sexu­al­mo­ral, die neue­re human­wis­sen­schaft­li­che, anthro­po­lo­gi­sche, exege­ti­sche und moral­theo­lo­gi­sche Erkennt­nis­se aufnimmt“.

    Daher muss zusam­men­fas­send die War­nung Kuri­en­kar­di­nal Mül­lers ernst genom­men wer­den, der in einer von mensch­li­chen Bedürf­nis­sen gepräg­ten lai­zi­sti­schen Lebens­wirk­lich­keit, um nicht Gefahr zu lau­fen, den Boden katho­li­scher Theo­lo­gie zu ver­las­sen, kei­ne drit­te Quel­le der Offen­ba­rung erken­nen kann. Jesus habe sich mehr­fach ein­deu­tig zu Ehe­bruch und Ehe­schei­dung geäu­ßert, und das Lehr­amt der Kir­che hat dies­be­züg­lich längst ver­bind­lich gespro­chen: Jesus hat die Unauf­lös­lich­keit der Ehe wie­der­holt bekräf­tigt, daher leben Wie­der­ver­hei­ra­te­te Geschie­de­ne in Tod­sün­de und kön­nen dem­ge­mäß den Leib Chri­sti nicht emp­fan­gen. Das gilt auch für prak­ti­zie­ren­de Homo­se­xu­el­le, deren sünd­haf­tes Trei­ben Pau­lus (Röm 1,27) anpran­gert. In die­sem Zusam­men­hang kri­ti­sier­te Kar­di­nal Mül­ler erneut ein fal­sches Ver­ständ­nis von Barm­her­zig­keit. Aus barm­her­zi­ger Lie­be ver­ge­be Gott dem Sün­der, «der bereut und umkehrt».
    Fast zwei Jahr­tau­sen­de lang hat die Kir­che im Bewusst­sein der in Jesus Chri­stus geof­fen­bar­ten Wahr­heit nie auf­ge­hört zu wie­der­ho­len, was Jesus Chri­stus gesagt und getan hat. Empö­rung hat daher Kuri­en­kar­di­nal Bal­dis­se­ris Behaup­tung aus­ge­löst: „Nur weil ein bestimm­tes Ver­ständ­nis vor 2000 Jah­ren an einem Ort galt, bedeu­tet das nicht, dass es nicht in Fra­ge gestellt wer­den kann“. Die Ver­tre­ter des Päpst­li­chen Fami­li­en­ra­tes hiel­ten ihm ent­ge­gen: „Die Leh­re der Kir­che über die Unauf­lös­lich­keit der Ehe beruht auf den Wor­ten Jesu Chri­sti. Die­se Wor­te mögen vor 2000 Jah­ren aus­ge­spro­chen wor­den sein, doch für die Katho­li­ken blei­ben sie ein unver­än­der­li­ches Gesetz Got­tes, nichts mehr und nichts weni­ger“. Sel­ten dürf­ten bei einer Anhö­rung in Rom Kar­di­nal Kas­pers fal­sche Pri­vat­re­fle­xio­nen und die apo­sto­lisch über­lie­fer­te Glau­bens­über­zeu­gung, wie der des zur Anhö­rung eigens her­bei­ge­ru­fe­nen Päpst­li­chen Fami­li­en­ra­tes, här­ter auf­ein­an­der geprallt sein. 

    Das soll­te auch den pro­gres­si­sti­schen Syn­oda­len zur mor­gen begin­nen­den Welt­bi­schofs­syn­ode 2015 zu den­ken geben. Wer zum The­ma „Die Beru­fung und Sen­dung der Fami­lie in Kir­che und Welt von heu­te“ auf der Grund­la­ge von Kar­di­nal Kas­pers zeit­gei­sti­ger Rela­ti­vie­rungs­stra­te­gie Ant­wor­ten zur Anpas­sung der kirch­li­chen Ehe­leh­re an lai­zi­sti­sche „Lebens­rea­li­tä­ten“ bereit­hält, die dem geof­fen­bar­ten Wil­len Got­tes wider­spre­chen und geeig­net sind, die Kir­che zu spal­ten, muss sich fra­gen, ob sein beab­sich­tig­tes Votum aus dem Hei­li­gen Geist sein kann oder aus dem Geist die­ser Welt sein muss. Es ist zu hof­fen, dass es der Mehr­heit der Bischö­fe auf der Welt­bi­schofs­syn­ode 2015 gelingt, die anste­hen­den Fami­li­en­the­men von der Rela­ti­vie­rungs­ideo­lo­gie Kar­di­nal Kas­pers zu befrei­en und im Ver­trau­en auf das Zeug­nis der apo­sto­li­schen Zeu­gen über die histo­ri­sche Selbst­of­fen­ba­rung Got­tes in sei­nem Sohn Jesus Chri­stus die Ein­heit im Glau­ben mit den Päp­sten Johan­nes Paul II. und Bene­dikt XVI. und der gan­zen Tra­di­ti­on der einen, hei­li­gen, katho­li­schen und apo­sto­li­schen Kir­che zu bewah­ren und zu erhalten.

    „Sieh dein Volk in Gna­den an!
    Hilf uns, seg­ne, Herr, dein Erbe;
    Leit es auf der rech­ten Bahn,
    dass der Feind es nicht verderbe.
    Füh­re es durch die­se Zeit,
    nimm es auf in Ewigkeit!“
    ( aus: Gro­ßer Gott, wir loben dich, Stro­phe 9)

    Mit freund­li­chen Grü­ßen und Segenswünschen!

  9. Hoch­ver­ehr­ter @Sophus,

    es freut mich sehr, dass Sie sich hier pro­fund zu Wort mel­den und uns Ihre Gedan­ken, die Sie ja gewis­ser­ma­ßen an die Kir­che als „Com­mu­nio“ rich­ten, mitteilen.

    Wie Robert Kar­di­nal Sarah kurz vor Beginn der Syn­ode in einem Inter­view mit der ita­lie­ni­schen Tages­zei­tung „La Repubbli­ca“ her­vor­hob, gibt es eine „Rebel­li­on gegen Gott“ in unse­rer Kir­che, die sich auch im Datie­rungs­streit aus­drückt. Die­ser Streit hat aber auch etwas mit dem grund­le­gen­den Kir­chen­ver­ständ­nis zu tun, also damit, wie im katho­li­schen Kir­chen­ver­ständ­nis Orts­kir­che und Uni­ver­sal­kir­che zu ver­ste­hen sind. Kar­di­nal Kas­per lie­fer­te sich schon Anfang der 80er Jah­re schar­fe Kon­tro­ver­sen mit der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, weil ihm des­sen Ver­ständ­nis von Kir­che als Uni­ver­sal­kir­che (eccle­sia uni­ver­sa­lis) einer Wei­ter­ent­wick­lung der Öku­me­ne(!) ent­ge­gen zu ste­hen schien.

    Kar­di­nal Wal­te monier­te damals wört­lich: »Voll­ends pro­ble­ma­tisch wird die For­mel, wenn die eine Uni­ver­sal­kir­che unter der Hand mit der römi­schen Kir­che, defac­to mit Papst und Kurie iden­ti­fi­ziert wird. Geschieht dies, dann kann man das Schrei­ben der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on nicht als Hil­fe zur Klä­rung der Com­mu­nio-Ekkle­sio­lo­gie, son­dern muss es als deren Ver­ab­schie­dung und als Ver­such einer Restau­ra­ti­on des römi­schen Zen­tra­lis­mus verstehen.«

    Im Gegen­satz zu heu­te, schien man damals im pro­gres­si­ven Lager ins­be­son­de­re das Pri­mat des Pap­stes als nicht wesens­be­stim­mend für die Kir­che anzu­se­hen. Im Gegen­teil, Kar­di­nal Kas­per, der seit dem Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus die­se Posi­ti­on rela­ti­viert hat, sah noch Anfang der 80er Jah­re die Gefahr einer „Restau­ra­ti­on des römi­schen Zen­tra­lis­mus“ her­auf­zie­hen, wenn von der eccle­sia uni­ver­sa­lis die Rede war.

    Inter­es­sant im die­sem Zusam­men­hang auch die Dro­hung von Kar­di­nal Marx, man sie kei­ne Filia­le Roms.

    Joseph Kar­di­nal Ratz­in­ger, dama­li­ger Prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, ant­wor­tet Wal­ter Kar­di­nal Kas­per damals nach län­ge­rem Zögern, um nicht den Ein­druck eines Dau­er­dis­pu­tes in der Kir­che ent­ste­hen zu las­sen. Jedoch schien es ihm doch unum­gäng­lich, die Posi­ti­on des Lehr­am­tes noch­mals deut­lich zu machen. 

    Ich erlau­be mir hier eini­ge Pas­sa­gen zu zitie­ren: „Der Angriff auf das Lehr­schrei­ben der Kon­gre­ga­ti­on erscheint von sei­ner sprach­li­chen Gestalt her zunächst hypo­the­tisch: Falls man die Uni­ver­sal­kir­che mit Papst und Kurie iden­ti­fi­ziert, liegt Restau­ra­ti­on des römi­schen Zen­tra­lis­mus vor. Aber in der zwei­ten Satz­hälf­te nimmt er doch deut­lich eine affir­ma­ti­ve Bedeu­tung an. Denn die Behaup­tung des römi­schen Restau­ra­ti­ons­wil­lens hat ja nur Sinn, wenn Rom selbst so denkt und han­delt, nicht aber wenn etwa nur von drit­ter Sei­te sol­che Aus­le­gun­gen ver­sucht wür­den. In der Tat for­mu­liert Kas­per ohne Hypo­the­se im glei­chen Bei­trag so: »Die­se kon­zi­lia­re Ver­hält­nis­be­stim­mung hat nach­kon­zi­li­ar durch die Kon­gre­ga­ti­on für die Glau­bens­leh­re [ … ] eine wei­te­re Ent­wick­lung erfah­ren, die prak­tisch mehr oder weni­ger eine Umkeh­rung bedeu­tet bedeutet.«

    • Forts.

      Mit Umkeh­rung meint hier Kar­di­nal Kas­per einen angeb­li­chen neu­en Zentralismus.

      Kas­per ruder­te dann aber zurück.

      Ratz­in­ger schreibt wei­ter: „Die The­se von der onto­lo­gi­schen und tem­po­ra­len Prio­ri­tät der Uni­ver­sal­kir­che vor den Par­ti­ku­lar­kir­chen wird jetzt als Fra­ge »nicht der kirch­li­chen Dok­trin, son­dern der theo­lo­gi­schen Mei­nung und der dabei in Anschlag gebrach­ten unter­schied­li­chen Phi­lo­so­phien« ange­se­hen. Die Aus­sa­ge der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on wird als mei­ne per­sön­li­che Theo­lo­gie ein­ge­stuft und mit mei­nem »Pla­to­nis­mus« in Ver­bin­dung gebracht, wäh­rend Kas­per sei­ne Sicht auf sei­nen mehr ari­sto­te­li­schen (tho­mi­sti­schen) Ansatz zurückführt.

      Da fin­det man wie­der das Talent Kar­di­nal Kas­pers zu einem über­all ansetz­ba­ren Rela­ti­vis­mus. So wird ein Lehr­schrei­ben der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on zu einer per­sön­li­chen Theo­lo­gie umge­deu­tet und so in der Ver­bind­lich­keit rela­ti­viert. Im Grun­de das sel­be Spiel, wie bei der Spätdatierung.

      Dies Prä­exi­stenz gel­te nicht nur von der uni­ver­sa­len Kir­che, son­dern auch von der kon­kre­ten Kir­che »in und aus« Orts­kir­chen, so Kar­di­nal Kas­per damals. „Er stellt der Idee des »Pri­mats« der uni­ver­sa­len Kir­che die »The­se von der Simul­ta­ni­tät von Uni­ver­sal­kir­che und par­ti­ku­lä­ren Kir­chen« entgegen.“ 

      Man beach­te, dass hier schon der Plu­ral „Kir­chen“ ein­ge­führt ist.

      Joseph Kar­di­nal Ratz­in­ger hebt hier­zu her­vor: „Es gibt nur eine Braut, nur einen Leib Chri­sti, nicht vie­le Bräu­te, nicht vie­le Lei­ber; die Braut frei­lich ist – wie die Väter mit Psalm 44 sagen – in vie­le Far­ben gewan­det; der Leib hat vie­le Orga­ne. Aber das Über­ge­ord­ne­te ist doch die Ein­heit, um sie geht es; die Viel­falt wird Reich­tum erst durch den Pro­zess der Ver­ei­ni­gung. Ich kann nur wie­der­ho­len, was ich in jenem Vor­trag gesagt habe, dass mir nicht gelingt zu ver­ste­hen, wie man dem auf dem Boden der bibli­schen Theo­lo­gie wider­spre­chen kann. Der inne­re Vor­rang der Ein­heit, der einen Braut vor der ihr wesent­li­chen Viel­falt, scheint mir schlecht­hin evi­dent zu sein.

      In der Tau­fe geht immer wie­der die Uni­ver­sal­kir­che der Orts­kir­che vor­aus und schafft sie. Von da aus kann der Brief der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on über Com­mu­nio sagen, dass es in der Kir­che kei­ne Fremd­lin­ge gibt. Jeder ist über­all zu Hau­se [ … ]. Wer in der Kir­che in Ber­lin getauft ist, ist in der Kir­che in Rom oder in New York oder in Kin­sha­sa oder in Banga­lo­re oder wo auch immer zu Hau­se wie in sei­ner Tauf­kir­che. Er braucht sich nicht umzu­mel­den, es ist die eine Kirche.“
      (Zita­te aus Joseph Ratz­in­ger, GS, Bd. 8/​1, S. 597 ff)

      Ratz­in­ger beklagt, dass Kar­di­nal Kas­per sei­ner­zeit mit kei­nem Wort auf sei­ne Aus­füh­run­gen ein­ge­gan­gen ist, son­dern in ein doch recht auf­fäl­li­ges Schwei­gen verfiel.

      Die von Ihnen ange­spro­che­ne Spät­da­tie­rung soll das „basis­de­mo­kra­ti­sche“ Kir­chen­bild absi­chern hel­fen, sie dient dazu, die Schrift und damit die Uni­ver­sa­li­tät des gött­li­chen Wor­tes und Kir­che zu rela­ti­vie­ren. Es ist im Grun­de das Pro­jekt einer zwei­ten Refor­ma­ti­on, die sich in das Gewand der Öku­me­ne kleidet.

    • Pro­fes­sor Rohr­mo­ser geht in sei­nem Buch „Zäsur, Wan­del des Bewusst­seins“ auf die hegel­sche Reli­gi­ons­phi­lo­so­phie ein, von der Kar­di­nal Kas­per nicht unbe­rührt geblie­ben ist, im Gegen­teil, es fin­det sich bei Kas­per ein fast glei­cher Ansatz Theo­lo­gie zu „ratio­na­li­sie­ren“.

