Reform des Ehenichtigkeitsverfahrens – Ein weiterer Schritt zur Demolierung der Familie


Ehesakrament versus Ehenichtigkeitsverfahren
Ehe­sa­kra­ment ver­sus Ehenichtigkeitsverfahren

von Pao­lo Deotto*

Anzei­ge

(Rom) Die „Neu­ig­kei­ten“, die Berg­o­glio in Sachen Ehe­nich­tig­keits­er­klä­rung ent­schie­den hat, erschüt­tern nur bedingt, denn letzt­lich pas­sen sie in eine rein mensch­li­che Logik und eine Logik des Mar­ke­ting. Erin­nert sich noch jemand dar­an, daß die Ehe ein Sakra­ment ist?

Die „gute Pres­se“ strickt bereits am gro­ßen Lob für die Ent­schei­dun­gen Berg­o­gli­os in Sachen Ehe­an­nul­lie­rung. Wir soll­ten uns nicht all­zu­sehr dar­über wun­dern. Seit mehr als zwei Jah­ren erle­ben wir den glor­rei­chen Marsch zur Erobe­rung einer welt­wei­ten Zustim­mung, und ohne Zwei­fel wur­de heu­te dabei ein ordent­li­cher Schritt vor­wärts gemacht.

Der Grundsatz Matrimonium gaudet favore iuris ins Gegenteil verkehrt

Natür­lich ist das Argu­ment von einer sol­chen Bedeu­tung, daß es ver­tieft wer­den muß und zwar durch Stim­men, die weit mehr Auto­ri­tät haben als ich. Was jedoch den ersten Mel­dun­gen zu ent­neh­men ist, wirkt wie ein betrüb­li­ches Bild. Es wird von einem Grund­satz abge­gan­gen, der immer für die Fra­ge der kano­ni­schen Ehe­lich­keit galt: Matri­mo­ni­um gau­det favore iuris.

Auf geschick­te Wei­se ist man zum Gegen­teil über­ge­gan­gen. Das grund­sätz­li­che (und offi­zi­ell erklär­te) Kri­te­ri­um lau­tet nun: den tau­send Situa­tio­nen ent­ge­gen­kom­men, die den „Gläu­bi­gen“ Qual berei­ten (wobei es mehr als legi­tim erscheint, danach zu fra­gen, gegen­über „wem“ und „was“ die­se Gläu­bi­gen „treu“ sind …)

Die Ver­ein­fa­chung, die Geschwin­dig­keit, und – als Kir­sche auf der Tor­te – die Kosten­lo­sig­keit des Ver­fah­rens schei­nen, als wol­le man den staat­li­chen Geset­zen Kon­kur­renz machen, mit denen eine „schnel­le Schei­dung“ ein­ge­führt, in Ita­li­en durch den „so katho­li­schen“ Mini­ster­prä­si­dent Matteo Ren­zi (Links­de­mo­kra­ten), und die Ehe in einen Witz ver­wan­delt wurde.

Die Hauptneuerungen – „Marianische“ Etappen

  • Abschaf­fung der zwei­ten Instanz und des dop­pel­ten Urteils
  • Abschaf­fung des Rich­ter­kol­le­gi­ums und Erset­zung durch einen Einzelrichter
  • Über­tra­gung der Zustän­dig­keit an den Bischof, in Fäl­len „evi­den­ter“ Nich­tig­keit direkt zu entscheiden
  • Ver­ein­fa­chung auch der dis­pen­sa super ratum durch Erfin­dung des „sehr wahr­schein­li­chen“ Zwei­fels, daß de Ehe nicht voll­zo­gen wurde
  • Erfin­dung neu­er Nichtigkeitsgründe

Viel­leicht sind zu die­sem letz­ten Punkt die ersten Medi­en­be­rich­te noch unklar. Jour­na­li­sten nei­gen zu man­geln­der Prä­zi­si­on. Wes­halb die Fra­ge genau zu prü­fen sein wird. Die neu­en Bestim­mun­gen tre­ten am 8. Dezem­ber 2015 in Kraft.

Schein­ba­re maria­ni­sche Etap­pen: am 15. August (Mariä Him­mel­fahrt) wur­de das Motu pro­prio Mitis Iudex Domi­nus Iesus vom Papst unter­zeich­net, am 8. Sep­tem­ber (Mariä Geburt) bekannt­ge­ge­ben und am 8. Dezem­ber (Mariä Emp­fäng­nis) tritt es in Kraft. Drei Marienfeste.

