
(Rom) Am Donnerstagabend des 28. Mai versammelte sich im Centro Russia Ecumenica im Borgo Pio der Freundeskreis Papst Franziskus zum monatlichen Treffen. Angekündigte Themen waren der Ausgang der Volksabstimmung über die „Homo-Ehe“ in Irland und die jüngsten Entwicklungen in Sachen Bischofssynode. Die Themen wurden wesentlich erweitert, die Aussagen schwanken zwischen zweifelhaft und ambivalent. Die Anwesenheit von Kardinal Walter Kasper machte das Treffen besonders interessant.
Papst Franziskus hatte beim Regina Coeli vom 23. Mai gesagt: „Keinem macht die Mutter Kirche die Tür vor der Nase zu, keinem! Auch nicht dem größten Sünder, keinem! […] Die Mutter Kirche öffnet ihre Türen, sie reißt sie weit auf für alle, da sie Mutter ist“. Es durfte also angenommen werden, daß der „Freundeskreis“ aufgrund dieser Worte das irische Abstimmungsergebnis mit Begeisterung aufnehmen und sie als gutes Omen für eine revolutionäre Wende bei der Synode im Oktober sehen würde, so Giuseppe Rusconi.
Im Mittelpunkt des „Freundeskreis“-Treffens stand einmal mehr Kardinal Walter Kasper, der seine neue „Führungsrolle“ sichtlich zu genießen scheint. Anwesend war auch Kurienkardinal Francesco Coccopalmerio, eine „Kreation“ des verstorbenen Mailänder Erzbischofs Carlo Maria Kardinal Martini SJ. Coccopalmerio ist Vorsitzender des Päpstlichen Rats für die Gesetzestexte. Sowohl Kasper als auch Coccopalmerio gelten als „fidelissimi“, gehören also zum Kreis der treuesten Anhänger von Papst Franziskus.
Freundeskreis-Koordinator: „Zeit ist vorbei, Homosexuelle als ontologisch ungeordnet zu verstehen“
Das „Freundeskreis“-Treffen begann mit der gewohnten Einführung des Koordinators Raffaele Luise. Der Journalist gab sich überzeugt, daß nach dem Abstimmungsausgang in Irland „der Zusammenprall bei der Synode viel härter sein wird, da die ‚Rigoristen‘ das Ergebnis von Dublin wahrscheinlich benutzen werden, um jede Form der Öffnung zu blockieren“.
Die Abstimmung „war rechtmäßig und wir müssen auch sagen, daß sehr viele unter uns Katholiken ein ‚Ja‘ zur Anerkennung der ‚Homo-Ehe‘ sagen“, so Luise. In diesem Zusammenhang kritisierte der Koordinator des „Freundeskreises Papst Franziskus“ die Aussage von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin. Dieser hatte gesagt, daß das irische Ja zur „Homo-Ehe“ auch eine „Niederlage für die Menschheit“ sei. „Diesen Satz hätte ich mir gespart“, kanzelte Luise den Kardinal ab. Denn, so der Journalist, „wir müssen die Sprache ändern, abrüsten“, wenn anthropologische Themen angesprochen werden. „Die Zeit ist vorbei, den Homosexuellen als ontologisch ungeordnet zu verstehen“.
Gegen die Kritik Luises nahm der linkskatholische Intellektuelle Raniero la Valle Stellung. Die Aussage Parolins könne „aus anthropologischer Sicht in jeder Hinsicht geteilt und verteidigt werden“, denn „wer sagt, daß es keinen Unterschied mehr zwischen Mann und Frau gibt, verletzt das Ebenbild Gottes im Menschen“.
An dieser Stelle griff Kardinal Coccopalmerio in die Diskussion ein mit der Feststellung, „man dürfe Homosexualität nicht mit ‚Homo-Ehe‘ verwechseln“. Er sei „gegen eine Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit der Ehe“.