      Pro­fes­sor Rohr­mo­ser schreibt: „Zunächst – so darf man viel­leicht abkür­zend sagen —,hat Hegel, aus­ge­hend vom geschicht­li­chen Stand des Chri­sten­tums, der Kir­che und der Theo­lo­gie in sei­ner eige­nen Zeit, die­se Theo­lo­gie begrif­fen als eine Ver­nei­nung der Sub­jek­ti­vi­tät. »In wen nicht die­se Fäden des Systems von Jugend ein­ge­wo­ben wor­den sind, und wer sonst durch Erfah­rung an ande­ren und eige­ne Emp­fin­dung die mensch­li­che Natur ken­nen gelernt hat, und nun mit dem System bekannt wird, und dar­in leben soll, der befin­det sich in einer bezau­ber­ten Welt; im Men­schen des Systems kann er kei­ne Wesen sei­ner Art erken­nen, eher als ius ihm noch wird er in den Feen­mär­chen des Ori­ents und in unse­ren Rit­ter­ro­ma­nen Natur fin­den.« Ortho­do­xe, also super­na­tu­ra­le und die im abstrak­ten Gegen­zug gegen sie ent­wickel­te ratio­na­le Theo­lo­gie sind bei­des For­men einer Theo­lo­gie, die die Natur des Men­schen ver­neint. Ortho­do­xe, also super­na­tu­ra­le und die im abstrak­ten Gegen­zug gegen sie ent­wickel­te ratio­na­le Theo­lo­gie sind bei­des For­men einer Theo­lo­gie, die die Natur des Men­schen ver­neint, Das Pro­blem der Sub­jek­ti­vi­tät als die Fra­ge nach dem SeIbst­sein, dem Bei-mich-Sein-Kön­nen des Men­schen, die sich Hegel in sei­ner eige­nen Erfah­rung stellt, erleb­te er im Ver­hält­nis zu die­ser Theo­lo­gie der Zeit als ver­neint und aus­ge­löscht. Von die­ser erfah­re­nen Ver­nei­nung der Sub­jek­ti­vi­tät durch die ortho­do­xe Theo­lo­gie und ihren ratio­na­li­sti­schen Gegen­spie­len aus­ge­hend fragt Hegel nun: Was bedeu­tet Jesus wohl im Ver­hält­nis zur geschicht­li­chen Wirk­lich­keit, die sich auf sei­ne Ver­kün­di­gung beruft, und was bedeu­tet sein Dage­we­sen-Sein für mich selbst, der ich dar­un­ter lei­de, in die­ser so gewor­de­nen Welt die Tota­li­tät mei­nes Lebens ent­beh­ren zu müs­sen? Zur eige­nen Klä­rung die­ses Zusam­men­han­ges hat Hegel nun ver­sucht, die Gestalt Jesu und die geschicht­li­che Offen­ba­rung mit den Mit­teln der kan­ti­schen, prak­ti­schen Ver­nunft zu inter­pre­tie­ren. Unter die­ser Vor­aus­set­zung erscheint Jesus als der Leh­rer des Geset­zes, des Tugendgebotes.“

      Genau die­se Umfor­mung von gött­li­cher Offen­ba­rung in ein Tugend­ge­bot fin­det sich auch heu­te in den The­sen Kas­pers. Die Spät­da­tie­rung ist daher in der Tat ein Kind der Refor­ma­ti­on und ihrer phi­lo­so­phi­schen Begleiter.

    • Und nimmt man noch die refor­ma­to­ri­sche Theo­lo­gie Baden Würt­tem­bergs des 19.Jahrhundetrs hin­zu, so gibt das ein doch sehr run­des Bild.

      Pro­fes­sor Rohr­mo­ser (in oben ange­ge­ben Band): „Nach Oetin­ger ist der Mensch mit der Sün­de aus der Ganz­heit des von Gott umfan­ge­nen Lebens hin­aus­ge­tre­ten in die Son­de­rung, in die Spal­tung, in die Tren­nung, oder— wie wir heu­te gern sagen— in die Ent­frem­dung. Und nun meint Oetin­ger, das Heils­er­eig­nis inter­pre­tie­ren zu kön­nen als den Vor­gang, in wel­chem die­ser aus sei­ner Ganz­heit geson­der­te, ent­zwei­te und sei­ner selbst ent­frem­de­te Mensch durch Jesus Chri­stus wie­der zu sei­nem Ganz­sein, zu sei­ner Voll­stän­dig­keit gebracht wird. Damit ist die ganz unspi­ri­tua­li­sti­sche gedach­te Fül­le der gött­li­chen Ver­hei­ßun­gen wie­der gewon­nen. Die­ses Ganz­sein des Lebens wird durch Chri­stus, den Hei­land des Lebens, wie­der­her­ge­stellt. Aber es kommt noch ein drit­tes hin­zu: Der geschicht­li­che Aspekt von Ben­gel und die­ser Fül­leaspekt des Lebens – wenn er abge­kürzt ein­mal soge­nannt wer­den dar­f— gehen eine eigen­tüm­li­che Ver­bin­dung in der Form ein, daß die­ses Ganz- und Voll­stän­dig­wer­den des Lebens nun auch als ein geschicht­li­cher Vor­gang und als ein mög­li­cher, unmit­tel­bar in der Zukunft bevor­ste­hen­der Welt­zu­stand gefaßt wird. Wenn die­ser Zustand erreicht sein wir­d— und er wird erwar­tet als bevor­ste­hend und sich ereig­nend in der Geschich­te— dann wird es unter ande­rem nicht mehr geben die mate­ri­el­le Armut des Lebens, die Dürf­tig­keit und das Lei­den unter dem Ent­blößt­sein von allen Mit­teln des Lebens, und es wird auch nicht mehr geben die Tren­nung der Men­schen in Her­ren und Knech­te. Also Auf­he­bung der Armut und Auf­he­bung der Herrschaft. “

      Fast könn­te man mei­nen, dass hier das Pro­gramm der DBK in Kurz­form dar­ge­legt ist. Ins­be­son­de­re die geschichts­theo­lo­gi­schen Ansät­ze Ben­gels fin­den sich heu­te bei Kas­per wieder.

  10. Jesus Chri­stus lehrt: „Am Anfang der Schöp­fung aber hat Gott sie als Mann und Frau geschaf­fen. Dar­um wird der Mann Vater und Mut­ter ver­las­sen, und die zwei wer­den ein Fleisch sein. Sie sind also nicht mehr zwei, son­dern eins. Was aber Gott ver­bun­den hat, das darf der Mensch nicht tren­nen. Zu Hau­se befrag­ten ihn die Jün­ger noch ein­mal dar­über. Er ant­wor­te­te ihnen: Wer sei­ne Frau aus der Ehe ent­lässt und eine ande­re hei­ra­tet, begeht ihr gegen­über Ehe­bruch. Auch eine Frau begeht Ehe­bruch, wenn sie ihren Mann aus der Ehe ent­lässt und einen ande­ren hei­ra­tet.“ (Evan­ge­li­um vom heu­ti­gen Tag; Mk 10,2–16).

    Das gilt auch für die Her­ren Kas­per und Marx !

  11. Hoch­ver­ehr­ter @ Suarez!
    Auch ich darf mich bei Ihnen sehr herz­lich, ins­be­son­de­re für die Ein­ord­nung mei­ner Kurz­form in das grö­ße­re Gan­ze der gei­ste­ge­schicht­li­chen Ent­wick­lung. Die reicht, wenn ich es recht sehe, vom Deis­mus über Hegel bis in den moder­nen Exi­sten­zia­lis­mus und damit über die Kas­pe­ria­ner bis in die eben begon­ne­ne Fami­li­en­syn­ode. Ist es erlaubt, in die­sem Zusam­men­hang die Namen Mar­tin Heid­eg­ger, Robert Bult­mann und Karl Rah­ner zu nen­nen und im Hin­blick auf Kar­di­nal Kas­per auch den Namen Hans Küng anzu­fü­gen, der schon seit dem Öku­me­ni­schen Kir­chen­tag 2010 auf den Auf­stand der katho­li­schen Kir­che in Deutsch­land gegen Rom war­tet. Scherz­hal­ber behaup­te ich: Eine „Weg-von-Rom“- Stra­te­gie der deut­schen Orts­kir­che dürf­te aber an der Unmög­lich­keit schei­tern, fol­gen­de 15 Fra­gen­kom­ple­xe im Rah­men der Spät­da­tie­rung zu beantworten.
    1. War­um gibt es von den angeb­lich spä­ten, anonym geblie­be­nen Gemein­de­theo­lo­gen, den angeb­li­chen Ver­fas­sern der Evan­ge­li­en, ange­sichts einer im Römer­reich schon früh ver­brei­te­ten christ­li­chen Brief- und Rei­se­kul­tur nicht den Hauch einer Spur. Weder zu den Ent­ste­hungs­zei­ten, noch zu den Ent­ste­hungs­or­ten mit ihren Gemein­de­gre­mi­en, noch gar zu ein­zel­nen Per­so­nen! War­um hat kei­ner zwi­schen 70 und 100 der bereits vor­han­de­nen Orts­bi­schö­fe die über­ra­schend vier­ge­stal­tig auf­ge­tre­te­ne Ver­schrif­tung der einen „Guten Nach­richt“, sowie die Apo­stel­ge­schich­te und die vie­len Brie­fe freu­dig begrüßt, gewür­digt und die Vor­zü­ge von Schrift­li­chem gegen­über vaga­bun­die­ren­den Jesus­über­lie­fe­run­gen für den Got­tes­dienst gebüh­rend her­vor­ge­ho­ben? War­um ist kein ein­zi­ger der „Gemein­de­theo­lo­gen“ in auch nur einer früh­christ­li­chen Gemein­de des wei­ten römi­schen Rei­ches im 1. Jahr­hun­dert als Samm­ler, Abschrei­ber, Über­for­mer, Dazu­er­fin­der, Aus­wäh­ler und Kri­ti­ker von flu­via­ti­len Jesus­stof­fen in irgend einer Wei­se bekannt geworden?

    2. War­um geht es in den alt­kirch­li­chen Evan­ge­li­en­nach­rich­ten nie um zufäl­lig von Mund zu Mund, von Sitz zu Sitz gei­stern­de lite­ra­ri­sche Klein­for­men, nie um erzäh­le­ri­sche Ein­hei­ten und Epi­so­den, Wun­der­ge­schich­ten, Gleich­nis­se, Mär­chen, Mythen und Legen­den, nicht um poin­tier­te Ein­zel­wör­ter, Lehr­sät­ze, nicht um Bil­der, Sym­bo­le, Meta­phern, nicht um Evan­ge­li­en­häpp­chen mit zun­gen­bre­chen­den grie­chi­schen Namen, also nie um irgend­wel­che sprach­li­chen Ato­me und Mole­kü­le, viel­mehr geht es immer und über­all um die voll­stän­di­gen Evan­ge­li­en­tex­te, über die bekann­te Kir­chen­schrift­stel­ler, also geschicht­lich nach­ge­wie­se­ne Per­so­nen von Gewicht, spre­chen. War­um fin­den wir nicht die gering­ste Spur von angeb­lich her­um­gei­stern­den Jesus­ma­te­ri­al in den Brie­fen von Igna­ti­us von Antio­chi­en und Poly­karp von Smyrna?

    3. Wie kom­men Bibel­wis­sen­schaft­ler dazu, den früh­kirch­li­chen Chri­sten zuzu­trau­en, auf den Schwin­del mit den getürk­ten Ver­fas­ser­na­men her­ein­ge­fal­len zu sein. Nein, die Unwahr­heit wäre in den Gemein­den nicht zu ver­ber­gen gewe­sen. Wel­chen Sinn hät­te es gehabt, sich hin­ter Auto­ri­tä­ten wie Mar­kus und Lukas zu ver­stecken, die kei­ne Auto­ri­tä­ten gewe­sen wären, wenn sie vor 70 nichts geschrie­ben gehabt hät­ten. Hät­te man in den christ­li­chen Gemein­den am Ende des 1. Jhdts. nicht fra­gen müs­sen, war­um das Mat­thä­us- und Johan­nes­evan­ge­li­um, wenn sie tat­säch­lich von den über­lie­fer­ten Apo­steln stamm­ten, nicht schon Jahr­zehn­te frü­her auf­ge­taucht sind.

    4. War­um ist nir­gend­wo in der früh­kirch­li­chen Lite­ra­tur auch nur ein Hauch von dem zu spü­ren, was histo­risch-kri­ti­sche Exege­ten seit dem 19. Jahr­hun­dert über die Ent­ste­hung der Evan­ge­li­en ange­nom­men haben. Kei­ner der Patri­sti­ker, deren Lebens­wur­zeln bis in die zwei­ten Hälf­te des ersten Jahr­hun­derts zurück­rei­chen und sich mit den aus­klin­gen­den Lebens­zei­ten der über­le­ben­den Apo­stel und Mit­glie­der der Fami­lie Jesu über­schnei­den, lässt sich zum Beweis für post­a­po­sto­lisch exi­sten­te „Evan­ge­li­sten“ in den Zeu­gen­stand rufen, obwohl die Pseu­d­epi­gra­phen von 20 der 27 neu­te­sta­ment­li­chen Tex­te noch zu ihren Leb­zei­ten erschie­nen wären. Der Apo­stel Johan­nes Zebedä­us (+ 98), die apo­sto­li­schen Väter Cle­mens von Rom (ca. 40 – 101), Igna­ti­us von Antio­chi­en (ca. 40 – 107), Poly­karp von Smyr­na (69 – 155), Papi­as von Hie­r­a­po­lis (ca. 60 – 140) hät­ten doch etwas vom rei­chen Strom münd­lich her­um­wa­bern­der Klein­for­men mit Jesus­stof­fen mer­ken müs­sen, der sich auch ihnen ange­bo­ten hät­te, um gesam­melt, ergänzt, mythisch erwei­tert, kol­lek­tiv dis­ku­tiert, neu­er­dings auch histo­ri­siert, end­lich auf­ge­schrie­ben und in ihren Gemein­den stolz prä­sen­tiert zu wer­den. Die genann­ten Väter wären noch Zeit­ge­nos­sen der besag­ten „Gemein­de­theo­lo­gen“ gewe­sen, die ihre Anony­mi­tät ver­geb­lich zu wah­ren ver­sucht hät­ten. Pseu­d­epi­gra­phen hät­ten vor die­sem Hin­ter­grund kei­ne Chan­ce gehabt.

    5. Wie konn­te in einer so geschichts­be­wuss­ten Schreib­kul­tur wie der jüdisch-hel­le­ni­sti­schen die Kennt­nis von der Ent­ste­hung solch wich­ti­ger Tex­te wie der Evan­ge­li­en sowie die wirk­li­chen Namen der gemeind­li­chen Evan­ge­li­en­ver­fas­ser an vier unter­schied­li­chen Orten zwi­schen 70 und 100 fast gleich­zei­tig unbe­kannt blei­ben? In allen vier Fäl­len fin­det sich zu den Per­so­nen hin­ter den Pseu­d­epi­gra­phen nicht die klein­ste Notiz, eben­so­we­nig zu den angeb­lich anonym geblie­be­nen vier­zehn Brie­fe­schrei­bern. War­um hat kei­ner der anony­men hel­le­ni­stisch gepräg­ten Ver­fas­ser den öffent­li­chen Ruhm des Autors für sich bean­sprucht, wo doch Stre­ben nach Ruhm zum anti­ken Lebens­sinn gehör­te. War­um hat sich nie­mand über die von ihnen anonym reich­lich spät in Umlauf gebrach­ten, sprach­lich ein­fach gehal­te­nen Tex­te gewun­dert, wo doch Zeit genug gewe­sen wäre, vor allem auf die Evan­ge­li­en etwas mehr inhalt­li­che und sprach­li­che Sorg­falt zu verwenden.

    6. War­um haben die angeb­lich in anony­men Theo­lo­gen­zir­keln zwi­schen 70 und 100 kom­pi­lier­ten und mytho­lo­gi­sier­ten Evan­ge­li­en­tex­te kei­ner­lei inter­nen Streit, wie unter Theo­lo­gen üblich, aus­ge­löst? War­um gibt es gegen Ende des 1.Jhdts. kei­ner­lei öffent­li­che Reak­ti­on auf das plötz­lich auf­ge­tauch­te neue Schrift­gut, weder von christ­li­chen, noch von heid­ni­schen Schrift­stel­lern und Phi­lo­so­phen? War­um haben heid­ni­sche Autoren eine solch völ­lig gesichts- und geschichts­lo­se Ent­ste­hung der Evan­ge­li­en­tex­te nicht aufs Korn genom­men? Wie konn­ten sich die früh ver­folg­ten, zahl­los hin­ge­mor­de­ten Chri­sten von irgend­wel­chen unbe­kann­ten Gemein­de­theo­lo­gen mit erfun­de­nen Mythen so betrü­gen las­sen? Ent­spricht es dem mensch­li­chen Selbst­er­hal­tungs­trieb für zwei­fel­haf­te, her­kufts­un­si­che­re, mytho­lo­gi­sier­te Tex­te ins Mar­ty­ri­um zu gehen? Wäre es den anony­men Gemein­de­ge­nies nach der Erfah­rung der nero­ni­schen Ver­fol­gung nicht ein Leich­tes gewe­sen, sich der gefähr­li­chen Lebens­wirk­lich­keit anzu­pas­sen und mit einem flugs erfun­de­nen Jesus­wort die Ver­ein­bar­keit von Kai­ser­kult und Chri­stus­kult theo­lo­gisch zu begrün­den, um in den Are­nen Chri­sten das Leben ret­ten zu können?

