Der Linzer Dom, das Geld der Kirche und ein schlechtes Vorbild für die Welt


Linzer Dom: Neugestaltung des Altarraumes soll 2016 beginnen
Linzer Dom: Neugestaltung des Altarraumes soll 2016 beginnen

von Wolf­ram Schrems*

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950.000,– Euro soll dem Ver­neh­men nach die „Neu­ge­stal­tung“ des Altar­raums im Lin­zer Dom kosten. Mit die­sem Pro­jekt soll „das Atmen des Raums“ „erfahr­bar“ gemacht wer­den. Dümm­li­che Ideo­lo­gie und kirch­li­che Ver­schwen­dungs­sucht gehen also wie­der ein­mal Hand in Hand. Das „Atmen des Rau­mes“ ist bekannt­lich weder eine theo­lo­gi­sche noch eine lit­ur­gi­sche Kate­go­rie. Allen­falls ist es gutes Mar­ke­ting der Künst­ler­grup­pe, die ja evi­den­ter­wei­se einen gewal­ti­gen Auf­trag an Land gezo­gen hat.

Man fragt sich ohne­hin, für wen die­ses neue Ensem­ble errich­tet wer­den soll, wenn nicht für die Auf­trag­neh­mer. Für die ver­blie­be­nen Gläu­bi­gen ja wohl nicht. Wohl eher gegen die­se. Sie haben die theo­lo­gi­schen und lit­ur­gi­schen Ver­wü­stun­gen nach dem Kon­zil ja evi­den­ter­wei­se mit Fern­blei­ben beantwortet.

Dazu eini­ge Beob­ach­tun­gen und Überlegungen.

Säkulare Implikationen der Verwüstung

Mit der Ver­wü­stung des kirch­li­chen Bin­nen­rau­mes (im dop­pel­ten Wort­sinn) sind gesell­schafts­po­li­ti­sche Impli­ka­tio­nen verbunden.

Es geht zunächst um das Evi­den­te­ste, näm­lich um die schlech­te Vor­bild­wir­kung bezüg­lich des ver­schwen­de­ri­schen Umgan­ges mit Kir­chen­ei­gen­tum bzw. Kir­chen­bei­trags­gel­dern. Die Par­al­le­le zum unver­ant­wort­li­chen Umgang mit Steu­er­gel­dern im poli­ti­schen Bereich ist auf den ersten Blick evident.

Eine ande­re Impli­ka­ti­on ist, daß sich die kirch­li­che Füh­rungs­schicht aus Eitel­keit und welt­li­cher Gefall­sucht weit vom gläu­bi­gen Volk, oder was davon noch übrig geblie­ben ist, ent­fernt hat: Der Lin­zer Dom­pfar­rer mag sich als wich­ti­gen Kunst­mä­zen sti­li­sie­ren, den ihm anver­trau­ten Gläu­bi­gen nützt das gar nichts.

Somit geben die geist­li­chen Auto­ri­tä­ten ein schlech­tes Bei­spiel für die welt­li­chen Auto­ri­tä­ten ab, die sich im Zwei­fels­fall ten­den­zi­ell auch eher der eige­nen Eitel­keit ver­pflich­tet füh­len als dem Wohl der ihnen Anvertrauten.

Linz Neuer Dom
Lin­zer Mari­en­dom (Neu­er Dom)

Die drit­te Impli­ka­ti­on die­ser Tra­gi­ko­mö­die ist das fana­ti­sche Fest­hal­ten an einer zutiefst geschei­ter­ten Lit­ur­gie­re­form, die an der rapi­den Ent­christ­li­chung und Re-Bar­ba­ri­sie­rung unse­res Lan­des ent­schei­den­den Anteil hat. Denn mit dem Hin­ein­klot­zen die­ses neu­en Ensem­bles soll die Idee des „Volks­al­tars“ gleich­sam fest­ze­men­tiert wer­den. Damit wird der Dom für die Lit­ur­gie, für die er von Bischof Franz Joseph Rudi­gier (1811 – 1884) gebaut wor­den ist, prak­tisch ungeeignet.