Kasper zur Homosexualität: „Katholische Position zur Ehe mit Respekt für Andersempfindende versöhnen“
Kasper sieht dennoch Handlungsbedarf bei der Bischofssynode in Sachen Homosexualität, wenn er auch vor dem „Recht auf ein Kind“ warnte, „das die Natur nicht geben kann“. Abtreibung sei ein „Tötungsdelikt“, so der deutsche Kardinal vor dem „Freundeskreis“, doch dürfe die Frau „nicht kriminalisiert“ werden. Er teile die vom Kardinalstaatssekretär getätigte Aussage, denn „wenn alle Verbindungen homosexuell wären“, hätte die Menschheit keine Zukunft mehr.
Schließlich ergriff Kardinal Kasper das Wort, der die „Notwendigkeit“ betonte, daß die Katholiken sich der anthropologischen Herausforderung stellen. Erstens: „An unserem Verständnis der Ehe festhalten.“ Zweitens: Sich fragen, wie es gelingen könnte, die katholische Position zur Ehe „mit dem Respekt für Personen, die andere persönliche Neigungen haben“ zu „versöhnen“, was „nicht leicht ist“. Man müsse „respektvoll und auch barmherzig sein, aber ohne in die Relativismusfalle zu tappen, für die alles gleich ist: Es gibt eine Tendenz zur Gleichschaltung, die wir nicht akzeptieren können“.
„Wir können keinen ideologischen Krieg führen. Die anderen haben gigantische Mittel zur Verfügung“
Für Kasper sei für die Kirche vor allem die Erziehung der Kinder und Jugendlichen eine Herausforderung, die durch die Homo-Partnerschaften entstehe: „Nicht nur die Adoption, sondern auch die künstliche Befruchtung und eine unmenschliche Sache wie die Leihmutterschaft“.
Der Kardinal ermahnte, nicht „nur die Rechte der Homosexuellen“ zu fördern, sondern auch „die Rechte der Kinder, die niemand verteidigt“. Ein Kind „hat das Recht, zu wissen, wer sein Vater und seine Mutter sind.“ Die mit der ganzen Frage „verbundenen psychologischen und rechtlichen Probleme sind enorm“, so Kasper. Zudem „wird in der Generationenkette ein Bruch vollzogen, der den Menschen wegen der enormen finanziellen Interessen, die im Spiel sind, zu einem ökonomischen und technischen Produkt macht“.
Kasper weiter: „Wir können keinen ideologischen Krieg führen, weil wir ihn nicht gewinnen können. Die anderen haben gigantische ökonomische Mittel zur Verfügung und haben auch die Massenmedien auf ihrer Seite“. Wir müssen daher „unsere Sprache abrüsten“ und versuchen, mit der säkularisierten Welt in Kontakt zu kommen.
Bischofssynode: Erwartungen groß – „zumindest etwas Konkretes muß erreicht werden “
Der Theologe Marco Vergottini meinte, daß „die Erwartungen zur Bischofssynode zahlreich sind und man daher zumindest etwas Konkretes nach Hause bringen muß“. Es werde nicht leicht sein, da es „traditionalistische Kreise gibt, die – im guten Glauben – jede Veränderung zu verhindern versuchen“. Für Vergottini sei „Humanae vitae“ von Papst Paul VI. zu überdenken; die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur Eucharistie zu ermöglichen; „homosexuelle Paare anzuerkennen“, denn „in einer demokratischen Gesellschaft sind standesamtliche Partnerschaften ein Recht“.
Am Ende meinte Vergottini, daß „auch die Abtreibung eine Niederlage für die Menschheit“ sei, was aber auch nicht bedeute, daß „man den Abtreibungsärzten in die Beine schießen muß“.