    7. War­um tre­ten die Evan­ge­li­en im Gegen­satz zu den histo­ri­schen Berich­ten des Alten Testa­ments und den mei­sten spä­te­ren apo­kry­phen Tex­ten stoff­lich und sprach­lich so redu­ziert in Erschei­nung. Aus der ger­ma­ni­schen Lite­ra­tur weiß man, dass sich Stoff­ker­ne, wie das Sigurd­lied aus den Island-Sagas, quan­ti­ta­tiv eher aus­deh­nen, je län­ger sie münd­lich und schrift­lich unter­wegs sind. Eine spä­te­re, lite­ra­risch ambi­tio­nier­te Ver­schrift­li­chung wie das Nibe­lun­gen­lied stellt eine erheb­li­che Stoff­er­wei­te­rung des Sigurd­stof­fes dar. Wären nicht auch bei spät ent­stan­de­nen Evan­ge­li­en erheb­li­che Stoff­er­wei­te­run­gen zu erwar­ten? War­um ist dies bei den kano­ni­sier­ten Evan­ge­li­en nicht der Fall? Der Evan­ge­list Johan­nes geht 20, 30.31 und 21,25 ohne nähe­re Begrün­dung auf den redu­zier­ten Cha­rak­ter sei­nes Evan­ge­li­ums ein. Ist nicht Zeit­man­gel her­aus­zu­hö­ren? Machen nicht auch das Mar­kus­evan­ge­li­um und die Apo­stel­ge­schich­te einen unfer­ti­gen Ein­druck? War­um bil­det das vier­ge­stal­ti­ge Evan­ge­li­um bei allen Abwei­chun­gen im Detail, im Sprach­duk­tus und in der theo­lo­gi­schen Sub­stanz den­noch eine die Zei­ten über­dau­ern­de rela­tiv knap­pe, aber geschlos­se­ne Einheit? 

    8. Hät­ten die Jün­ger Jesu, die tat­säch­li­chen Augen- und Ohren­zeu­gen des Gesche­hens, den Brie­fe­schrei­ber Pau­lus zwölf Jah­re lang untä­tig zuschau­en kön­nen, ohne ihrer­seits ein schrift­li­ches Zeug­nis für ihren Herrn abzu­le­gen? Noch dazu, wenn die­ser Pau­lus zum The­ma Recht­fer­ti­gung Abwei­chen­des pre­dig­te? Wie durf­te der Schrift­ge­lehr­te und Ex-Pha­ri­sä­er Pau­lus es wagen, unter den Augen der apo­sto­li­schen Zeu­gen ohne ver­füg­ba­re Text­grund­la­ge theo­lo­gi­sche Brie­fe an christ­li­che Gemein­den zu schrei­ben, obwohl er Jesus nicht gefolgt war? Hät­ten die von Pau­lus aner­kann­ten Säu­len der Jeru­sa­le­mer Urge­mein­de, Petrus, Johan­nes und Jako­bus, in Ver­ant­wor­tung vor Gott das Zeug­nis über ihren gekreu­zig­ten und auf­er­stan­de­nen Herrn zur Ver­schrif­tung unbe­kann­ten Leu­ten über­las­sen dür­fen, die kei­ne Augen­zeu­gen gewe­sen wären und damit nach mosai­schem Recht zu spä­ter Zeit gar kein Zeug­nis abge­ben hät­ten dür­fen – noch dazu unter fal­schen Namen!

    9. War­um scheint Pau­lus am histo­ri­schen Jesus von Naza­reth nicht inter­es­siert zu sein? War­um fin­det sich in der Apo­stel­ge­schich­te nicht der klein­ste Hin­weis auf die Pau­lus­brie­fe? War­um fin­den wir in die­sem Geschichts­werk, das die Taten der Apo­stel zum Inhalt haben soll­te, nicht den lei­se­sten Hin­wei­se auf die pau­li­ni­sche Recht­fer­ti­gungs­leh­re. War­um begeg­nen wir die­sem Man­gel an theo­lo­gi­scher Reso­nanz auch in den Evan­ge­li­en? War­um hat Lukas auf kei­nen der katho­li­schen Brie­fe Bezug genom­men? War­um dif­fe­rie­ren Pau­lus­brie­fe und Apo­stel­ge­schich­te in ver­schie­de­nen Details zur Per­son des Apo­stels Pau­lus? War­um erweckt Pau­lus in den selbst­bio­gra­phi­schen Pas­sa­gen sei­ner Brie­fe den Ein­druck, Rich­tig­stel­lun­gen und Erwei­te­run­gen gegen­über der Apo­stel­ge­schich­te vor­neh­men zu müs­sen? Wie kann Pau­lus im Brief von eige­ner Hand an die Gala­ter (1,16–20) Sach­aus­sa­gen vom Anfang der Apo­stel­ge­schich­te (9, 23–30) kor­ri­gie­ren, wenn die­se erst an die fünf­und­zwan­zig Jah­re nach sei­nem eige­nen Tod (62/​63) geschrie­ben wor­den wäre? War­um ist Lukas mit sei­ner Apo­stel­ge­schich­te in Ver­zug gekom­men und nicht fer­tig geworden?

    10. Wel­cher anony­me Gemein­de­theo­lo­ge unter dem Namen Lukas, der sich in sei­nem Evan­ge­li­um als anti­ker Histo­ri­ker vor­stellt, hät­te am Ende des ersten Jahr­hun­derts, als er alles histo­risch bedeut­sam Gewor­de­ne über­blicken und gewich­ten konn­te, beschlie­ßen kön­nen, die Apo­stel­ge­schich­te aus­ge­rech­net vor der nero­ni­schen Chri­sten­ver­fol­gung, vor dem Tod von Petrus und Pau­lus, vor der Zer­stö­rung des Jeru­sa­le­mer Tem­pels und damit vor der Auf­lö­sung des jüdi­schen Staa­tes abzu­bre­chen? War­um hat die­ser „Lukas“ über die drei Säu­len der Jeru­sa­le­mer Urkir­che Petrus, Johan­nes Zebedä­us und dem Her­ren­bru­der Jako­bus in den Jah­ren nach dem Jeru­sa­le­mer Apo­stel­kon­zil 48 kein Wort mehr ver­lo­ren? Mehr noch: Die Acta Apo­sto­lorum, die vor­ge­ben, die Taten aller Apo­stel zu behan­deln, schwei­gen zu den Taten der mei­sten von ihnen. Von den elf Namen der Apo­stelliste in der Apo­stel­ge­schich­te (1,13) ste­hen nur am Anfang die Apo­stel Petrus und Johan­nes Zebedä­us im Mit­tel­punkt der Dar­stel­lung; dann endet die Bericht­erstat­tung über sie, ohne wie­der auf­ge­nom­men zu wer­den. Ins­ge­samt erfah­ren wir nur wenig über Phil­ip­pus, Not­wen­dig­stes über den Tod des Jako­bus Zebedä­us, aber nichts über Andre­as, Tho­mas, Bar­tho­lo­mä­us, Mat­thä­us, Jako­bus, dem Sohn des Alphä­us, Simon den Zelo­ten und Judas, den des Jako­bus. Auch nichts über die Art und Wei­se ihres Ster­bens! Ist das die Art eines spät­da­tier­ten Kir­chen­hi­sto­ri­kers, der den Umfang sei­nes Vor­ha­bens ankün­digt, aber nicht ver­wirk­licht, obwohl er dazu am Ende des Jahr­hun­derts genü­gend Zeit gehabt hätte?

    11. Wer hat die angeb­lich ein­an­der unbe­kann­ten, in weit von­ein­an­der ent­fernt schrei­ben­den „Evan­ge­li­sten“ dazu ver­pflich­tet, die Stoff­ord­nung ähn­lich zuge­stal­ten, ver­wand­te bis iden­ti­sche Text­tei­le zu ver­wen­den, eines Sin­nes die mitt­le­re Zeit­span­ne im Leben Jesu aus­zu­spa­ren und anson­sten Auf­takt und Abschluss ihrer Evan­ge­li­en auf­ein­an­der abzu­stim­men? War­um stim­men die ein­an­der unbe­kann­ten Evan­ge­li­sten aus­ge­rech­net dar­in über­ein, über die „ver­bor­ge­nen Jah­re“ Jesu zu schwei­gen, über die es nach der Spät­ver­schrif­tungs­hy­po­the­se auch fluk­tu­ie­ren­des münd­li­ches Mate­ri­al gege­ben haben müss­te? Da wäre doch wenig­stens ein erkenn­ba­rer Ver­such zu einer bio­gra­phi­schen Dar­stel­lung des Lebens Jesu in der lan­gen Zeit zwi­schen 7 vor und 27 nach Chr. zu erwar­ten gewe­sen. War­um hat wegen die­ser Fra­gen und Fest­stel­lun­gen nie­mand längst die Zwei­quel­len­theo­rie pul­ve­ri­siert? Das ein­heit­li­che gemein­sa­me Schwei­gen kann kein Zufall gewe­sen sein. Es setzt einen ein­heit­li­chen Wil­len der vier Evan­ge­li­sten und damit eine ent­spre­chen­de Zusam­men­ar­beit und Regie vor­aus – zumin­dest eine abschlie­ßend ein­heit­li­che Redak­ti­on, wie sie nur eine her­aus­ra­gen­de Auto­ri­tät hät­te wagen dür­fen, denn Juden war auch das neu­te­sta­ment­li­che Schrift­wort nicht frei ver­füg­bar, son­dern heilig. 

    12. War­um haben die angeb­li­chen spä­ten, anony­men christ­li­chen Gemein­de­schrei­ber aus der Tem­pel­zer­stö­rung nach 70 für die Kreu­zi­gung Jesu kein mis­sio­na­ri­sches Kapi­tal geschla­gen? Zumin­dest in den histo­risch-kri­tisch spät datier­ten Pseu­do-Brie­fen hät­te ein Hauch von Genug­tu­ung über das „gött­li­che Straf­ge­richt über Jeru­sa­lem“ spür­bar wer­den müs­sen. Doch nir­gends im kano­ni­sier­ten Schrift­tum wird auf das für Juden und Chri­sten so ein­schnei­den­de Fak­tum der Tem­pel­zer­stö­rung aus christ­li­cher Sicht ein­ge­gan­gen. Nur hin­ter der Apo­ka­lyp­se des Sehers Johan­nes wer­den in der Dar­stel­lung des „himm­li­schen Jeru­sa­lems“ wie durch eine Folie die histo­ri­schen Rea­li­tä­ten des ver­lo­re­nen irdi­schen Jeru­sa­lems aus nicht all­zu gro­ßer zeit­li­cher Distanz sichtbar.

    13. Wenn, wie die Spät­da­tie­rer mei­nen, nach der Tem­pel­zer­stö­rung (70) noch über­all münd­li­che Über­lie­fe­run­gen über Jesus kur­sier­ten, war­um sind die apo­kry­phen Evan­ge­li­en die­ser Zeit um so vie­les phan­ta­sti­scher, aus­ufern­der und damit theo­lo­gisch „schlech­ter“, als die vier Evan­ge­li­en. War­um sind ander­seits die „spä­ten“, „unech­ten“ Pseu­do-Pau­li­nen nach Inhalt und Spra­che nur unwe­sent­lich ver­schie­den von den „ech­ten“ Pau­lus­brie­fen? In wel­chen Gemein­den gab es zwi­schen 80 und 100 noch qua­li­fi­zier­te Pau­lu­si­mi­ta­to­ren, die Pau­lus­brie­fe so gut erfin­den konn­ten, dass die Sprach­dif­fe­renz zum ech­ten Pau­lus nur 5% beträgt? Wer soll­te sol­che Fäl­schun­gen in Auf­trag gege­ben und auto­ri­siert haben, wo doch jeder Christ wuss­te, dass Pau­lus bereits Jahr­zehn­te tot war. War­um ist der Schwin­del nicht gleich auf­ge­flo­gen? Das gilt genau­so für die spät­da­tier­ten katho­li­schen Brie­fe. Als sie auf­tauch­ten, muss­te sich jeder Christ um die Jahr­hun­dert­wen­de fra­gen, wer die Brie­fe so lan­ge unter Ver­schluss gehal­ten hat, wenn sie doch aus der Feder von Petrus, Pau­lus, Jako­bus, Johan­nes und Judas stamm­ten? Wer hat nach wel­chen Kri­te­ri­en die Brie­fe zu apo­sto­li­scher Zeit gesam­melt, bewer­tet und unsin­ni­ger Wei­se geheim gehal­ten, anstatt sie zu verschicken.

    14. War­um ent­hal­ten jene 20 der 27 Schrif­ten nach Jahr­zehn­ten wil­der Über­lie­fe­rung nichts Häre­ti­sches, wor­über Hege­sip­pus hät­te kla­gen müs­sen. Wären die neu­te­sta­ment­li­chen Schrif­ten unter jenen spä­ten, nach­apo­sto­li­schen Bedin­gun­gen ent­stan­den, hät­te man wohl Häre­ti­sches gefun­den. Cle­mens Roma­nus, der Mit­ar­bei­ter von Pau­lus, der in sei­nen letz­ten Lebens­jah­ren auf den Stuhl Petri die Mög­lich­keit und Macht gehabt hät­te, häre­ti­sches Schrift­tum aus­zu­mer­zen, hat­te nicht die gering­ste Ver­an­las­sung, gegen neu­te­sta­ment­li­che Schrif­ten ein­zu­schrei­ten. War­um hegt Euse­bi­us, des­sen aus­ge­wie­se­ne Absicht es gewe­sen ist, von den Schrift­stel­lern zu berich­ten, „was sie zu den Schrif­ten sagen, die biblisch und aner­kannt sind, und jenen, die es nicht sind“ (HE III, 3), mit Aus­nah­me des Hebrä­er­brie­fes und der Gehei­men Offen­ba­rung kei­ne Ver­fas­ser­zwei­fel an den kano­ni­schen Tex­ten des NT, obwohl Fra­gen nach der Echt­heit auf­tau­chen­der Tex­te durch­aus gestellt wor­den sind? Wenn Evan­ge­li­en unge­klär­ter Her­kunft erst so spät ver­füg­bar gewe­sen wären, war­um ist von kei­nem der hoch­ran­gi­gen kirch­li­chen Amts­trä­ger, Theo­lo­gen und Phi­lo­so­phen wie Cle­mens von Rom, Igna­ti­us von Antio­chi­en, Hege­sip­pus, Poly­karp von Smyr­na, Ire­nä­us von Lyon, Ter­tul­li­an, Juli­us Afri­ca­nus, Kle­mens von Alex­an­dri­en, Hera­kles von Alex­an­dri­en, Ori­gi­nes, Hip­po­lyt von Rom, Cypri­an von Rom, Vic­to­rinus von Pet­tau, Hie­ro­ny­mus und vor allem Euse­bi­us selbst um der Wahr­heit Wil­len der Impuls aus­ge­gan­gen, die frag­wür­di­ge Her­kunft die­ser über­ra­schend auf­ge­tauch­ten Evan­ge­li­en zu erfor­schen und offen­zu­le­gen? Nichts der­glei­chen ist gesche­hen. Es gab um die über­lie­fer­ten Ver­fas­ser­schaf­ten der Mat­thä­us, Mar­kus, Lukas und Johan­nes, also um die tat­säch­li­che apo­sto­li­sche Her­kunft der Evan­ge­li­en und ande­ren neu­te­sta­ment­li­chen Schrif­ten nir­gends die gering­sten Zwei­fel und damit kei­nen Bedarf, sol­che zu klä­ren. Spät­da­tie­rer müss­ten doch erwar­ten, dass schon Papi­as von Hie­r­a­po­lis, Ire­nä­us von Lyon, Kle­mens von Alex­an­dri­en, Ori­gi­nes oder Hie­ro­ny­mus eine nicht­a­po­sto­li­sche Ent­ste­hung der Evan­ge­li­en erkannt und als unhi­sto­risch abqua­li­fi­ziert hät­ten. War­um kann Euse­bi­us in der Rück­schau auf die alt­kirch­li­chen Schrif­ten sei­ner Vor­gän­ger deren Noti­zen zur Ent­ste­hung der Evan­ge­li­en bei den chro­no­lo­gisch behan­del­ten alt­kirch­li­chen Autoren belas­sen, so dass die­se Evan­ge­li­en­mit­tei­lun­gen selt­sam ver­streut erschei­nen. War­um bestand noch knapp drei­hun­dert Jah­re nach Jesu Tod für eine Zusam­men­fas­sung der Ein­zel­nach­rich­ten zu einer the­ma­tisch geschlos­se­nen Geschich­te der Ent­ste­hung der Evan­ge­li­en kein Bedarf?

