Auf Gnadenstunde folgt Gegenstoß: Projekt zur „Altarraumgestaltung neu“ des Linzer Doms vorgestellt – mit esoterischem Touch


Linzer Dom Altarraumgestaltung neu
Lin­zer Dom „Altar­raum­ge­stal­tung neu“

(Linz) Auf die Gna­den­stun­de vom 4. Juli folgt prompt der Gegen­schlag. Am Lin­zer Dom zur Unbe­fleck­ten Emp­fäng­nis soll bru­tal Hand ange­legt wer­den, um „den Meß­tisch näher an das Volk“ zu rücken. Die Ent­sa­kra­li­sie­rung wird damit fort­ge­setzt. Eine Rück­kehr zur Zukunft im Ritus soll als Neben­ef­fekt defi­ni­tiv ver­hin­dert werden.

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Der Mari­en­dom von Linz, die größ­te Kir­che Öster­reichs, erleb­te soeben eine Gna­den­stun­de, als er sich am 4. Juli zur Prie­ster­wei­he von Pater Phil­ipp Faschin­ger von der alt­ri­tu­el­len Prie­ster­bru­der­schaft St. Petrus (FSSP) füll­te, wie schon lan­ge nicht mehr. Ein star­kes Zei­chen von Diö­ze­san­bi­schof Lud­wig Maria Schwarz, der nach Jahr­zehn­ten erst­mals wie­der in der Kathe­dral­kir­che der Diö­ze­se die Zele­bra­ti­on der Hei­li­gen Mes­se im über­lie­fer­ten Ritus ermög­lich­te und in der außer­or­dent­li­chen Form des Römi­schen Ritus das Sakra­ment der Prie­ster­wei­he spen­de­te. Zu die­sem Anlaß wur­de der ver­wai­ste Hoch­al­tar frei­ge­legt und wie­der sei­ner Bestim­mung zugeführt.

Die Ent­fer­nung des zu die­sem Anlaß eben­so über­flüs­si­gen wie stö­ren­den Volks­al­tars hät­te die Ner­ven an der Spit­ze der Dom­pfar­re zu sehr strapaziert.

„Gemeinsame Mitte der Gemeindeversammlung räumlich erfahrbar machen“

Dompfarrer Maximilian Strasser (rechts) mit Wettbewerbssiegern und Dombaumeister
Dom­pfar­rer Maxi­mi­li­an Stra­sser (rechts) mit Kunst­re­fe­ren­tin, Wett­be­werbs­sie­ger und Dombaumeister

Ein radi­ka­ler Ein­griff soll nun aber end­gül­tig das Pres­by­te­ri­um zer­trüm­mern. Das Aller­hei­lig­ste wird in einen ent­le­ge­nen Win­kel ver­bannt und das Myste­ri­um der Hei­li­gen Mes­se „auf Augen­hö­he“ des immer spär­li­cher anwe­sen­den Vol­kes ent­sa­kra­li­siert werden.

Gestern wur­de die Ent­schei­dung der „Jury“ zur „Altar­raum­ge­stal­tung neu im Lin­zer Mari­en­dom“ prä­sen­tiert. „Die Ver­samm­lung der Gemein­de um eine gemein­sa­me Mit­te räum­lich erfahr­bar machen“ lau­ten Prä­mis­se und Richt­schnur der geplan­ten Neu­ge­stal­tung. Wir wol­len es „Stra­sser-Pro­jekt“ nen­nen, nach Dom­pfar­rer Maxi­mi­li­an Stra­sser, der als trei­ben­de Kraft hin­ter der Umge­stal­tung gilt.

Über den zen­tra­len Sakral­be­reich der Kir­che, von dem Gott zu Moses sag­te: „Komm nicht näher her­an! Leg dei­ne Schu­he ab; denn der Ort, wo du stehst, ist hei­li­ger Boden“ (Exodus 3,5), läßt man in Linz von einer „hoch­ka­rä­tig besetz­ten Jury, der Lit­ur­gie­wis­sen­schaft­ler, Kunst­ex­per­ten und Ver­tre­te­rIn­nen der Dom­pfar­re bzw. der Diö­ze­san­lei­tung ange­hör­ten“ ent­schei­den. Zu sei­ner Gestal­tung ver­an­stal­te­te man einen „Archi­tek­tur- und Kunst­wett­be­werb“, als hand­le es sich um ein belie­bi­ges „welt­lich Ding“. Ent­spre­chend wich­tig ist das „inter­na­tio­na­le Renom­mee“ des „Teams“, das den Wett­be­werb schließ­lich gewon­nen hat.