Das ist per­vers und in gewis­ser Hin­sicht „anti­de­mo­kra­tisch“: Wie auf die­ser Sei­te berich­tet, wur­de am 4. Juli d. J. ein jun­ger Dia­kon der Prie­ster­bru­der­schaft St. Petrus von Bischof Lud­wig Schwarz im über­lie­fer­ten Ritus zum Prie­ster geweiht. Das wur­de vom diö­ze­sa­nen Netz­auf­tritt mit völ­li­gem Schwei­gen über­gan­gen (!) – und das, obwohl der Dom unüb­lich gut gefüllt war.

Die­je­ni­gen, die noch – oder wie­der – zur Kir­che kom­men, wis­sen sich also zu einem gro­ßen Teil dem über­lie­fer­ten Meß­ri­tus ver­bun­den. Vom der­zei­ti­gen Estab­lish­ment wer­den die­se aber wie Aus­sät­zi­ge behandelt.

Wenn also der Aus­druck „abge­ho­be­ne Eli­te“ einen Sinn hat, dann beson­ders in die­sem Zusammenhang.

Die geplan­te Zer­stö­rung des alten Ensem­bles im Lin­zer Dom ist also Teil eines inner­kirch­li­chen Kul­tur­kamp­fes. Auch das ist für die welt­li­chen Auto­ri­tä­ten ein schlech­tes Bei­spiel, da die­sen nun voll­ends jeder Sinn für Tra­di­ti­on und Erbe abhan­den kom­men muß. Kein Beam­ter einer Kul­tur­ab­tei­lung, etwa des Lan­des Ober­öster­reich, wird nun „päpst­li­cher als der Papst“ sein wollen.

Die­ses fana­ti­sche Fest­hal­ten an der geschei­ter­ten „Lit­ur­gie­re­form“ im inner­kirch­li­chen Bereich prä­fi­gu­riert also das fana­ti­sche Fest­hal­ten an geschei­ter­ten Kon­zep­ten im poli­ti­schen Bereich, von der Euro­zo­ne bis zum Freihandel.

Geld statt Glaube – die neue „Kirche der Armen“?

Gestern Aufbau (Bau des neuen Mariendoms 1890) - heute Abbau
Gestern Auf­bau (Bau des neu­en Mari­en­doms, Bild 1890) – heu­te Abbau?

Es ist eine Erfah­rung der letz­ten Jahr­zehn­te, auch mei­ner selbst, daß der hie­si­ge kirch­li­che Appa­rat bei wei­tem mehr am Geld als an der Ver­brei­tung des Glau­bens und der Prä­gung der welt­li­chen Berei­che inter­es­siert ist. Ver­mut­lich haben es mehr Kir­chen­steu­er­pflich­ti­ge erlebt, daß nach der Haupt­wohn­sitz­mel­dung (in die­sem Fall in Wien) die Kir­chen­steu­er­vor­schrei­bung nach vier­zehn Tagen ein­trifft, der Will­kom­mens­brief der zustän­di­gen Pfar­re nach fünf Monaten.

Kla­re Prio­ri­tä­ten eben.

Kirch­li­che Dienst­be­spre­chun­gen zeich­nen sich, wie man aus Insi­der­krei­sen weiß, auch nicht durch gro­ßen Glau­bens­ei­fer aus, dafür mehr durch Lar­moy­anz auf­grund befürch­te­ter knapp bemes­se­ner Mittel.

Aber wofür braucht man die­se? Nun, die zeit­gei­sti­gen Kunst­pro­jek­te kosten eben Geld – genau­so wie die Erhal­tung des selbst­zweck­haf­ten und immer noch über­di­men­sio­nier­ten Apparats.

All das steht in schrei­en­dem Kon­trast zur der­zeit so pene­trant aus­ge­ru­fe­nen „Opti­on für die Armen“ und der berühm­ten „armen Kir­che für die Armen“.