    15. War­um gibt es eine sehr frü­he Über­lie­fe­rung, der­zu­fol­ge der Apo­stel Johan­nes Zebedä­us ziem­lich genau im Jahr 56 n.C. mit Jesu Mut­ter Maria im Alter etwa 70 Jah­ren aus­ge­rech­net nach Ephe­sus gekom­men ist? War­um gibt es nicht nur in Jeru­sa­lem, son­dern auch in Ephe­sus mit dem „Haus Mari­ens“ eine Mari­en­tra­di­ti­on. War­um gibt es die­se Tra­di­ti­on nicht auch in Antio­chi­en oder Alex­an­dria? Was könn­te der Grund für eine sol­che rund 14-tägi­ge See­rei­se von Caesarea Mari­ti­ma aus­ge­rech­net nach Ephe­sus gewe­sen sein? Eine Flucht vor der immer gefähr­li­cher wer­den­den Situa­ti­on in Jeru­sa­lem wäre es nicht gewe­sen, denn da hät­te sich nach Jesu Rat die wesent­lich nähe­re Deka­po­lis als Flucht­ge­biet ange­bo­ten. Muss­te etwa von ihr die in Arbeit befind­li­che lukani­sche Kind­heits­ge­schich­te bezeugt wer­den? War­um begeg­nen wir im Umkreis von Ephesus/​Troas im glei­chen Zeit­raum neben Lukas und Johan­nes auch Petrus und Mar­kus sowie Pau­lus, und auch Mat­thä­us konn­te nach Papi­as von Hie­r­a­po­lis nicht weit gewe­sen sein. Wor­auf deu­tet das hin?

    Die­se Fra­gen sind im Rah­men der Spät­da­tie­rung nicht beant­wort­bar, denn die­se Datie­rung ist falsch, und Wal­ter Kar­di­nal Kas­pers rela­ti­vi­sti­sche Ablei­tun­gen zu einem Para­dig­men­wech­sel in Moral- und Sakra­men­ten­leh­re kön­nen nicht auf sie bau­en. Da die Spät­da­tie­rung falsch ist, bleibt die Früh­da­tie­rung nach der Leh­re der Kir­che für die Ordent­li­che Welt­bi­schofs­syn­ode zu Ehe und Fami­lie 2015gültig, wie sie die Kir­che seit 2000 Jah­ren lehrt. Zur Doku­men­ta­ti­on gebe ich mei­ne bis­her noch nicht ver­öf­fent­lich­te Zeit­ta­fel über die Früh­ent­ste­hung der neu­te­sta­ment­li­chen Schrif­ten bekannt:

    Chro­no­lo­gi­scher Auf­riss der apo­sto­li­schen Schrif­ten des Neu­en Testa­ments ein­schließ­lich des 1. Kle­mens­brie­fes nach O.G.Elgner

    1. 606 Ver­se Mar­kus – Nie­der­schrift der Petruspredigt/​ Rom 42/​43
    2. 1. Brief an die Thessaloniker/​ Korinth/​50
    3. 2. Brief an die Thessaloniker/​ Korinth/​50/​51
    4. Gala­ter­brief /​Ephesus/​53/​54
    5. Jakobusbrief/​Jerusalem/​54/​55
    6. Matthäusevangelium/​Jerusalem 54/​55
    7. Lukas­evan­ge­li­um /​Troas/​56/​57
    8. 1. Korin­ther­brief /​Ephesus /​Frühjahr 56
    9. 2. Korin­ther­brief /​ Make­do­ni­en /​Herbst 56
    10. Römer­brief /​Korinth/​ Win­ter 56/​57
    11. Titus­brief /​ Rei­se­brief vor Caesarea/​ 57
    12. 1. Timo­theus­brief /​ Rei­se­brief vor Caesarea/​ 57
    13. 1. Petrusbrief/​ Rom/​ 57/​58
    14. Hebrä­er­brief /​1. Teil: Caesarea/​ 58/​59/​; 2. Teil: /​Rom/​60/​Gefangenenbrief
    15. Epheserbrief/​ Rom /​60/​Gefangenenbrief
    16. 2. Timotheusbrief/​ Rom /​60/​ Gefan­ge­nen­brief
    17. Kolos­s­erbrief /​Rom /​61/​Gefangenenbrief
    18. Philemonbrief/​ Rom /​61/​ Gefan­ge­nen­brief
    19. Philipperbrief/​ Rom/​ 62/​ letz­ter Gefangenenbrief
    20. Petrus­brief aus Rom/​ 62/​63 (vor dem Tod von Paulus)
    21. Judasbrief/​63/​ Jeru­sa­lem (nach dem Tod von Jako­bus 62)
    22. Abschluss Apostelgeschichte/​Rom/​63
    23. Abschluss Markusevangelium/​Rom/​63
    24. 2. Johannesbrief/​Ephesus/​ 63
    25. 3. Johannesbrief/​Ephesus/​ 63
    26. 1. Johannesbrief/​Ephesus/​65
    27. Abschluss Johannesevangelium/​Ephesus/​65
    28. 1. Klemensbrief/​69
    29. Gehei­me Offen­ba­rung des Johannes/​Patmos (zwi­schen 70 und 95)

    Im Rah­men die­ser Früh­da­tie­rung sind die oben gestell­ten Fra­gen pro­blem­los beantwortbar.

    • Sor­ry, der erste Satz muss lauten:
      Auch ich darf mich bei Ihnen sehr herz­lich – ins­be­son­de­re für die Ein­ord­nung mei­ner Kurz­form in das grö­ße­re Gan­ze der gei­ste­ge­schicht­li­chen Ent­wick­lung – BEDANKEN!!!

    • Vie­len Dank, ver­ehr­te Sophus & Sua­rez, für Ihre wun­der­ba­ren & höchst span­nen­den Tex­te; dan­ke @ Sophus, daß Sie Ihren Rund­brief hier ver­öf­fent­li­chen! – Eigent­lich hät­te ich noch ganz vie­le Fra­gen, die ich aber nicht alle hier stel­len kann; aber die­se eine wenig­stens möch­te ich doch noch „los­wer­den“: Sie schrei­ben, ver­ehr­ter Sophus (aber die Fra­ge soll nicht nur an Sie per­sön­lich gerich­tet sein; auch an Sua­rez und jeden, der dies liest): 

      „Da es nach den Prä­mis­sen der histo­risch-kri­ti­schen Ver­nunft kei­ne Pro­phe­ti­en geben kön­ne, auch von Jesus nicht, müs­sen die in den Evan­ge­li­en über­lie­fer­ten Tem­pel­pro­phe­ti­en „ex even­tu“ (nach dem Ereig­nis) Jesus in den Mund gelegt wor­den sein.“

      Fra­ge: wie kommt die­se ‚histo­risch-kri­ti­sche Ver­nunft‘ dar­auf, daß es kei­ne Pro­phe­ti­en geben kön­ne? Die­se ‚Ver­nunft‘ muß doch ein sol­ches Postu­lat, aus wel­chem sie so weit­rei­chen­de Fol­ge­run­gen zieht, bewei­sen; glaubt sie an den all­mäch­ti­gen Gott, so wird das m.E. sehr schwer bis unmög­lich; glaubt sie nicht, so ist die­ses Postu­lat samt Fol­ge­run­gen für uns Chri­sten irrele­vant (und soll­te es erst­recht für das Lehr­amt sein)! Das Den­ken, die impli­zi­ten und expli­zi­ten Postu­la­te, wel­che die­ser ‚histo­risch-kri­ti­schen Ver­nunft‘ zugrun­de­lie­gen, scheint mir letzt­lich eine tota­le Ver­nei­nung des Glau­bens selbst zu sein!? Es bricht doch im Grun­de dann alles in sich zusam­men wie ein Kar­ten­haus, etsi Deus non dare­tur … – oder es bleibt so ein dei­sti­scher Deus tota­li­ter abscon­dit­us, der in kei­ner Wei­se mehr mit uns Men­schen in Wech­sel­wir­kung tre­ten könn­te. Damit wür­de jede Theo­lo­gie völ­lig sinn­los bis unmög­lich wer­den und vom Chri­sten­tum kei­ne Rede mehr sein, geschwei­ge denn von der Kir­che … – dann wäre auch jedes Beten sinnlos …

      • … noch mehr: ein erfolg­rei­cher „Angriff“ auf die Theo­lo­gie des Ehe­sa­kra­ments (und sei es über das „Hin­ter­tür­chen“ der „Pasto­ral“), wel­cher letzt­lich, wenn auch unaus­ge­spro­chen, auf den Postu­la­ten jener ‚histo­risch-kri­ti­schen Ver­nunft‘ beruht, wür­de, wenn (sogar) das Lehr­amt die­ser Argu­men­ta­ti­on fol­gen und ihr dadurch ‚lehr­amt­li­chen Cha­rak­ter‘ ver­lei­hen wür­de, einen so mas­si­ven Wider­spruch in die Leh­re der Kir­che ein­füh­ren, daß die­se damit ins­ge­samt hin­fäl­lig bis völ­lig ad absur­dum geführt wor­den wäre!? Nicht nur die ‚mili­tan­ten Athe­isten‘, son­dern auch die ’säku­la­ren Huma­ni­sten aller Cou­leur‘, ja alle Fein­de der hl. Kir­che, wür­den sich freu­en, „na, gebt ihr’s jetzt end­lich zu, seht ihr’s nun end­lich sel­ber ein, daß eure Leh­re von Anfang an Unfug war …?“ – und dem (min­de­stens) agno­sti­schen „Super-Öku­me­nis­mus“ stün­de nichts mehr im Wege. Muß man am Ende gar ver­mu­ten, daß man­che der ‚Prot­ago­ni­sten‘ die­se Kon­se­quenz nicht nur sel­ber sehen (und „bloß“ bil­li­gend inkauf neh­men), son­dern dies womög­lich sogar … bewußt anstreben??

      • Ver­ehr­ter GW, lei­der ist heu­te mor­gen die Zeit etwas knapp. Sie wer­fen da eine sehr inter­es­san­te Fra­ge auf, denn die histo­risch-kri­ti­sche Metho­de, die sich ja aus der Auf­klä­rung her­lei­tet, setzt von ihrem Grund­prin­zip die Annah­me etsi Deus non dare­tur vor­aus. Wie der von mir oben zitier­te Rohr­mo­ser dar­legt, kommt man in die Theo­lo­gie eben nur über einen „Sal­to des Intel­lekts“ hin­ein. Glau­be lässt sich nicht mit­tels der Metho­de der vor­aus­set­zungs­lo­sen Kri­tik bewei­sen. Hier bie­tet die Aus­ein­an­der­set­zung Hegels mit der kan­ti­schen Sub­jek­ti­vi­tät inter­es­san­te Ein­blicke. Hegel sieht genau die Pro­ble­ma­tik, die auch Sie hier beschrei­ben, denn die Ver­nunft­kri­tik Kants führt ja zu einem radi­ka­len Sub­jek­ti­vis­mus, in dem es Wahr­heit als objek­ti­ve Erkennt­nis nicht geben kann. Damit ver­fällt natür­lich auch der Glau­be an Gott einer radi­ka­len Kri­tik. Hegel ver­sucht die­ser Tota­li­tät der Sub­jek­ti­vi­tät dadurch zu ent­ge­hen, dass er die Geschicht­lich­keit des Erken­nens in die Kri­tik auf­nimmt und so die Tota­li­tät der Sub­jek­ti­vi­tät wie­der zurück­nimmt. Erkennt­nis ist nach Hegel ein geschicht­li­cher Voll­zug. Letzt­end­lich löst aber Hegel das von Ihnen beschrie­be­ne Pro­blem nicht, denn bei ihm ent­steht das spä­ter drin­gend gewor­de­ne Pro­blem, was wie­der­um unter Geschich­te im Sin­ne eines sinn­vol­len Pro­zes­ses zu ver­ste­hen ist. Hier ver­hält sich die Exi­sten­ti­al­phi­lo­so­phie ganz anders als die mar­xi­sti­sche Theo­rie oder der Positivismus.

      • Ergän­zung: Nietz­sche hat die End­kon­se­quenz der Erkennt­nis­kri­tik, so wie sie aus der Auf­klä­rung her­vor­ge­gan­gen ist, klar erkannt: „Wir haben Gott getö­tet“; zwar nicht wirk­lich, denn das gin­ge ja nicht, son­dern in unse­rem Bewusst­sein, dort ist Gott eli­mi­niert. Wie Nietz­sche rich­tig sieht, ist der moder­ne Mensch damit in eine abso­lu­te Fin­ster­nis sei­ner Exi­stenz zurück­ge­wor­fen. Sinn­erfah­rung ist, wo es kei­nen Gott im Bewusst­sein gibt, nicht mög­lich, da, wo die­se vom Sub­jekt noch behaup­tet wird, bleibt sie letzt­end­lich nur Schein, eine Illu­si­on. Die moder­ne vor­aus­set­zungs­lo­se Erkennt­nis­kri­tik führt, wo sie sich abso­lut setzt – und das muss sie – immer in die Ver­zweif­lung, in den Nihi­lis­mus. Nietz­sche zog die Kon­se­quenz und woll­te in der Über­stei­ge­rung des Sinn­lo­sen als Sinn­vol­les in der frei­en Selbst­set­zung die­ser Ver­zweif­lung ent­kom­men. Gelun­gen ist ihm dies schon des­halb nicht, weil eine freie Set­zung des Sub­jek­tes kei­nen Sinn schaf­fen kann, weil Sinn nur vom Sub­jekt erfah­ren wer­den kann. Nietz­sche ver­kürzt, um sein Kon­struk­ti­on zu ret­ten, Erfah­rung auf Macht und Lust. Lust hebt sich aber in der Erfül­lung immer wie­der auf und führt bei Über­stei­ge­rung zum Ekel, den Nietz­sche als Welt­ekel dann auch klar emp­fun­den hat. 

        Ent­schei­dend ist, dass Gott eben nicht tot im Sin­ne des Nicht­exi­sten­ten ist, son­dern es sich um einen Bewusst­seins­akt han­delt, eine freie Set­zung also. Wo das Bewusst­sein die­sen Selbst­voll­zug des „Gott Tötens“ abweist, bleibt der Glau­be intakt und die Erkennt­nis als nicht ver­kürz­te eben­falls.. Es ist die Ver­ab­so­lu­tie­rung der sub­jek­tiv gefass­ten Ver­stan­des­ab­strak­ti­on, die seit der Auf­klä­rung immer wei­ter in die Sack­gas­se des Nihi­lis­mus geführt hat. Die Erfah­rungs­ebe­ne, auf der sich ein Erken­nen Got­tes erst her­stel­len kann, ist nicht die abstrak­te Logik unse­res Ver­stan­des. Es ist die Lie­be, die uns Gott erken­nen lässt, die­se wird aber vom moder­nen Bewusst­sein eben­so im Den­ken eli­mi­niert, wie Gott auch, denn sie wird auf eine blo­ße Kör­per­funk­ti­on redu­ziert, was sie wesen­haft völ­lig verkennt.