Kardinal Kasper gab Vergottini recht: „Es besteht kein Zweifel, daß Abtreibung ein Tötungsdelikt ist“, aber „man muß sich auf die konkreten Fälle beziehen und dann kann man die Frau, die abgetrieben hat, nicht als Kriminelle bezeichnen“.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: RaiNews (Screenshot)
Anlässlich der zu Ende gegangenen Synode im Jahre 2014 verfasste Msgr. Christoph Casetti vom Bistum Chur, dem Bischof Huonder vorsteht, einen trefflichen Kommentar, der auch die Gesinnung des „Freundeskreises“ aufzeigen dürfte:
-
„Weil
die natürliche Empfängnisregelung in unserer Gesellschaft nicht greife,
müsse
die Kirche die Verhütung erlauben,
meinen Bischöfe bei der Synode zu Ehe und Familie in Rom.
Weil
viele geschiedene Katholiken eine neue zivile Ehe eingehen,
müsse
die Kirche Wege suchen,
diese unter bestimmten Bedingungen wieder zu den Sakramenten zuzulassen.
Weil
gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften gesellschaftlich wie Ehen anerkannt werden,
müsse
die Kirche sich Gedankenmachen, wie sie diese wertschätzen könne.
Auch diese Auffassungen vertreten Bischöfe bei der Synode in Rom.
Damit geben Sie mindestens den Anschein, die bisherige Lehre und Praxis der Kirche in Frage zu stellen.
[.…]
Für mich steht dahinter die Glaubensfrage.
Sind wir noch davon überzeugt, dass unser Glaube die Gesellschaft prägen, ja verändern kann?
Oder wird umgekehrt unser Glaube zunehmend von den gesellschaftlichen Umständen geprägt?
[.…]
Es scheint Synodenväter zu geben, welche den Nachvollzug des Zeitgeistes und seiner gesellschaftlichen Tendenzenfür eine missionarische Seelsorge halten.
Es könnte sein, dass Jesus ihnen sagen möchte:
“Ihr Kleingläubigen! Ich habe euch den Heiligen Geist gesandt, damit ihr in seiner Kraft den Glauben bezeugt, wenn nötig als prophetisches Zeichen, dem widersprochen wirdâ€.
Sinngemäss sagte Kardinal Dolan an der Synode,
die Kirche habe den Auftrag, die Welt zu verwandeln,
nicht sich von ihr verwandeln zu lassen.“
[.…]
-
„Keinem macht die Mutter Kirche die Tür vor der Nase zu, keinem! Auch nicht dem größten Sünder, keinem! […] Die Mutter Kirche öffnet ihre Türen, sie reißt sie weit auf für alle, da sie Mutter ist“.
Ja klar alle eure Türen sind offen und es zieht ganz gewaltig. Ihr braucht sogar einen Kommissar Volpi um die Franziskaner der Immaculata von eurer mütterlichen Liebe zu überzeugen. Ich ziehe als großer Sünder im Zweifel die Liebe der Mutter Gottes vor bevor ich von eurem mütterlichen Geschwätz übermannt werde. Bestellt Kardinal Kasper einen schönen Gruß von mir und sagt ihm das ich als geschiedener auf seine Barmherzigkeit pfeife denn ich habe bessere Möglichkeiten um mit meinem Herrn und Gott klar zu kommen zu dem ich getauft bin.
Per Mariam ad Christum.
„Die Mutter Kirche öffnet ihre Türen, sie reißt sie weit auf für alle, da sie Mutter ist…“
Das passt zu Kardinal Burkes ungehöriger Meinung, Mütter förderten die „exzessive Eigenliebe“ ihrer Kinder…
https://www.katholisches.info/2015/01/19/kardinal-burke-ueber-die-katholische-maennerkrise-teil‑1/
So schließen sich die Kreise… und man erkennt, dass solche „Traditionalisten“ gar nicht so weit weg sind von F., auch wenn sie das, was F. positiv zeichnet, negativ aufgreifen und werten. Die ganze Überlegung ist nämlich Unsinn!
Eine Frage aber an alle, auch den Kardinal mit seinem seltsamen Mutterbegriff:
Ob die Gottesmutter sich „weit aufreißt“? Ob die Gottesmutter die „exzessive Eigenliebe“ ihrer Kinder fördert?
Hier wäre wirklich mal eine mentale Generalüberholung nötig – in allen Lagern!