Wettbewerb mit esoterischem Touch

Sie­ben Pro­jek­te waren ein­ge­gan­gen. Am 30. Juni fiel die Jury-Ent­schei­dung auf das Pro­jekt „der Ber­li­ner Archi­tek­ten Kuehn /​ Mal­vez­zi und des Wie­ner Künst­lers Heimo Zober­nig. Zober­nig ver­tritt der­zeit Öster­reich auf der Bien­na­le in Vene­dig, Kuehn /​ Mal­vez­zi nah­men 2012 an der vene­zia­ni­schen Archi­tek­tur­bi­en­na­le teil.“

Die Kür des Sie­ger­pro­jekts erfolg­te, weil es „das Atmen des Rau­mes erfahr­bar“ mache. Geht es viel­leicht noch ein biß­chen Eso­te­ri­scher? Oder Nichts­sa­gen­der? Die Diö­ze­se ver­öf­fent­lich­te die Begrün­dung der Jury-Ent­schei­dung.

Der Hoch­al­tar bleibt aus denk­mal­pfle­ge­ri­schen Grün­den zwar erhal­ten, soll jedoch auf einen bloß ästhe­ti­schen Auf­putz im fer­nen Hin­ter­grund redu­ziert wer­den. Das Pres­by­te­ri­um, das bereits mit der Lit­ur­gie­re­form umge­stal­tet wur­de, soll als eige­ner Raum völ­lig ent­sorgt wer­den. Die Kir­chen als Haus Got­tes ent­spre­chen in ihrer Grund­ein­tei­lung dem Jeru­sa­le­mer Tem­pel: Tem­pel­hal­le, Hei­lig­stes und Aller­hei­lig­stes. Ent­spre­chend ver­fügt jede Kir­che über den Teil, der dem gläu­bi­gen Volk zugäng­lich ist, über das das Hei­lig­ste hin­aus­ragt, in das wäh­rend der hei­li­gen Lit­ur­gie nur Prie­ster Zugang haben und das mit dem Pres­by­te­ri­um, dem Altar­raum iden­tisch ist. Das Aller­hei­lig­ste ist der Taber­na­kel, der Ort der stän­di­gen Gegen­wart des Soh­nes Got­tes in Gestalt der kon­se­krier­ten Hostien.

Mariendom Linz
Mari­en­dom Linz (Öster­reich)

Alles „sichtbar“ und „verstehbar“ (machen)?

Im Zuge der Lit­ur­gie­re­form wur­den die Chor­schran­ken und Kom­mu­ni­on­bän­ke her­aus­ge­ris­sen; wur­de die Abgren­zung zwi­schen Kir­chen­schiff und Hei­lig­stem sym­bol­träch­tig abge­bro­chen; wur­de das Aller­hei­lig­ste aus dem Altar­raum ent­fernt und vom Mit­tel­punkt an den Rand gedrängt; wur­den Hoch­al­tä­re durch die Altardop­pe­lung mit­tels Volks­al­tar ver­waist oder gar zer­trüm­mert. Nun folgt im Wahn stän­di­ger struk­tu­rel­ler Ver­än­de­run­gen und zur Kaschie­rung des ver­damp­fen­den Glau­bens die defi­ni­ti­ve Nivel­lie­rung des Altar­raums in den Raum der Gläu­bi­gen hin­ein. Alles soll für jeden „sicht­bar“ sein und alles für jeden „ver­steh­bar“.

„Ver­stan­den“ wird angeb­lich alles seit der Ein­füh­rung der Volks­spra­che, mit der die Sakral­spra­che der Kir­che ver­drängt wur­de. Doch was „ver­ste­hen“ die Gläu­bi­gen seit­her wirk­lich bes­ser vom hei­li­gen Myste­ri­um? „Gese­hen“ wird bereits durch den Volks­al­tar alles, nun soll das „Sehen“ noch ver­stärkt wer­den. Doch was kann vom unsicht­ba­ren Geheim­nis wirk­lich durch Umbau­ten sicht­bar gemacht werden?

Natür­lich sol­len die Stu­fen zum Altar­raum fal­len, die noch vor­han­de­ne Kan­zel ver­schwin­den, eben­so das Chor­ge­stühl. Sym­pto­ma­tisch zeigt die Foto­mon­ta­ge des Sie­ger­pro­jekts Chor und Orche­ster bei einem Kon­zert. Die Kir­che als Kon­zert­raum läßt Gewich­tun­gen erkennen.