      • Dan­ke, ver­ehr­ter @ Sua­rez für die schnel­le Ant­wort an den ver­eh­reten @ GW, der die rea­len Kon­se­quen­zen aus einer ideo­lo­gisch gesteu­er­ten „histo­risch-kri­ti­schen“ Bibel­wis­sen­schaft unter dem Dik­tat der auf­ge­klärt-dei­sti­schen Spät­da­tie­rung von 20 der 27 Schrif­ten des Neu­en Testa­ments rich­tig sieht. Aus mei­ner umfäng­li­che­ren Ver­si­on mei­nes Rund­schrei­bens möch­te ich Ihre Befürch­tun­gen, @ ver­ehr­ter GW, durch ein Text­bei­spiel belegen:
        In wel­che Sack­gas­se pro­te­stan­ti­sche und in deren Gefol­ge auch katho­li­sche Reform­theo­lo­gen bis hin­auf in höch­ste Kir­chen­krei­se, deren Speer­spit­ze gegen­wär­tig an der Fami­li­en­syn­ode in Rom teil­nimmt, gera­ten kön­nen, wenn sie sich spät­da­tie­ren­den Leben-Jesu-For­schern aus­lie­fern, lässt ein pro­mo­vier­ter, ehe­mals evan­ge­lisch-luthe­ri­scher Theo­lo­ge und nun­meh­ri­ger athe­isti­scher Ver­le­ger und Autor erken­nen, der mit einem Buch genau den von hl. Papst Pius X. pro­phe­zei­ten Weg vom Pro­te­stan­tis­mus über den Moder­nis­mus in den Athe­is­mus gegan­gen ist.
        Nach­dem ein Kom­men­ta­tor das Buch mit dem Unter­ti­tel „Wie die Chri­sten sich ihren Gott erschu­fen. Die Ent­zau­be­rung einer Welt­re­li­gi­on durch die wis­sen­schaft­li­che For­schung“ (2011, 3. Aufl. 2013) als radi­ka­le Außen­sei­ter­mei­nung ver­ris­sen hat­te, glaub­te sich der Autor per­sön­lich mit einer Gegen­dar­stel­lung ver­tei­di­gen zu müs­sen, die da lautet:
        „Die zen­tra­len Aus­sa­gen mei­nes Buches zum Leben Jesu stel­len eben kei­ne radi­ka­le Außen­sei­ter­mei­nung dar, son­dern sum­mie­ren die opi­nio com­mu­nis zu die­sem The­men­kreis. Es sind nicht mei­ne Erkennt­nis­se, ich brin­ge sie ledig­lich poin­tiert zur Spra­che. Und ich darf eine unvoll­stän­di­ge Liste hier mal anführen.
        Es ist in der neu­te­sta­ment­li­chen For­schung all­ge­mei­ne Mei­nung und kei­nes­wegs eine Rand­mei­nung, dass das Leben Jesu fast 30 Jah­re offen­bar unspek­ta­ku­lär war, dass er nicht in Beth­le­hem gebo­ren wur­de, son­dern dies eine theo­lo­gi­sche Kon­struk­ti­on ist, dass sei­ne Stamm­bäu­me eben­falls aus theo­lo­gi­schen Erwä­gun­gen erstellt wor­den sind, dass die Geburts­ge­schich­ten mit allen Details erfun­den wor­den sind, dass die Jung­frau­en­geburt eine spä­te theo­lo­gi­sche Kon­struk­ti­on ist, dass es kei­ne hei­li­gen drei Köni­ge, kei­nen Kin­der­mord und kei­ne Flucht nach Ägyp­ten gege­ben hat.
        Es gab kei­ne Dar­stel­lung des Kin­des im Jeru­sa­le­mer Tem­pel, erst recht kei­ne Wun­der des Got­tes­kin­des, wie sie in den (apo­kry­phen) Kind­heits­evan­ge­li­en erzählt wer­den. Johan­nes der Täu­fer darf wohl nicht als Ankün­di­ger von Jesus ver­stan­den wer­den, son­dern war eine Per­son aus eige­ner Kraft. Jesus hat sich bei ihm der Sün­der­tau­fe unter­zo­gen. Sei­ne Äuße­run­gen über Jesus waren jeden­falls wohl eher ver­hal­ten, die Äuße­run­gen Jesu dem Täu­fer gegen­über dage­gen meist über­schwäng­lich. Nicht weni­ge neh­men des­halb an, dass Jesus ein Schü­ler von Johan­nes war, wie er ja auch sei­ne Ver­kün­di­gung im Wesent­li­chen fort­ge­setzt hat. Es ist in der For­schung unbe­strit­ten, dass wir eine Bio­gra­phie Jesu nicht mehr erstel­len kön­nen und dass es erst Jahr­zehn­te nach sei­nem Auf­tre­ten zu erhal­te­nen schrift­li­chen Zeug­nis­sen über ihn gekom­men ist.
        Die Evan­ge­li­sten, damit ver­ken­nen Sie, aber auch vie­le ande­re, den tat­säch­li­chen Stand der For­schun­gen zum histo­ri­schen Jesus und zum frü­hen Chri­sten­tum, waren alle­samt kei­ne Augen­zeu­gen und auch kei­ne Jün­ger Jesu. Den Gesche­hens­zu­sam­men­hang (den Rah­men der Geschich­te Jesu) scheint erst der Evan­ge­list Mar­kus geschaf­fen zu haben, in dem er die umlau­fen­den Geschich­ten zu sei­nem Evan­ge­li­um verband.
        Es ist eben­so opi­nio com­mu­nis, dass vie­le der Wor­te Jesu nicht histo­risch sind, son­dern Erfin­dun­gen sei­ner spä­te­ren Gemein­de, dass es z.B. die Berg­pre­digt so nicht gege­ben hat (obwohl sich dar­in auch offen­bar histo­ri­sches Gut befin­det). Es ist völ­lig klar, dass dies beson­ders auf das Johan­nes­evan­ge­li­um zutrifft, das fast völ­lig eine Erfin­dung des Evan­ge­li­sten sein dürfte.
        Es ist wei­ter klar, dass die Wun­der Jesu zu einem nicht gerin­gen Teil aus der Umwelt, dem Hel­le­nis­mus, dem Alten Testa­ment (das es in die­ser Form damals noch nicht gab) und der jüdi­schen Über­lie­fe­rung auf ihn über­tra­gen wor­den sind. Pau­lus scheint noch kei­ne Wun­der Jesu gekannt zu haben, für ihn ist das Leben Jesu ein­fach nicht wich­tig. Sicher­lich wäre dies anders gewe­sen, hät­te er von Wun­dern gewusst.
        Auch geht die For­schung weit über­wie­gend davon aus, dass Jesus kei­ne neue Reli­gi­on grün­den woll­te, son­dern dass sein Wir­ken ganz aus dem Juden­tum her­aus begrif­fen wer­den muss, dass er sich nur gesandt sah „zu den ver­lo­re­nen Scha­fen des Hau­ses Isra­el“, dass er also an den Ange­hö­ri­gen ande­rer Völ­ker und Reli­gio­nen schlicht nicht inter­es­siert war. Man ist sich sicher, dass sei­ne Oppo­si­ti­on gegen die Pha­ri­sä­er eine spä­te­re, christ­li­che gefärb­te Sicht der Din­ge ist, dass das jüdi­sche Gesetz für ihn noch eine viel bedeu­ten­de­re Rol­le gespielt hat, als es Pau­lus und die sich auf ihn beru­fen­de Kir­che for­mu­lier­te. Die Anschau­un­gen Jesu und Pau­lus‚ sind viel­fach gegensätzlich.
        Es ist klar, dass die Urge­mein­de in Jeru­sa­lem sich noch Jahr­zehn­te an Gesetz und Beschnei­dung gehal­ten, und dass dies nur vor­stell­bar ist, wenn Jesus selbst dies so ange­ord­net hat. Es ist klar, dass das Vater-Unser-Gebet ein durch und durch jüdi­sches Gebet ist und mit dem Chri­sten­tum eigent­lich nichts zu tun hat. Die weit über­wie­gen­de Zahl der Neu­te­sta­ment­ler geht heu­te davon aus, dass sich Jesus nicht als Sohn Got­tes bezeich­net hat und auch nicht als Mes­si­as, son­dern dass ihm die­se Hoheits­ti­tel erst von der gläu­bi­gen Gemein­de bei­gelegt wor­den sind. In Fra­ge kommt höch­stens noch der Titel „Men­schen­sohn“, von dem aber nicht weni­ge mei­nen (hier aber eine rela­tiv gro­ße Mei­nungs­viel­falt), dass er die­sen Titel gar nicht auf sich selbst bezo­gen hat. Die Lei­dens­weis­sa­gun­gen gel­ten in der For­schung als kla­re vati­ci­nia ex even­tu, also als eben­falls nach­träg­lich eingefügt.
        Es ist für die For­schung eben­so klar, dass Jesus nicht als Gott oder als Gott­mensch auf­trat, son­dern als eine Art Wan­der­pre­di­ger, der in Über­ein­stim­mung mit gewis­sen Zeit­strö­mun­gen das Kom­men des Rei­ches Got­tes erwar­tet und ver­kün­digt hat. In die­ser Erwar­tung hat sich Jesus wie alle End­zeit­ver­kün­di­ger geirrt. Weder ist das Reich Got­tes gekom­men, noch ist er selbst wie­der­ge­kehrt, wie es sei­ne Gläu­bi­gen noch bis ins zwei­te Jahr­hun­dert erwar­tet hat­ten, ja noch bis heu­te erwar­ten. Sein Tod kam wohl eher unge­wollt und traf sei­ne Jün­ger unvor­be­rei­tet. Alt frei­lich sind die Bekennt­nis­for­meln, die von sei­ner Auf­er­ste­hung berich­ten, wobei die mei­sten Neu­te­sta­ment­ler am Anfang des Auf­er­ste­hungs­glau­bens Visio­nen sehen (die nicht unbe­dingt einen auf­er­stan­de­nen Leich­nam vor­aus­set­zen), von denen ein­zel­ne Jün­ger berich­tet haben und die dann offen­bar von ande­ren geglaubt wurden.
        Die Auf­er­ste­hungs­er­zäh­lun­gen gel­ten jedoch alle als kla­re Legen­den. Es ist in der For­schung eben­falls eine opi­nio com­mu­nis, dass die Chri­sto­lo­gie Jesu lang­sam gestei­gert wur­de, dass sei­ne Hoheit offen­bar anfangs zunächst in sei­ner behaup­te­ten Auf­er­ste­hung gese­hen, spä­ter dann schon in sei­ner Tau­fe ange­setzt, mit der Jung­frau­en­geburt wei­ter rück­da­tiert wur­de, und er im Johan­nes­evan­ge­li­um schließ­lich sogar als prae­exi­stent ange­se­hen wird. Für die For­schung ist wei­ter­hin klar, dass die spä­te­ren dog­ma­ti­schen Aus­schmückun­gen der Kir­che (Zweina­tu­renleh­re, Tri­ni­tät, Kreu­zestheo­lo­gie, Süh­ne­tod­vor­stel­lung, aber auch die Recht­fer­ti­gungs­leh­re, ganz zu schwei­gen von den Mari­en­dog­men etc.) erst recht kei­nen Anhalt im Leben Jesu haben und künst­li­che Gebil­de sind.….Diese unvoll­stän­di­ge Auf­li­stung, so wie sie hier steht, könn­te sicher von 90% der wis­sen­schaft­lich arbei­ten­den Neu­te­sta­ment­ler unter­schrie­ben werden“.
        Was hier der Ver­tei­di­ger sei­ner selbst zusam­men­ge­tra­gen hat, ist die Sum­me der Leben-Jesu-For­schung nach dem Stand von 2011. Sein „Glau­bens­be­kennt­nis“ lau­tet: „Die histo­ri­sche For­schung ist sich weit­ge­hend einig, dass der Jesus, wie ihn die Kir­chen ver­kün­di­gen und wie er teil­wei­se schon in der Bibel ver­kün­det wird, so nie­mals exi­stiert hat. Wie die Bibel das am mei­sten über­schätz­te Buch der Welt­li­te­ra­tur ist, dürf­te Jesus die am mei­sten über­schätz­te Per­son der Welt­ge­schich­te sein. Wer Jesus wirk­lich war und was man heu­te wis­sen­schaft­lich ver­ant­wort­bar über ihn sagen kann, soll des­halb … über ihn fest­ge­hal­ten werden.…..Die Wahr­heit des Chri­sten­tums ist prin­zi­pi­ell kei­ne Fra­ge des Glau­bens mehr, nichts, wofür man sich ent­schei­den kann oder auch nicht. Denn noch vor aller zu glau­ben­den Dog­ma­tik ist das Chri­sten­tum bereits durch die histo­ri­sche Vor­prü­fung gefal­len. Die histo­ri­sche For­schung hat die Fra­ge nach der Wahr­heit des Chri­sten­tums nach­hal­ti­ger gelöst als es Biblio­the­ken von Dog­ma­ti­ken je hät­ten tun können.…Das christ­li­che Para­dig­ma kann intel­lek­tu­ell ver­ant­wort­bar als erle­digt, die Fra­ge nach sei­ner Wahr­heit in nega­ti­vem Sin­ne als gelöst betrach­tet werden.….Die Kir­chen und ihre Dog­men sind jedoch, dies hat nicht zuletzt die histo­ri­sche For­schung gezeigt, gera­de­zu For­men der orga­ni­sier­ten Irra­tio­na­li­tät“( Vorwort).

        Wie nah damit Kar­di­nal Kas­per mit sei­nem nie wie­der­ru­fe­nen Dog­men-Bon­mot von 1972 und der For­de­rung nach einem Para­dig­men­wech­sel bei dem Ex-Theo­lo­gen und nun­mehr beken­nen­den Athe­isten liegt, müss­te ihm eigent­lich im Hin­blick auf den Ver­lauf der Syn­ode zu den­ken geben – es sei denn, der Wort­füh­rer der Kir­chen­re­for­mer will tat­säch­lich nur noch die äuße­re Form, nicht mehr die Glau­bens­sub­stanz der katho­li­schen Kir­che vor Scha­den bewah­ren. Daher kann man in die­sen Tagen nicht oft genug in Rich­tung der Refor­mer sagen: Der Weg, den ihr z.B. in Sachen Wie­der­ver­hei­ra­te­te Geschie­de­ne und Lebens­part­ner­schaf­ten Homo­se­xu­el­ler gehen wollt, führt die katho­li­sche Kir­che tat­säch­lich „vom Pro­te­stan­tis­mus über den Moder­nis­mus in den Athe­is­mus“ (Pro­phe­tie des hl. Papst Pius X. 1907).

      • Hoch­ver­ehr­ter Sophus, die Kon­se­quenz aus dem, was Sie hier zitie­ren, bringt doch schon Pau­lus auf den Punkt: 1 Kor 15,14 Ist aber Chri­stus nicht auf­er­weckt wor­den, dann ist unse­re Ver­kün­di­gung leer und euer Glau­be sinnlos.

        Wenn die­se histo­risch-kri­ti­sche Bibel­for­schung tat­säch­lich das bele­gen könn­te, was sie vor­gibt zu bele­gen, ohne es wirk­lich zu kön­nen, dann wäre der christ­li­che Glau­be in der Tat nicht mehr aufrechtzuerhalten.

        Was aber will dann noch ein Kar­di­nal Kas­per mit einer Barm­her­zig­keits­theo­lo­gie, die auf Sand gebaut hät­te, die ein Trug wäre?

        Soll die Insti­tu­ti­on Kir­che ledig­lich noch als Tar­nung die­nen, um eine dem christ­li­chen Glau­ben ent­ge­gen gesetz­te Ideo­lo­gie zu legitimieren?

