von einem Mentlberger Gemeindeglied
Der überlieferte Römische Ritus sieht vor, dass nach dem Evangelium der Messe von Christi Himmelfahrt die Osterkerze, die sich für vierzig Tage an prominenter Stelle auf der linken Seite des Altars befunden hat, gelöscht und nach dem Gottesdienst aus dem Altarraum entfernt wird. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass der auferstandene Herr in der Himmelfahrt von den Seinen geschieden ist.
Der Osterfestkreis erreicht damit zwar noch nicht sein definitives Ende, klingt aber atmosphärisch merklich aus.
Osterkerze als Sinnbild des Auferstandenen
Dieser Impuls der Liturgie soll Anlass sein, den Symbolwert der Osterkerze, ehe sie aus unserem Blickfeld tritt, noch einmal bewusst zu bedenken.
Die Symbolsprache der Osterkerze war vor Pius XII. zugleich fast archaisch schlicht und ausdrucksstark. Wesentlich war ihr die Kerze aus gebleichtem Bienenwachs selbst, in die in Kreuzesform fünf Weihrauchkörner eingefügt wurden. Sonstige Gestaltung konnte ganz entfallen, oder aber auch sehr frei und üppig sein.
Seit Pius XII. waren die Grundsymbole der Osterkerze genau festgeschrieben. Meist in Rot waren die folgenden Zeichen und Ziffern obligatorisch: Ein Kreuz, in dessen Mitte und Enden Wundnägel mit oder aus Weihrauch eingefügt werden, oberhalb des Längsbalkens das Alpha, unterhalb das Omega. In den vier Winkeln, die durch das Kreuz entstehen, die aktuelle Jahreszahl, in den beiden oberen das Jahrhundert, in den unteren Winkeln Jahrzehnt und Jahr. Werden die Gestaltungselemente und ihre vorgeschriebene Position eingehalten, besteht grundsätzlich weiterhin großer Gestaltungsspielraum. So kann ein Osterlamm oder ein anderes österliches Motiv oder Thema hinzutreten.
Heutige, kommerziell erhältliche und selbstgestaltete Osterkerzen
Die heutzutage zum Kauf angebotenen Osterkerzen oder auch solche, die selbst gestaltet werden, weisen häufig nicht vollzählig alle vorgeschriebenen Grundsymbole auf oder ordnen sie willkürlich an. Oft findet man darauf Motive, die wenig mit der Osterbotschaft zusammenhängen, stattdessen die Kerze mehr als eine allgemein unverbindliche Frühlingskerze interpretieren. Oft fehlen die Wundnägel mit dem Weihrauch gänzlich.
Korrekt und individuell zugleich: Die Mentlberger Osterkerze 2015
Aus dem Bestreben, eine liturgisch korrekte Osterkerze zu besitzen, die aber doch ein unverwechselbares Unikat ist, wird in der Innsbrucker Gottesdienstgemeinde der Petrusbruderschaft, die in der Wallfahrtskirche Mentlberg Gottesdienst feiert, alljährlich eine eigene Osterkerze in Auftrag gegeben.
Heuer hatte sie die imposanten Abmessungen von 1000 mm x 100 mm und ging von Offb 21, 23 aus, welcher der Kernvers folgender Bibelstelle ist: „Einen Tempel sah ich nicht in der Stadt, denn ihr Tempel ist der Herr, Gott der Allherrscher, und das Lamm. Die Stadt braucht weder Sonne noch Mond, dass sie ihr scheinen, denn die Herrlichkeit Gottes strahlt auf in ihr, und ihre Leuchte ist das Lamm. Die Völker der Erde werden in ihrem Licht einhergehen, und die Könige der Erde werden ihre Herrlichkeit zu ihr bringen. Ihre Tore werden nicht geschlossen werden bei Tag, Nacht wird ja dort nicht mehr sein“ (Offb 21, 22–25).
Die breiten, in lichtem Gold gestalteten Kreuzesbalken lassen bei Nahbetrachtung Häuser und Wege des Himmlischen Jerusalem erkennen, der Stadt, deren Leuchte das Lamm ist. Der Gedanke, der dieser Gestaltung Pate stand, war, dass auf diese Weise gleichsam die Flamme der brennenden Osterkerze selbst, „das Lamm“, das Osterlamm, ist, das „der Stadt“ leuchtet.
Alpha und Omega, Wundnägel und Jahreszahl sind in Rot gehalten; die wie alles handgefertigten Nägel weisen als besonderes Detail in ihrem Zentrum jeweils einen dezent eingefügten Glasstein auf, der zusammen mit den Goldtönen der plastisch modellierten Kerzenverzierung Flamme und Lichtspiel zusätzlich reflektiert.
Engagierte Künstlerin
Diese eindrucksvolle künstlerische Umsetzung der gestalterischen und inhaltlich-thematischen Vorgaben zur Osterkerze 2015 verdanken die Mentlberger Gläubigen dem Einfühlungsvermögen und der Kunstfertigkeit von Frau Marianne Boscheinen aus Pforzheim, der nicht zuletzt deshalb ein herzliches Vergeltsgott gesagt sei, da sie, vom Kerzenrohling abgesehen, alle Gestaltungsmaterialien und den gesamten Arbeits- und Zeitaufwand der Kerzenentstehung unentgeltlich zur Verfügung gestellt hat. Gewissermaßen ist sie dadurch – trotz Entfernung und Abwesenheit – in unserer Gemeinde persönlich präsent gewesen und dauerhaft mit der Mentlberger Wallfahrtskirche und der Gemeinde der Petrusbruderschaft verbunden.
Hinweis zu Zelebrationen im überlieferten Ritus:
Wallfahrtskirche Mentlberg
Donnerstag, 14. Mai 2015: Christi Himmelfahrt
10.00 Uhr, feierliches Choralamt
Sonntag, 24. Mai 2015: Pfingstsonntag
10.00 Uhr, Hochamt, Paukenmesse von Joseph Haydn für Soli, Chor, Streicher, Naturtrompeten, Barockpauken, Oboen, Fagotte und Orgel.
Gregorianischer Choral
Vokalensemble Sonoritas der Petrusbruderschaft Innsbruck
Montag, 25. Mai 2015: Pfingstmontag
Keine Heilige Messe in Mentlberg, stattdessen um 19.30 Uhr Hochamt im überlieferten Römischen Ritus in der Pfarrkirche von Amras (Innsbruck).
In der Wallfahrtskirche Mentlberg wird die Hl. Messe an allen Sonn- und Feiertagen im überlieferten Ritus zelebriert, jeweils 10.00 Uhr Hochamt, zuvor ab 9.30 Uhr Rosenkranz und Beichtgelegenheit.
Die Wallfahrtskirche Mentlberg (Tirol, Diözese Innsbruck) liegt südlich am Berghang neben Schloß Mentlberg ganz nahe an der Autobahnausfahrt Innsbruck West.
Bild: Privat
Das ist informativ und eine gute Zusammenfassung über etwas, was vielleicht viele nicht so ganz genau wussten. Danke!
Schöne Unikat-Kerze – vor allem die Idee mit den Häusern und Straßen des Himmlischen Jerusalem.