„Niemand wage zu trennen, was Gott vereint hat“

Trotz die­ses Vor­be­halts ist eines offen­sicht­lich: die Bana­li­sie­rung der Ehe und das völ­li­ge Ver­ges­sen eines zen­tra­len Aspek­tes, den offen­bar nie­mand mehr wirk­lich zu inter­es­sie­ren scheint, näm­lich die Tat­sa­che, daß die Ehe ein Sakra­ment ist. Die Spen­der die­ses Sakra­ments sind die Braut­leu­te selbst (der Prie­ster ist nur testis qua­li­fi­ca­tus). Die jahr­tau­sen­de­al­te Weis­heit der Kir­che hat uns immer gelehrt, daß der gegen­sei­ti­ge, freie, bewuß­te Kon­sens und das Feh­len einer wil­lent­li­chen Ableh­nung der bona der Ehe (oder auch nur eines der­sel­ben: bonum fidei, bonum pro­lis, bonum sacra­men­ti) die Ehe gül­tig sein­läßt und als sol­che unauf­lös­lich, genau und gera­de wegen ihrer sakra­men­ta­len Natur. „Nie­mand wage zu tren­nen, was Gott ver­eint hat“. Erin­nert sich noch jemand an die­sen Satz?

Die Nich­tig­keits­er­klä­rung eines Ehe­ban­des, das heißt, eines Sakra­ments, ist von so schwer­wie­gen­der Bedeu­tung, daß das zwin­gen­de dop­pel­te Urteil (und die Letzt­ent­schei­dung der Rota Roma­na bei Nicht-Über­ein­stim­mung der bei­den Urtei­le) eine Garan­tie gegen einen mög­li­chen Irr­tum der Rich­ter darstellte.

Rätselhafte neue Nichtigkeitsgründe – Tragödie der Kirche

Wir könn­ten noch wei­ter­ge­hen: Wie bei­spiels­wei­se die „Kür­ze des Zusam­men­le­bens“ ein Nich­tig­keits­grund sein kann, ist ein Rät­sel. Außer man bezieht sich auf die inten­tio con­tra bonum sacra­men­ti, doch in dem Fall wür­de dar­aus eine unnö­ti­ge Wie­der­ho­lung oder eine noch schwer­wie­gen­de­re Unge­nau­ig­keit, denn die Unbe­stän­dig­keit und der Wan­kel­mut sind Teil der mensch­li­chen Natur und wenn man die Ehe ver­tei­di­gen will, sind die­se zu kor­ri­gie­ren und nicht zu einem Nich­tig­keits­grund für ein Sakra­ment zu erheben.

Für den Moment wol­len wir hier inne­hal­ten. Auf den ersten Blick schei­nen die „Neu­ig­kei­ten“ nichts ande­res, als die Tra­gö­die – ich wie­der­ho­le: die Tra­gö­die – der Kir­che wider­zu­spie­geln: das immer weni­ger Kir­che sein und dafür immer mehr Dienst­lei­ste­rin einer nicht näher prä­zi­sier­ten Barm­her­zig­keit, einer Spen­de­rin eines rein irdi­schen „Glücks“.

Flüchtiges Glück einer falschen Barmherzigkeit zum Nulltarif

Die Belei­di­gung Got­tes durch die Redu­zie­rung des Ehe­ban­des zu einem Scherz und der Betrug an den Ehe­leu­ten, denen kei­ne Hil­fe gebo­ten wird, wenn ein Opfer not­wen­dig ist, obwohl die­se Hil­fe durch Gene­ra­tio­nen Paa­re „in der Kri­se“ geret­tet hat, weil der Wil­len vor­han­den war, das hei­li­ge Ehe­band zu ret­ten, das alles ist von einer beson­de­ren Schwere.

Die­ses Vor­ge­hen ist bedenk­lich, ent­spricht aber einer per­ver­sen Logik, wenn man das höch­ste Gut, den Glau­ben ver­lo­ren hat. Dann ver­wan­delt man sich von Hütern der Wahr­heit zu Spen­dern eines flüch­ti­gen Glücks, die einer fal­schen Barm­her­zig­keit ent­springt – und das alles mög­lichst zum Nulltarif.

Wir wün­schen von Her­zen allen Ehe­leu­ten, die Ehe­schwie­rig­kei­ten durch­le­ben, daß sie gute und eif­ri­ge See­len­hir­ten fin­den, die ihnen wirk­lich hel­fen und sie vor allem und gera­de durch Gebet und Opfer anlei­ten, ihre Ehe zu ret­ten. Denn das ist der Weg zur wah­ren Freu­de und nicht bloß zu einem Dis­count­pro­dukt im Son­der­an­ge­bot mit den besten Emp­feh­lun­gen der Welt … von deren Fürst wir genau wis­sen, wer er ist.

*Pao­lo Deot­to, Chef­re­dak­teur der katho­li­schen Online-Zei­tung Ris­cos­sa Cristiana.

Text: Ris­cos­sa Cristiana
Über­set­zung: Giu­sep­pe Nardi
Bild: MiL

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