        „Und in sol­cher Ein­stel­lung, die die Welt am eige­nen Begrei­fen und am Durch­schnitts­ver­stand einer Zeit misst, konn­te die Ver­hei­ßung Got­tes nur wie ein lee­rer Mythos erschei­nen. Vor Gott – für das Neue und Ande­re und Grö­ße­re Got­tes, das unse­re Mög­lich­kei­ten und Berech­nun­gen durch­bricht – war er stumm und taub, auch wenn er noch so fei­er­li­che Gebe­te in der Tem­pel­lit­ur­gie zu ver­rich­ten wuss­te. Aber ist er damit eigent­lich nicht unser aller Ver­tre­ter? Sind wir nicht auf eine sehr ähn­li­che Wei­se alle zusam­men nur taub­stumm vor Gott, ein­ge­fan­gen in unse­re All­tags­klug­heit, in den Geist des Jahr­hun­derts und begrenzt in das, was wir von daher für rich­tig und ver­steh­bar hal­ten? Ist es nicht so, dass auch unser theo­lo­gi­sches Tun, der Umgang mit vie­ler­lei Begrif­fen, oft wie ein Dis­put unter Taub­stum­men ist, wo von der Wirk­lich­keit die­ser Begrif­fe eigent­lich nichts ver­nom­men wird, wo nur lee­re Wort­hül­sen blei­ben? Und sind wir nicht auch in der Aus­le­gung der Hei­li­gen Schrift bei aller sorg­fäl­ti­gen Zer­glie­de­rung der Tex­te, bei aller histo­ri­schen und phi­lo­lo­gi­schen Gelehr­sam­keit oft tau­be Hörer, die von dem, was dar­in eigent­lich auf uns zutritt, nichts, aber auch nichts hören, son­dern im Vor­der­grund eines Wis­sens ver­blei­ben, das bis zum Geheim­nis Got­tes nicht heranreicht?…Nur wenn wir den Sprung wagen in den gemein­sa­men Glau­ben der gan­zen Kir­che, wenn wir wagen, in das vor­ge­ge­be­ne Wort ein­zu­tre­ten, dann kön­nen wir dar­in all­mäh­lich mit­re­den, mit­hö­ren und so auch ande­ren das Ohr öff­nen für das Geheim­nis Got­tes. Der Ver­stand allein, so wich­tig er sit – auch der Ver­stand eines Jahr­zehnts oder eines Jahr­hun­derts -, ist zu klein für Gott. Das Wort Got­tes braucht mehr. Es braucht den Aus­bruch aus der Klein­heit unse­rer Welt, den Mut, sich dem Gro­ßen des Glau­bens aller Jahr­hun­der­te mit dem Her­zen anzu­ver­trau­en.“ (Joseph Ratz­in­ger „Die Kir­che – In Chri­stus uni­ver­sa­les Sakra­ment des Heils“)

  12. Hoch­ver­ehr­ter @ Suarez !
    Die letz­ten der von Ihnen zitier­ten Sät­ze aus Joseph Ratz­in­gers Buch „Die Kir­che-“ möch­te ich durch ein Zitat Goe­thes beglei­ten las­sen, der es wagt, auch „für das vor­ge­ge­be­ne Wort einzutreten“:
    Ecker­mann hat aus dem letz­ten Gespräch mit Goe­the elf Tage vor des­sen Tod 1832 notiert: „Ich hal­te die Evan­ge­li­en alle vier für durch­aus echt; denn es ist in ihnen der Abglanz einer Hoheit wirk­sam, die von der Per­son Chri­sti aus­ging und die so gött­li­cher Art ist, wie nur je auf Erden das Gött­li­che erschie­nen ist. Fragt man mich, ob es in mei­ner Natur sei, ihm anbe­ten­de Ehr­furcht zu erwei­sen, so sage ich: Durch­aus! Ich beu­ge mich vor ihm als der gött­li­chen Offen­ba­rung des höch­sten Prin­zips der Sitt­lich­keit“. Goe­thes Text­erfah­rung bestä­tigt indi­rekt, dass in der Bibel­wis­sen­schaft Glau­be und Ver­nunft untrenn­bar zusam­men­ge­hö­ren müs­sen, um den inten­dier­ten Meta­s­inn der hei­li­gen Schrif­ten nicht zu ver­feh­len. Daher warnt Papst Bene­dikt XVI. mit Recht: „Der Glau­be ist selbst eine Wei­se des Erken­nens; ihn aus­schal­ten zu wol­len pro­du­ziert nicht die rei­ne Sach­lich­keit, son­dern ist die Set­zung eines Erkennt­nis­stand­or­tes, der eine bestimm­te Per­spek­ti­ve aus­blen­det und die zufäl­li­gen Bedin­gun­gen der gewähl­ten Sicht nicht mehr wahr­ha­ben will“. Das Grund­pro­blem der histo­risch-kri­ti­schen For­schung besteht in sei­nen Augen dar­in, dass in ihr die Erfah­rung des christ­li­chen Glau­bens nicht Quel­le der Erkennt­nis, son­dern Gegen­stand der For­schung ist, und der Glau­be damit auf der Ankla­ge­bank Platz neh­men muss. Wer nicht von der rea­len Ver­ein­bar­keit von Glau­ben und Ver­nunft aus­geht, begibt sich kon­se­quent in die Posi­ti­on des Unglau­ben­den und kri­ti­siert den Glau­ben. Dabei hän­gen sich kri­ti­sche, aber histo­risch meist nicht aus­ge­bil­de­te Exege­ten ein­strän­gig an äußer­li­che Wider­sprü­che in Tex­ten, datie­ren sie falsch, suchen nach Autoren und Ver­hält­nis­sen, unter denen sie zu ihren fal­schen Zeit­punk­ten ent­stan­den sein könn­ten und ver­stei­gen sich zu aben­teu­er­li­chen Hypo­the­sen. Der aus dem Juden­tum kon­ver­tier­te Münch­ner Phi­lo­soph Hen­ry Deku (1909–1993) sag­te dem­entspre­chend kurz und bün­dig: „Das Chri­sten­tum ist eine Erfah­rungs­re­li­gi­on – und Erfah­rungs­re­li­gio­nen kri­ti­siert man nicht!“ War­um wohl sonst wären alle apo­sto­li­schen Zeu­gen bis auf Johan­nes Zebedä­us nach der Tra­di­ti­on der Kir­che eines frü­hen, gewalt­sa­men Todes gestor­ben, wenn sie nicht für auf­grund ihrer Erfah­run­gen mit Jesus für Ihn öffent­lich Zeug­nis abge­legt hät­ten? Petrus, Andre­as, Jako­bus Alphä­us, Phil­ip­pus, Simon Zelo­tes und Bar­tho­lo­mä­us sind gekreu­zigt wor­den, Judas Thad­dä­us wur­de von Pfei­len durch­bohrt, der Her­ren­bru­der Jako­bus wur­de gestei­nigt, Tho­mas vom Speer durch­sto­ßen und Jako­bus Zebedä­us, Mat­thä­us und Pau­lus wur­den durch das Schwert hin­ge­rich­tet War­um ver­folg­te sie der Hass der Juden und Hei­den, wenn sie in deren Augen nichts für sie Bedroh­li­ches hin­ter­las­sen hät­ten? Das Bedroh­li­che waren für sie die Wor­te und Taten Jesu, sein Tod und sei­ne Auf­er­ste­hung, die sei­ne Jün­ger bezeugten.

    • Hoch­ver­ehr­ter @ Sophus !
      Goe­the sprach ja auch von der „herr­lich leuch­ten­den Natur“, also von der Welt als Schöp­fung nicht bloß eines ersten abstrak­ten Bewe­gers. Für Goe­the leuch­te­te in der Natur der Wil­le Got­tes, der Sinn allen Gewor­de­nen, über­all auf. Goe­the hat schon auf Grund sei­ner höchst emp­find­sa­men Anschau­ung klar erkannt, dass ein „Wis­sen“ ohne Gott eben das Wesent­li­che verfehlt.

      Wie wäre es, wenn Sie Ihre wirk­lich pro­fun­de Betrach­tung der Spät­da­tie­rung auch an das Forum Deut­scher Katho­li­ken schick­ten, damit die das auf ihre Inter­net­sei­te setzen.

    • Erst ein­mal vie­len Dank Ihnen bei­den, für Ihre aus­führ­li­chen Erläu­te­run­gen. Muß das erst­mal „ver­dau­en“ … es weht einen eise­kalt an, wenn man ver­sucht, sich in den ‚inne­ren Zustand‘ jenes Autors, jener ‚Auf­ge­klär­ten‘, jener so … armen Men­schen (ein ande­rer, irgend­wie pas­sen­de­rer Aus­druck fällt mir im Moment wirk­lich nicht ein), hin­ein­zu­ver­set­zen. Wenn man sich die gan­ze Trag­wei­te die­ser Erschüt­te­rung, die Kon­se­quen­zen für Kir­che und Welt, für unse­re Gegen­wart und Zukunft (wir spüren’s ja jetzt schon; und das ist erst der Anfang …), für die ein­zel­nen Men­schen und die gesam­te Gesell­schaft (der sog. ‚west­li­chen Wer­te­ge­mein­schaft‘), mal so rich­tig klar­zu­ma­chen ver­sucht. Das ist – grau­sam! Anders kann ich’s nicht benennen …
      … Nietz­sche gebührt immer­hin der Ver­dienst[???], sich getraut zu haben, das bis ans bit­te­re Ende kon­se­quent durch­zu­den­ken (im Ggs. wohl zu vie­len ‚Salon-Athe­isten‘); den­ke auch an sein Gedicht Die Krä­hen schrei’n. – Jetzt ver­ste­he ich immer bes­ser, wes­halb Sie, ver­ehr­ter Sua­rez, immer wie­der die­se … ja, ‚war­nen­den Wor­te Rich­tung Ver­nunft‘ aus­ge­spro­chen haben, natür­lich nicht, um der ‚Unver­nunft‘ das Wort zu reden, son­dern weil Sie die gan­ze Geschich­te, die Ent­wick­lung (min­de­stens) von der sog. ‚Auf­klä­rung‘ bis heu­te wohl inten­siv reflek­tiert haben und die Zusam­men­hän­ge viel bes­ser sehen (oder „ana­to­misch frei­prä­pa­riert“ haben), als z.B. ich selbst, der ich mich davor immer etwas „gedrückt“ hat­te (außer mal ‚Stö­rig lesen‘), weil es eben auch viel „Stoff“ ist, der da zu rezi­pie­ren ist (aber wohl nicht nur deshalb) …
      … im Letz­ten ver­steh ich’s nicht, die­se gan­ze Den­kungs­art, die­se Hal­tung ist mir so völ­lig wesens­fremd, obwohl ich von Hau­se aus ein „mathe­ma­tisch-ratio­na­ler, logisch-stu­rer Natur­wis­sen­schafts­mensch“ bin, egtl. von Kind an … nie auch nur auf die Idee gekom­men, daß etwa zwi­schen „mei­nem Che­mie-Kasten & Mikro­skop­chen“ und mei­nem Glau­ben auch nur der gering­ste Gegen­satz bestehen könn­te; bis heu­te nicht, im Gegen­teil (es kommt doch bei­des von Ihm – Der uns unse­ren Ver­stand gege­ben hat) … ich kapier’s ein­fach nicht [seufz] … na, „die“ wer­den sagen, ich sei ein­fach dumm & wür­de mir selbst etwas vor­ma­chen & nicht kon­se­quent wei­ter­den­ken … was ich für fei­er­li­chen Quatsch hal­te & punctum
      Tröst­lich übri­gens (s. jed. d. Anm.) eini­ge der („Ein-Stern-“) Rezen­sio­nen zu dem von Ihnen, ver­ehr­ter Sophus, zitier­ten ‚Werk­chen‘ (zu fin­den da, wo man eben … recht vie­le Leser­re­zen­sio­nen fin­den kann^^). Weiß nicht, ob mein Ein­druck trügt: daß gera­de ‚at the Fron­tiers of Phy­sics‘ das Ver­hält­nis zw. Theo­lo­gie und Natur­wis­sen­schaft (wie­der) erheb­lich viel ent­spann­ter ist, als in den ‚ange­wand­te­ren Berei­chen‘. Hier­zu noch ein Zitat von Wer­ner Hei­sen­berg: „Der erste Trunk aus dem Becher der Natur­wis­sen­schaft macht athe­istisch; aber auf dem Grund des Bechers war­tet Gott.“ – Noch’ne klei­ne all­gem. Lit.-Empfehlung zu die­sem The­men-Kom­plex: die Bücher von Paul Davies!

      • Anm.: Tröst­lich inso­fern, als man sehen kann, daß sich vie­le Men­schen eben doch nicht ver­wir­ren & täu­schen las­sen von Büchern von Leu­ten wie etwa auch Daw­kins oder Desch­ner, und mit guten Argu­men­ten kon­tern; erschreckend jedoch, wenn man sich ande­rer­seits klar­macht, wie popu­lär (und aggres­siv!!) der durch sol­che Mach­wer­ke ver­brei­te­te ‚Vul­gär-Athe­is­mus‘ doch (gewor­den) ist, wohl gera­de bei Men­schen mit eher gerin­gem histo­ri­schen, phi­lo­so­phisch-theo­lo­gi­schen und natur­wis­sen­schaft­li­chen Hin­ter­grund. Da, muß ich sagen, habe ich hohen mensch­li­chen Respekt z.B. vor vie­len US-Evan­ge­li­ka­len (ohne mich deren Ansich­ten jetzt anschlie­ßen zu wol­len, klar), die wirk­lich intel­lek­tu­ell kämp­fen und schrei­ben und publi­zie­ren und ver­su­chen, die (ver­führ­ten) Men­schen in einem guten Sin­ne ‚auf­zu­klä­ren‘, indem sie genau den Fin­ger in die Wun­den der oft genug nur pseu­do-wis­sen­schaft­li­chen „Argu­men­te“ der mili­tan­ten Athe­isten und Radikal-„Humanisten“ legen. Die „Kon­zils­kir­che“ scheint dage­gen jeg­li­chen Kampf völ­lig auf­ge­ge­ben zu haben; „man arran­giert sich eben“ …

      • … nein, nicht nur die US-Evan­ge­li­ka­len; son­dern eben auch Men­schen wie Sie, ver­ehr­ter Sophus! – Aber es bleibt eben den­noch der Ein­druck im Gro­ßen und Gan­zen, daß die­ses gesam­te, tja, ‚post­kon­zi­lia­re System‘ wirk­lich jeden gei­sti­gen Kampf, jede intel­lek­tu­el­le Aus­ein­an­der­set­zung völ­lig auf­ge­ge­ben hat (außer mit sich selbst!?) und alles nur noch zukle­i­stert und ver­klebt durch einen bil­li­gen, unred­li­chen, seich­ten, jeden Ver­stand belei­di­gen­den, rein emo­tio­na­len „Lieb­hab-Öku­me­nis­mus“, das mein­te ich; als sei da nicht nur nicht mehr der Wil­le, son­dern in wei­ten Tei­len auch gar nicht mehr der Ver­stand oder jeden­falls die Fähig­keit vor­han­den; was wie­der­um am gan­zen (auch kirch­li­chen, theo­lo­gi­schen) Bil­dungs­sy­stem liegt, nach all den „Refor­men“ und „Auf‑, bes­ser Abbrü­chen“, was aber wie­der ein ande­res mega-The­ma ist …

      • Ver­ehr­ter @ GM,
        erlau­ben Sie mir noch eini­ge Anmer­kun­gen zum Ver­hält­nis Auf­klä­rung und Glau­be. Vor­ab möch­te ich beto­nen, dass ich kei­nen grund­sätz­li­chen Wider­spruch von natur­wis­sen­schaft­li­chem Erken­nen und Glau­be sehe. Unse­re auf sinn­li­che Erfah­rung beru­hen­de Erkennt­nis gerät dann in die schie­fe Ebe­ne, die den Men­schen in den Abgrund gera­ten lässt, wenn sie des Glau­bens erman­gelt und sich der Ver­stand, die Ver­nunft, auto­nom setzt. Es ist die von der Auf­klä­rung ins Werk Eman­zi­pa­ti­on vom Wil­len Got­tes, die die See­le des Men­schen ver­dirbt. Der Aus­ruf des „tol­len Men­schen“ bei Nietz­sche: „Wir haben Gott getö­tet“, rich­tet sich ja auf die Tat, nicht auf das Fak­tum. Die Tat ist aber immer ver­ur­sacht vom Wil­len. Die Mensch­heit hat in und durch die Auf­klä­rung Gott aus dem Bewusst­sein gelöscht, nicht als ohn­mäch­ti­gen Akt, als blo­ßes Gesche­hen, son­dern als bewuss­te Tat, indem sich der Mensch auto­nom setzt. Damit hat sich der moder­ne Mensch selbst das Gericht zuge­zo­gen, wie es Nietz­sche auch sehr genau gese­hen hat.