Ja, wenn man nur das liest, was Sie dazu rapportieren („förderten“!), könnte man schon zweifeln.
Kardinal Burke sagte aber folgendes:
„Die gesunde Beziehung mit dem Vater hilft dem Kind, sich von der innigen Liebe der Mutter wegzubewegen und eine Disziplin aufzubauen, sodass es eine exzessive Eigenliebe vermeiden kann.“
Und das ist etwas anderes.
Nein, das ist nichts anderes – tut mir leid.
Exzessive Eigenliebe vermeidet man nicht dadurch, dass man mit dem Vater eine „gesunde Beziehung“ aufbaut – weg von der „innigen Liebe der Mutter“. Was für ein idiotisches Mutterbild ist das denn? Selbst die Welt nennt sowas „Affenliebe“ und weiß auch, dass es unreife Mutterliebe wäre. Der Kardinal sollte endlich die Pubertät hinter sich lassen.
Drehen Sie es, wie Sie es wollen – der Kardinal hat unreifen Blödsinn geredet.
Was weiß der Mann von der „innigen Liebe der Mutter“? Was weiß er von der Interaktion zwischen Vater-Mutter-Kind?
Ja: nichts weiß er, oder Angelesenes, oder den üblichen christlichen Kitsch!
Ich bin Mutter -
Ich kann nur eine Karikatur dessen erkennen, was ich als Mutter leiste…leisten muss. Innige Beziehung. Disziplin! Meine Güte! Das Leben ist zu hart für solche Bildzeitungs-Romane! Das hat uns gerade noch gefehlt…
Mit Verlaub – der Mann soll mal vier Wochen bei mir zuhause hospitieren, damit er auf den Trichter kommt, wie da wirklich läuft. Seine Messgewänder ablegen und hier mitleben – das wäre eine echte, zwar kalte, aber ernüchternde Dusche – „innige Liebe“ der Mutter, und das noch im Gegensatz zum Vater und seiner „Disziplin“ – das ist einfach nur dummes Gewäsch. Sorry – aber die Realität lebe ich, Tag für Tag, und sie ist anders, härter, unsentimentaler und konkreter.
Es entsetzt mich geradezu, dass ein Kardinal solchen Mist daherredet!
Aber vermutlich fragt uns gebildete und intelligente Mütter ja keiner was – … dabei würde es genügen, ohne Worte auch den Alltag einer weniger gebildeten Mutter zu verfolgen.
Heute aber alles nur noch Theoreme und Konstrukte.
Tja.
Dem Kardinal geht’s doch eindeutig um die Komplementarität, und er spricht auf der normativen Ebene, Fr. Zeitschnur !
Nur weil er Ihnen sowieso suspekt ist, ist es unsachlich seine Aussagen derart aus dem Zusammenhang zu reißen resp. so zusammenzustauchen ! Wer das Gespräch im Zusammenhang liest, und das am besten im Original http://www.newemangelization.com/uncategorized/cardinal-raymond-leo-burke-on-the-catholic-man-crisis-and-what-to-do-about-it/
kann da über Ihren Schwall persönlicher heldenhafter Erfahrungen nur erstaunt den Kopf schütteln (oder schmunzeln 😉 Allerdings schrieben Sie unlängst anderswo von einer „klapperdürren Kantorin“, hoffentlich wird dies jetzt nicht zur Gewohnheit !
Geehrter @carlo,
Bei der „…klapperdürren Kantorin…“ mußte ich unwillkürlich an den alten Desiderius Erasmus (166?-1536) denken:
“ Mihi quidem iam nunc ridere licet“- „Ich habe allerdings Lust, schon jetzt zu lachen“.
Es ist notabene der letzte Satz aus dem sehr lesenswerten und auch lustigen Dialog „Der Abt und die gelehrte Frau“ in den Colloquia familiaria (Vertrauten Gesprächen) (Reclam lat./deutsch, Stuttgart 2001).
Wie ein russisches Sprichwort sagt: Humor ist, wenn man trotzdem lacht!