(Paris) Die neuesten, von Frankreich vor wenigen Tagen veröffentlichten Abtreibungszahlen bestätigen es: Die Pille führt nicht zur Verringerung der Abtreibungen, sondern fördert sie.
Wenige Jahre nach der markttauglichen Erfindung der Anti-Baby-Pille, weil es besser klingt, längst „Verhütungsmittel“ genannt, wurde die Tötung ungeborener Kinder legalisiert. Auch in diesem Fall wurden zur Beschönigung Euphemismen erfunden wie „Schwangerschaftsunterbrechung“, „Schwangerschaftsabbruch“ oder neuerdings „reproduktive Gesundheit“. Ein Standardsatz, der von Politikern und auch Kirchenvertretern übernommen wurde, lautet seither: Es brauche Verhütungsmittel, um die Abtreibungszahlen zu verringern. Angeblich die Wahl des kleineren Übels. In Wirklichkeit gehen Verhütung und Abtreibung Hand in Hand, sie verändern das Denken und das Verhalten der Menschen. Die Lebensrechtsbewegung sprach frühzeitig von einer Verhütungs- und Abtreibungsmentalität. Anders ausgedrückt: Verhütung fördert Abtreibung.
Die jüngste Bestätigung lieferte das französische Gesundheitsministerium durch die Veröffentlichung der Abtreibungsstatistik. 2013 wurden in Frankreich 229.000 ungeborene Kinder getötet. Das sind 10.000 mehr als 2012. Und das trotz des massiven Einsatzes von Verhütungsmitteln, die in immer penetranteren staatlichen oder staatlich geförderten Sexualerziehungsprogrammen verbreitet werden. Die soeben veröffentlichen Zahlen widerlegen auf dramatische Weise den Gemeinplatz, Verhütungsmittel würden die Abtreibungszahlen senken. Die Zahl der Abtreibungen ist in Frankreich in einem Jahr um 4,5 Prozent gestiegen.
Auch in diesem Fall gilt, daß die Schulsexualerziehung nicht aufklärt, sondern zu einer immer früheren Sexualisierung der Kinder führt, deren natürliches Schamgefühl gezielt angegriffen wird. Nochmals anders ausgedrückt: staatliche Sexualerziehung fördert die Abtreibungsmentalität.
Zwei von drei Frauen lassen abtreiben, weil Verhütungsmittel „nicht funktionierte“
Dasselbe Ministerium finanzierte 2013 eine große Medienkampagne, mit der zum Gebrauch der Verhütungsmittel der dritten und vierten Generation aufgerufen wurde. Laut Angaben der Pharmaindustrie sei der Kauf von Verhütungsmitteln daraufhin massiv gestiegen. Das statistische Institut des französischen Gesundheitsministeriums DREES schreibt: „Die Zahl der Abtreibungen, einschließlich jener an Minderjährigen, kann nicht in erster Linie einem Mangel an Eindeckung durch Verhütungsmittel zugeschrieben werden“.
Laut Zahlenangabe haben 97 Prozent der Frauen (ausgenommen schwangere und sterilisierte Frauen), die Geschlechtsverkehr hatten und keine Kinder wollten, eine Verhütungsmethode angewandt. Das DREES schreibt dazu: „bereits laut Bericht 2007, haben zwei von drei Frauen abtreiben lassen, weil das Verhütungsmittel nicht funktionierte“.
Jede dritte Frau im fruchtbaren Alter hat bereits mindestens ein ungeborenes Kind töten lassen
Der neue Bericht erwähnt Wiederholungsfälle: etwa jede dritte Frau im fruchtbaren Alter hat bereits zumindest einmal ein ungeborenes Kind getötet. Die tatsächlichen Zahlen könnten noch dramatischer sein, weil die statistische Erhebung nicht die abtreibende Wirkung der „Pille danach“ erfassen kann, die seit 1999 rezeptfrei verkauft wird. Auch die „Pille danach“ erreichte 2013 ihren bisherigen Verkaufshöchststand mit 1,2 Millionen Packungen. Wie viele Kinder damit verhütet oder getötet wurden, kann niemand sagen.
Trotz dieser Zahlen beschloß die französische Nationalversammlung im vergangenen April im Namen eines behaupteten, in Wirklichkeit aber nicht existenten „schwierigen Zugangs“ zur Abtreibung eine Änderung des Gesundheitsgesetzes, mit der die bisher geltende Frist von mindestens sieben Tagen, die zwischen dem Gespräch einer abtreibungsentschlossenen Schwangeren mit dem ersten und dem Gespräch mit dem zweiten Arzt vergehen mußten, gestrichen wurde. Das politische Ziel: je schneller das ungeborene Kind getötet wird, desto besser.
Abtreibung als „Grundrecht ohne Vorbehalte und Einschränkungen“
Für die sozialistische Parlamentsabgeordnete Catherine Coutelle, Vorsitzende der parlamentarischen Delegation für Frauenrechte und Chancengleichheit, „ist es eine Frage des Prinzips und der Bequemlichkeit. Die Frauen brauchen keine gesetzliche Verpflichtung zum Nachdenken“. Für Coutelle und Frankreichs Feministen war die bisherige Regelung „infantil und stigmatisierend“ und die siebentägige Nachdenkpause stellte „eine Behinderung“ ihrer Vorstellung von Abtreibung als „Grundrecht ohne Vorbehalte und Einschränkungen“ dar.
Seit dem Wahlsieg 2012 des Parti socialiste (PS) leitet die Sozialistin Marisol Touraine das französische Gesundheitsministerium. Im August 2014 übernahm sie von der Parteigenossin Najat Vallaud-Belkacem auch die Agenda des aufgelösten Ministeriums für Frauenrechte, das 2012 errichtet worden war. Sowohl Vallaud-Belkacem wie Touraine sind überzeugte Abtreibungsverfechterinnen. Vallaud-Belkacem richtete als Frauenrechtsministerin eine eigene Internetseite zur Bekämpfung der Lebensrechtsbewegung und zur Propagierung der Tötung ungeborener Kinder ein. Die Internetseite wird heute von Marisol Touraine verantwortet. Die Frau des französischen Botschafters im Tschad ist Mutter von drei Kindern.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Tempi