        In sei­nem Buch „Der Herr. betrach­tun­gen über die Per­son und das Leben Jesu Chri­sti“ hebt Roma­no Guar­di­ni in wirk­lich unein­hol­ba­rer Ein­dring­lich­keit her­vor: „Man hat gesagt, als Jesus fühl­te, daß Er mit sei­ner Bot­schaft nicht durch­kam, habe Er sich ins Unfaß­li­che geret­tet. Indem Er auf eine Macht hoff­te, die Er in geheim­nis­vol­ler Zukunft emp­fan­gen soll­te, habe Er sei­ne tat­säch­li­che Ohn­macht über­sprun­gen… Dar­auf wäre man­ches zu erwi­dern. Vor allem, welch ober­fläch­li­cher Psy­cho­lo­gis­mus das trotz allen Scharf­sinns ist. Aber hier liegt nicht das Ent­schei­den­de, son­dern alles kommt auf die Fra­ge hin­aus: »Was dünkt dich von Chri­stus?« (Mt 16,15) Wenn wir Ihn für einen blo­ßen Men­schen hal­ten; für ein reli­giö­ses Genie, und sei es das gewal­tig­ste, dann sind sei­ne Wor­te ohn­mäch­ti­ge Phan­ta­stik, und was vom »Glau­ben Jesu« gere­det wird und vom Glau­ben derer, die an Ihn glau­ben, miß­braucht das Wort. Erken­nen wir aber in Ihm den wirk­li­chen Sohn Got­tes, des Schöp­fers und Herrn, dann steht uns nicht zu, über sei­ne Wor­te zu urtei­len, weil es kei­nen Maß­stab gibt, von dem aus wir urtei­len könn­ten; weder einen natur­wis­sen­schaft­li­chen, noch einen geschicht­li­chen, noch einen reli­giö­sen. Sei­ne Wor­te sind der Maßstab…
        In die­sem Glau­ben müs­sen wir uns üben – und in der Furcht Got­tes. Den Unter­gang der Welt und das Gericht dür­fen wir nicht als etwas anse­hen, das weit weg liegt, son­dern als eine Mög­lich­keit, die neben uns her­geht. Nicht als das mythi­sche Ereig­nis am fer­nen Ende, son­dern als die Dro­hung, die sich vom Zor­ne Got­tes her auf uns rich­tet. Wir ste­hen nicht in einem gesi­cher­ten bio­lo­gi­schen, geschicht­li­chen, gei­sti­gen Gan­zen, das unan­greif­bar sei­nen Weg näh­me und über wel­chem, unschäd­lich abge­dich­tet, das reli­giö­se Geheim­nis Got­tes hin­ge, son­dern unter der Mög­lich­keit des Gerich­tes, so wie Jeru­sa­lem dar­un­ter gestan­den hat und wie die Welt als Gan­zes dar­un­ter steht. Erst wenn der Schutz, den die unmit­tel­ba­re Wirk­lich­keit mei­nem stump­fen Sinn zu geben scheint, auf­ge­lockert und mir Got­tes Dro­hung zu einer Wirk­lich­keit wird, bin ich im vol­len, bibli­schen Sin­ne glaubend.
        Das Den­ken der Neu­zeit hat das alles ver­drängt. Ihr Mensch steht nicht mehr unter der Furcht Got­tes. Er nimmt die­se mora­lisch, oder im Sin­ne einer unbe­stimm­ten Scheu, nicht aber als das, was sie ist: das Dro­hen des hei­li­gen Zor­nes, der mäch­ti­ger ist als die Stadt Jeru­sa­lem und mäch­ti­ger als die Welt. So wird der Christ sich auch hier »üben« müs­sen; zum Bewußt­sein davon erzie­hen, wie die Din­ge vom Glau­ben her stehen.

      • Forts.

        Guar­di­ni rückt hier einen ganz wich­ti­gen Aspekt des Glau­bens ins Bewusst­sein; das Gericht.

        Die Auf­klä­rung hat über­all sicht­bar, man neh­me nur mal die heu­ti­gen For­men der „Unter­hal­tung“, zu einer völ­li­gen Tri­via­li­sie­rung mensch­li­cher Exi­stenz geführt, sie hat den Men­schen tat­säch­lich ent­mün­digt und zu einem Spiel­ball der Trie­be wer­den las­sen. Wo das Bewusst­sein des Höhe­ren aus­fällt, redu­ziert sich der Mensch auf das Tier­haf­te. Statt zu einem sitt­li­chen Wesen zu wer­den, fällt der moder­ne Mensch wie­der in den Zustand des Bar­ba­ren zurück. 

        Die Aus­gren­zung der Meta­phy­sik aus der „vor­aus­set­zungs­lo­sen“ Wis­sen­schaft führt in die Irre, denn die „vor­aus­set­zungs­lo­se“ Wis­sen­schaft begrün­det sich von einer mora­li­schen Vor­aus­set­zung, die nur im meta­phy­si­schen begrün­det wer­den kann, näm­lich von dem meta­phy­si­schen Glau­ben, dass die Wahr­heit ein Wert sei. 

        Nietz­sche hat dies klar in sei­ner Genea­lo­gie zur Moral erkannt: „Nein! Man kom­me mir icht mit der Wis­sen­schaft, wenn ich nach dem natür­li­chen Ant­ago­ni­sten des aske­ti­schen Ide­als suche, wenn ich fra­ge: ‚wo ist der geg­ne­ri­sche Wil­le, in dem sich sein geg­ne­ri­sches Ide­al aus­drückt? Dazu steht die Wis­sen­schaft lan­ge nicht genug auf ich sel­ber, sie bedarf in jedem Betrach­te erst eines Werth-Ide­als, einer wert­he­schaf­fen­den Macht, in deren Dien­ste sie an sich sel­ber glau­ben darf, – sie selbst ist nie­mals wert­he­schaf­fend. Ihr Ver­hält­nis zum aske­ti­schen Idea­list an sich durch­aus noch nicht ant­ago­ni­stisch; sie stellt in der Haupt­sa­che sogar eher noch die vor­wärts­trei­ben­de Kraft in des­sen inne­rer Aus­ge­stal­tung dar. Ihr Wider­spruch und Kampf bezieht sich, fei­ner geprüft, gar nicht auf das Ide­al selbst, son­dern nur auf des­sen Außen­wer­ke, Ein­klei­dung, Mas­ken­spiel, auf des­sen zeit­wei­li­ge Ver­här­tung, Ver­hol­zung, Ver­dog­ma­ti­sie­rung – sie macht das Leben in ihm wie­der frei, indem sie das Exo­te­ri­sche an ihm ver­neint. Die­se Bei­den, Wis­sen­schaft und aske­ti­sches Ide­al, sie ste­hen ja auf einem Boden – ich gab dies schon zu ver­ste­hen -: näm­lich auf der glei­chen Über­schät­zung der Wahr­heit (rich­ti­ger: auf dem glei­chen Glau­ben an die Unab­schätz­bar­keit, Unkri­ti­sier­bar­keit der Wahr­heit), eben damit sind sie sich not­hwen­dig Bun­des­ge­nos­sen, – so daß sie, gesetzt, daß sie bekämpft wer­den, auch immer nur gemein­sam bekämpft und in Fra­ge gestellt wer­den kön­nen.“ (Zur Genea­lo­gie der Moral)

        Die Auf­klä­rung wan­del­te sich, wie es Th.W.Adorno und Hork­hei­mer in der „Nega­ti­ven Dia­lek­tik“ fest­stel­len, in den abso­lu­ten Betrug der Men­schen. Erst wo sie in letz­ter Radi­ka­li­tät ihre eige­nen Denk­vor­aus­set­zun­gen reflek­tiert, wird dem abstrak­ten Den­ken bewusst, dass die Auf­klä­rung von ihrem Grun­de her Schein ist und nur in den Nihi­lis­mus füh­ren kann. Der Posi­ti­vis­mus irrt, nicht der christ­li­che Glau­be, der am Sinn­haf­ten fest­hält. Nur wo es Sinn gibt, kann es auch das Gericht geben. Wir haben uns aber dar­an gewöhnt, den Phra­sen der Auf­klä­rung zu glau­ben(!) und sehen nur die mit ihr ein­her­ge­hen­den tech­ni­schen Errungenschaften.

  13. Hoch­ver­ehr­ter @ Suarez! 

    Ich dan­ke Ihnen für den Hin­weis auf die Mög­lich­keit, die Kurz­form mei­nes Rund­brie­fes (7 Sei­ten) auch dem Forum deut­scher Katho­li­ken zur Ein­stel­lung in deren Inter­net zuzu­sen­den. Die Lang­form (32 Sei­ten), die in erster Linie für die deutsch­spra­chi­gen Bischö­fe, für maß­geb­li­che Syn­od­al­teil­neh­mer und wei­te­re Kir­chen­ver­tre­ter bestimmt ist, hat das Forum erhal­ten. Zum Ein­stel­len in des­sen Inter­net für eine brei­te­re Öffent­lich­keit dürf­te sie sich aller­dings nicht eig­nen – die Kurz­form sehr wohl!
    Die Lang­form mei­nes State­ments zur Ordent­li­chen Welt­bi­schofs­syn­ode 2015 zu Ehe und Fami­lie ist unter dem Titel „Got­tes­wort gegen Men­schen­wort“ bis­her von mir an fol­gen­de Adres­sa­ten* gemailt worden:

    1. An
    die Apo­sto­li­sche Nun­tia­tur Berlin*
    mit der Bit­te um Kennt­nis­nah­me und Wei­ter­ga­be an
    Sei­ne Hei­lig­keit Papst Franziskus
    Sei­ne Hei­lig­keit Papst em. Bene­dikt XVI.
    S.Em. Erz­bi­schof Georg Gänswein
    S.Em. Kuri­en­kar­di­nal Lud­wig Ger­hard Müller
    S.Em. Kar­di­nal Ray­mond Burke
    S.E. Bischof Franz-Peter Tebartz – van Elst emeritus
    S.Em. Erz­bi­schof Rein­hard Kar­di­nal Marx
    S.Em. Kuri­en­kar­di­nal em. Wal­ter Kasper
    das Päpst­li­che Sekre­ta­ri­at zur Welt­bi­schofs­syn­ode 2015

    2. An
    die Apo­sto­li­sche Nun­tia­tur Wien*
    die Apo­sto­li­sche Nun­tia­tur Bern*
    die Deut­sche Bischofskonferenz*
    S.Em. Erz­bi­schof Rein­hard Kar­di­nal Marx*
    S.E. Franz-Josef Bode von Osnabrück*
    S.E. Hei­ner Koch von Dresden-Meißen*
    S.Em. Erz­bi­schof Chri­stoph Kar­di­nal Schönborn*
    S.Em. Erz­bi­schof Wolf­gang Haas von Vaduz*
    S. E. Bischof Mar­kus Büchel von Gallen*
    S.E. Bischof Vitus Huon­der von Chur*
    S.Em. Erz­bi­schof Ste­phan Bur­ger von Freiburg*
    S.E. Bischof Ste­fan Oster von Passau*
    S.E. Bischof Gre­gor Maria Han­ke von Eichstätt*
    S.E. Bischof Voder­hol­zer von Regensburg*
    S.E. Bischof Kon­rad Zdar­sa von Augsburg *
    S.E. Bischof em. Wal­ter Mixa von Augsburg*
    S.E. Weih­bi­schof Man­fred Gro­the, Admin. von Limburg*
    S.Em. Erz­bi­schof Lud­wig Schick von Bamberg*
    S.Em. Bischof Karl Kar­di­nal Leh­mann von Mainz*
    S.E. Bischof Geb­hard Fürst von Rottenburg-Stuttgart*
    S.E. Bischof Karl-Heinz Wie­se­mann von Speyer*
    S.E. Bischof Ste­phan Acker­mann von Trier*
    S.E. Bischof Fried­helm Hof­mann von Würzburg*
    S.Em. Erz­bi­schof Rai­ner Maria Kar­di­nal Woel­ki von Köln*
    S.Em. Erz­bi­schof Hans-Josef Becker von Paderborn*
    S.E. Bischof Hein­rich Mus­sing­hoff von Aachen*
    S.E. Bischof von Nor­bert Trel­le von Hildesheim*
    S.E. Bischof Franz-Josef Over­beck von Essen*
    S.E. Bischof Heinz-Josef Alger­mis­sen von Fulda*
    S.E. Bischof Felix Genn von Münster*
    S.Em. Erz­bi­schof N.N. von Berlin*
    S.Em. Erz­bi­schof Ste­fan Heße von Hamburg*
    S.E. Bischof Ulrich Ney­meyr von Erfurt*
    S.E. Bischof von Wolf­gang Ipolt Görlitz*
    S.E. Bischof Ger­hard Fei­ge von Magdeburg*
    mit der Bit­te um Kennt­nis­nah­me und Infor­ma­ti­on Ihrer Weihbischöfe
    S.E. Weih­bi­schof Jasch­ke – Hamburg*

    3. An
    das Forum Deut­scher Katholiken*
    das Zen­tral­ko­mi­tee der Deut­schen Katholiken*
    Hw. Herrn Pfar­rer Dr. Gui­do Rod­heudt, Herzogenrath*
    das Netz­werk katho­li­scher Priester*
    Die Tagespost*
    das Liech­ten­stei­ner Volksblatt*
    das Inter­net­fo­rum katho​lisch​.de*
    das Inter­net­fo­rum familie@​kath.​net.*
    das Inter­net­fo­rum katho​li​sches​.info*
    den fe-Verlag*
    das Por­tal zur katho­li­schen Geisteswelt*
    glo​ria​.tv*
    Familienbund*
    Diö­ze­san­rat Bamberg*
    Sekre­ta­ri­at ZdK (Herrn Vesper)*
    Herrn Mon­si­gno­re Franz Schle­gel, Wien
    Herrn Pfarr­ad­mi­ni­stra­tor Josef Steindl­mül­ler, St. Peter und Paul Olching
    Herrn Dekan Albert Bau­ern­feind, Fürstenfeldbruck
    Herrn StD Franz Eichi­ner, Gröbenzell*
    Herrn Chri­sti­an Weis­ner, Wir sind Kir­che, Dachau*
    die Münch­ner Kirchenzeitung*
    Herrn Mar­co Schnei­der (Eich­stät­ter Kurier)
    Herrn Pro­fes­sor Dr. Hans Trem­mel, Diö­ze­san­rats­vor­sit­zen­der München-Freising*

    4. an
    – die Pol­ni­sche Bischofskonferenz*
    – die Gesell­schaft Jesu* mit der Bit­te um Kenntnisnahme,
    – Pater Hagen­kord SJ*
    – S.Em Erz­bi­schof Car­lo Kar­di­nal Caf­farra von Bologna
    – die Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on* z.Hd. von Herrn Kuri­en­kar­di­nal Ger­hard Lud­wig Müller
    mit der Bit­te um Kennt­nis­nah­me und Weitergabe
    an
    Sei­ne Hei­lig­keit Papst Franziskus
    Sei­ne Hei­lig­keit Papst Bene­dikt XVI. emeritus
    S.Em. Erz­bi­schof Georg Gänswein
    S.Em. Kar­di­nal Ray­mond Burke
    S.Em. Kuri­en­kar­di­nal Wal­ter Kas­per emeritus
    S.E. Bischof Franz-Peter Tebartz – van Elst emeritus
    – das Päpst­li­che Sekre­ta­ri­at zur Welt­bi­schofs­syn­ode 2015
    mit der Bit­te um Kenntnisnahme.

    Für Ihre Kurz­ana­ly­se von Goe­thes Got­tes­vor­stel­lung als Schöp­fer der Natur aller­herz­lich­sten Dank. Die Erfah­rung der Natur war für Goe­the mit einer exi­sten­ti­el­len Got­tes­er­fah­rung ver­bun­den. Daher sei­ne Lie­be zum Beson­de­ren der klei­nen und klein­sten Erschei­nun­gen in der Natur, von denen er erst ins All­ge­mei­ne der Schö­pung schloss.