„Hauptamtlicher Kirchenapparat tobt sich aus“ – Kosten 950.000 Euro

Dom­pfar­rer Maxi­mi­li­an Stra­sser wuß­te die Öffent­lich­keit dar­über zu infor­mie­ren, daß „der Pro­zeß im Vor­feld inten­siv“ war, um „den Boden für die Aus­schrei­bung“ zu berei­ten. In gen­der­ge­rech­ter Spra­che erläu­tert die Inter­net­sei­te der Diö­ze­se Linz, daß „die Pfarr­ge­mein­de lang­sam an die Umge­stal­tung her­an­ge­führt wor­den und sowohl in der Jury als auch bei den Bera­te­rIn­nen durch Ver­tre­te­rIn­nen ein­ge­bun­den gewe­sen“ sei.

Kurz­um: Ein glau­bens­chwä­cheln­der haupt­amt­li­cher „Kir­chen­ap­pa­rat hat sich wie­der ein­mal aus­ge­tobt“ fern­ab von Gott, Glau­ben und Volk, so der Kom­men­tar, mit dem ich auf die Vor­stel­lung des „Stra­sser-Pro­jekts“ auf­merk­sam gemacht wurde.

Für den demon­tie­ren­den Umbau wird zudem sinn­los Geld ver­geu­det. Die Kosten, um „das Atmen des Rau­mes erfahr­bar“ zu machen (für wen eigent­lich?), wer­den mit „rund 950.000 Euro“ ver­an­schlagt. Mit dem Umbau soll „nach Pfing­sten bzw. Fron­leich­nam 2016“ begon­nen wer­den. Die Fer­tig­stel­lung soll „vor dem 8. Dezem­ber 2016“ erfol­gen, dem Patro­zi­ni­um des Mari­en­do­mes. Es klingt, als mache sich jemand in der Dom­pfar­re lustig.

Es wird daher nicht wei­ter ver­wun­dern, daß die offi­zi­el­len kirch­li­che Medi­en der Diö­ze­se mit kei­nem Wort über die Prie­ster­wei­he im Dom berich­tet haben, schon gar nicht wegen des gro­ßen Andrangs an Gläubigen.

Stiefmütterliche Behandlung von Bischof Rudigier

Zugängliches, aber leeres Hochgrab von Bischof Rudigier im Linzer Dom. Grab faktisch unzugänglich
Zugäng­li­ches, aber lee­res Hoch­grab von Bischof Rudi­gier im Lin­zer Dom. Grab fak­tisch unzugänglich

Der Erbau­er des Domes, Bischof Franz Joseph Rudi­gier, gehör­te zu den Ver­tei­di­gern des Dog­mas von der Unbe­fleck­ten Emp­fäng­nis Mari­ens. Weil es dage­gen Wider­stand gab, gera­de aus dem deut­schen Sprach­raum, beschloß er den Bau des neu­en Domes, der die­sem Dog­ma geweiht ist und die­ses weit­um bekannt­ma­chen soll­te. Die­ser treue Ver­tei­di­ger der katho­li­schen Kir­che und ihrer von Chri­stus anver­trau­ten Glau­bens­leh­re besitzt in sei­nem Dom zwar einen präch­ti­gen Sar­ko­phag, liegt aber nicht dar­in begra­ben, son­dern in der Kryp­ta unter­halb des Domes. Sein Grab wird jedoch abge­schirmt. Nur knap­pe andert­halb Stun­den in der Woche besteht Ein­laß in die Kryp­ta. Seit 1895 ist das Selig­spre­chungs­ver­fah­ren für die­sen größ­ten Bischof der Diö­ze­se Linz im Gan­ge. 2009, wäh­rend des Pon­ti­di­kats von Bene­dikt XVI., wur­de ihm der heroi­sche Tugend­grad eines „Die­ners Got­tes“ zuer­kannt. Die stief­müt­ter­li­che Behand­lung erweckt den Ein­druck, als sei man in Linz gar nicht son­der­lich an sei­ner Selig­spre­chung inter­es­siert. In der Tat steht sei­ne Hal­tung man­chem „Pro­jekt“ entgegen.

Es bleibt die Hoff­nung, daß der amtie­ren­de Bischof oder sein Nach­fol­ger, das ent­sa­kra­li­sie­ren­de Pro­jekt ver­hin­dert, wie es jüngst der Süd­ti­ro­ler Bischof Ivo Muser von Bozen-Bri­xen getan hat, der das Sie­ger­pro­jekt eines Wett­be­werbs (wie sich die Din­ge doch ähneln) zur Neu­ge­stal­tung des Altar­rau­mes der Stadt­pfarr­kir­che Bri­xen blockierte.

Text: Wen­zel Huber-Chwateck
Bild: Diö­ze­se Linz (Screenshots)/Wikipedia

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