Mit dem Koran das Christentum besser verstehen? – Ehrung einer machtaffinen Wissenschaft


Der friedliche Islam und die Selbstauflösung Europas
Der fried­li­che Islam und die Neu­de­fi­ni­ti­on Europas

(Salz­burg) Mit dem Koran das Chri­sten­tum und das Juden­tum „bes­ser ver­ste­hen“, lau­tet die Bot­schaft der Preis­ver­lei­hung an die Ara­bi­stin Ange­li­ka Neu­wirth bei den Salz­bur­ger Hoch­schul­wo­chen. So wur­de sie kri­tik­los auch von Radio Vati­kan – Deut­sche Sek­ti­on wei­ter­ver­brei­tet. Eine Preis­ver­lei­hung, die das Zusam­men­spiel von Regie­rungs­po­li­tik und einem Teil der Wis­sen­schaft doku­men­tiert. Jenem, der die Poli­tik unterstützt.

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„Der Koran ist kein nur isla­mi­scher, und daher erst durch den isla­mi­schen Kanon zu fil­tern­der Text, son­dern eben­so ein inte­gra­ler Teil unse­rer – eben nicht nur – jüdisch-christ­li­chen Spät­an­ti­ke“, sag­te Neu­wirth in ihren Dankesworten.

Am ver­gan­ge­nen 29. Juli wur­de Ange­li­ka Neu­wirth der Theo­lo­gi­sche Preis der Salz­bur­ger Hoch­schul­wo­chen ver­lie­hen, die par­al­lel zu den Salz­bur­ger Fest­spie­len statt­fin­den. Anwe­send waren Salz­burgs Erz­bi­schof Franz Lack­ner, Alo­is Glück, der Vor­sit­zen­de des Zen­tral­ko­mi­tees schwer faß­ba­rer deut­scher Katho­li­ken und der irr­lich­tern­de Vor­sit­zen­de der Supe­rio­ren­kon­fe­renz der männ­li­chen Orden Öster­reichs, Abt­prä­ses Chri­sti­an Haidinger.

Politische Vorgabe: „Der Islam gehört unzweifelhaft zu Deutschland“

Angelika Neuwirth Salzburg
Ange­li­ka Neu­wirth Salzburg

Die Preis­ver­lei­hung folg­te der poli­ti­schen Vor­ga­be der deut­schen Bun­des­po­li­tik. Bun­des­prä­si­dent Chri­sti­an Wulff ver­kün­de­te 2010 den neu­en Leit­satz deut­schen Natio­nal­ver­ständ­nis­ses: „Der Islam gehört zu Deutsch­land“. Damals löste er eini­ge Dis­kus­sio­nen aus. Von einem zivil­ge­sell­schaft­li­chen Auf­schrei konn­te kei­ne Rede sein. 2006 hat­te Wolf­gang Schäub­le die neue Paro­le erst­mals aus­ge­ge­ben. Seit­her wur­de sie viel­schich­tig ver­brei­tet, um die nöti­ge Akzep­tanz oder zumin­dest Gewöh­nung des Vol­kes zu errei­chen. Bereits zum Beginn des Fasten­mo­nat Rama­dan 2015 konn­te Bun­des­kanz­le­rin Ange­la Mer­kel unbe­an­stan­det fest­stel­len: „Es ist offen­sicht­lich, daß der Islam inzwi­schen unzwei­fel­haft zu Deutsch­land gehört.“

Die Begrün­dung der Preis­ver­lei­hung an Ange­li­ka Neu­wirth zeigt, daß die poli­ti­sche Bot­schaft bei den Eli­ten, jeden­falls den christ­li­chen Eli­ten des Lan­des, ange­kom­men ist.