  14. Schluss­be­mer­kung zum Rund­brief in Kurzform!
    Mein Glau­be und mei­ne geschichts- und lite­ra­tur­wis­sen­schaft­li­che Text­erfah­rung lie­ßen mich über­zeugt blei­ben, dass die im Kern histo­risch wah­ren neu­te­sta­ment­li­chen Zeug­nis­se aus dem jüdi­schen Umfeld der Apo­stel und der Fami­lie Jesu stam­men müs­sen. Es galt daher zu beweisen,
    – dass die evan­ge­lisch-luthe­ri­sche Spät­da­tie­rung kon­fes­si­ons­po­li­ti­sche Wur­zeln hat und
    gegen das Selbst­ver­ständ­nis der römisch-katho­li­schen Kir­che gerich­tet ist,
    – dass die Ent­ste­hungs­ge­schich­te der Evan­ge­li­en und der Apo­stel­ge­schich­te als früher,
    zeit­lich par­al­lel zu den apo­sto­li­schen Brie­fen ablau­fen­der, kommunikativ-vernetzter
    Pro­zess begreif­bar ist,
    – dass an die­sem Pro­zess die nament­lich bekann­ten Evan­ge­li­sten und Brie­fe­schrei­ber unter
    wech­sel­sei­ti­ger Hil­fe­stel­lung, Bera­tung und Ein­fluss­nah­me betei­ligt gewe­sen sind,
    – dass dies in text­im­ma­nen­ten Kom­mu­ni­ka­ti­ons­zu­sam­men­hän­gen nach­weis­bar ist, die
    kei­ne neu­en Fra­gen auf­wer­fen, son­dern Ant­wor­ten auf die alten geben.
    – dass es not­wen­dig ist, die neu­te­sta­ment­li­chen Schrif­ten nicht ein­zeln und unabhängig
    von­ein­an­der zu befra­gen, son­dern von der auf­ein­an­der abge­stimm­ten Ganz­heit der Frohen
    Bot­schaft aus­zu­ge­hen, die als kano­ni­sier­ter Text­ver­bund in grie­chi­scher Spra­che vorliegt.
    Heu­te kann ich fest­stel­len: Der pro­te­stan­tisch-anti­rö­mi­sche Kon­sens über die Spät­da­tie­rung der Evan­ge­li­en und wei­te­rer 16 Schrif­ten des Neu­en Testa­ments, die­se Grund­la­ge für alle wei­ter­rei­chen­den Annah­men und Ablei­tun­gen der libe­ra­len Theo­lo­gie aus der Leben-Jesu-For­schung, ist falsch. Viel­mehr ent­spricht die Früh­da­tie­rung der histo­ri­schen Wahr­heit, wie sie das Lehr­amt der katho­li­schen Kir­che in Über­ein­stim­mung mit der früh­kirch­li­chen Über­lie­fe­rung bis­her immer ver­tre­ten hat. Unter der Prä­mis­se der Früh­da­tie­rung gibt es eine kom­ple­xe Lösung der syn­op­ti­schen Fra­ge, der sich Apo­stel­ge­schich­te, Johan­nes­evan­ge­li­um, Pau­lus­brie­fe und katho­li­sche Brie­fe pro­blem­los zuord­nen las­sen und die ein stim­mi­ges Bild vom ver­netz­ten Ent­ste­hungs­pro­zess der neu­te­sta­ment­li­chen Schrif­ten zwi­schen 42 und 65 ergibt – die Gehei­me Offen­ba­rung des Johan­nes vor­erst aus­ge­nom­men. Das ist Gegen­stand des ersten Band mei­nes Buches. Der zwei­te Band befasst sich mit der durch die Spät­da­tie­rung aus­ge­lö­sten Glaubenskrise.

    • Hoch­ver­ehr­ter @ Sophus,
      sicher nicht nur ich bin sehr beein­druckt, von dem, was Sie hier in kom­pri­mier­ter Form, dar­le­gen. Ich sehe aber wei­ter­hin ein grund­le­gen­des Pro­blem: Das Erken­nen von Wahr­heit ist immer abhän­gig vom Wil­len. Man könn­te über­spritzt auch sagen, Wahr­heits­su­che ist ein Wil­lens­akt, den man voll­zie­hen oder dem man sich, aus ver­schie­de­nen Grün­den, ver­wei­gern kann.

      Wenn ich mir die The­sen von Wal­ter Kar­di­nal Kas­per zur Barm­her­zig­keit anschaue, sein ver­kürz­tes Ver­ständ­nis von der Authen­ti­zi­tät des Glau­bens als Offen­ba­rung Got­tes, dann hege ich ern­ste Zwei­fel, ob bei Kas­per und sei­nen Anhän­gern der Wil­le zur Wahr­heit nicht durch ideo­lo­gi­sche Blocka­den lahm­ge­legt ist. Kas­per schei­tert schon dar­an, dass er die letz­te Kon­se­quenz aus sei­nen The­sen nicht zie­hen will, denn dann müss­te er, wie der von Ihnen oben zitier­te Autor des Buches mit dem Unter­ti­tel „Wie die Chri­sten sich ihren Gott erschu­fen. Die Ent­zau­be­rung einer Welt­re­li­gi­on durch die wis­sen­schaft­li­che For­schung“, zum Athe­isten wer­den. Kar­di­nal Kas­per will aber den Schein erhal­ten und ver­schüt­tet den Glau­ben nur um so gründ­li­cher. Von sei­ner Gei­stes­kraft soll­te es einem Mann wie Kar­di­nal Kas­per ein Leich­tes sein, die offen zuta­ge lie­gen­den Wider­sprü­che in sei­nen The­sen auch als sol­che zu erken­nen, nur scheint ihm hier­zu jeg­li­cher Wil­le zu fehlen.

      Die Kir­che wird zuneh­mend zumin­dest in unse­ren Brei­ten zum gesell­schaft­li­chen Funk­ti­ons­trä­ger, mit varia­blen sozia­len Inhal­ten. Sie wird so redu­ziert auf eine schein­haf­te Wohl­fühl­ein­rich­tung, in der man eine restrik­ti­ve Gesel­lig­keit pflegt, die das Sakra­le in den Schla­ger von Det­lef Jöcker auflöst.

      • Hoch­ver­ehr­ter @ Suarez
        Sie haben völ­lig recht! Wo ein Wil­le ist, ist auch ein Weg – der stei­ni­ge, der zur Wahr­heit führt, aber auch der abschüs­si­ge zur bewuss­ten theo­lo­gisch ver­bräm­ten Lüge. So war die Wahr­heit über die Ent­ste­hung des Neu­en Testa­ments, wie ich sie bis dahin kann­te, eine ande­re als die, wel­che Rudolf Aug­stein im Spie­gel – Leit­ar­ti­kel Nr. 21 vom 25. Mai 1999 unter dem Titel: „2000 Jah­re danach – Was bleibt von Jesus Chri­stus? Über den Mythos, der die Welt präg­te“ im aggres­si­ven Ton­fall eines öffent­lich bestell­ten Anklä­gers in eige­ner Sache zur Neu­auf­la­ge sei­nes Buches „Jesus Men­schen­sohn“ zur Buch­mes­se 1999 ver­brei­tet hat­te. In dem Arti­kel hat­te er „Ergeb­nis­se“ und „Erkennt­nis­se“ aus der pro­te­stan­tisch-libe­ra­len Leben-Jesu-For­schung mit per­sön­li­chen Res­sen­ti­ments zu einer pro­vo­kan­ten Mischung von Ansich­ten und Mut­ma­ßun­gen in der Mas­ke gesi­cher­ter For­schung gegen die katho­li­sche Kir­che ver­mischt und mir erst­mals einen Ein­druck von dem ver­mit­telt, was „libe­ra­le“ Exege­se ist, will und zu wis­sen vor­gibt, wie sie auf­tritt, gegen wen sie gerich­tet ist und wie lust­voll sie ver­mark­tet wird. Erst jetzt erkann­te ich die gan­ze Trag­wei­te der Spät­da­tie­rung der Evan­ge­li­en, denn mit ihr war es einer auf Mar­tin Luthers Recht­fer­ti­gungs­leh­re fixier­ten Bibel­wis­sen­schaft gelun­gen, aus dem vier­ge­stal­tig über­lie­fer­ten Zeug­nis der Apo­stel über die Selbst­of­fen­ba­rung Got­tes in Jesus Chri­stus, eine post­a­po­sto­lisch auf­zu­fas­sen­de Kom­pi­la­ti­on unbe­kann­ter hel­le­ni­sti­scher Autoren zu machen und so Got­tes Wort zum unver­bind­li­chen Men­schen­wort zu erklären.

        Auf den Sei­ten 216–233 des Leit­ar­ti­kels refe­rier­te Rudolf Aug­stein aus der libe­ra­len Leben-Jesu-For­schung, wenn er u.a. behauptet,
        – dass Jesus weder ein Abend­mahl gestif­tet, weder sei­nen Tod, noch sei­ne Auferstehung
        vor­aus­ge­sagt, noch Sün­den ver­ge­ben, noch eine Voll­macht dazu erteilt habe;
        – dass Jesus sei­nen Jün­gern auch nicht das Kom­men und den Bei­stand des Hei­li­gen Geistes
        ver­spro­chen habe;
        – dass Jesus nicht am Kreuz dar­an gedacht habe, für die Mensch­heit zu ster­ben und mit
        sei­nem Tod alle zu erlösen.
        – dass Jesus die Kir­che nicht grün­den woll­te und daher die­se sich fra­gen las­sen müs­se, woher
        sie ihre Auto­ri­tät beziehe.
        Anstatt die Wahr­heit über den leben­di­gen Gott in den apo­sto­lisch bezeug­ten Schrif­ten zu ver­tie­fen und erfahr­bar wer­den zu las­sen, wird von libe­ra­len Theo­lo­gen das in die Welt gespro­che­ne Wort Got­tes durch Spät­da­tie­rung rela­ti­vier­bar gemacht und kann damit nach Belie­ben gegen die Kir­che instru­men­ta­li­siert wer­den. Die katho­li­sche Kir­che sieht sich von der ver­stö­ren­den Auf­fas­sung bedrängt, Jesus habe kei­ne Kir­che grün­den wol­len, und die seit fast 2000 Jah­ren bestehen­de, die es so gar nicht geben dürf­te, sei das Pro­dukt der Tra­di­ti­on – der früh­ka­tho­li­schen Kirche!
        Gegen Schluss des Arti­kels stell­te Aug­stein in logi­scher Kon­se­quenz die Fra­ge nach der Auto­ri­tät der Kir­che, die sich auf Jesus beruft, von dem man in Wahr­heit nichts wis­se. Die Ant­wort ergab sich aus dem Gesag­ten: Sie hat kei­ne! Das zu sagen und als „Wahr­heit“ zu ver­kau­fen, war sein Wil­le, der dem gan­zen Arti­kel zugrun­de lag.
        Seit­dem arbei­te ich dar­an, die­se „Wahr­heit“, der kein Katho­lik Glau­ben schen­ken kann, der nicht durch Hoch­schul­theo­lo­gie sei­nen Glau­ben ver­lo­ren hat, als Lüge zu entlarven.
        Dan­ke, ver­ehr­ter @GW, auch für Ihre Bei­trä­ge von glei­cher Wellenlänge.

      • Klei­ne Schluss­be­mer­kung meinerseits

        „In die­sem Glau­ben müs­sen wir uns üben – und in der Furcht Got­tes. Den Unter­gang der Welt und das Gericht dür­fen wir nicht als etwas anse­hen, das weit weg liegt, son­dern als eine Mög­lich­keit, die neben uns her­geht. Nicht als das mythi­sche Ereig­nis am fer­nen Ende, son­dern als die Dro­hung, die sich vom Zor­ne Got­tes her auf uns richtet.“

        Mögen alle Bischö­fe der Syn­ode die­se Wor­te Roma­no Guar­di­nis in ihrem Her­zen beden­ken. Auch der Hir­te, ja selbst der Papst als Nach­fol­ger des Apo­stels Petrus, ste­hen nicht außer­halb des Gerich­tes! Sie sind kei­ne Gott­heit, son­dern nur schwa­che, der Ver­su­chung aus­ge­setz­te Men­schen, die dem Ende ihrer Lebens­zeit wie jeder ande­re Mensch auch, entgegengehen. 

        Möge der Zorn Got­tes sich nicht auf sie und uns rich­ten, weil sie im Hoch­mut das gött­li­che Wort bei­sei­te gescho­ben haben.

      • Vie­len Dank Ihnen, ver­ehr­ter Sophus und ver­ehr­ter Sua­rez! Und möge das Schrei­ben von Sophus wei­te Ver­brei­tung fin­den und vor allem an ent­schei­den­der Stel­le nicht auf blin­de Augen sto­ßen, son­dern den Adres­sa­ten Sinn, Herz und Ver­stand öff­nen – für die ewi­ge Wahr­heit Chri­sti! – Muß mich in mei­nem vlt. all­zu duste­ren Blick oben etwas kor­ri­gie­ren, denn … es ist wie beim Gold­wa­schen – unter vie­lem Schot­ter und Staub blit­zen eben doch die Gold­körn­chen her­vor, viel­leicht weni­ge nur, aber umso wert­vol­le­re. Gestern noch etwas auf glo­riatv her­um­ge­guckt, stieß noch­mal auf Bei­trä­ge von Frau Prof. Dr. von Stock­hausen sowie Herrn Albrecht Gra­fen von Bran­den­stein-Zep­pe­lin von der Gustav-Sie­werth-Aka­de­mie (dar­in geht es u.a. genau um die­se gro­ße Ent­wick­lung von Luther über Hegel bis zu den Aus­wir­kun­gen in der Gegen­wart); dann auf einen sehr auf­schluß­rei­chen (schockie­ren­den!) Vor­trag von Prof. Dr. Tho­mas H. Stark, Die Grund­la­gen von Kar­di­nal Wal­ter Kas­per, letzt­lich genau zum The­ma, und zwar anhand von Zita­ten aus Kas­pers Werk! Ich kann nicht anders, als für mich selbst ganz stark zu ver­mu­ten, daß Wal­ter Kas­per nicht nur in mas­si­ver Häre­sie (die­ses Wort kam dann auch sehr ver­nehm­lich aus dem Audi­to­ri­um), son­dern letzt­lich in Apo­sta­sie ist; und somit auf einer Syn­ode katho­li­scher Bischö­fe eigent­lich gar nicht anwe­send sein dürf­te (und nicht nur dort nicht …). Von wem er jedoch aus­drück­lich ein­ge­la­den wur­de, von wem sei­ne vor­geb­li­che ‚Theo­lo­gie auf Knien‘ so sehr geschätzt wird, wis­sen wir. Mehr will ich dazu nicht sagen. – Hier die Links:

        http://​www​.glo​ria​.tv/​m​e​d​i​a​/​4​G​2​S​U​v​Q​7​BKM – Alma von Stock­hausen – Ver­nunft und Glaube

        http://​www​.glo​ria​.tv/​m​e​d​i​a​/​c​S​W​p​V​z​1​Z​LmZ – Die Grund­la­gen von Kar­di­nal Wal­ter Kasper

        http://​una​-voce​-austria​.at/​v​i​d​e​o​/​b​u​c​h​p​r​a​e​s​e​n​t​a​t​i​o​n​-​2​0​14/ – Buch­prä­sen­ta­ti­on mit S.Em. Herrn Kar­di­nal Burke

  15. Hoch­ver­ehr­ter @ Sua­rez, ich dan­ke für Ihr Schluss­wort und schlie­ße mich ihm an, indem auch ich sage:
    Mögen die Syn­oda­len in der Furcht Got­tes durch die Syn­ode gehen und begrei­fen, dass das Gericht immer als eine Mög­lich­keit neben ihnen her­geht. „Nicht als das mythi­sche Ereig­nis am fer­nen Ende, son­dern als die Dro­hung, die sich vom Zor­ne Got­tes her auf uns richtet.“
    Die­se Wor­te Roma­no Guar­di­nis sind von uns allen zu allen Leb­zei­ten zu bedenken.
    Möge sich der Zorn Got­tes nicht auf die rich­ten, die heu­te und in den näch­sten drei Wochen aus Eitel­keit und Hoch­mut das gött­li­che Wort bei­sei­te schie­ben, die gött­li­che Barm­her­zig­keit dem End­ge­richt vor­ent­hal­ten und vor der Zeit für Zeit­li­ches usur­pie­ren. Möge Gott uns allen gnä­dig sein!

Kommentare sind deaktiviert.