Linz – Prototyp einer „failed diocese“

Wie es „fai­led sta­tes“ gibt (die häu­fig von außen dazu gemacht wur­den), gibt es auch eine „fai­led Church“. Der gan­ze Bereich der Öster­rei­chi­schen Bischofs­kon­fe­renz ist so gut wie nicht mehr als katho­lisch erkenn­bar, die Diö­ze­se Linz ist aber ein beson­ders kras­ses Bei­spiel einer vom Appa­rat syste­ma­tisch betrie­be­nen Apo­sta­sie. Vie­les könn­te man dazu berichten.

Denkmal für Bischof Franz-Joseph Rudigier
Denk­mal für Bischof Franz-Joseph Rudigier

Sinn­bild­lich für die­sen desa­strö­sen Zustand war die (tem­po­rä­re) Ver­schan­de­lung des Lin­zer Mari­en­doms durch das diö­ze­sa­ne Kunst­re­fe­rat wäh­rend der über­aus ent­behr­li­chen Akti­on „Kul­tur­haupt­stadt“ 2009.

Die ein­gangs erwähn­te geplan­te per­ma­nen­te Ver­wü­stung des Doms soll die­sen Sta­tus nun zementieren.

(Die Jesui­ten haben die ihnen anver­trau­te Kir­che, den Alten Dom, übri­gens auch ver­un­stal­tet. Weil man dort eben­falls zu viel Geld und zu wenig Gespür für die Tra­di­ti­on hat, hat man die Beicht­stüh­le her­aus­ge­ris­sen und durch eine Instal­la­ti­on ersetzt, die einer Auto­bahn-Toi­let­te­an­la­ge gleicht.)

Man hat das Erbe des Ehr­wür­di­gen Die­ners Got­tes Bischof Franz Joseph Rudi­gier bewußt ver­spielt. Einer der bedeu­tend­sten Lin­zer Bischö­fe, viel­leicht der bedeu­tend­ste, ist aus dem Bewußt­sein ver­drängt wor­den. Der von ihm in schwie­ri­gen Zei­ten initi­ier­te Dom soll der Lächer­lich­keit preis­ge­ge­ben wer­den. Sein Grab ist, wie vor kur­zem auf die­ser Sei­te berich­tet, prak­tisch unzu­gäng­lich. Der Selig­spre­chungs­pro­zeß war 1895 (!) eröff­net wor­den. An einem Ergeb­nis hat der Lin­zer Appa­rat offen­sicht­lich kein Interesse.

Es ist kein Wun­der, daß die Kir­che in völ­li­ger Auf­lö­sung begrif­fen ist.

Resümee: Das Wohl der Gesellschaft hängt von der Gesundheit der geistlichen Autorität ab

Aller­dings hat die Eitel­keit und Ver­blen­dung der Kir­chen­män­ner in Linz und anders­wo auch den gesell­schaft­li­chen Bereich in die Auf­lö­sung mit­hin­ein­ge­ris­sen. Die­sen – schon öfter the­ma­ti­sier­ten – Zusam­men­hang darf man nie übersehen.

Dumm­heit und Ver­schwen­dungs­sucht in der Poli­tik kön­nen jeder­zeit auf kle­ri­ka­le Vor­bil­der ver­wei­sen. Denn wenn für ein über­flüs­si­ges, ja schäd­li­ches Altar­pro­jekt eine knap­pe Mil­li­on Euro recht ist, sind die ver­schwen­de­ten Mil­li­ar­den für irgend­wel­che sagen­haf­te „Frie­dens­pro­jek­te“ ja wohl nur billig.

Die geist­li­chen Her­ren mögen also immer ihre Ver­ant­wor­tung im Auge behalten.

*MMag. Wolf­ram Schrems, Linz und Wien, katho­li­scher Theo­lo­ge, Phi­lo­soph, Katechist

Bild: Wikicommons/​Wikilinz

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