„Zeitgemäße, auch politikbewußte kritische Koranforschung“

Wie der Lau­da­tor, der pro­te­stan­ti­sche Ber­li­ner Theo­lo­ge Chri­stoph Mark­schies erklär­te, erfolg­te die Preis­ver­lei­hung an Neu­wirth wegen ihrer „zeit­ge­mä­ßen, auch poli­tik­be­wuß­ten kri­ti­schen Koran­for­schung“. Offe­ner kann man die Ver­quickung zwi­schen der regie­ren­den Poli­tik und einem Teil der Wis­sen­schaft kaum benen­nen. Mark­schies bezeich­ne­te Neu­wirth als „Grand dame der Koran­for­schung“. Es gelin­ge ihr, „das Ver­ständ­nis des Islam und des Koran in der christ­li­chen Theo­lo­gie und umge­kehrt das Ver­ständ­nis des Chri­sten­tums im Islam zu ver­tie­fen und damit ein fried­li­ches Mit­ein­an­der der bei­den Reli­gio­nen zu för­dern“, so der Lau­da­tor. Vor allem habe Neu­wirth deut­lich gemacht, „daß der Koran Teil der euro­päi­schen Geschich­te“ ist und ein „euro­päi­scher Zugang zum Koran“ auch ein „neu­es Ver­ständ­nis Euro­pas“ her­vor­brin­gen könne.

Was Mark­schies beton­te, heißt mit ande­ren Wor­ten die För­de­rung eines radi­ka­len Geschichts­re­vi­sio­nis­mus und die Auf­lö­sung der kon­sti­tu­ti­ven Fun­da­men­te Euro­pas, das sich tau­send Jah­re im Abwehr­kampf gegen den Islam bewäh­ren muß­te. Die Eli­ten haben die ein­sti­ge Abwehr ein­ge­stellt und durch eine För­de­rung der isla­mi­schen Zuwan­de­rung ersetzt. Das kann als Zwangs­be­glückung des eige­nen Vol­kes bezeich­net werden.

Islamische Theologie an den Universitäten eine „Überlebensfrage der christlichen Theologie“?

Mark­schies, selbst Preis­trä­ger des Jah­res 2010, beton­te zudem die Bedeu­tung isla­mi­scher Theo­lo­gie an den Hoch­schu­len des deut­schen Sprach­raums, gera­de im Blick auf die christ­li­che Theo­lo­gie. Es wer­de, so der pro­te­stan­ti­sche Theo­lo­ge, gera­de­zu eine „Über­le­bens­fra­ge der christ­li­chen Theo­lo­gie“ an den Uni­ver­si­tä­ten, ob es ihr gelingt, „sich die Erkennt­nis­se isla­mi­scher Theo­lo­gie und kri­ti­scher Koran­for­schung anzu­eig­nen und die­se christ­lich zu reflek­tie­ren“, wie die Katho­li­sche Pres­se­agen­tur KAP berichtete.

Durch das Sicht­bar­ma­chen der „Wech­sel­wir­kung“ zwi­schen Chri­sten­tum, Juden­tum und Islam in der Spät­an­ti­ke gewin­ne „die Iden­ti­tät des Christ­li­chen deut­lich an Pro­fil“, so die Jury-Begründung.

Der Theo­lo­gi­sche Preis wur­de 2015 zum zehn­ten Mal ver­lie­hen. Bis­he­ri­ge Preis­trä­ger sind die Kar­di­nä­le Wal­ter Kas­per und Karl Leh­mann, die Theo­lo­gen Johann Bap­tist Metz, Erich Zen­ger, der bereits genann­te Chri­stoph Mark­schies und andere.

Ange­li­ka Neu­wirth wur­de 1943 in Nien­burg an der Weser gebo­ren. Sie stu­dier­te Ara­bi­stik, Semi­ti­stik und Klas­si­sche Phi­lo­lo­gie in Ber­lin, Tehe­ran, Göt­tin­gen, Mün­chen und Jeru­sa­lem. Seit 1991 ist sie Inha­be­rin des Lehr­stuhls für Ara­bi­stik an der Frei­en Uni­ver­si­tät Ber­lin. Von 1994 bis 1999 lei­te­te sie zudem das Ori­ent-Insti­tut der Deut­schen Mor­gen­län­di­schen Gesell­schaft in Bei­rut und Istan­bul. Seit 2007 ist sie Lei­te­rin des Pro­jekts Cor­pus Cora­ni­cum an der Ber­lin-Bran­den­bur­gi­schen Aka­de­mie der Wis­sen­schaf­ten. Neu­wirth ist Trä­ge­rin zahl­rei­cher Aus­zeich­nun­gen, dar­un­ter des Bun­des­ver­dienst­kreu­zes 1. Klas­se. Bereits 2013 war ihr die Ehren­dok­tor­wür­de der Uni­ver­si­tät Salz­burg ver­lie­hen worden.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Ora pro Siria/​Erzdiözese Salz­burg /​Screenshot)

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